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VfGH vom 13.12.1988, B639/87

VfGH vom 13.12.1988, B639/87

Sammlungsnummer

11934

Leitsatz

InvalideneinstellungsG; AVG § 8; Ausschluss des Arbeitgebers von der Parteistellung im Verfahren auf Zuerkennung der Invalidität sachlich gerechtfertigt; keine Bedenken in Hinblick auf das Gleichheitsgebot; keine Bedenken in Hinblick auf Art 6 MRK - nicht jede Wirkung einer Entscheidung auf ein Rechtsverhältnis zu einer anderen Person macht die Angelegenheit schon mit zu deren Sache; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die bf. Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

und dem VwGH zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die bf. Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Die bf. Gesellschaft ist schuldig, dem Mitbeteiligten Gerhard Matheis zuhanden seines Vertreters die mit 11.000 S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Am begehrte der in der Werkzeugschleiferei der bf. Gesellschaft als Werkmeister angestellte G M beim Landesinvalidenamt für Oberösterreich mit dem Hinweis auf eine an den Betriebsrat gelangte Verständigung von der Absicht seiner Kündigung durch den Arbeitgeber die Feststellung seiner Zugehörigkeit zum Personenkreis der nach dem InvalideneinstellungsG Begünstigten, weil er sich bei einem Verkehrsunfall Knochenbrüche an beiden Beinen zugezogen habe und an beginnender Silikose leide. Nach Einholung verschiedener Unterlagen und von Gutachten eines Lungenfacharztes und des eigenen fachärztlichen Dienstes stellte das Landesinvalidenamt mit Bescheid vom fest, daß der Antragsteller ab dem Kreis der begünstigten Invaliden angehöre und die Minderung der Erwerbsfähigkeit 50 vH betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob die nunmehr beim VfGH bf. Gesellschaft Berufung. Das Dienstverhältnis sei am aufgekündigt worden; sowohl in der Kündigungsanfechtung als auch in der Verhandlung vor dem Einigungsamt habe der Beteiligte das Verfahren vor dem Invalidenamt verschwiegen. Die bf. Gesellschaft sei in diesem Verfahren übergangen worden. Bei richtiger medizinischer und rechtlicher Beurteilung werde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 vH nicht erreicht.

Diese Berufung wird in dem beim VfGH angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als unzulässig zurückgewiesen. Wie bereits der VwGH im Erkenntnis vom , Zl 1927/55, erkannt habe, könne nicht jede Rückwirkung auf die Rechtssphäre einer dritten Person deren Parteistellung bewirken; das Ausmaß der Gebrechen des Dienstnehmers habe mit der Rechtssphäre des Dienstgebers nichts zu tun.

Die gegen diese Zurückweisung erhobene Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Entscheidung zivilrechtlicher Ansprüche und Verpflichtungen durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht und behauptet in eventu die Verfassungswidrigkeit des InvalideneinstellungsG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Durch die Zurückweisung einer verfahrensrechtlich zulässigen Berufung wird nach ständiger Rechtsprechung des VfGH das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Unzulässigkeit der Berufung zu Unrecht mit dem Mangel der Parteistellung des Berufungswerbers begründet wird (vgl. aus letzter Zeit etwa VfSlg. 8878/1980 und 9000/1980 sowie die dort genannte Vorjudikatur, ferner VfSlg. 9092/1981, 9194/1981, 9262/1981, 9523/1982, 9700/1983, 9829/1983, 9872/1983, 9923/1984, 10150/1984, 10151/1984, 10331/1985 und 10692/1985). Die Berufung des Bf. ist jedoch zu Recht zurückgewiesen worden:

1. Eine ausdrückliche Regelung über die Parteistellung in dem in Rede stehenden Verfahren fehlt. Aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen und der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers läßt sich indessen ableiten, daß dem Arbeitgeber im Verfahren auf Zuerkennung der Invalidität ungeachtet der Auswirkungen der behördlichen Entscheidung auf sein Rechtsverhältnis zum invaliden Arbeitnehmer und die ihm auferlegte Beschäftigungspflicht kein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG zugestanden wird:

a) Das InvalideneinstellungsG 1969, BGBl. 22/1970 idF BGBl. 567/1985 (InvEG), regelt die berufliche Förderung Invalider. Alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet eine näher bestimmte Mindestanzahl von Dienstnehmern beschäftigen, sind verpflichtet, begünstigte Invalide einzustellen (§1) oder eine Ausgleichstaxe zu entrichten (§9). Bei der Beschäftigung von begünstigten Invaliden ist ferner auf deren Gesundheitszustand jede mögliche Rücksicht zu nehmen (§6 Abs 1 Satz 1). Die Landesinvalidenämter haben im Einvernehmen mit den Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung und den übrigen Rehabilitationsträgern dahingehend zu wirken und zu beraten, daß die Invaliden in ihrer sozialen Stellung nicht absinken, entsprechend ihren Fähigkeiten und Kenntnissen eingesetzt und durch Leistungen der Rehabilitationsträger und Maßnahmen der Dienstgeber soweit gefördert werden, daß sie sich im Wettbewerb mit Nichtbehinderten zu behaupten vermögen (§6 Abs 1 Satz 2), zu welchem Zweck aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds Zuschüsse oder Darlehen gewährt werden können (§6 Abs 2). Das Entgelt der im Sinne dieses BG beschäftigten begünstigten Invaliden darf aus dem Grunde der Invalidität nicht geschmälert werden (§7) und das Dienstverhältnis (unter Einhaltung einer Frist von mindestens vier Wochen) nur mit Zustimmung des Invalidenausschusses nach Anhörung des Betriebsrates (der Personalvertretung) sowie des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung gekündigt werden (§8). Schließlich können zur Beschäftigung begünstigter Invalider, die wegen Art und Schwere der Behinderung noch nicht oder nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, geschützte Werkstätten eingerichtet (§11) oder Ausbildungseinrichtungen geschaffen werden (§11a). Die Arbeitsämter haben dahin zu wirken, daß die Invaliden auf solche Arbeitsplätze eingestellt werden, auf denen sie trotz ihrer Gesundheitsschädigung vollwertige Arbeit zu leisten vermögen (§15). Der beim Landesinvalidenamt eingerichtete Invalidenausschuß besteht neben dem Leiter des Landesarbeitsamtes oder einem von ihm bestellen Beamten als Vorsitzendem aus einem Vertreter des örtlich zuständigen Landesarbeitsamtes, je einem - von der in Betracht kommenden Interessenvertretung vorgeschlagenen - Vertreter der Dienstnehmer und Dienstgeber, je zwei Vertretern der Kriegsbeschädigten und der Zivilinvaliden und einem Vertreter der Opferbefürsorgten (§12). Im Verfahren über einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Invaliden vor dem Invalidenausschuß kommt dem Dienstnehmer Parteistellung zu (§8 Abs 2).

Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Invaliden gilt nach § 14 Abs 1 InvEG der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH (a) eines Landesinvalidenamtes oder der Schiedskommission, (b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung (bzw. ein sozialgerichtliches Urteil), (c) eines Landeshauptmannes oder des zuständigen Bundesministers iVm der Amtsbescheinigung nach dem OpferfürsorgeG sowie der letzte rechtskräftige Bescheid über die Zuerkennung einer Blindenbeihilfe oder ein Ausweis gemäß § 14a.

§ 14 Abs 2 bestimmt sodann:

"(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs 1 nicht vor,

hat auf Antrag das örtlich zuständige Landesinvalidenamt unter

Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Minderung

der Erwerbsfähigkeit einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2

Abs1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit

zum Kreis der nach diesem BG begünstigten Invaliden (§2) sowie

den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen . . .

. . . Die Begünstigungen nach diesem BG werden mit dem

Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingebracht worden ist. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, in dem die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Invaliden (§2 Abs 1 und 3) weggefallen sind."

b) Der VwGH hat in dem vom angefochtenen Bescheid angezogenen Erkenntnis Zl 1927/55 = VwSlg. NF 4661 A/1958 zur Frage der Parteistellung des Arbeitgebers in einem sogenannten Gleichstellungsverfahren (in welchem nach der ursprünglichen Fassung des InvEG Personen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von unter 50 vH oder wegen eines Gebrechens aus anderen als den damals allein anerkannten Ursachen Invaliden gleichgestellt werden konnten) folgende Auffassung vertreten:

"Das Land Vorarlberg macht in der Beschwerde vor allem geltend, daß der Dienstnehmer Josef K. bereits vor Einleitung des Gleichstellungsverfahrens beim Lande Vorarlberg beschäftigt war. Durch seine Gleichstellung mit den gemäß § 2 Abs 1 IEG. 1953 begünstigten Personen sei die Kündigungsfrist erstreckt und damit ein Eingriff in die Rechtssphäre des Dienstgebers verursacht worden. Der VwGH vermag dieser Ansicht nicht beizupflichten, weil nicht jede Rückwirkung auf die Rechtssphäre einer dritten Person deren Parteistellung in einem vorangegangenen Verfahren bewirken kann. Derartige Rückwirkungen sind im Rechtsleben keineswegs etwas Besonderes, ohne daß den Betroffenen in solchen Fällen vom Gesetz ein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt wird, das sie ermächtigt, in irgend einer Form den Tatbestand, an welchen das Gesetz eine Rückwirkung knüpft, zu verhindern. Wie die bel. Beh. zutreffend ausführt, können dies Tatbestände sein, an welche die Rechtsfolgen kraft Gesetzes geknüpft sind, z.B. die im § 2 Abs 1 IEG. 1953 geschilderten Tatbestände. Es wäre nicht verständlich, wenn bei der Feststellung der Voraussetzungen des Abs 2 der Dienstgeber seine Rechte als Partei geltend machen könnte, da die Feststellung des Ausmaßes der Gebrechen des Dienstnehmers (Verlust oder Lähmung an Gliedmaßen, Taubstummheit, Verkrüppelung usw.) mit der Rechtssphäre des Dienstgebers nichts zu tun hat. Ebenso berührt die zweite Voraussetzung (Gefährdung der Unterbringung begünstigter Personen) nicht das Interesse eines einzelnen Dienstgebers, sondern im wesentlichen nur das Interesse der Gesamtheit der begünstigten Dienstnehmer. Im übrigen trägt das Gesetz der Notwendigkeit einer Beachtung des Gesamtinteresses der Dienstgeber und Dienstnehmer dadurch Rechnung, daß beide im Einstellungsausschuß selbst vertreten sind. Ein subjektiv-öffentliches Recht aber ist dem einzelnen Dienstgeber in einer Sache, die in erster Linie von der körperlichen Beschaffenheit des einzelnen Dienstnehmers und zweitens von einem vom Dienstgeber nicht wahrzunehmenden öffentlichen Interesse abhängig ist, nicht eingeräumt. Dem Dienstgeber steht daher eine Parteistellung im Gleichstellungsverfahren nicht zu."

Der bf. Gesellschaft ist einzuräumen, daß die Feststellung der Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Kreis der begünstigten Invaliden ohne Hinzutreten irgendeines anderen Vorganges oder Umstandes bewirkt, daß die nach allgemeinem Recht bestehende Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers durch das Erfordernis der Zustimmung des Invalidenausschusses beschränkt wird. In gleicher Weise wird durch die Feststellung der Invalidität die Pflicht des Arbeitgebers zur Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers begründet (§6 Abs 1 Satz 1 InvEG). Auch werden nur begünstigte Invalide auf die Pflichtzahl der kraft Gesetzes zu beschäftigenden Arbeitnehmer angerechnet.

Gleichwohl meint der VfGH, daß die Parteistellung des Arbeitgebers im Ergebnis zu verneinen ist, weil der Gesetzgeber dem Arbeitgeber ein rechtliches Interesse an der Entscheidung über die Invalidität des Arbeitnehmers abgesprochen und der Entscheidung der Behörde insoweit nur Tatbestandswirkung verliehen hat. Zunächst ist zu beachten, daß die beschriebenen Rechtswirkungen nicht nur im Falle einer Feststellung nach § 14 Abs 2 InvEG eintreten, sondern durch jeden Nachweis der Begünstigung ausgelöst werden, den § 14 Abs 1 vorsieht. Ein Verfahren nach § 14 Abs 2 InvEG kommt ja nur in Betracht, wenn nicht schon ein Bescheid des Landesinvalidenamtes (der Schiedskommission) auf Grund des KriegsopferversorgungsG oder des HeeresversorgungsG, der Bescheid eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung oder das Urteil eines Sozialgerichtes, ein Bescheid des Landeshauptmannes oder Bundesministers nach dem OpferfürsorgeG, die bescheidmäßige Zuerkennung einer Blindenbeihilfe nach den einschlägigen Beihilfengesetzen der Länder oder ein förmlicher Invalidenausweis vorgelegt werden kann. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der InvEG-Nov. 1973 (730 d B NR XIII. GP, 8) heißt es dazu:

"Nach eingehender Untersuchung aller Vor- und Nachteile des bisherigen Verfahrens ist das Bundesministerium für soziale Verwaltung zur Auffassung gelangt, daß die im Besitze der Invaliden befindlichen rechtskräftigen Bescheide über die Zuerkennung von Rentenleistungen aus der Kriegsopferversorgung, der Heeresversorgung, der gesetzlichen Unfallversicherung und der Opferfürsorge unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v.H. einen ausreichenden Nachweis über die Zugehörigkeit zum Kreise der begünstigten Invaliden (§2) bieten und die zusätzliche Ausstellung einer Bescheinigung mit bloß deklarativer Wirkung, wie sie bisher der Einstellungsschein bedeutete, entbehrlich machen.

Die mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbundene Ausstellung des Einstellungsscheines hat erfahrungsgemäß häufig zu einer Rechtsunsicherheit geführt. Eine bescheidmäßige Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Invaliden wird daher nur in jenen Fällen erforderlich sein, in denen ein Nachweis im Sinne des § 14 Abs 1 nicht vorliegt."

Daß aber in den Verfahren nach dem KriegsopferversorgungsG, dem HeeresversorgungsG, den SozialversicherungsGn, dem OpferfürsorgeG oder den BlindenbeihilfenGn eine Parteistellung des Arbeitgebers eines Beschäftigten nicht in Erwägung zu ziehen ist, bedarf keines besonderen Nachweises. Daran hat auch das InvEG nichts geändert. Es wäre nicht folgerichtig, wenn gerade in den Verfahren nach § 14 Abs 2 und § 14a InvEG dem Arbeitgeber Parteistellung eingeräumt wäre. Dagegen spricht auch die Regelung des § 8 InvEG, die für den umgekehrten Fall eines auf Antrag des Arbeitgebers ausgelösten Verfahrens über die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung die Parteistellung des Arbeitnehmers ausdrücklich vorsieht, obwohl dessen Betroffenheit noch viel deutlicher ist als die des Arbeitgebers im Falle des Feststellungsverfahrens. Wenn der Gesetzgeber schon die Parteistellung des Arbeitnehmers im Zustimmungsverfahren besonders hervorgehoben hat, so wäre es um so näher gelegen, die Parteistellung des Arbeitgebers im Verfahren zur Feststellung der Invalidität zum Ausdruck zu bringen, wenn eine solche beabsichtigt gewesen wäre. Offenkundig ist der Gesetzgeber aber noch 1973 davon ausgegangen, daß die Aufnahme in den Kreis der begünstigten Invaliden insgesamt und daher auch nach dem InvEG durch Verfahren bewirkt wird, an denen nur der Antragsteller (und gegebenenfalls etwa ein Versicherungsträger), nicht aber auch der Partner eines zufällig bestehenden Arbeitsverhältnisses beteiligt ist. Der VfGH pflichtet daher Stolzlechner (Besprechung der Entscheidung des Zl 84/09/0035, ZAS 1987/E 17) darin bei, daß alleiniger Gegenstand des Verfahrens und Inhalt des Bescheides die Feststellung der Invalidität, nicht aber auch ein Abspruch über den damit kraft Tatbestandswirkung verbundenen erhöhten Kündigungsschutz (und die Anrechnung auf die Pflichtzahl) ist.

2. Dieser Ausschluß des Arbeitgebers von der Parteistellung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 8279/1978 und die dort genannte Vorjudikatur, ferner VfSlg. 8397/1978 = JBl. 1980, 308 und VfSlg. 9451/1982) besteht mit Ausnahme von Einzelfällen wie Art 119a Abs 9 B-VG keine Verfassungsnorm, die Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantieren würde. Jedenfalls scheidet das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter als Maßstab für den Gesetzgeber aus, weil eben die durch das Gesetz bestimmte Behörde gegenüber den durch das Gesetz mit Parteirechten ausgestatteten Personen der "gesetzliche Richter" ist. Damit ist die Zuerkennung von Parteirechten freilich nicht in das Belieben des Gesetzgebers gestellt. Das die Parteirechte bestimmende Gesetz unterliegt nämlich auch dem aus dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG) abzuleitenden Sachlichkeitsgebot (vgl. zB VfSlg. 7182/1973, 8328/1978, 9094/1981 und 10692/1985). In aller Regel wird danach die Zuerkennung subjektiver Rechte auch die Zuerkennung von Parteirechten erfordern. Je nach dem Zweck des Verfahrens und der Eigenart und Bedeutung der berührten Rechtsposition kann aber auch die Versagung einer Parteistellung sachgerecht sein, wenn das Verfahren in der Hauptsache die Interessen eines anderen wahren soll.

Ein solcher Fall liegt hier vor. Auch unter Bedachtnahme auf die Auswirkungen im bestehenden Arbeitsverhältnis und in der Frage der Erfüllung der Beschäftigungspflicht kann der hier maßgeblichen Regelung eine Unsachlichkeit nicht vorgeworfen werden:

a) Zum einen ist festzuhalten, daß die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht nur im Verhältnis zum gegenwärtigen Arbeitgeber von Bedeutung ist. In erster Linie geht es um die Leistungen aus der Kriegsopfer- oder Heeresversorgung, der Unfallversicherung oder Opferfürsorge, um die Blindenbeihilfe und um andere mit dem Nachweis (Ausweis) der Invalidität verbundene Berechtigungen des Behinderten, in zweiter Linie um die bestmögliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt und erst in dritter Linie um die Beibehaltung des gegenwärtigen Arbeitsplatzes. Die Feststellung der Invalidität ähnelt daher in ihrer Funktion einer Statusentscheidung, die eine Reihe von Rechtswirkungen in verschiedene Richtungen entfaltet, ohne daß alle Betroffenen oder Berührten dem Verfahren beigezogen werden müssen oder auch nur könnten.

Dazu kommt, daß die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit die Befassung mit höchstpersönlichen Umständen in der Sphäre des Behinderten erfordert und ein Vielparteienverfahren dafür ebenso ungeeignet ist wie eine mehrfache Wiederholung ähnlicher Verfahrensschritte in mehreren Verfahren mit unterschiedlichen Zwecken.

b) Zum andern ist das im Verhältnis zu den geradezu lebenswichtigen Anliegen des Behinderten geringe Gewicht der in seiner Beziehung zum Arbeitgeber eintretenden Rechtsfolgen von Bedeutung. Zwar ist die Kündigung des Invaliden nur mehr mit Zustimmung des Invalidenausschusses nach Anhörung des Betriebsrates (der Personalvertretung) und der einschlägigen Landesbehörde zulässig; aber die Entscheidung, ob der Arbeitgeber kündigen darf oder nicht, hängt angesichts des weiten Spielraumes des Invalidenausschusses in dieser Sache in ihren wesentlichen Teilen erst von den Ergebnissen des einschlägigen Verfahrens ab, in dem "das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung eines Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzwürdigkeit des zu kündigenden Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen sind" (VwSlg. NF 5037 A/1959 und die daran anknüpfende ständige Rechtsprechung, zB Zl 84/09/0035 vom = VwSlg. NF 11871 A/1985 = Arb 10575; vgl. auch Korinek, Die Zustimmung zur Kündigung von Invaliden als Ermessensakt, ZAS 1970, 89 ff), sodaß sowohl die Auswirkungen der Invalidität auf das konkrete Arbeitsverhältnis wie die Folgen für die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu prüfen sind. Und in diesem Verfahren ist der Arbeitgeber als Antragsteller Partei. Ähnliches gilt von der gegebenenfalls im Arbeitsrechtstreit zu klärenden Frage, in welcher Weise er auf den Gesundheitszustand des Invaliden ohne Minderung des Entgelts Rücksicht zu nehmen hat. Ob der Arbeitgeber schließlich einen Beschäftigten, den er gar nicht als begünstigten Invaliden eingestellt hat, auf die Pflichtzahl anrechnen kann oder nicht, ist deswegen nicht von großem Gewicht, weil er im Falle der Verweigerung der Anerkennung der Invalidität in seinen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten nicht beschränkt ist und den Arbeitsplatz gegebenenfalls für die Beschäftigung eines Begünstigten freimachen kann.

Wenn es der Gesetzgeber für diese Rechtsfolgen bei der einmal - wie immer - erfolgten Feststellung der Invalidität bewenden läßt und auch subsidiär ein Verfahren bloß unter Beteiligung des die Begünstigung Anstrebenden vorsieht, handelt er nicht unsachlich.

c) Auch der Vorwurf, dem Arbeitgeber wäre dadurch das Recht vorenthalten, vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört zu werden, ist nicht begründet. Nicht alles, was Einfluß auf jemandes Rechtsstellung hat, ist "seine Sache" im Sinne des Art 6 Abs 1 MRK, nicht jede Wirkung einer Entscheidung auf ein Rechtsverhältnis zu einer anderen Person macht die Angelegenheit auch schon mit zu deren Sache. Sie kann alleinige Sache des zunächst Betroffenen bleiben, wenn es sich nur um Nebenwirkungen einer Entscheidung handelt, die für diesen von vielfältiger Bedeutung ist. Die Gründe, die den Ausschluß der Parteistellung des Arbeitgebers sachlich rechtfertigen, gelten auch in diesem Zusammenhang.

Ist die Berufung der bf. Gesellschaft aber auf Grund einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Gesetzeslage zu Recht zurückgewiesen worden, ist die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht ausgeschlossen.

III. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

und antragsgemäß dem VwGH abzutreten.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs 4 VerfGG idF BGBl. 297/1984).

Der Kostenzuspruch stützt sich auf § 88 VerfGG. Im zugesprochenen Betrag sind 1.000 S an Umsatzsteuer enthalten.