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OGH vom 25.08.2014, 8ObA56/14i

OGH vom 25.08.2014, 8ObA56/14i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Dr. Gerda Höhrhan Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, 1050 Wien, Kliebergasse 1a, vertreten durch die Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1.450 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 26/14t 18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel und die behaupteten Aktenwidrigkeiten liegen wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat nicht vor.

Das Berufungsgericht hat festgehalten, dass sich aus dem Vorbringen der Klägerin eine Anwendbarkeit des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes (BMSVG) nicht ableiten lasse. Dementsprechend geht es in seiner rechtlichen Beurteilung von einem Anspruch des Verpflichteten auf die Abfertigungen „alt“ aus. Dazu führt die Klägerin in der außerordentlichen Revision aus, dass sie wiederholt auf § 2 BMSVG hingewiesen habe, wonach die Bestimmungen des ersten Teils sowie die §§ 46, 48 und 49 BMSVG auch für Arbeitsverhältnisse nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) gelten.

Der Verweis der Klägerin auf § 2 BMSVG ist nicht vollständig. Nach § 2 BMSVG gelten die erwähnten Bestimmungen dieses Gesetzes für dem BUAG unterliegende Arbeitsverhältnisse nur „nach Maßgabe der Bestimmungen des BUAG“. Damit wird auf die umfangreichen Übergangsregelungen des BUAG Bezug genommen, die eine Abgrenzung zwischen dem System „Abfertigung alt“ und dem System „Abfertigung neu“ vornehmen (§ 33a BUAG). Grundsätzlich unterliegen alle Arbeitnehmer, die am oder später zum ersten Mal ein Beschäftigungsverhältnis in der Bauwirtschaft eingegangen sind, dem System „Abfertigung neu“.

Der bloße Hinweis der Klägerin auf § 2 BMSVG ist für die von ihr argumentierte Anwendbarkeit des § 17 BMSVG auf den Abfertigungsanspruch des Verpflichteten ungeeignet. Außerdem wäre die Anwendbarkeit des BMSVG für die Klägerin schädlich, weil sie mit ihrer Drittschuldnerklage die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse und nicht die Betriebliche Vorsorgekasse in Anspruch genommen hat.

Soweit die Klägerin wiederholt auf die Bestimmungen des BMSVG Bezug nimmt, geht sie somit von der falschen Rechtsgrundlage aus, weshalb sie in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag. Dies gilt insbesondere für die Überlegungen zu einer Verfügung bzw einer Verfügungsbefugnis des Verpflichteten iSd § 17 iVm § 14 Abs 2 BMSVG. Aus diesem Grund kann die Klägerin dem vom Berufungsgericht beurteilten Verstoß gegen das Neuerungsverbot (zu der in der Berufung aufgestellten Behauptung, der vorzeitige Austritt des Verpflichteten sei unberechtigt erfolgt) ebenfalls nicht mit Recht entgegentreten.

2. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, dass die Vorpfändung des Abfertigungsrechts des Verpflichteten vom nach § 204 EO nicht wirksam gewesen sei, weil zu diesem Zeitpunkt eine (bloße) Anwartschaft bestanden habe, die nur nach § 331 EO gepfändet werden könne. Diese Exekution auf eine nicht existente Geldforderung sei daher ins Leere gegangen (s dazu RIS-Justiz RS0003894).

3.1 Nach dem Einleitungssatz des § 13a Abs 1 BUAG haben Arbeitnehmer (hier nach Z 6) „bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses“ und Erfüllung der Voraussetzungen gemäß §§ 13b und 13c Anspruch auf Abfertigung. In § 13d Abs 2 BUAG wird durch die Wendung „im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs (§ 13a)“ ausdrücklich klargestellt, dass sich dieser Zeitpunkt nach § 13a (Abs 1) richtet.

Bei der Frist von 12 Monaten nach der hier maßgebenden Bestimmung des § 13a Abs 1 Z 6 BUAG handelt es sich um eine Wartefrist. Sie soll im Sinn einer Branchenabfertigung bezwecken, dass der Anspruchsberechtigte nicht vorzeitig seine Ansprüche abruft, nämlich bevor klargestellt ist, dass er nicht zusätzliche Anwartschaften erwerben wird. Das Ausscheiden aus der Bauwirtschaft wird daher im Bereich der Abfertigungsregelung erst nach einem Jahr angenommen ( Klinger , Praxiskommentar zum BUAG § 13a FN 2). Die Zwölfmonatsfrist bezieht sich damit (nur) auf die Auszahlbarkeit und damit auf die Fälligkeit des (schon entstandenen) Abfertigungsanspruchs.

3.2 Die Wendung in § 13a Abs 1 BUAG „bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses“ findet sich sinngleich in § 23 Abs 1 Satz 1 AngG. In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass der Abfertigungsanspruch für Angestellte (§ 23 Abs 1 AngG) und Arbeiter (§ 2 Abs 1 ArbAbfG iVm § 23 AngG) mit dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses entsteht (RIS Justiz RS0028526; 8 ObS 5/14i). Ebenso ist klar, dass die Pfändung der Einkünfte aus einem privat- oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis iSd § 290a Abs 1 Z 1 EO auch die Abfertigung umfasst (3 Ob 75/00a) und die Pfändung dieser Geldforderung nach § 294 EO erfolgt (siehe zur beschränkten Pfändbarkeit der Abfertigung § 291d EO).

Das Berufungsgericht hat aus den Materialien zum BUAG (IA 125/A BlgNR XVII.GP 32 f) abgeleitet, dass es sich bei den Voraussetzungen nach § 13a Abs 1 Z 6 BUAG (auch nach den §§ 13b und 13c BUAG) um eine aufschiebende Bedingung zu dem schon entstandenen Abfertigungsanspruch handelt. Dagegen führt die Klägerin lediglich ins Treffen, dass diese Beurteilung angesichts der klaren gesetzlichen Regelung der §§ 13a, 13d Abs 2 BUAG und §§ 14 Abs 2 und 17 BMSVG nicht nachvollziehbar sei.

Wie bereits dargelegt, ist der Hinweis der Klägerin auf die Bestimmungen des BMSVG untauglich und nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage darzulegen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist letztlich auch das Erstgericht trotz der zum Teil missverständlichen Formulierungen davon ausgegangen, dass es sich bei der Voraussetzung nach § 13a Abs 1 Z 6 BUAG um den Eintritt einer Bedingung handelt. Dementsprechend führte es aus, dass vor Ablauf der Zwölfmonatsfrist eine existente, aufschiebend bedingte Forderung vorliege, die mit Fristablauf „voll wirksam“ entstehe.

4.1 Die Klägerin übersieht aber vor allem, dass der Unterschied zwischen einer Pfändung nach § 294 EO (Geldforderungen) einerseits und § 331 EO (sonstige Vermögensrechte) andererseits nicht in der Frage besteht, ob das Recht, auf das Exekution geführt wird (hier auf Abfertigung nach § 13a Abs 1 Z 6 BUAG), zum Zeitpunkt der Pfändung bereits entstanden ist. Vielmehr ist dies in beiden Fällen erforderlich. Auf ein solches Recht kann dann je nach Exekutionsobjekt gemäß § 294 EO oder § 331 EO Exekution geführt werden. Auch für eine Exekution auf andere Vermögensrechte iSd § 331 EO ist somit vorausgesetzt, dass das Recht bereits entstanden ist und dem Verpflichteten zusteht ( Schneider, Exekution und Abfertigung neu, ZIK 2004/237 mwN).

Für eine Exekution nach § 294 EO muss somit zumindest eine aufschiebend bedingte Geldforderung vorliegen, was ein entsprechendes Anwartschaftsrecht voraussetzt, das durch den Bedingungseintritt zum Vollrecht wird. Eine Forderung ist dann bedingt entstanden, wenn der Rechtsgrund und der rechtserzeugende Sachverhalt zumindest zum Teil bereits gegeben sind. Eine Bedingung stellt zwar ein ungewisses Ereignis dar, was für die Exekution aber unschädlich ist. Nicht wesentlich ist, ob die Bedingung auf einer Parteienvereinbarung beruht, weil auch gesetzlich bedingte Ansprüche Gegenstand der Exekution sein können (3 Ob 63/95i; Schneider, Exekution und Abfertigung neu, ZIK 2004/237).

4.2 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Argument der Klägerin, jede Art von Anwartschaftsrecht sei stets als anderes Vermögensrecht iSd § 331 EO zu pfänden, nicht zutrifft. Die in der außerordentlichen Revision zitierten Belegstellen beziehen sich nicht auf Abfertigungsrechte, sondern auf damit nicht vergleichbare Anwartschaftsrechte eines Nacherben (RIS Justiz RS0122250), eines Ehegatten an der Eigentumswohnung (RIS Justiz RS0107417), eines Vorbehaltskäufers (RIS Justiz RS0013509), weiters auf das Anwartschaftsrecht auf den Erwerb des bücherlichen Eigentums an einer Liegenschaft (RIS Justiz RS0004200) sowie auf das Recht einer GmbH auf Abtretung des Eigentumsrechts an einer Liegenschaft oder auf die Gesamtrechte des Stifters (RIS Justiz RS0120349; siehe dazu auch Angst/Jakusch/Mohr , EO 15 § 331 E20 54).

5. Insgesamt weichen die Entscheidungen der Vorinstanzen von den dargestellten Grundsätzen nicht ab. Die Ausführungen der Klägerin sind nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00056.14I.0825.000