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OGH vom 30.07.2015, 8Ob30/15t

OGH vom 30.07.2015, 8Ob30/15t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache des W***** R*****, vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Insolvenzverwalter Mag. Michael Trötzmüller, Rechtsanwalt in Klagenfurt, über den Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ 1 R 276/14d 25, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom , GZ 6 S 8/14i 21, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und der Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Erstgerichts vom zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Aufgrund eines Eigenantrags des Schuldners eröffnete das Erstgericht mit Beschluss vom das Schuldenregulierungsverfahren, sprach die Geringfügigkeit des Verfahrens aus, entzog dem Schuldner die Eigenverwaltung und bestellte einen Insolvenzverwalter.

Zum Vermögen des Schuldners zählt eine Liegenschaft, deren Ausscheidung der Schuldner beantragte und hinsichtlich der bisher keine Verwertungsmaßnahmen gesetzt wurden.

Der Gläubigerausschuss gab dem Antrag des Schuldners auf Ausscheidung dieser Liegenschaft in seiner Sitzung vom keine Zustimmung. Mit Beschluss vom selben Tag erteilte das Erstgericht daher dem Masseverwalter den Auftrag, die Verwertung dieser Liegenschaft des Schuldners vorzunehmen.

Dem Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss vom gab das Rekursgericht Folge und hob ihn mit dem nun angefochtenen Beschluss vom auf (ON 25). Das Insolvenzgericht könne eine beantragte Ausscheidung auch dann, wenn der Gläubigerausschuss sie ablehne, beschließen. Derzeit könne jedoch noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die Verwertung der Liegenschaft tatsächlich im Interesse der Insolvenzgläubiger gelegen sei; dies habe das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu klären.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob es sich um einen gesetzlich geregelten Akt der Gläubigerautonomie handle, wenn der Gläubigerausschuss eine Ausscheidung ablehne und das Gericht nicht korrigierend eingreifen könne.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters mit dem Antrag, ihn aufzuheben und den erstinstanzlichen Beschluss zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt, weil die Entscheidung des Rekursgerichts einer Korrektur bedarf.

1. Beschließt der Gläubigerausschuss die Ausscheidung von Vermögensgegenständen, so bedarf dieser Beschluss der Genehmigung des Insolvenzgerichts (§ 119 Abs 5 IO). Lehnt der Gläubigerausschuss die Ausscheidung ab, so hat das Insolvenzgericht diesen Beschluss auf seine Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Nach § 95 Abs 2 IO hat es einen Beschluss des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung von Amts wegen oder auf Antrag des Insolvenzverwalters oder jedes Mitglieds des Gläubigerausschusses aufzuheben, wenn er dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger widerspricht oder andere gleich gewichtige Gründe vorliegen ( Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger , Österreichisches Insolvenzrecht 4 § 119 Rz 207, 212). Ein Beschluss des Insolvenzgerichts auf Genehmigung des Beschlusses des Gläubigerausschusses auf Ablehnung der Ausscheidung ist hingegen nicht vorgesehen (8 Ob 73/05a). Wird die Ablehnung der Ausscheidung dennoch vom Insolvenzgericht genehmigt, so besteht an der Bekämpfung eines solchen Beschlusses des Insolvenzgerichts kein Rechtsschutzinteresse (8 Ob 73/05a).

2. Gegen eine in Beschlussform ergehende Weisung des Insolvenzgerichts an den Insolvenzverwalter gemäß § 84 Abs 1 KO (IO) ist ein Rekurs nicht zulässig (RIS Justiz RS0124961; RS0065165; 8 Ob 23/09d).

3. Das Rekursgericht ist hier erkennbar der Ansicht, dass das Erstgericht mit seinem Beschluss vom über die vom Schuldner beantragte Ausscheidung der Liegenschaft entschieden habe. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Beschluss jedoch um eine nicht anfechtbare (bloße) Weisung des Gerichts an den Insolvenzverwalter. Das Erstgericht hat weder (zustimmend oder ablehnend) über die Ausscheidung der Liegenschaft (§ 119 Abs 5 IO) entschieden, noch den Beschluss des Gläubigerausschusses aufgehoben (§ 95 Abs 2 IO), noch den Beschluss des Gläubigerausschusses durch eine andere Verfügung ersetzt (§ 95 Abs 3 IO) oder einen Antrag bzw eine Anregung des Schuldners auf Aufhebung oder Ersetzung des Gläubigerausschussbeschlusses abgewiesen.

Der Rekurs des Schuldners gegen diese bloße Weisung des Erstgerichts war daher unzulässig. Der Rekurs des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss des Rekursgerichts ist daher berechtigt.

4. Eine Stellungnahme des Schuldners zum Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters war nicht erforderlich, denn nach ständiger Rechtsprechung ist das Rechtsmittelverfahren in Insolvenzsachen mit Ausnahme des Eröffnungsverfahrens (dazu 8 Ob 282/01f) grundsätzlich einseitig (§ 260 Abs 4 IO; RIS Justiz RS0116129).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00030.15T.0730.000