OGH vom 21.01.1999, 8ObA4/99t

OGH vom 21.01.1999, 8ObA4/99t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Helmut Szongott und Walter Benesch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Michaela M*****, Ärztin, ***** vertreten durch Dr. Michael Ruhdorfer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr. Gerhard L*****, praktischer Arzt, ***** vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 45.600,-- brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 158/98m-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 31 Cga 48/98g-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 676,48 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin erlitt auf dem Weg zum erstmaligen Arbeitsantritt des mit dem Beklagten vereinbarten Arbeitsverhältnisses einen Verkehrsunfall. Die rechtliche Begründung der Berufungsentscheidung, ihr stehe aus dieser vor Antritt des Arbeitsverhältnisses erfolgten Arbeitsverhinderung gemäß § 8 Abs 1 AngG kein Entgeltanspruch gegen den Beklagten zu, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist zu erwidern:

Soferne in der Revision davon ausgegangen wird, die Vorbesprechung über die Tätigkeit der Klägerin am Abend des Vortages habe schon den Arbeitsantritt bedeutet, wird der Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig ausgeführt, wonach der Arbeitsbeginn erst für den nächsten Tag um 8.30 Uhr vereinbart worden war (und der Wegunfall diesem Zeitpunkt vorausgegangen war). Unter Arbeitsantritt ist die Aufnahme der Tätigkeit in Erfüllung des Arbeitsvertrages zu verstehen (Martinek ua AngG7, 218). Aus § 30 AngG geht deutlich hervor, daß die Vereinbarung des Arbeitsantrittes und der Antritt, nämlich der Übergang vom Verpflichtungsstadium in das Erfüllungsstadium, vom Gesetz deutlich unterschieden wird. Mag auch die Lehre (Binder, Auflösungsmöglichkeiten im "Vor-Arbeitsstadium" FS Floretta 1983, 329, 339) für ein echtes Arbeitsverhältnis in dem zwischen Arbeitsvertragsschluß und Arbeitsaufnahme liegenden Zeitraum eintreten und dieses "Vor-Arbeitsstadium" vom Anbahnungsstadium unterscheiden, so besteht kein Zweifel daran, daß die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Entgeltpflicht des Arbeitgebers erst mit dem Tag der (vereinbarten) Arbeitsaufnahme einsetzen (Binder aaO, 341). Der Gesetzgeber hat die Entgeltfortzahlungspflicht bei Krankheit oder Unglücksfall an die Bedingung des vorausgehenden Arbeitsantritts geknüpft; dh die Entgeltfortzahlungspflicht setzt den Beginn einer Entgeltzahlungspflicht voraus. Dem möglichen Einwand, eine dogmatisch unzureichend begründete Wortauslegung vorzunehmen (vgl Pfeil in der Anmerkung zu DRdA 1998/4, 42, 44 ff) kann durch den Hinweis auf das zusätzliche Erfordernis der Wartezeit in § 2 Abs 1 EFZG begegnet werden.

Das arbeitsrechtliche Schutzprinzip gebietet keine Korrektur dieses Auslegungsergebnisses, wenn berücksichtigt wird, daß für einen Wegunfall schon vor dem ersten Arbeitsantritt die Leistungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung besteht (vgl ZAS 1996/17, 131 Mosler).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.