OGH vom 18.02.2003, 10ObS258/02t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gernot Z*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Arnold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Gewährung eines Krankenfahrstuhles (Revisionsinteresse EUR 1.804,16 sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 74/02g-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 3 Cgs 100/01v-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Berufung und der Revision sind weitere Verfahrenskosten. Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei die (Weiter-)Gewährung eines Krankenfahrstuhles für den Kläger ab. Dem Kläger sei am von Dr. Josef S***** wegen chronischer Lumbalgie, peripherer arterieller Verschlusskrankheit und koronarer Herzkrankheit ein Krankenfahrstuhl verordnet worden. Bei einer Überprüfung am sei festgestellt worden, dass der Kläger den Krankenfahrstuhl nicht verwende und in der Lage sei, ohne Krankenfahrstuhl für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen. Der Krankenfahrstuhl sei dem Kläger daher wieder entzogen worden.
Dagegen richtet sich die erkennbar auf Weitergewährung eines Krankenfahrstuhles über den hinaus gerichtete Klage. Der Kläger brachte im Wesentlichen vor, dass sich sein Gesundheitszustand zusehends verschlechtere. Er leide an massiven Durchblutungsstörungen sowie Lähmungserscheinungen in den Beinen, weshalb er zur Fortbewegung innerhalb und außerhalb der Wohnung auf die Verwendung eines Krankenfahrstuhles angewiesen sei. Der Kläger habe sich auf Grund seiner Beschwerden im April 2001 einer Operation unterziehen müssen. Die Krankenbehandlung sei noch nicht abgeschlossen und es seien weitere Operationen vorgesehen.
Die beklagte Partei beantragte die Zurück- bzw Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei auch ohne die Verwendung eines Krankenfahrstuhles in der Lage, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, weshalb die vom Kläger begehrte Gewährung eines Krankenfahrstuhles das Maß des Notwendigen übersteige. Beim Kläger liege weder eine Verstümmelung noch eine Verunstaltung oder ein körperliches Gebrechen vor, weshalb kein Leistungsanspruch des Klägers auf Gewährung eines Krankenfahrstuhles als Hilfsmittel im Sinn des § 154 Abs 1 ASVG bestehe. Der Rollstuhl sei dem Kläger vielmehr als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung gemäß § 154a ASVG bewilligt worden. Maßnahmen der Rehabilitation seien im Anschluss an die Krankenbehandlung nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewähren, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder die Folgen der Krankheit zu erleichtern. Maßnahmen der Rehabilitation seien eine Pflichtaufgabe, welche nach pflichtgemäßem Ermessen zu erbringen seien, wobei sie ausreichend und zweckmäßig sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Es bestehe jedoch kein individuell durchsetzbarer Rechtsanspruch, sodass die Gewährung eines Krankenfahrstuhles als Maßnahme der Rehabilitation im Sinne des § 154a ASVG nicht im Wege einer Klage vor dem Arbeits- und Sozialgericht durchsetzbar sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen verordnete der praktische Arzt Dr. Josef S***** dem Kläger am einen Krankenfahrstuhl. Er diagnostizierte eine chronische Lumbalgie, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit und eine koronare Herzkrankheit. Der Kläger erhielt von der Firma B***** einen mit Händen betreibbaren Aktivrollstuhl, dessen Empfang er am bestätigte. Dieser Krankenfahrstuhl wurde vom Kläger über Aufforderung der beklagten Partei am an diese zurückgegeben. Im April 2001 war das Gehvermögen wie auch die körperliche und psychische Belastbarkeit des Klägers stark eingeschränkt. Beim Kläger traten erhöhte Blutdruckwerte auf und es bestanden zunehmende Durchblutungsstörungen beider Beine sowie Beinschlagaderverkalkungen. Leichte körperliche Arbeiten waren dem Kläger nicht zumutbar. Mit einer raschen Stabilisierung oder Besserung im Befinden des Klägers war nicht zu rechnen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Krankenfahrstuhl sei kein Heilbehelf, sondern ein Hilfsmittel, weil er nicht einem Heilzweck diene, sondern erst nach Abschluss des Heilungsprozesses zum Einsatz komme. § 41 der Satzung der beklagten Partei sehe nur die Gewährung von Zuschüssen für die Anschaffung eines Hilfsmittels vor, nicht aber die Tragung der vollständigen Kosten für einen Krankenfahrstuhl oder die Zurverfügungstellung eines Krankenfahrstuhles. Selbst wenn daher die Leiden des Klägers als Gebrechen im Sinne des § 154 ASVG zu beurteilen wären, würden Leistungen nur in Form satzungsmäßiger Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel als freiwillige Leistung durch den Krankenversicherungsträger gewährt. § 154 ASVG sei daher keine taugliche Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Krankenfahrstuhles an den Kläger. Auch aus dem Umstand, dass die beklagte Partei vorher dem Kläger einen Krankenfahrstuhl zur Verfügung gestellt habe, ergebe sich kein Rechtsanspruch auf eine solche Leistung nach § 154 ASVG. Hilfsmittel könnten im Rahmen medizinischer Maßnahmen der Rehabilitationen der Krankenversicherung nach § 154a ASVG gewährt werden. Sie würden in diesem Fall der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung oder der Erleichterung der Folgen einer Krankheit dienen und würden nach pflichtgemäßem Ermessen und Maßgabe des § 133 Abs 2 ASVG im Anschluss an die Krankenbehandlung gewährt. Ein individuell durchsetzbarer Anspruch auf Gewährung eines Krankenfahrstuhles als Maßnahme der Rehabilitation bestehe nicht, weil diese Maßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Bedachtnahme auf § 133 Abs 2 ASVG zu erbringen sei. Es handle sich dabei somit lediglich um eine Pflichtaufgabe der Krankenversicherung, auf deren Erfüllung aber kein individueller Leistungsanspruch des Versicherten gegeben sei. Im Übrigen stütze sich auch der angefochtene Bescheid ausschließlich auf die Bestimmung des § 154 ASVG.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge und schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichtes an. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG nicht zulässig sei. Innerhalb der Frist zur Erhebung einer Revision langte beim Erstgericht eine vom Kläger selbst verfasste "außerordentliche Revision" ein. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom wurde dem Kläger diese Eingabe unter Hinweis auf den im Revisionsverfahren bestehenden Anwaltszwang zur Verbesserung binnen drei Wochen zurückgestellt. Die vom bisherigen Verfahrenshelfer verfasste, dem Verbesserungsauftrag entsprechende Revision langte innerhalb der gesetzten Verbesserungsfrist ein. Wird das von einer Partei persönlich erhobene Rechtsmittel zur Verbesserung zurückgestellt, ist es zulässig, auch einen völlig neuen mit dem ursprünglichen Rechtsmittel nicht übereinstimmenden Schriftsatz durch einen dazu befugten Vertreter einzubringen (MGA, ZPO15 ENr 16 zu § 85 mwN; SSV-NF 2/19 ua).
Die durch den Verfahrenshelfer eingebrachte außerordentliche Revision ist daher in der vorliegenden Form rechtzeitig. Der Kläger macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat bereits vor Freistellung eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher sie die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
Die Revision ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht die in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für eine Abgrenzung der Begriffe "Heilbehelfe" und "Hilfsmittel" im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Kriterien auf den vorliegenden Fall unrichtig angewandt hat, und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt. Den Streitpunkt im Revisionsverfahren bildet die Frage, ob der Kläger den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Gewährung eines Krankenfahrstuhles mit Erfolg auf die Bestimmung des § 137 ASVG (Heilbehelfe), § 154 ASVG (Hilfe bei körperlichen Gebrechen) oder § 154a ASVG (medizinische Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung) stützen kann. Der Kläger vertritt dazu die Ansicht, der Krankenfahrstuhl sei im vorliegenden Fall als "Heilbehelf" im Sinn des § 137 Abs 1 ASVG zu qualifizieren und es wäre die beklagte Partei überdies in Entsprechung ihres pflichtgemäßen Ermessens nach § 154a ASVG zur Weitergewährung des Krankenfahrstuhles verpflichtet gewesen. Demgegenüber vertritt die beklagte Partei die Auffassung, dass zur Behandlung der beim Kläger bestehenden Leidenszustände eine Zurverfügungstellung eines Krankenfahrstuhles, welcher ein Hilfsmittel gemäß § 154 Abs 1 ASVG darstelle, nicht erforderlich bzw zweckmäßig sei. Es liege auch keine Willkür des Versicherungsträgers vor, wenn ein Hilfsmittel im Rahmen der Rehabilitation gemäß § 154a ASVG im Anschluss an eine Krankenbehandlung nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Maßgabe des § 133 Abs 2 ASVG nur unter diesen Voraussetzungen gewährt werde. Der Gesetzgeber habe ganz bewusst eine solche Regelung vorgenommen, da die Krankenversicherungsträger bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Leistung der Maßnahme der Rehabilitation verpflichtet seien, dieser Verpflichtung aber kein individueller Leistungsanspruch gegenüberstehe.
Rechtliche Beurteilung
Der erkennende Senat hat dazu folgendes erwogen:
Nach § 120 Abs 1 Z 1 ASVG gilt der Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn der Krankheit, das ist des regelwidrigen Körper- und Geisteszustandes, der die Krankenbehandlung notwendig macht, als eingetreten. Gemäß § 133 Abs 1 ASVG umfasst die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle muss die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Die Leistungen der Krankenbehandlung werden, soweit im ASVG nichts anderes bestimmt wird, als Sachleistungen erbracht.
Eine notwendige Krankenbehandlung muss daher nicht die endgültige und vollständige Heilung des Patienten zum Ziel haben; es genügt vielmehr, wenn sie die Besserung des Leidens oder die Verhütung von Verschlimmerungen bezweckt (Binder in Tomandl, SV-System 14. Erg-Lfg 201 mwN; SSV-NF 10/95 mwN ua; RIS-Justiz RS0106403; RS0106245). Die Krankenversicherungsträger haben allerdings für Dauerleiden nur solange einzutreten, als deren Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Fehlt infolge der abgeschlossenen Entwicklung des Leidens die Möglichkeit ärztlicher Einflussnahme im Sinne einer Heilung, Besserung oder Verhütung von Verschlimmerungen, ist die Regelwidrigkeit den Gebrechen zuzuordnen. Der Krankheitsbegriff (§ 120 ASVG) und der Gebrechensbegriff (§ 154 ASVG) schließen einander aus (Binder aaO 202).
Im Falle des Vorliegens einer Krankheit sind Heilbehelfe (Brillen, orthopädische Schuheinlagen, Bruchbänder und sonstige notwendige Heilbehelfe) dem Versicherten nach § 137 Abs 1 ASVG in einfacher und zweckentsprechender Ausführung zu gewähren. Billige Heilbehelfe werden nicht vergütet (Abs 2). Für teurere Heilbehelfe übernimmt der Krankenversicherungsträger die Kosten, allerdings nur bis zu einer durch die Satzung festzulegenden Höchstgrenze; auch innerhalb dieser Höchstgrenze hat der Versicherte (Sozialfälle ausgenommen) einen Selbstbehalt von 10 % zu tragen (Abs 3, 4 und 5). Heilbehelfe, die nur vorübergehend gebraucht werden und die nach ihrer Art ohne gesundheitliche Gefahr von mehreren Personen benützt werden können, können vom Krankenversicherungsträger auch leihweise zur Verfügung gestellt werden oder es kann der Krankenversicherungsträger die Kosten ihrer Miete übernehmen (Abs 8).
Liegt keine Krankheit, sondern eine Verstümmelung, Verunstaltung oder ein körperliches Gebrechen vor, welche die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich beeinträchtigen, kann gemäß § 154 Abs 1 ASVG die Satzung des Krankenversicherungsträgers Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel sowie für deren Instandsetzung vorsehen, soweit nicht auf Grund anderweitiger gesetzlicher Bestimmung (etwa im Rahmen der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation aus der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 154a Abs 2 Z 2 ASVG oder aus der gesetzlichen Pensionsversicherung nach § 302 Abs 1 Z 2 ASVG) eine diesbezügliche Leistungsverpflichtung besteht (Subsidiaritätsprinzip). Hilfsmittel sind Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Verstümmelung, Verunstaltung oder einem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen. Bei Festsetzung der Höhe der Zuschüsse gilt die für Heilbehelfe maßgebende Kostenbeteiligungsregelung sinngemäß. Es ist daher auch der dort vorgesehene Höchstbetrag anzuwenden; bei Körperersatzstücken und Krankenfahrstühlen erhöht sich dieser allerdings auf die Höhe des 25-fachen Messbetrages im Sinn des § 108 Abs 3 ASVG. Eine "leihweise" Zurverfügungstellung von Hilfsmitteln bei bloß vorübergehender Beanspruchung ist ebenfalls möglich (Abs 3). Nach § 154a Abs 1 ASVG gewähren die Krankenversicherungsträger, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder die Folgen der Krankheit zu erleichtern, im Anschluss an die Krankenbehandlung nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Maßgabe des § 133 Abs 2 ASVG medizinische Maßnahmen der Rehabilitation mit dem Ziel, den Gesundheitszustand der Versicherten und ihrer Angehörigen soweit wiederherzustellen, dass sie in der Lage sind, in der Gemeinschaft einen ihnen angemessenen Platz möglichst dauernd und ohne Betreuung und Hilfe einzunehmen. Diese Maßnahmen umfassen nach Abs 2 Z 2 der zitierten Gesetzesstelle auch die Gewährung von Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln einschließlich der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel.
Die Abgrenzung der "Heilbehelfe" im Sinne des § 137 Abs 1 ASVG von den "Hilfsmitteln" im Sinn des § 154 ASVG bzw § 154a ASVG ist vor allem deshalb problematisch, weil weder § 137 ASVG noch das GSVG, das BSVG oder das B-KUVG eine Legaldefinition des Heilbehelfes vorsieht. Die Auslegung des Begriffes "Behelf" hat sich am Sprachgebrauch und an den gesetzlichen Beispielen zu orientieren. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist § 137 Abs 1 ASVG dahin auszulegen, dass unter "Heilbehelfen" nur solche Behelfe zu verstehen sind, die der Heilung, Linderung oder Verhütung von Verschlimmerungen der Krankheit dienen, während "Hilfsmittel" erst nach Abschluss des Heilungsprozesses zum Einsatz gelangen (SSV-NF 14/60 = ZAS 2001/13 [Naderhirn]; SSV-NF 12/20 = DRdA 1999/12 [Binder] = ZAS 1999/5 [Risak] mwN ua; RIS-Justiz RS0109536; RS0109537; Binder in Tomandl aaO 227 mwN ua). Der Oberste Gerichtshof hat daher etwa eine Lenox-Hill-Orthese als Heilbehelf (SSV-NF 4/146), hingegen eine Creme zum Abdecken von entstellenden Hautverfärbungen im Gesicht (SSV-NF 1/9), eine kosmetische Hautcreme (SSV-NF 4/77) oder eine Lesebrille (SSV-NF 10/120) als Hilfsmittel beurteilt.
Im Wesentlichen bildet diese Differenzierung zwischen Heilbehelfen und Hilfsmitteln eine Konsequenz der vom Gesetzgeber vorgenommenen und bereits oben dargestellten Trennung zwischen Krankheit (im sozialversicherungsrechtlichen Sinn) und dem Gebrechen. Es kann daher nach diesem Verständnis ein und derselbe Gegenstand einmal Heilbehelf, ein anderes Mal Hilfsmittel sein: So kann eine Krücke im Rahmen der Therapie nach einer Operation als Heilbehelf, nach Abschluss eines Heilungsprozesses bei einer Amputation aber als Hilfsmittel gewährt werden (Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung 305 FN 85). In diesem Sinne hat auch der Oberste
Gerichtshof in der Entscheidung SSV-NF 12/20 (= DRdA 1999/12 [Binder]
= ZAS 1999/5 [Risak]) darauf hingewiesen, dass die Frage, ob es sich
bei dem damals zu beurteilenden Inkontinenzmaterial um einen Heilbehelf im Sinn des § 137 ASVG oder um ein Hilfsmittel im Sinn des § 154 ASVG handelt, nur nach den besonderen konkreten Umständen der Anwendung dieses Materiales bei der damaligen Klägerin beantwortet werden kann. Es kann daher auch ein Krankenfahrstuhl, der nach herkömmlichem Verständnis als Hilfsmittel angesehen wird (vgl seine ausdrückliche Erwähnung in § 154 Abs 1 ASVG; Resch, Sozialrecht2 49; Binder aaO 264/15; Grillberger, Österreichisches Sozialrecht5 33 ua), als Heilbehelf eingestuft werden, wenn er während einer Krankenbehandlung zur Entlastung der Beine benötigt wird. Für die Beurteilung der Frage, ob der Krankenfahrstuhl im konkreten Fall als "Heilbehelf" im Sinn des § 137 ASVG anzusehen ist, bedarf es daher ergänzender Feststellungen, ob die vom Kläger begehrte Zurverfügungstellung eines Krankenfahrstuhles - wie dies vom Kläger bereits im Verfahren erster Instanz behauptet wurde - im Zusammenhang mit einer Krankenbehandlung steht. Solange eine (noch) behandlungsbedürftige Krankheit im Sinn des § 120 Abs 1 Z 1 iVm § 133 Abs 2 ASVG durch ärztliche Hilfe, Heilmittel oder Heilbehelfe beeinflussbar ist und eine Verbesserung bzw Stabilisierung der Gesundheit, Arbeits- oder Selbsthilfefähigkeit zu erwarten ist, muss die "Krankenbehandlung" (also auch die Versorgung mit den notwendigen Heilbehelfen) von der Krankenkasse getragen werde (vgl Binder in der Entscheidungsbesprechung in DRdA 1999/12, 114 f), soweit dadurch das Maß des Notwendigen im Sinn des § 133 Abs 2 ASVG nicht überschritten wird. Bei der Gewährung von Heilbehelfen handelt es sich nach zutreffender Rechtsansicht des Revisionswerbers um gesetzliche Pflichtleistungen, auf die ein Rechtsanspruch des Versicherten besteht. Es wird daher vom Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren im Sinne der dargelegten Ausführungen das Vorliegen der für die Gewährung eines Krankenfahrstuhles als Heilbehelf im Sinne des § 137 ASVG erforderlichen Voraussetzungen zu prüfen sein. Nach § 367 Abs 1 ASVG ist vom Versicherungsträger über den Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung ein Bescheid nur dann zu erlassen, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt. Die beklagte Partei hat dem Kläger zunächst einen Krankenfahrstuhl tatsächlich gewährt und mit dem angefochtenen Bescheid über Antrag des Klägers ausgesprochen, dass der Antrag des Klägers auf (Weiter-)Gewährung eines Krankenfahrstuhles abgelehnt werde. Es ist daher im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob entgegen der von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht die Voraussetzungen für die (Weiter-)Gewährung der begehrten Leistung über den hinaus (weiterhin) vorliegen.
Sollte hingegen der Krankenfahrstuhl nach den Ergebnissen der notwendigen Verfahrensergänzung nicht zu Zwecken der Krankenbehandlung, sondern - etwa nach Abschluss einer Krankenbehandlung - zur Minderung oder Behebung wesentlicher Beeinträchtigungen bei körperlichen Gebrechen eingesetzt werden, wird er als Hilfsmittel im Sinn des § 154 bzw § 154a ASVG zu qualifzieren sein. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf Beistellung eines Krankenfahrstuhles im Revisionsverfahren auch ausdrücklich auf die Bestimmung des § 154a ASVG.
Nach § 121 Abs 1 ASVG werden die Leistungen der Krankenversicherung als Pflichtleistungen, und zwar als gesetzliche Mindestleistungen oder als satzungsmäßige Mehrleistungen (Z 1), oder als freiwillige Leistungen (Z 2) gewährt. Pflichtleistungen sind Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Freiwillige Leistungen sind Leistungen, die auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vorschriften gewährt werden können, ohne dass auf sie ein Rechtsanspruch besteht (Abs 2). Die Gewährung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung nach § 154a ASVG stellt seit der 50. ASVG-Novelle, BGBl 1991/676, eine Pflichtaufgabe der Krankenversicherung dar. Diese Maßnahmen sind vom Krankenversicherungsträger im Anschluss an die Krankenbehandlung "nach pflichtgemäßem Ermessen ..." zu gewähren. Dies bedeutet, dass die Krankenversicherungsträger zur Leistung der Maßnahmen der Rehabilitation zwar verpflichtet sind, dieser Verpflichtung aber kein individueller Leistungsanspruch gegenübersteht.
Es war allerdings jedenfalls bei Einführung dieser Leistung beabsichtigt, die Rehabilitation in der Krankenversicherung später in eine Pflichtleistung mit individuellem Rechtsanspruch umzuwandeln, wobei aber der dafür ursprünglich vorgesehene Zeitpunkt (ab dem Jahr 1994) bereits seit längerer Zeit verstrichen ist (vgl dazu die Gesetzesmaterialien - abgedruckt in Teschner/Widlar, MGA, ASVG 77. Erg-Lfg Anm 1 zu § 154a; Binder aaO 264/16 ua). Die Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung sind daher nach wie vor als Pflichtaufgabe des Krankenversicherungsträgers ohne individuellen Rechtsanspruch des Versicherten normiert. Es handelt sich dabei somit um eine im pflichtgemäßen Ermessen des Versicherungsträgers liegende Gewährung freiwilliger Leistungen, wobei nach bisheriger Rechtsprechung allfällige Ermessensmissbräuche nur im Wege der Aufsichtsbeschwerde, nicht jedoch im Wege einer Klage vor dem Arbeits- und Sozialgericht geltend gemacht werden können. So hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SSV-NF 1/13 ausgesprochen, dass für Begehren, die nicht Ansprüche auf gesetzliche Pflichtleistungen zum Gegenstand haben, der Rechtsweg nicht offen stehe, da es sich dabei um keine Leistungssachen nach § 354 Z 1 ASVG bzw nunmehr Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG handle. Nach der Entscheidung SSV-NF 3/87 handle es sich auch bei der Erhöhung der Versehrtenrente nach § 205 Abs 3 ASVG um eine freiwillige Leistung des Versicherungsträgers, für die der Rechtsweg nicht offen stehe. Da der Versicherte gegen den Pensionsversicherungsträger keinen klagbaren Anspruch auf Maßnahmen der Rehabilitation habe, habe er auch keine Möglichkeit, die Erbringung von Leistungen der Rehabilitation (aus der Pensionsversicherung) im Leistungsstreitverfahren durchzusetzen (SSV-NF 8/35). Hingegen wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Möglichkeit der Anrufung des Sozialgerichtes in jenen Fällen bejaht, in denen die Sozialversicherungsgesetze dem Sozialversicherungsträger im Zusammenhang mit der Erbringung von Pflichtleistungen für bestimmte Teilbereiche Ermessen einräumen. Ist daher beispielsweise im Zusammenhang mit dem Streit um die Höhe einer Pensionsleistung die Festsetzung der Bemessungsgrundlage gemäß § 182 ASVG strittig, hat das Sozialgericht im Rechtsstreit das Ermessen im Sinne des Gesetzes selbst auszuüben (SSV-NF 3/78; 5/42).
Die Auffassung, dass Ermessensentscheidungen des Versicherungsträgers über freiwillige Leistungen vor den Sozialgerichten nicht anfechtbar seien, wird auch von einem Teil der Lehre geteilt (Kuderna, ASGG2 Anm 3 zu § 65, 429 f mwN; Teschner/Widlar aaO 63. Erg-Lfg Anm 5 zu § 121; vgl auch die Literaturnachweise bei Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Leistungssachen 153 FN 50). Gegen diese Auffassung gibt es in der Literatur jedoch starke Vorbehalte (vgl dazu die Nachweise bei Fink aaO 153 ff; Jabornegg/Resch, Rehabilitation vor Rente, ZAS 1999, 65 ff [69 ff] ua). Oberndorfer (Grundprobleme des Verwaltungsverfahrens in der österreichischen Sozialversicherung in ZAS 1973, 203 ff [215 f] sowie in Tomandl, SV-System 9. ErgLfg 652 ff) verweist insbesondere darauf, dass gemäß § 121 Abs 2 ASVG zwar kein Rechtsanspruch auf freiwillige Leistungen bestehe, die Bestimmung des § 367 Abs 1 Z 2 ASVG den Sozialversicherungsträger aber verpflichte, immer dann einen Bescheid zu erlassen, wenn eine beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt werde und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlange. Der mangelnde Rechtsanspruch auf "freiwillige" Leistungen bedeute daher lediglich, dass dem Sozialversicherungsträger hinsichtlich der Gewährung der Leistung Ermessen eingeräumt sei. Auch eine verwaltungsbehördliche Ermessensübung habe sich jedoch nach dem Konzept des österreichischen Bundesverfassungsrechtes (Art 130 Abs 2 B-VG) am "Sinn des Gesetzes", das Ermessen einräume, das also die freiwillige Leistungen vorsehe, auszurichten. Das daraus folgernde Recht auf fehlerfreien Gebrauch des Ermessens müsse im Wege der gerichtlichen Kontrolle der Sozialversicherungsträger durchsetzbar sein. Die Konstruktion der sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte dürfe keinesfalls dazu missbraucht werden, eine Verkürzung des verfassungsrechtlich gebotenen Rechtschutzes gegenüber Hoheitsakten herbeizuführen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Schrammel (Verfügungen über Leistungsansprüche aus der Sozialversicherung 76 ff in Tomandl [Hrsg], Wiener Beiträge zum Arbeits- und Sozialrecht Band 17). Auch er bejaht eine Bescheidpflicht bei freiwilligen Leistungen und ordnet daher Anträge auf freiwillige Leistungen den Leistungssachen zu, beschränkt aber die richterliche Tätigkeit auf die Kontrolle der fehlerfreien Ermessensübung.
In vergleichbarer Weise argumentiert M. Binder (in der Entscheidungsbesprechung in ZAS 1992/12, 100 ff). Er weist darauf hin, dass das Ergebnis der Judikatur nicht dem von der Verfassung vorgeformten Rechtsschutzsystem entspreche. Die Gefahr von Ermessensfehlern und Ermessensmissbräuchen sei besonders virulent, wenn der Entscheidungsträger in eigener Sache in erster und letzter Instanz urteile. Würde der Rechtszug eröffnet, könnte verhindert werden, dass Entscheidungen aus unsachlichen oder mit der Rechtsordnung sonst in Widerspruch stehenden Erwägungen unter dem Deckmantel der fehlenden wirtschaftlichen Mittel oder überhaupt begründungslos getroffen werden. Allein das Bewusstsein der Gerichtskontrolle würde zu größerer Sorgfalt bei Entscheidungsfindung und Entscheidungsbegründung führen.
In ähnlicher Weise wird die grundsätzliche Bescheidpflicht hinsichtlich der freiwilligen Leistungen und die Einordnung unter die Leistungssachen auch von Bernard (Rechtsschutz bei Verweigerung freiwilliger Leistungen aus der Krankenversicherung in ZAS 1992, 114 ff), Fink (Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 155 ff) und Jabornegg/Resch (Rehabilitation vor Rente in ZAS 1999, 68 ff [70]) bejaht. Da jedenfalls eine Leistung der Hoheitsverwaltung vorliege, sei bereits aus zwingenden verfassungsrechtlichen Überlegungen heraus eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Nachprüfung der gesetzlichen Leistungspflicht des Trägers geboten. Dies gelte nicht nur vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Prinzips der Bundesverfassung, sondern besonders auch vor dem Hintergrund des Art 6 MRK. Die Statuierung einer gesetzlichen Leistungsverpflichtung des Trägers im Rahmen der Hoheitsverwaltung müsse folglich untrennbar mit einer entsprechenden Rechtschutzgarantie verbunden sein. Substrat dieser Überprüfungsbefugnis sei - soweit der Träger nach dem Gesetz Ermessen habe - die pflichtgemäße Ermessensübung (Jabornegg/Resch aaO 71). Jabornegg/Resch verweisen aaO auch darauf, dass der Oberste Gerichtshof im anderen Zusammenhang beispielsweise die Rehabilitationsmaßnahmen im Sinn der §§ 302 bis 304 ASVG ebenfalls als Pflichtleistungen (mit einem individuellen Rechtsanspruch) qualifiziert habe, und zwar mit der Rechtsfolge, dass es zur Legalzession nach § 332 Abs 1 ASVG komme.
Der erkennende Senat hat unter neuerlicher Abwägung der in Lehre und Rechtsprechung vertretenen Auffassungen für die hier zu beurteilende Frage, ob für das Begehren auf Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung nach § 154a ASVG der Rechtsweg an das Arbeits- und Sozialgericht offen steht, folgendes erwogen:
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei den medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung nach § 154a ASVG um eine Pflichtaufgabe des Krankenversicherungsträgers handelt, die jedoch nicht als Pflichtleistung (mit individuellem Rechtsanspruch) sondern als freiwillige Leistung (ohne individuellen Rechtsanspruch) normiert ist. Gemäß § 367 Abs 1 ASVG ist über den Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung ein Bescheid zu erlassen, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt. Diese Einschränkung der Bescheiderlassungsbefugnis soll den Verwaltungsbetrieb durch Verzicht auf den Bescheiderlass in jenen Fällen vereinfachen, in denen durch die tatsächliche Gewährung einer begehrten Leistung eine eventuelle Beschwer des Leistungsbegehrenden entfällt (Oberndorfer in Tomandl, SV-System 6. Erg-Lfg 653 mwN). Hingegen sieht die zitierte Bestimmung des § 367 Abs 1 ASVG in der Frage der Bescheiderlassungspflicht keine Unterscheidung in Pflichtleistungen und freiwillige Leistungen vor. Insbesondere ist dem § 367 ASVG eine Beschränkung auf Pflichtleistungen nicht zu entnehmen, sodass auch über die Nichtgewährung freiwilliger Leistungen aus der Krankenversicherung mit Bescheid zu erkennen ist (vgl Oberndorfer aaO; Fink aaO 156 mwN; Resch, Formvorschriften im Verfahren vor den Sozialversicherungsträgern, ZAS 1992, 81 ff [83]; Bernard, Rechtsschutz bei Verweigerung freiwilliger Leistungen aus der Krankenversicherung, ZAS 1992, 114 ff; Binder in der Entscheidungsbesprechung zu ZAS 1992/12, 100 ff; Jabornegg/Resch aaO [70] mwN ua).
Geht man aber bei einer Nichtgewährung freiwilliger Leistungen aus der Krankenversicherung vom Vorliegen einer Bescheidpflicht aus, kann nicht strittig sein, dass eine solche Leistungsgewährung in die Hoheitsverwaltung einzuordnen ist (Walter, Staatshaftung aus der Sicht der Sozialversicherungsträger, SozSi 1986, 107 ff; Resch aaO 83 mwN; Bernard aaO ua). Der mangelnde Rechtsanspruch auf "freiwillige" Leistungen bedeutet lediglich, dass dem Versicherungsträger hinsichtlich der Gewährung der Leistung Ermessen eingeräumt ist. Auch eine verwaltungsbehördliche Ermessensübung hat sich jedoch nach dem Konzept des österreichischen Bundesverfassungsrechts (Art 130 Abs 2 B-VG) am "Sinn des Gesetzes", das Ermessen einräumt, das also die freiwilligen Leistungen vorsieht, auszurichten. Der Einzelne hat demnach ein Recht auf fehlerfreien Gebrauch des Ermessens im Sinne des Gesetzes. Er muss daher auch die Möglichkeit haben, sich gegen die Verweigerung einer freiwilligen Leistung im Bereich der Krankenversicherung zur Wehr zu setzen (Oberndorfer aaO 653 f; Bernard aaO 114 f; Binder aaO; Fink aaO mwN ua).
Der Antrag auf Gewährung einer freiwilligen Leistung im Rahmen der Krankenversicherung löst entweder eine Leistungssache oder eine Verwaltungssache aus. Die soeben genannten Autoren kommen in ihren Ausführungen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die pflichtgemäße Ermessensübung bzw die Einhaltung der gesetzlichen Entscheidungsvorgaben durch den Versicherungsträger im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren nachprüfbar sein müsse. Dies ergebe sich einerseits aus dem insofern durchaus offenen Wortlaut des Gesetzes und andererseits aus zwingenden rechtsstaatlichen Überlegungen. So könne der dem Einzelnen bei einer Ermessensentscheidung zustehende Anspruch auf Entscheidung im Sinne des Gesetzes verfassungskonform auch als Anspruch im Sinn des § 354 Z 1 ASVG verstanden werden (Bernard aaO 115; Fink aaO 157 f) bzw resultiere aus dem Anspruch auf fehlerfreie Handhabung des Ermessens auch ein (materieller) Anspruch auf Zuerkennung der begehrten Leistung, sofern die am Gesetzessinn orientierte Ermessensübung zu einer positiven Entscheidung führe (Fink aaO 163). Nur auf diese Weise könne eine wirksame Rechtskontrolle (Art 6 MRK) und eine Gewährleistung einer Gleichbehandlung (Art 7 B-VG) erreicht werden (Fasching/Klicka aaO 722; Jabornegg/Resch aaO 71). Eine Einordnung der Erbringung und Verweigerung freiwilliger Leistungen unter den Begriff der Verwaltungssachen komme hingegen nicht in Betracht, weil die demonstrative Aufzählung der Verwaltungssachen im § 355 ASVG dafür keinerlei Anhaltspunkte biete und eine solche Einordnung überdies systemwidrig wäre (Bernard aaO 115). Auch die Konstruktion der sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte als Sozialgerichte dürfe nicht zu einer Verkürzung des verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes gegenüber Hoheitsakten führen (Oberndorfer aaO 654).
Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei den hier zu beurteilenden Leistungen von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung nach § 154a ASVG um Pflichtaufgaben des Krankenversicherungsträgers. Der Versicherungsträger ist somit gesetzlich zur Leistung verpflichtet, bei der Konkretisierung gegenüber den einzelnen Versicherten besteht jedoch ein erheblicher Ermessensspielraum. Nach den Ausführungen von Jabornegg/Resch aaO 72 handelt es sich bei solchen Pflichtleistungen ohne Individualanspruch um eine dritte Kategorie von Versicherungsleistungen zwischen Pflichtleistungen mit Individualanspruch und rein freiwilligen Leistungen. Eine Ablehnung einer Pflichtaufgabe trotz Vorliegens der dafür vorgesehenen Voraussetzungen käme der Verweigerung einer Pflichtleistung gleich, weshalb die fehlerfreie Ermessensübung von jedem Leistungsberechtigten im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht mittels Klage geltend gemacht werden könne. Der erkennende Senat schließt sich unter Berücksichtigung der oben dargelegten Lehrmeinungen dieser Ansicht jedenfalls für den hier zu beurteilenden Bereich der Pflichtleistungen ohne individuellen Rechtsanspruch an und gelangt daher zu dem Ergebnis, dass in Ansehung dieser Leistungen gegen eine Ermessensentscheidung des Versicherungsträgers beim Arbeits- und Sozialgericht Klage wegen gesetzwidriger Ermessensübung erhoben werden kann. Es hat somit zwar der Versicherte auch im Bereich der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung (§ 154a ASVG) keinen individuellen Rechtsanspruch auf Leistung, bedingt durch die öffentlich-rechtliche Leistungserbringung besteht aber ein Anspruch des Versicherten auf gesetzmäßige Ermessensübung, der auch verfahrensmäßig nachprüfbar sein muss.
Bei der Prüfung der Frage, ob das Ermessen vom Sozialversicherungsträger im Sinne des Gesetzes ausgeübt wurde, wird vor allem zu berücksichtigen sein, dass auch für Pflichtleistungen ohne individuellen Rechtsanspruch die Grundsätze des § 133 Abs 2 ASVG gelten, wonach die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein muss, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Es wird daher auch in diesem Zusammenhang die von der beklagten Partei bereits erhobene Einwendung, der Kläger sei auch ohne die Verwendung eines Krankenfahrstuhles in der Lage, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, weshalb diese von ihm begehrte Leistung das Maß des Notwendigen übersteige, zu prüfen sein. Das bisherige Prozessvorbringen des Klägers wird unter dem Aspekt der Prüfung der Ermessensübung demgegenüber dahin zu verstehen sein, dass der Versicherungsträger nach Ansicht des Klägers von seinem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe, weil er die Zurverfügungstellung eines Krankenfahrstuhles verweigert habe, obwohl der Kläger zur Fortbewegung innerhalb und außerhalb der Wohnung auf die Verwendung des Krankenfahrstuhles angewiesen sei. Neben den somit zwischen den Parteien im gegenständlichen Verfahren strittigen Bedarf des Versicherten nach der begehrten Leistung, könnten beispielsweise auch die finanzielle Lage des Versicherten und die daraus zu erschließende Möglichkeit und Zumutbarkeit, sich die Leistung aus eigenen Mitteln zu beschaffen, die finanzielle Lage des Sozialversicherungsträgers und seine Ausstattung mit den entsprechenden Subsidien sowie die ständige Praxis gegenüber anderen Versicherten weitere Kriterien im Rahmen der Überprüfung der Ermessensübung sein (vgl Bernard aaO). Da von den Parteien bisher ein entsprechendes Prozessvorbringen nicht erstattet wurde, erübrigt sich derzeit ein weiteres Eingehen auf Bedeutung und Inhalt dieser möglichen weiteren Kriterien für den vorliegenden Fall. Neben den gesetzlichen Kriterien können auch nicht ausdrücklich geregelte Entscheidungskriterien herangezogen werden, sofern sie dem Sinn des Gesetzes entsprechen. Hervorragende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot zu. Der Versicherte hat den Anspruch, dass bei der Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung der Leistung keine unsachlichen Momente eine Rolle spielen (Bernard aaO). Wenn daher der Sozialversicherungsträger die für seine Ermessensentscheidung maßgebenden sachlichen Kriterien in rational nachvollziehbarer Weise darlegen kann, wird das vom Versicherten gegen diese Ermessensentscheidung erhobene Klagebegehren vom Arbeits- und Sozialgericht abzuweisen sein. Wenn das Arbeits- und Sozialgericht hingegen zu der Auffassung gelangen sollte, dass dem Versicherten die von ihm begehrte Leistung nicht aus sachlichen Gründen, sondern infolge eines Ermessensmissbrauches des Sozialversicherungsträgers verweigert wurde, wird es urteilsmäßig die Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers zur Erbringung dieser Leistung auszusprechen haben.
Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu dem Ergebnis gelangen, dass keine Leistungsverpflichtung der beklagten Partei im Rahmen der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation nach § 154a ASVG besteht, kommt aber noch die Gewährung eines Krankenfahrstuhles als Hilfe bei körperlichen Gebrechen nach § 154 ASVG in Betracht. Nach dieser Bestimmung können nach Maßgabe der Satzung Zuschüsse zur Anschaffung von Hilfsmitteln aus der Krankenversicherung beansprucht werden (vgl dazu § 41 der Satzung 1999 der beklagten Partei in der hier maßgebenden Fassung der Amtlichen Verlautbarung Nr 70/1999, SozSi 1999, 650 ff) bzw es kann das benötigte Hilfsmittel bei bloß vorübergehender Beanspruchung dem Versicherten auch leihweise als Sachleistung überlassen werden (§ 154 Abs 3 iVm § 137 Abs 8 ASVG). Es handelt sich dabei um satzungsmäßige Mehrleistungen (Pflichtleistungen), auf die ein Rechtsanspruch besteht. Voraussetzung für die Leistungsgewährung nach § 154 ASVG ist, dass Verstümmelungen, Verunstaltungen oder körperliche Gebrechen vorliegen, die die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich beeinträchtigen. Hilfsmittel sind Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit dem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen. Es wird auch von der beklagten Partei nicht in Zweifel gezogen, dass ein Krankenfahrstuhl grundsätzlich ein geeignetes Hilfsmittel im Sinn des § 154 Abs 1 ASVG darstellen kann. Die beklagte Partei vertritt allerdings die Ansicht, dass der Kläger auch ohne Krankenfahrstuhl für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse sorgen könne, eine weitere Gewährung des Krankenfahrstuhles daher im Falle des Klägers das Maß des Notwendigen überschreiten würde und somit nicht zweckmäßig wäre. Auch zu dieser von der beklagten Partei bereits im Verfahren erster Instanz erhobenen Prozessbehauptung fehlen entsprechende Feststellungen. Da somit wesentliche Fragen bisher nicht erörtert und die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, kann derzeit die Berechtigung des Klagebegehrens noch nicht abschließend beurteilt werden. Das Verfahren erweist sich daher als ergänzungsbedürftig, weshalb der Revision Folge zu geben war. Da es offenbar noch einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Vorbehalt der Entscheidung über den Ersatz der Rechtsmittelkosten des Klägers beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Nach § 77 Abs 1 Z 1 ASGG hat der beklagte Versicherungsträger die Kosten seiner Revisionsbeantwortung ohne Rücksicht auf den Verfahrensausgang selbst zu tragen.