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OGH vom 14.10.1997, 11Os51/97

OGH vom 14.10.1997, 11Os51/97

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl P***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom , GZ 25 Vr 694/96-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr.Pöchl, der Privatbeteiligtenvertreterin Mag.Zeh, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Wolf, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 900.000 S und die für den Fall der Uneinbringlichkeit zu verbüßende Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Monate herabgesetzt wird.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl P***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er in St.Pölten in den Jahren 1990 bis einschließlich 1995 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 72 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von insgesamt 5,087,814 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch wendet sich der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Rechtsrüge, mit der er Straffreiheit infolge Selbstanzeige (§ 29 FinStrG) reklamiert.

Nach den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen hat der Angeklagte die Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen für die Jahre 1990 und 1991 mit den jeweiligen Jahreserklärungen offengelegt, die sich daraus ergebende Abgabenschuld aber weder entrichtet noch diesbezüglich ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen gestellt (US 4).

In Ansehung der im Zeitraum von 1992 bis einschließlich März 1994 bewirkten Verkürzungen an Umsatzsteuervorauszahlungen ging das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß die Erklärung des Steuerberaters des Angeklagten Mag.Josef W***** vom im Zusammenhalt mit den sogleich vorgelegten Unterlagen (US 4, 5) als Selbstanzeige im Sinne des § 29 Abs 1 FinStrG zu werten ist (US 10).

Die Annahme strafbefreiender Wirkung dieser Selbstanzeige lehnte das Erstgericht mit der (zusammengefaßt wiedergegebenen) Begründung ab, daß das - zwar rechtzeitig eingebrachte (US 10) - Ansuchen um Zahlungserleichterungen vom , in dem der Angeklagte beginnend mit Zahlung in Quartalsraten zu je 500.000 S anbot, jedoch nur eine einzige Zahlung (und zwar am ) leistete (US 6, 7), keine strafbefreiende Wirkung entfaltete und in der Folge weitere Ansuchen um Zahlungserleichterungen, zuletzt am , abgewiesen wurden (US 7, 8).

Betreffend die Verkürzungsbeträge aus der Zeit nach September 1994 stellte der Angeklagte keine Ansuchen um Zahlungserleichterungen (US 9, 10).

Auf den gesamten Abgabenrückstand wurden außer der Zahlung von 500.000 S am keine weiteren Zahlungen geleistet (US 7).

Bei dieser Sachlage kommt der vom Beschwerdeführer in seiner Nichtigkeitsbeschwerde wiederholten und vom Erstgericht aus anderen rechtlichen Erwägungen abgelehnten Rechtsansicht, die auf Antrag des Finanzamtes St.Pölten vom mit Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten vom zum AZ 27 S 28/96 verfügte Eröffnung des - noch nicht beendeten - Konkurses über das Vermögen des Angeklagten (US 7) habe eine "Fortlaufshemmung der Zweijahresfrist des § 29 FinStrG" bewirkt, sodaß derzeit noch nicht feststehe, ob die strafaufhebende Wirkung der Selbstanzeige eintrete, keine Bedeutung zu:

Nach § 29 Abs 1 FinStrG wird der Täter eines Finanzvergehens insoweit straffrei, als er über seine Verfehlung Selbstanzeige erstattet. War jedoch mit der betreffenden Verfehlung eine Abgabenverkürzung (oder ein sonstiger Einnahmenausfall) verbunden, dann tritt nach Abs 2 dieser Bestimmung die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung (oder des Ausfalls) bedeutsamen Umstände offengelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger schuldet (oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann), den Abgaben(oder Monopol-)vorschriften entsprechend entrichtet werden. Werden für die Entrichtung Zahlungserleichterungen gewährt, so darf der Zahlungsaufschub zwei Jahre nicht überschreiten.

Nach Lage des Falles lassen sowohl das Erstgericht als auch der Beschwerdeführer außer acht, daß für die Entrichtung der hier in Rede stehenden vollstreckbaren Abgabenschuldigkeiten nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Urteilsannahmen Zahlungserleichterungen überhaupt nicht gewährt wurden und zumindest seit (Abweisung des letzten Ansuchens um Zahlungserleichterungen) auch keinerlei (als Zahlungsaufschub im Sinne des § 29 Abs 2 FinStrG zu wertende) Hemmung der Einbringung nach § 230 (fallbezogen der Abs 3 bis 5) BAO bestand, sodaß schon zu diesem Zeitpunkt der Eintritt der Straffreiheit mangels Zahlung der geschuldeten Beträge bis zum Ende der gesetzlichen (jeweils durch Bescheid festgelegten) Zahlungsfrist verwirkt war. Demgemäß konnte die mehr als ein Jahr später, nämlich am , erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Angeklagten weder eine Zahlungserleichterung im Sinne des § 29 Abs 2 FinStrG auslösen, deren Inanspruchnahme der Annahme einer "den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung" des geschuldeten Abgabenbetrages nicht entgegensteht, noch "den Fortlauf der Zweijahresfrist des § 29 FinStrG hemmen". Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, welche Auswirkungen die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Anzeigers während eines ihm allenfalls eingeräumten Zahlungsaufschubes hat, stellt sich sohin im vorliegenden Fall nicht.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 1,000.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. Dabei wertete es als erschwerend die Abgabenhinterziehung durch mehrere Jahre, als mildernd hingegen das Geständnis und den ordentlichen Lebenswandel.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Gewährung gänzlicher oder zumindest teilweiser Strafnachsicht anstrebt; im Gerichtstag beantragte er überdies die Herabsetzung der Strafe.

Die Berufung ist zum Teil begründet.

Die einen Großteil der Hinterziehungsbeträge erfassende - nicht strafbefreiende - Selbstanzeige stellt einen über ein bloßes Geständnis hinausgehenden Milderungsgrund dar, dessen zusätzliche Berücksichtigung unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf die angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten (§ 23 Abs 3 FinStrG) die aus dem Spruch ersichtliche Reduzierung des Strafmaßes und der für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle zu tretenden Ersatzfreiheitsstrafe rechtfertigt.

Einer auch nur teilweise bedingten Nachsicht stehen allerdings angesichts des relativ langen Deliktszeitraumes spezial- und generalpräventive Erwägungen entgegen, sodaß insoweit der Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.