OGH vom 21.02.2002, 8Ob251/01x

OGH vom 21.02.2002, 8Ob251/01x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Konkurssache über das Vermögen des Helmut P*****, vertreten durch Mag. Dr. Rudolf Jirovec, Rechtsanwalt in Wien, Masseverwalter Dr. Richard Proksch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/1/11, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der B*****, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 52/01z-94, mit dem der Rekurs der B*****, gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 6 S 274/99g-87, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 171 KO iVm § 526 Abs 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung und der einheitlichen Lehre den im Wesentlichen auf die Stellung als Vertragspartner des Masseverwalters gestützten Rekurs gegen die Versagung der Genehmigung des Vertrages zurückgewiesen (vgl RIS-Justiz RS0065256 mit zahlreichen wN = SZ 21/5, EvBl 1968/165 ua; Deixler-Hübner in Konecny/Schubert, Konkursordnung § 176 Rz 5 mwN). Entgegen den Ausführungen der Rekurswerberin steht dies auch nicht im Widerspruch zu Art 6 Abs 1 MRK. Mangelt es doch schon an den von der Rechtsmittelwerberin zugrundegelegten Rechten aus dem abgeschlossenen Kaufvertrag, da dieser nur dann wirksam werden soll, wenn er konkursgerichtlich genehmigt wird (vgl auch Pkt V des Kaufvertrages ON 58). Eine zivilrechtliche Position wurde also noch gar nicht eingeräumt, da diese doch zumindest erfordert, dass sich die Vertragspartner einig sind, hier aber die interne Willensbildung des einen Vertragspartners - der Konkursmasse - erst nach der konkursbehördlichen Genehmigung abgeschlossen ist.

Dadurch unterscheidet sich dieser Fall auch von den von der Rekurswerberin - soweit nachvollziehbar - zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes.

In der von der Rechtsmittelwerberin genannten Entscheidung Ringeisen (vgl Berger, Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, 51) aus dem Jahre 1972 ging es überhaupt nur um die Frage der Dauer der Untersuchungshaft und eines Strafverfahrens. Die ebenfalls zitierte Entscheidung König aus dem Jahre 1978 (vgl EuGrZ 1978, 406) befasste sich mit der Rücknahme der Erlaubnis zum Betrieb einer Klinik und der Approbation; ähnliches gilt für die Entscheidung Le Compte (Berger aaO, 146 ff). Im Fall Sporrong und Lönnroth (vgl EuGRZ 1983, 523) handelte es sich wieder um die Frage von Enteignungsgenehmigungen und Bauverboten und in der Rechtssache Benthem (EuGRZ 1985, 471) um die Bewilligung einer gewerblichen Betriebsanlage. In dem weiters zitierten Fall Ettl (ÖJZ 1988/2 [MRK]) ging es um ein Zusammenlegungsverfahren dem NÖ Flurverfassungsgesetz und im Fall Pudas (ÖJZ 1988/3 [MRK]) um die Erteilung von Taxikonzessionen sowie im Fall Procola (ÖJZ 1996/9 [MRK]) um die Festlegung von Referenzmengen ("Milchquoten"). Die letztlich noch von der Revisionsrekurswerberin herangezogene Entscheidung des EGMR vom in der Rechtssache Pammel (ÖJZ 1998/19 [MRK]) betraf die Beurteilung eines Normenprüfungsverfahrens in dem es im Ergebnis um die Rückerlangung eines Grundstückes ging. Sämtliche genannten Verfahren lassen sich also mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichen. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer herangezogene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 15.427, die das Telekommunikationsgesetz betraf.

Bei der aus der Judikatur des Obersten Gerichtshofes herangezogenen Entscheidung vom zu 3 Ob 28/99k (= JBl 2000, 43) wurde etwa gerade wieder festgehalten, dass bei der Pfändung der Bestandrechte nach § 331 EO der Bestandgeber kein Rekursrecht gegen die Bewilligung der Pfändung hat und dies auch für den Leasinggeber gilt; nur hinsichtlich des Verwertungsverfahrens ist dem Bestand- und Leasinggeber rechtliches Gehör im Sinne des Art 6 Abs 1 MRK einzuräumen. Diese haben aber nicht nur bereits eine bestehende Rechtsbeziehung, sondern es ist auch ihr Vermögensgut betroffen. Aus all dem lässt sich also nicht ableiten, dass es einen "zivilrechtlichen Anspruch" ("civil rights") eines Vertragspartners darstellen würde, wenn es zur Willensbildung zum Abschluss des Vertrages beim anderen Vertragspartner auch einer gerichtlichen Zustimmung bedarf, weil dabei im Wesentlichen nur die Interessen der Vermögensmasse bzw jener, in deren Interesse sie zur Verwertung zu gelangen hat, wahrzunehmen sind und jedenfalls überwiegen (vgl = ASoK 1999, 35 = DRdA 1998, 444; VfGH VfSlg 11.934 = ZAS 1990/16 [Stolzlechner]; Kerschner Art 6 MRK und Zivilrecht JBl 1999, 689 ff; Musger, Verfahrenswesentliche Bindungswirkung und Art 6 MRK, JBl 1991, 420 [425]; im Übrigen auch zur Darstellung der Judikatur des EGMR Peukert in Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention2, 158 ff; Miehsler, Kommentar zur europäischen Menschenrechtskonvention Art 6 Rz 59 ff; Walter-Mayer Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts9, 625 ff; Berka, Die Grundrechte 446 ff ua).

Aus anderen Rechtspositionen - insbesondere als Konkursgläubigerin - hat die Revisionsrekurswerberin eine konkrete Beeinträchtigung nicht aufgezeigt.

Insgesamt stellt sie jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 171 KO iVm § 528 Abs 1 ZPO dar.