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OGH vom 22.08.2012, 9Oba68/12h

OGH vom 22.08.2012, 9Oba68/12h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Dr. Peter Schnöller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** P*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gregor Rathkolb, Rechtsanwalt in Wien, wegen 6.912,48 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 156/11a-17, mit dem der Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 24 Cga 81/11y-13, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Streitteile haben die Kosten des Revisionsverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin war vom bis bei der Beklagten als Einsatzbetreuerin in der medizinischen Abteilung der Notrufzentrale der Beklagten angestellt. Ihr Dienstvertrag sah ein Probemonat iSd § 19 Abs 2 AngG vor.

Um es der Klägerin über ihren Wunsch zu ermöglichen, einige Monate Auslandserfahrung zu sammeln und eine Anstellung bei einem Schwesterunternehmen der Beklagten in Spanien wahrzunehmen, lösten die Streitteile das Dienstverhältnis einvernehmlich auf. Die Beklagte sagte der Klägerin ihre Wiedereinstellung zum zu, wobei sich die Beklagte für den Fall einer späteren Wiedereinstellung an diese Zusage bis band. Als die Klägerin nach ihrer Rückkehr die Wiedereinstellung anstrebte, übermittelte ihr die Beklagte einen Dienstvertrag, der neuerlich ein Probemonat sowie eine Befristung des Dienstverhältnisses bis enthielt. Bei darüber hinausgehender Fortsetzung sollte es als unbefristet abgeschlossen gelten. Die Klägerin unterfertigte den Dienstvertrag in Kenntnis dieser Umstände. Die Beklagte beendete das zweite Dienstverhältnis noch im Probemonat, weil die Klägerin nach Einschätzung ihrer Vorgesetzten keine ausreichende Hilfsbereitschaft gegenüber neuen Mitarbeitern zeigte, Anweisungen zur Schulung neuer Mitarbeiter nur widerwillig durchführte und nicht hinreichend mit anderen Mitarbeitern kommunizierte.

Die Klägerin begehrt den Klagsbetrag als Kündigungsentschädigung bis samt Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung mit dem Vorbringen, die Vereinbarung eines neuerlichen Probemonats sei unzulässig gewesen, da sie nach ihrer Rückkehr die gleiche Tätigkeit ausgeübt habe und es daher keiner neuerlichen Prüfung ihrer Eignungen bedurft hätte.

Die Beklagte bestritt dies und beantragte Klagsabweisung. Das Probemonat habe nach der monatelangen Abwesenheit der Klägerin der Überprüfung ihrer Arbeitseinstellung in einem neu zusammengesetzten Team gedient.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehen ab. Es stehe den Parteien grundsätzlich frei, bei Eingehen eines neuerlichen, auch befristeten Dienstverhältnisses ein weiteres Probemonat zu vereinbaren, sofern dadurch keine Schutzvorschriften umgangen würden. Die Wiedereinstellungszusage sei freiwillig erfolgt, sodass die Vereinbarung einer Probezeit insofern keine Schutzvorschriften unterlaufe. Die Klägerin hätte die Probezeit nicht vereinbaren müssen. Die Beklagte habe ein sachlich gerechtfertigtes Interesse daran gehabt, die Eingliederung der Klägerin in ein neues Team - wenn auch bei Beibehaltung der vorherigen Tätigkeit - abzuwarten.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung zu der für eine Vielzahl von Dienstverhältnissen bedeutsamen Frage fehle, ob bei einer Wiedereinstellungszusage ein neuerliches Probemonat vereinbart werden könne.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Klägerin die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig .

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Der vorliegende Fall kann auf Basis der vorliegenden Rechtsprechung gelöst werden, sodass sich die Zurückweisung der Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Bereits das Erstgericht hat zutreffend Lehre und Rechtsprechung zur Möglichkeit, ein Probemonat zu vereinbaren, dargestellt; darauf kann verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Hervorzuheben ist davon der Zweck eines Probearbeitsverhältnisses, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, sich von der Eignung des Arbeitnehmers für die zugedachte Stelle zu überzeugen, bevor er ihn endgültig in den Dienst nimmt; umgekehrt soll auch der Arbeitnehmer Gelegenheit haben, die Verhältnisse im Betrieb kennenzulernen (RIS-Justiz RS0028444). Der Gefahr einer Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften trägt der Gesetzgeber durch die enge zeitliche Beschränkung der Probezeit auf einen Monat Rechnung. Demgemäß gehen die herrschende Lehre und die Rechtsprechung, zuletzt etwa 8 ObA 3/11s, davon aus, dass es den Parteien selbst dann, wenn zwischen ihnen vorher bereits ein Dienstverhältnis bestanden hat, grundsätzlich freisteht, zu Beginn des Dienstverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, sofern nicht unter den gegebenen Umständen eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu befürchten ist. Sei daher etwa der Gegenstand der Probedienstleistung ein anderer als die frühere Tätigkeit des Arbeitnehmers, seien Abfertigungsansprüche nicht berührt oder gehe es nach der Beendigung eines Dienstverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung darum, die Ernstlichkeit des Entschlusses des Arbeitnehmers zu einem Neuanfang zu überprüfen, so sei auch im Anschluss an ein früheres Dienstverhältnis in einem neuen Dienstverhältnis die Vereinbarung einer Probezeit zulässig (RIS-Justiz RS0028216; 8 ObA 3/11s mwN; vgl auch Rauch, Probezeit bei weiteren Arbeitsverhältnissen, ASoK 2011, 347). Maßgeblich ist somit, ob es durch die Vereinbarung einer zweiten Probezeit zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften kommt. Das ist hier nicht ersichtlich:

Die Klägerin meint im Wesentlichen, die Wiedereinstellungszusage spreche gegen die Zulässigkeit einer neuerlichen Probezeit, weil die Zusage damit de facto außer Kraft gesetzt werde.

Richtig ist, dass eine Beendigung des zweiten Dienstverhältnisses noch im vereinbarten Probemonat nachträglich die Wiedereinstellungszusage entwerten könnte (sofern sie dahin zu verstehen ist, dass die Wiedereinstellung des Dienstnehmers ohne Probemonat erfolgen soll, was hier nicht feststeht). Darin liegt aber keine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften, weil die Wiedereinstellungszusage nicht aus einer besonderen gesetzlichen oder vertraglichen Schutzpflicht resultiert, sondern hier ein Entgegenkommen der Beklagten darstellte, um der Klägerin den gewünschten Auslandsaufenthalt zu ermöglichen. Sie bewirkte auch keine zweiseitige Bindung (vgl 9 ObA 62/11z). Dass die Klägerin in der Folge einem weiteren Probemonat zustimmte und nicht etwa aufgrund der Wiedereinstellungszusage auf einem Vertragsschluss zu ihren bisherigen Konditionen beharrte, ist Ausdruck ihrer privatautonomen Entscheidung. Gründe dafür, dass sie bei Unterfertigung des zweiten Dienstvertrags in rechtlich relevanter Weise in ihrer Willensbildung beeinträchtigt gewesen wäre, wurden von ihr nicht dargelegt und sind aus den Feststellungen auch nicht ableitbar.

Eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften macht die Klägerin auch mit ihrem Argument, dass sie gar nicht gekündigt hätte, wenn sie vorab von dem geplanten Probemonat informiert worden wäre, nicht geltend.

Die von ihr bekämpfte sachliche Rechtfertigung der zweiten Probezeit kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden, die die Vorinstanzen hier in vertretbarer Weise beurteilt haben. Auch damit wird keine revisible Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.