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OGH vom 24.04.2020, 8ObA66/19t

OGH vom 24.04.2020, 8ObA66/19t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. TarmannPrentner und Mag. WesselyKristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Winternitz Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. W*****, vertreten durch Dr. Sven Rudolf Thorstensen, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.495,20 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 5.875,52 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 25/19s22, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 14 Cga 56/18h18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 9.114,05 EUR samt 4 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 3.381,15 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.935,78 EUR (darin 767,76 EUR Barauslagen, 361,34 EUR USt) bestimmten Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 308,61 EUR bestimmte anteilige Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 300,30 EUR bestimmte anteilige Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen. Im Übrigen werden die Kosten des Revisionsverfahrens gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war als Bauingenieur für die g***** GmbH (kurz g*****) mit der Überwachung und Betreuung diverser Baustellen beauftragt. Zwischen deren Geschäftsführer B***** und dem Beklagten war vereinbart, dass der Beklagte den Firmenwagen auch für Privatfahrten benutzen dürfe, zumindest in einem gewissen und nicht nur ganz geringfügigen Umfang, dass der Beklagte aber in das zu führende Fahrtenbuch keine Privatfahrten eintragen solle, sondern stattdessen erfundene dienstliche Fahrten. Der Zweck dieser Abrede war die Ersparnis von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowohl für die g***** als auch für den Beklagten.

Infolge einer Spaltung zur Aufnahme wurde jener Teil der g*****, in welcher der Beklagte beschäftigt war, mit Übernahmevertrag vom auf die Klägerin mit Hauptsitz in Wien übertragen. Die übertragenen Teile der ehemaligen g***** befanden sich in St. Pölten und wurden als Zweigniederlassung vom vormaligen Geschäftsführer B***** als – nunmehr gemeinsam mit einem anderen Prokuristen bzw einem Geschäftsführer gesamt-zeichnungsbefugten – Prokuristen der Klägerin und Leiter dieser Zweigniederlassung geführt.

Trotz Aufforderung durch die Klägerin übermittelte B***** der Zentrale in Wien nicht die für die Betriebsstätte St. Pölten geschlossenen Dienstverträge bzw Dienstzettel, sodass sich die Klägerin in Bezug auf die übernommenen Dienstnehmer an den Lohnverrechnungsunterlagen in der Buchhaltung orientierte. Da in den Lohnverrechnungsunterlagen kein Sachbezug für Dienstwägen ersichtlich war, hielt die Zentrale in Wien mit B***** hinsichtlich der diesbezüglichen Vereinbarungen Rücksprache. B***** bestätigte, dass die Dienstwägen nur für betriebliche Zwecke genützt würden. Von Seiten der Geschäftsführung in Wien hatte man keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. In der Folge erstellte die Zentrale in Wien aktualisierte Dienstzettel und übermittelte diese an B***** mit dem Ersuchen, sie von den Arbeitnehmern unterfertigen zu lassen und zurückzuschicken. Für den Beklagten wurde ein Dienstzettel per übermittelt, in dem festgehalten war, dass der Dienstwagen nicht für private Zwecke benützt werden darf. Es konnte allerdings nicht festgestellt werden, ob dieser Dienstzettel dem Beklagten zur Kenntnis gelangte, weil B***** keine Dienstzettel an die Geschäftsführung zurückschickte.

Im Juni 2013 übermittelte die Klägerin dem Beklagten einen Dienstzettel mit einem aktualisierten Bruttomonatsgehalt. In diesem Dienstzettel hieß es hinsichtlich des Dienstfahrzeugs: „Dem Dienstnehmer wird für die Dauer seiner Tätigkeit ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. Der Dienstwagen darf ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt werden.“ Seitens der Geschäftsführung der Klägerin war man im guten Glauben, dass dies den dienstvertraglichen Vereinbarungen mit dem Beklagten entsprach. Der Beklagte erinnerte sich allerdings an die mündlichen Vereinbarungen mit B***** und hielt wegen dieser Formulierung mit B***** Rücksprache, weil er bis jetzt den Dienstwagen auch für Privatfahrten genutzt hatte. B***** verweigerte das Ansinnen des Beklagten, die gesetzwidrige Vereinbarung und Praxis mit der Geschäftsführung der Klägerin zu besprechen, sagte aber dem Beklagten zu, dass er auch weiterhin den Dienstwagen privat nutzen dürfe, allerdings dürfe dies zur Vermeidung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen weder im Dienstzettel noch im Fahrtenbuch aufscheinen. Der Beklagte verlangte von B*****, dies in einem Sideletter zum Dienstzettel festzuhalten. Das lehnte B***** ab. Der Beklagte verstand, dass die Abrede mit B*****, die vom schriftlichen Dienstzettel abwich, nicht vom Wissen und Willen des Geschäftsführers gedeckt war, und vertraute auch nicht darauf, dass B***** als Prokurist berechtigt war, derartige Vereinbarungen abzuschließen. Er unterschrieb in diesem Bewusstsein den Dienstzettel am , der daraufhin an die Geschäftsführung der Klägerin übermittelt wurde. Sowohl B***** als auch dem Beklagten war bewusst, dass die falsche Verzeichnung der privaten Fahrten als dienstliche zu einer Abgabenhinterziehung diente und führte.

Aufgrund einer Steuerprüfung betreffend die Jahre 2012 bis 2014 kam es wegen der Privatnutzung des Dienstfahrzeugs zu einer Nachverrechnung folgender Beträge (in EUR):

Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung 2012392,41

Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung 2012476,28

Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung 2013602,38

Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung 2013730,71

Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung 2014797,91

Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung 2014963,88

Lohnsteuer Dienstnehmer 20122014 6.619,68

Dienstgeberabgaben und -zuschläge

Lohnsteuer 20122014750,69

Kommunalsteuer 20122014459,59

Säumniszuschlag des Finanzamts132,39

Verzugszinsen Sozialversicherung 20122014569,28

Hätte der Geschäftsführer der Klägerin davon gewusst, dass B***** mit dem Beklagten vereinbart hatte, dass er das Dienstfahrzeug auch für Privatfahrten verwenden dürfe, wäre er damit ohne eine entsprechende Vereinbarung, die die Offenlegung gegenüber dem Finanzamt beinhaltet hätte, nicht einverstanden gewesen.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten den Ersatz der nachverrechneten Beträge von insgesamt 12.495,20 EUR sA.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Beklagte habe durch die Unterfertigung des Dienstzettels am gegenüber der Klägerin in Täuschungsabsicht gehandelt, weil er entsprechend seiner gesetzwidrigen Vereinbarung mit B***** den Dienstwagen weiterhin privat habe nutzen und fiktive Dienstfahrten ins Fahrtenbuch eintragen wollen, damit ihm der Vorteil der Pkw-Nutzung ohne Nachteil der höheren Steuerbelastung verbleibe. Angesichts dessen habe die Klägerin davon ausgehen dürfen und müsse der Beklagte gegen sich gelten lassen, dass ein Verbot der Privatnutzung des Firmenwagens vereinbart gewesen sei, und zwar, da der Dienstzettel die Nebenabreden des bereits seit Jahren bestehenden Dienstverhältnisses dokumentiert habe, auch schon für die Vergangenheit. Die an die Privatnutzung durch den Beklagten geknüpften steuer- und abgabenrechtlichen Folgen würden somit Ansprüche auf Ersatz gemäß § 1358 ABGB bzw Schadenersatzansprüche gemäß § 1295 ff ABGB der Klägerin gegen den Beklagten auslösen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge, sprach der Klägerin (insoweit rechtskräftig) 6.619,68 EUR sA an nachverrechneter Lohnsteuer zu, wies hingegen das Mehrbegehren von 5.875,52 EUR sA ab. Betreffend der Lohnsteuer bestehe ein Anspruch der Klägerin nach § 1358 ABGB. Mit dem Säumniszuschlag für das Finanzamt von 132,39 EUR sei der Beklagte mangels Vorwerfbarkeit nicht zu belasten. Hinsichtlich der Kommunalsteuer von 459,59 EUR sei der Unternehmer Steuerschuldner. Auch die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen sei auf die unrichtige Meldung der Klägerin zurückzuführen. § 60 ASVG stelle eine abschließende Regelung dar. Abgesehen von den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen bestehe keine Verpflichtung des Dienstnehmers zum Ersatz der auf ihn entfallenden Sozialversicherungsbeiträge, wenn ein Abzug nach dieser Bestimmung nicht mehr möglich sei. Aus § 1358 ABGB (Zahlung einer fremden Schuld) und § 1042 ABGB (Aufwandersatz) lasse sich kein Anspruch des Arbeitgebers ableiten. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

Gegen den klageabweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer gänzlichen Klagestattgebung.

Der Beklagte beantragt in seiner ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und teilweise auch berechtigt.

1. Gemäß § 58 Abs 2 erster Satz ASVG schuldet die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung der Dienstgeber. Schuldner (und nicht bloß Inkassant oder Zahlstelle) ist daher auch für den Dienstnehmeranteil zur Sozialversicherung der Dienstgeber (vgl VwGH 92/08/0090).

Das Berufungsgericht begründet die Klageabweisung in erster Linie unter Hinweis auf § 60 Abs 1 ASVG. Nach dieser Bestimmung ist der Dienstgeber berechtigt, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil vom Entgelt abzuziehen. Dieses Recht muss bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrags folgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden, es sei denn, dass die nachträgliche Entrichtung der vollen Beiträge oder eines Teils dieser vom Dienstgeber nicht verschuldet ist. Im Fall der nachträglichen Entrichtung der Beiträge ohne Verschulden des Dienstgebers dürfen dem Versicherten bei einer Entgeltzahlung nicht mehr Beiträge abgezogen werden, als auf zwei Lohnzahlungszeiträume entfallen.

2. Es trifft zu, dass zu 9 ObA 36/17k ausgesprochen wurde, dass § 60 Abs 1 ASVG eine abschließende Regelung darstellt und abgesehen von den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen dann, wenn ein Abzug nach dieser Bestimmung nicht mehr möglich ist, keine Verpflichtung des Dienstnehmers zum Ersatz von auf ihn entfallenden Sozialversicherungsbeiträgen besteht (RISJustiz RS0033990 [T1]).

Die Berufungsentscheidung lässt aber eine Differenzierung zwischen den Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung (hier 1.792,70 EUR), für die § 60 Abs 1 ASVG gilt, und den Dienstgeberanteilen zur Sozialversicherung (hier 2.170,87 EUR) vermissen. Insoweit setzt sich das Berufungsgericht nicht mit dem von der Klägerin alternativ geltend gemachten Rechtsgrund des Schadenersatzes auseinander. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten stützen lassen.

3.1 Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagte während seines Dienstverhältnisses zur Klägerin bzw zu deren Rechtsvorgängerin das Firmenauto zu privaten Zwecken nutzen durfte und auch genutzt hat. Demgegenüber hat das Erstgericht die Vereinbarung zwischen dem damaligen Geschäftsführer der g*****, B*****, und dem Beklagten über die inoffizielle Privatnutzung des Dienstwagens als nichtig im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB beurteilt, weil deren Zweck die Vermeidung von Steuern und Abgaben durch Täuschung über Tatsachen war.

3.2 Nach § 916 ABGB ist eine Willenserklärung nichtig, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird („absolutes“ Scheingeschäft). Soll dadurch aber ein anderes („verdecktes“) Geschäft verborgen werden, bleibt dieses grundsätzlich gültig und ist nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen. Maßgeblich ist der übereinstimmende tatsächliche Parteiwille (8 ObA 82/11h).

In diesem Sinn lässt etwa eine zwecks Gebühren- und Steuerhinterziehung zum Schein reduzierte Entgeltfestsetzung die Durchsetzung des verdeckt vereinbarten vollen Entgeltanspruchs zu, selbst wenn die Scheingeschäftshandlung als solche strafbar wäre (RS0016866).

3.3 Daraus folgt, dass die zwischen B***** und dem Beklagten vereinbarte Privatnutzung des Dienstfahrzeugs als Entgeltbestandteil (Sachbezug) nicht ungültig ist. In diesem Umfang ist die Vereinbarung nach § 3 Abs 1 AVRAG daher auch auf die Klägerin als Übernehmerin des Betriebsteils übergegangen. Insofern trifft die Beurteilung des Berufungsgerichts zu, dass der Beklagte zu der Privatnutzung des Firmenwagens auch nach dem Betriebsteilübergang berechtigt war. Von der Nichtigkeitssanktion des § 879 Abs 1 ABGB ist jedoch der Teil umfasst, der das Verheimlichen der Vereinbarung gegenüber den Steuerbehörden zwecks Steuerhinterziehung betrifft. Das heißt, die Klägerin muss diesen Teil der Vereinbarung trotz § 3 Abs 1 AVRAG nicht gegen sich gelten lassen. Vielmehr hätte der Beklagte die Klägerin aufgrund seiner Treuepflicht (vgl RS0021449) über die mit B***** getroffene Nebenabrede zum Dienstvertrag aufklären müssen. Er musste – wie sich aus den Feststellungen ergibt – wissen, dass diese Vereinbarung nicht offiziell in den Unterlagen aufschien, und konnte nicht davon ausgehen, die Klägerin werde sich an der mit dem ehemaligen Arbeitgeber vereinbarten Steuerhinterziehung beteiligen. Im Wissen um die Privatnutzung des Dienstwagens wäre die Klägerin nach den Feststellungen nur mit einer Offenlegung gegenüber dem Finanzamt einverstanden gewesen, auch wenn sie die Privatnutzung des Dienstwagens weiterhin zu dulden gehabt hätte. Die Offenlegung entspricht auch der hypothetischen Absicht redlicher Vertragsparteien (vgl RS0087391). Damit hätte die Klägerin aber ihre Beitragspflicht (rechtzeitig) erfüllen können.

4.1 Der Beklagte hat der Klägerin einen Schaden verursacht, weil er – wie sie auch vorgebracht hat – durch die rechtswidrige und schuldhafte Verschweigung der Privatnutzung des Dienstwagens verhindert hat, dass sie ihrer Beitragspflicht nachgekommen ist. Der Schaden der Klägerin liegt zum einen im Säumniszuschlag für das Finanzamt von 132,39 EUR und in den Verzugszinsen von 569,28 EUR. Das diesbezügliche Klagebegehren von 701,67 EUR ist daher berechtigt. Zum anderen hat das Verhalten des Beklagten dazu geführt, dass die Klägerin ihr Abzugsrecht für die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung verloren hat (siehe dazu Punkt 5.).

4.2 Dagegen ist der Klägerin weder in Bezug auf die Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung (2.170,87 EUR) noch in Bezug auf die Dienstgeberabgaben und -zuschläge für die Lohnsteuer (750,69 EUR) und die Kommunalsteuer (459,59 EUR) ein Schaden entstanden. Da sich die Klägerin – wie bereits ausgeführt wurde – nicht darauf berufen kann, dass die Vereinbarung über die Privatnutzung des Dienstwagens nicht (gültig) geschlossen wurde, hätte sie diese Beiträge und Gebühren auch dann zu tragen gehabt, wenn der Beklagte sie ordnungsgemäß über den Sachbezug informiert hätte und dieser in der Folge gegenüber den Behörden offengelegt worden wäre. Das Klagebegehren über einen Betrag von insgesamt 3.381,15 EUR ist aus diesem Grund abzuweisen.

5.1 Damit bleibt zu klären, ob die Bestimmung des § 60 Abs 1 ASVG (auch) einem Schadenersatzanspruch des Dienstgebers hinsichtlich der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung (hier 1.792,70 EUR) entgegensteht. In der Entscheidung 9 ObA 36/17k wurde nur ein Anspruch des Dienstgebers nach § 1358 ABGB und § 1042 ABGB explizit abgelehnt; eine Stellungnahme zu einem allfälligen Schadenersatzanspruch war dort nicht erforderlich.

5.2 Resch (Schadenersatz und Mitverschulden des Dienstnehmers bei Nichtanmeldung zur Sozialversicherung, JBl 1995, 24 [31, 37]) bejaht in bestimmten Konstellationen einen Schadenersatzanspruch, und zwar mit dem Argument, dass dem Gesetz nicht unterstellt werden könne, Dienstnehmer, denen es gerade auf die Nichtanmeldung zur Sozialversicherung angekommen sei, von jeglicher Mitverantwortung auch im Schadenersatzrecht gegen den Dienstgeber zu befreien. Insoweit sei eine teleologische Reduktion des Tatbestands des § 60 ASVG zu erwägen. Auch Kietaibl (Sozialversicherungsrechtliche Rückabwicklung bei aufgedeckter Scheinselbständigkeit, ZAS 2006, 169 [172]) hält einen Schadenersatzanspruch für denkbar, wenn sich der Dienstgeber (zwar fahrlässig) über das Vorliegen eines Dienstvertrags irrt, dem Dienstnehmer hingegen die Fehlbehandlung bewusst ist. In diesem Fall wäre der Dienstnehmer wohl kraft Treuepflicht verpflichtet, den Dienstgeber über den Irrtum aufzuklären. Unterlassene Aufklärung veranlasse den Verlust des Abzugsrechts sowie den Übergang der Beitragslast. Der Dienstgeber könnte diesen Schaden geltend machen.

5.3 Im Anlassfall ist schadenskausal, dass der Beklagte der Klägerin durch die Nichtmeldung der Privatnutzung des Dienstwagens (im kollusiven Zusammenwirken mit B*****) die Möglichkeit genommen hat, von ihrem Abzugsrecht nach § 60 Abs 1 ASVG Gebrauch zu machen. Da die nicht fristgerechte Beitragszahlung ausschließlich dem Beklagten zum Vorwurf zu machen ist, der treuwidrig eine Aufklärung der Klägerin unterlassen hat, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin ihrerseits schuldhaft irgendwelche Pflichten vernachlässigt hat, hat der Beklagte der Klägerin die auf den Dienstnehmer entfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu ersetzen. Dem Normzweck des § 60 Abs 1 ASVG, der auf eine regelmäßige, nicht allzu plötzliche Belastung des Arbeitnehmers abzielt (vgl RS0083996; 8 ObA 20/04f), kann nicht unterstellt werden, dass er in einer Konstellation wie der vorliegenden den Schutz des Schädigers bezweckt.

Zusammengefasst ergibt sich: Die Bestimmung des § 60 Abs 1 ASVG steht nicht der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs des Arbeitgebers entgegen, der in der treuwidrigen Vereitelung des Abzugsrechts durch den Arbeitnehmer wurzelt.

6. Die angefochtene Entscheidung war daher teilweise dahin abzuändern, dass der Klägerin über die bereits rechtskräftig zuerkannten 6.619,68 EUR hinaus weitere 2.494,37 EUR zuzusprechen waren; in Ansehung des Mehrbegehrens hatte es hingegen bei der Klageabweisung zu verbleiben.

7. Die abgeänderte Kostenentscheidung gründet sich auf die § 43, 50 ZPO. Die Klägerin hat entsprechend ihrer Obsiegensquote im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren Anspruch auf Ersatz von 46 % ihrer Verfahrenskosten von 3.409,11 EUR (erste Instanz) und von 1.303,97 EUR (Berufungsbeantwortung) sowie von 73 % ihrer Barauslagen (von 1.051,72 EUR). Umgekehrt gebührt dem Beklagten der Ersatz von 27 % der Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren (von 1.143 EUR). Die Bemessungsgrundlage für das Revisionsverfahren beträgt 5.875,52 EUR. Hier beläuft sich die Obsiegensquote der Klägerin auf rund 42 %. Daraus folgt, dass im Revisionsverfahren Kostenaufhebung eintreten kann. Der Beklagte hat der Klägerin bloß 42 % der Pauschalgebühr (von 715 EUR) zu ersetzen.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00066.19T.0424.000

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