OGH vom 13.12.2001, 12Os90/01
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lehr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Radisa D***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom , GZ 20s Vr 2479/01-50, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten Radisa D***** und des Verteidigers Dr. Muzik, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Radisa D***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 StGB zweiter Fall (1.) und des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB (2.) schuldig erkannt, weil er am in Wien
"1. Jasmina D***** mit schwerer Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben, indem er die Wohnungstür versperrte und die Schlüssel abzog und indem er sie über Stunden wiederholt mit dem Umbringen bedrohte und mit Fäusten, mit einer ca ein Meter langen Holzleiste, einem Schuhlöffel und einem geknoteten Ledergürtel mit Metallschnalle schlug, wodurch sie Blutergüsse an der Nase, am linken Unterlid, an der linken Wange, am Kinn und an der Stirn, stark ausgeprägte Blutergüsse und Prellmarken, teilweise verbunden mit Hautabschürfungen am Rücken, an den Schultern, an den Armen, über den Hüften sowie an beiden Ober- und Unterschenkeln sowie Schmerzen im Unterkiefer, Kopf und an der Wirbelsäule erlitt, und sie teilweise während des Vollzuges des Geschlechtsverkehrs am Hals niederdrückte und mit den Händen festhielt, wobei er ebenfalls wiederholt äußerte, wenn er mit einer HIV-Infizierung leben müsse, so könne auch sie damit leben, insgesamt dreimal zur Duldung des Beischlafes genötigt, wobei Jasmina D***** durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurde;
2. durch die unter Punkt 1. angeführte Handlung, wobei er den Geschlechtsverkehr ohne Verwendung eines Kondoms vollzog, eine solche Handlung begangen, die geeignet war, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit, nämlich HIV (Aids) unter Menschen herbeizuführen."
Die Geschworenen hatten die anklagekonformen auf Notzucht nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB (Hauptfrage 1) und auf vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB (Hauptfrage 2) lautenden Hauptfragen jeweils einstimmig bejaht und die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 gestellten Eventualfragen auf Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, Abs 3 zweiter Fall StGB (Eventualfrage 1) sowie auf schwere Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 3 StGB (Eventualfrage 2) gerichteten Eventualfragen unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Schuldsprüche aus § 345 Abs 1 Z 4, 5, 6, 8, 9, 10a, 12 und 13 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Schon die Reklamation eines vermeintlichen Verstoßes gegen § 151 Abs 1 Z 3 StPO infolge angeblicher Zeugnisunfähigkeit des Tatopfers (Z 4) geht ins Leere:
Die Beurteilung der Wahrnehmungs-, Erinnerungs- und Wiedergabefähigkeit ist - selbst in Grenzfällen (Mayerhofer StPO4 § 151E 40f) - ausschließlich dem erkennenden Gericht vorbehalten, das sich dabei auf den von ihm gewonnenen persönlichen Eindruck des potentiellen Zeugen zu stützen und alle maßgebenden Umstände abzuwägen hat (14 Os 181/87; 11 Os 13/94).
Im vorliegenden Fall waren für den Schwurgerichtshof Anhaltspunkte für eine (vom Verteidiger bereits im Einspruch gegen die Anklageschrift behauptete) psychische Erkrankung der Zeugin Jasmina D***** - wie im Protokoll über die Hauptverhandlung ausdrücklich festgehalten wurde (409/I) - nicht fassbar. Die Geltendmachung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes in Verbindung mit § 151 Abs 1 Z 3 StPO eröffnet sich aber nur, wenn Beweise für die Unfähigkeit einer Person, die Wahrheit anzugeben, vorliegen, nicht aber, wenn (wie hier) die Angaben der Person, deren gerichtliche Vernehmung in Aussicht genommen wird, bloß problematisiert werden (SSt 30/53; RZ 1956, 169).
Der weiteren Verfahrensrüge (Z 5) zuwider bedeutete auch die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge (397 ff/I) keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Dem Antrag auf "Beiziehung eines Kriminalpsychologen zum Beweis dafür, dass die Anzeigelegerin offenbar eine Persönlichkeitsstörung aufweist, die es ihr unmöglich macht, letztlich zwischen ihren Wunschvorstellungen, nämlich den Angeklagten, wie sie mehrfach auch der Zeugin H***** gegenüber geäußert hat, loszuwerden und zwischen der Realität zu unterscheiden und daher die diesbezüglichen Ausführungen der Anzeigenlegerin jeglicher Grundlage entbehren", ist zunächst schon inhaltlich unschlüssig, weil die der Sache nach der Zeugin Jasmina D***** unterstellten, den Angeklagten laut Beschwerdestandpunkt zu Unrecht belastenden Angaben die - zwangsläufig realitätsbezogene - Durchsetzung ihrer Wunschvorstellungen (nämlich den Angeklagten "loszuwerden") zum Ziel haben. Die behauptete Unrichtigkeit oder Widersprüchlichkeit von Angaben hingegen - die, wie bereits dargelegt, keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Aussageuntüchtigkeit enthalten - bietet keine ausreichende Grundlage für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende Begutachtung der Zeugin durch einen Sachverständigen (Mayerhofer aaO § 281 Z 4;11 Os 13/94).
Der Beschwerdeführer selbst räumt im gegebenen Kontext ein, "dass nach außen hin in der Kürze des direkten bzw unmittelbaren Kontaktes mit dieser schizotypen Zeugin im umseits bezeichneten Strafverfahren ein Hinweis bzw eine Erkenntnis auf ihre Zeugnisunfähigkeit wegen der vorliegenden schizotypen Persönlichkeitsstörung nicht möglich war ...." und stützt damit den vom Schwurgerichtshof dazu gewonnenen, bereits wiedergegebenen Eindruck. Durch die bloße Behauptung der Aussageuntüchtigkeit der Zeugin Jasmina D***** unter gleichzeitigem Hinweis auf Medienberichte über ein ohne Bezug zum gegenständlichen Fall in Deutschland abgeführtes Strafverfahren iVm gegen den Grundsatz des Neuerungsverbotes verstoßender Betonung des Verhaltens der Zeugin nach der Hauptverhandlung wird im Übrigen der Beweisantrag (im Sinn des dazu gerügten Zwischenerkenntnisses) dem Gebot der verdeutlichenden Abgrenzung von einem bloßen Erkundungsbeweis nicht gerecht.
Letztlich war der Antrag auch deshalb nicht fundiert, weil die Begutachtung der Zeugin durch einen Kriminalpsychologen mangels im Strafverfahren hervorgekommener Anhaltspunkte für die behauptete Zeugnisunfähigkeit - was die Beschwerde insoweit in Übereinstimmung mit der Aktenlage selbst einräumt - lediglich auf der Grundlage des Akteninhaltes ohne Ergebnis geblieben wäre, die erforderliche Zustimmung der Zeugin zur - allein zielführenden - Untersuchung ihres Geisteszustandes aber vom Verteidiger in der Hauptverhandlung im Wege der Befragung der Zeugin nicht klargestellt wurde, weshalb diese unabdingbare Prämisse für die Aufnahme des beantragten Beweismittels nicht vorliegt und demzufolge im Beweisantrag nicht einmal erwähnt wurde (13 Os 85/97).
Der Antrag auf Einvernahme der Zeugin H***** (Inhaberin einer Imbiss-Stube) "zum Beweis dafür, dass sie von Jasmina D***** entgegen der Darstellung der jetzt vernommenen Anzeigelegerin noch vor kurzem im Gespräch vernommen hat, dass die gegenständlichen Verletzungen nicht vom Angeklagten stammen, sondern von einem gewissen M***** und daher die diesbezügliche Darstellung der Anzeigerin unrichtig ist", versagt bereits in formeller Hinsicht. Schon weil die Zeugin Jelena S***** aussagte, am Nachmittag des Tattages () an Jasmina D***** Verletzungen im Augenbereich wahrgenommen zu haben, die diese in den Morgenstunden (beim Abholen der Kinder) noch nicht aufgewiesen hatte (311/I), hätte es der Anführung besonderer, hier von selbst nicht einsichtiger Gründe bedurft, aus denen die mit der Zeugin H***** unter Beweis gestellte Gesprächseinlassung geeignet gewesen sein sollte, sämtliche Verletzungen des Tatopfers der angeblichen Verursachung durch den ins Treffen geführten "Mitschko" zuzuordnen. Dazu kommt, dass die aus dem Urteilsspruch ersichtlichen vielfachen (351 I f iVm ON 23a) Weichteilverletzungen am Rücken und an den Oberschenkeln der Zeugin Jasmina D***** in der Regel bei (hier für die behaupteten persönlichen Kontakte allein aktuellen) Besuchen der Imbiss-Stube der Zeugin H***** (dazu Blg F zu ON 33 iVm 409/I) durch Straßenkleidung verdeckt blieben (vgl die Angaben der Zeugen S***** und N*****, 317, 329 I) und daher zum weitaus überwiegenden Teil von H***** gar nicht wahrgenommen werden konnten und die beiden Frauen überdies zueinander in einem gespannten Verhältnis standen (abermals Blg F zu ON 33 iVm 409/I), weshalb die im Antragsvorbringen unterstellten Mitteilungen des Tatopfers über "die gegenständlichen Verletzungen" und damit über körperliche Beeinträchtigungen im Intimbereich auch aus dieser Sicht einer von selbst einsichtigen Schlüssigkeit entbehrten, von der eine nicht näher begründete Antragstauglichkeit unabdingbar abhing (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 EGr 19). Schon aus diesen Gründen hatte das weitwendige Beschwerdevorbringen zur abweislichen Begründung des Zwischenerkenntnisses auf sich zu beruhen.
Der weitere Antrag auf "Ladung und Vernehmung der Ehegatten Tanja und Zoran C***** .... zum Beweis dafür, dass entgegen der diesbezüglichen unrichtigen Aussage der Anzeigenlegerin, die tatsächlich mit M***** die Ehe gebrochen hat und auch Grund der Auseinandersetzung am eben dieser Ehebruch der Anzeigenlegerin gewesen ist, von welchem der Angeklagte durch Tanja C***** bei seiner Arbeitsstätte in der Rosasgasse erstmals plötzlich unvermutet informiert worden ist und zum Beweis dafür, dass der Angeklagte in die eheliche Wohnung zu dem heute von ihm genannten Zeitraum, nämlich um ca 14,30 Uhr, also zwischen 14,00 Uhr und 15,00 Uhr, vom Herrn C***** gebracht wurde und zum Beweis auch dafür, dass von einer längeren Zeit, wie es in der Anklage steht, von irgendwelchen ohnehin bestrittenen Gewalthandlungen keine Rede sein kann", erweist sich ebenfalls als vom Ansatz her verfehlt, weil er - wie vom Erstgericht zutreffend erkannt - hinsichtlich des relevierten Ehebruchs zunächst sinnfällige Relevanzkriterien vernachlässigt und, soweit er die Qualifikation der Zeitdauer des qualvollen Zustandes der Zeugin Jasmina D***** zu problematisieren trachtet, übergeht, dass nach den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten zum Besuch des Zeugen Dragan N***** ("20 Minuten später ist eine Rumänin gekommen, sie heißt J***** ..." - 281/I) und der Zeugin Jelena S***** (".... die Kinder abgeholt und ich bin zu ihnen nach Hause gegangen. Da war noch jemand da, das ist ein Freund der Dragan heißt" - 311/I), der Zeuge N***** vor der Zeugin S***** die Wohnung des Angeklagten aufsuchte und ihn von weiteren Tätlichkeiten gegen seine Ehefrau abhielt (331/I), darüber hinaus aber auch deponierte, "kurz vor 5 Uhr oder so" (329/I) bzw "um ca 17 Uhr" (Blg D zu ON 33 iVm 409/I) zum Angeklagten zu Besuch gekommen zu sein.
Aber selbst bei Annahme der Rückkehr des Angeklagten in die eheliche Wohnung zwischen 14 Uhr und 15 Uhr (271/I) und nicht, wie Jasmina D***** behauptet, um 13 Uhr (383/I) wäre im Hinblick auf die unmittelbar nach seinem Eintreffen in der Wohnung einsetzende, gegen Jasmina D***** gerichtete Aggression und selbst bei beschwerdekonformer Annahme der Beendigung des qualvollen Zustandes des Tatopfers durch das Erscheinen der Zeugin Jelena S*****, die in der Hauptverhandlung angab, "gegen 1/2 4, 4 Uhr" die Kinder des Ehepaares D***** vom Kindergarten abgeholt und in weiterer Folge in die elterliche Wohnung gebracht zu haben, die in Rede stehende Qualifikation fraglos verwirklicht (Mayerhofer StGB5 § 201 RN 32a - dort Dauer des qualvollen Zustandes etwa vierzig Minuten). Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer im gegebenen Kontext problematisierte, vermeintlich als aktuell tatbildlich eingestufte "Widerstandsunfähigkeit" des Tatopfers durch Änderung des Tatbestandes der Notzucht nach § 201 StGB (aF) mit BGBl 1989/242 eliminiert wurde.
Nach dem Inhalt der Blg D zu ON 33 hatte der Zeuge N***** am dem im Auftrag des Angeklagten recherchierenden Berufsdetektiv Georg B***** gegenüber (zusammengefasst wiedergegeben) behauptet, dass der Angeklagte am keinerlei Aggressionstendenzen gegenüber seiner Ehefrau erkennen ließ und diese weder im Gesicht noch an den Händen Verletzungen aufwies. Mit seinen dazu diametral entgegengesetzten Angaben in der Hauptverhandlung konfrontiert, gab der Zeuge zu Protokoll, bei seiner Befragung durch den Detektiv "gelogen" zu haben, weil er "nicht wollte, dass der Angeklagte ins Gefängnis kommt". Aus Angst, dass er "drankomme", wenn er vor Gericht lüge, habe er nunmehr das Wahrgenommene richtig wiedergegeben (335/I).
Dass der Zeuge N***** im Sinn des auf zeugenschaftliche Vernehmung des Georg B***** abzielenden Beweisantrages "keinesfalls äußerte oder sonstwie zu erkennen gab, dass er dem Angeklagten .... einen Gefallen machen wollte", ist schon dem Inhalt des bezeichneten Detektivberichtes und der (zitierten) gerichtlichen Aussage dieses Zeugen, gelogen zu haben, unmissverständlich zu entnehmen, sodass eine Verbreiterung der Erkenntnisgrundlagen durch das beantragte Beweismittel vorweg nicht in Betracht kam. Die Beurteilung der aufgezeigten widersprüchlichen Sachverhaltsschilderungen des Zeugen N***** hingegen war allein den Geschworenen überlassen.
Jasmina D***** sagte in der Hauptverhandlung als Zeugin vernommen
aus, dass der Angeklagte, bevor er die inkriminierten Taten beging,
die Wohnungseingangstüre versperrte, beide vorhandenen Schlüssel an
sich nahm und auch nach dem Eintreffen des Zeugen N***** ständig an
ihrer Seite war ("Ich konnte keine Sekunde allein sein", ferner: "Er
ist mir nachgegangen ..... ich konnte nicht einmal auf das Klo gehen"
sowie "wenn ich aus der Küche runtergesprungen wäre, wäre ich auf
einen Zaun gesprungen. Wenn er mir dann nachgesprungen wäre, hätte er
mich umgebracht .... Das wäre dann noch schlimmer gewesen", 371, 383,
391, 393/I). Diese Angaben decken sich mit jenen des Zeugen N*****, wonach der Angeklagte seiner Ehefrau in die Küche nachgegangen ist (331/I).
Da die Zeugin D***** sohin am Nachmittag des einen Fluchtversuch aus der ehelichen Wohnung in erster Linie infolge der ihr bewussten manifesten Aufmerksamkeit und Präsenz des Angeklagten von vornherein nicht in Erwägung zog, erfolgte die Ablehnung des Antrages auf Vornahme eines Lokalaugenscheines oder Anfertigung einer Skizze der ehelichen Wohnung, zum Beweis dafür, dass Jasmina D***** auf Grund der örtlichen Gegebenheiten von der Küche aus jederzeit ohne Probleme und auch ungesehen die Wohnung hätte verlassen können (401/I), wegen insoweit fehlender Ingerenz des Beweisthemas zu Recht. Im Hinblick darauf, dass die Zeugin Jasmina D***** erstmals anlässlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung zu Protokoll gab, der Angeklagte habe ihr am Vormittag des im Zuge der gegen sie gerichteten Tätlichkeiten auch in Aussicht gestellt, er werde sie mit einer Pistole umbringen und vor dem Untersuchungsrichter zur Frage, aus welchem Grund sie diesen Umstand bei der polizeilichen Einvernahme nicht erwähnt habe, darauf hinwies, bei der Polizei ohne Dolmetsch vernommen worden zu sein, beantragte der Beschwerdeführer die Vernehmung der Meldungsleger "zum Beweis dafür, dass es undenkbar ist, dass die Meldungsleger eine so wichtige Mitteilung nicht in der Anzeige vermerkt hätten .... und diese Angaben daher ebenfalls unrichtig sind ...". Auch dieser Antrag erweist sich als nicht fundiert, weil er die durch die Verfahrensergebnisse nicht in Frage gestellten, dazu ergänzenden Angaben der Zeugin Jasmina D***** unberührt lässt, wonach bei der Polizei kein Dolmetsch anwesend war, und man sie aus diesem Grunde nicht ganz verstanden habe, weshalb sie zuvor mit der Vertreterin des Jugendamtes, Frau S*****, gesprochen habe und diese "bei der Polizei das ganze ausgedeutscht hat". Gegenstand der Protokollierung waren somit nicht die wörtlich übersetzten Angaben des Tatopfers, sondern die auf dessen Mitteilungen vor der Protokollaufnahme beruhende - in Bezug auf Detailtreue unbestimmte - Wiedergabe des Geschehens durch die Vertreterin des Jugendamtes (103 iVm 23/I). Auch dieser Antrag war somit nicht geeignet, eine Änderung der Beweislage herbeizuführen. Auch die Vernehmung der Zeugin Dusica G***** "zum Beweis dafür, dass die Anzeigelegerin ihr gegenüber ebenfalls nichts von einer Vergewaltigung erwähnt hat und zugegeben hat, dass sie mit M***** und zahlreichen anderen Männern die Ehe gebrochen hat, entgegen ihrer heutigen und mehrfach geäußerten unrichtigen Darstellung, sie kenne M***** nicht und habe auch mit anderen Männern nicht die Ehe gebrochen", betrifft keine entscheidungsrelevanten Tatsachen (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 112). Das über das in erster Instanz formulierte Beweisthema hinausgehende Beschwerdevorbringen ist unbeachtlich (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 40 f).
Der Schwurgerichtshof wies in der Hauptverhandlung ferner den Antrag des Verteidigers auf Stellung einer - weder nach der Verantwortung des Angeklagten noch sonst indizierten - weiteren Eventalfrage in Richtung des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 und Abs 2 StGB ab (411/I). Die weitere Beschwerdeargumentation, wonach, "da sowohl die Hauptfrage 1 als auch die beantragte und abgewiesene Eventualfrage 3 im ""Nötigen"" dieselbe Begehungshandlung definieren, vom Schwurgerichtshof der Unterschied des Tatbildes gemäß Hauptfrage 1 zur Tatbildlichkeit gemäß der beantragten, aber abgewiesenen Eventualfrage 3 klar in den Fragen hätte formuliert werden müssen" (Z 6) ist daher - schon mangels Stellung der betreffenden Eventualfrage als denklogischer Prämisse - nicht nachvollziehbar.
Gleiches gilt in Anbetracht des klaren Wortlautes des § 312 StPO betreffend den Inhalt der am Anklagevorwurf orientierten Hauptfrage für die mehrfache anklage-, akten- und urteilsfremde, auf rein hypothetische Überlegungen gegründete Bezugnahme auf ein "Reiben des erigierten Gliedes an den Oberschenkeln des Opfers", das der Beschwerdeführer ersichtlich aus der vermeintlich die Annahme des Tatbildes des § 202 StGB nahelegenden Aussage der Jasmina D***** ableitet, wonach der Angeklagte - den Beischlaf jeweils unterbrechend - nicht in ihre Scheide, sondern auf ihren Körper ejakuliert habe, aber auch für den Einwand, der Schwurgerichtshof "hätte in ordnungsgemäßer Form in der Hauptfrage diese Unterschiedlichkeiten herausarbeiten und dem Wortlaut der Fragen unterstellen müssen". Nicht anders verhält es sich mit dem - zur behaupteten Rechtswidrigkeit unsubstantiierten - Einwand, die (tatsächlich dem Gesetzeswortlaut der §§ 312 und 314 StGB entsprechende) Formulierung der Hauptfrage 1 und der Eventualfrage 1 bilde den "zentralen Eckpunkt der Irreführung der Fragestellung, weil die Duldung des vollzogenen Beischlafes von der Handlungsweise ausschließlich und immer nur dem § 201 StGB zu unterstellen ist, vom Inhalt her aber zwischen Absatz 1 und Absatz 2 leg cit nicht richtig unterschieden wurde". Dieselben Erwägungen treffen auch hinsichtlich der - auf aktenfremdes Tatsachensubstrat gegründeten, darüber hinaus aber ferner die hier angenommenen Begehungsmittel der Vergewaltigung nicht berührenden - Behauptung zu, wonach der Schwurgerichtshof "auch in die Hauptfrage 1 nicht hineingenommen hat, ob ich durch meine Handlungen die Anzeigelegerin zur Duldung des Beischlafes = (Penetration) genötigt habe oder sie allenfalls nur deshalb mit mir nicht verkehren wollte, weil sie gemäß ihren Aussagen vor dem Schwurgerichtshof Angst vor einer Ansteckung hatte, sonst aber zu geschlechtlichen Handlungen mit mir bereit gewesen ist, in welchem Falle ja dann überhaupt kein Grund für die Annahme einer ""Vergewaltigung"" besteht".
Entgegen der Beschwerde war es dem Schwurgerichtshof ferner auch versagt, zur Unterscheidung der Tatbestände nach § 201 Abs 1 StGB und § 201 Abs 2 StGB die Begriffsinhalte schwerer Gewalt und schwerer Drohung in die Hauptfrage 1 "hineinzuformulieren", weil die Geschworenen darüber ausschließlich in der Rechtsbelehrung zu instruieren sind.
Die Beschwerde verweist zwar zutreffend darauf, dass in die (anklagekonform) auf § 201 Abs 1 StGB gerichtete Hauptfrage 1 neben dem Einsatz schwerer Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben kumulativ auch das nur im Tatbild des § 201 Abs 2 StGB angeführte Begehungsmittel der Entziehung der persönlichen Freiheit aufgenommen wurde. Die vom Angeklagten behauptete Beirrung der Geschworenen durch Bejahung der Hauptfrage 1 bei Annahme (bloß) des Nötigungsmittels der Freiheitsentziehung scheidet aber fallbezogen aus, weil die Geschworenen alle erfragten Begehungsmittel, somit auch die nach § 201 Abs 1 tatbestandsessentielle Anwendung schwerer Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben - ohne jedwede ihnen nach § 330 Abs 2 StPO eingeräumte Beschränkung - bejahten. Soweit die Beschwerde unter Reklamation eines nicht näher konkretisierten Verstoßes gegen die in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften (abermals) aus der Tatsache, dass der Angeklagte nicht in die Scheide der Jasmina D***** ejakulierte, die mangelnde vaginale Penetration und davon die fehlende tatsächliche Fundierung der Fragestellung nach Vergewaltigung ableitet, ist auf das dazu bereits Gesagte hinzuweisen.
Nach der allgemeinen Vorschrift des § 7 Abs 1 StGB ist, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, nur vorsätzliches Handeln strafbar. Demgemäß konnte es der Gesetzgeber bei allen im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches enthaltenen - der Zahl nach überwiegenden - Vorsatzdelikten unterlassen, die erforderliche Vorsätzlichkeit besonders anzuführen. Die Bezeichnung der Schuldform ist somit nur bei jenen Tatbeständen erforderlich, für die eine besondere Form des Vorsatzes (§ 5 Abs 2 und Abs 3 StGB) verlangt oder deren fahrlässige Begehung pönalisiert wird. Ist aber die Schuldform des Vorsatzes - wie im § 178 StGB - im Gesetzestext nicht ausdrücklich angeführt, dann kann ihre Erwähnung als subintelligierte Schuldform (wie hier) ohne Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung unterbleiben (hRsp - SSt 46/49). Die vom Beschwerdeführer darüber hinaus angestrebte Aufnahme der Schuldformen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit in die Hauptfrage 2 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Geschworenen mit der Bejahung einer Hauptfrage die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz vollziehen, die alternierend unzulässig ist (KH 2400).
Dem Beschwerdestandpunkt zuwider liegt ferner kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 313 StPO vor. Die Stellung einer Zusatzfrage nach dieser Gesetzesstelle setzt ein entsprechendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung voraus. Da der Angeklagte in der Hauptverhandlung auf die Frage, ob seine Frau, um einer viralen Aids-Infektion vorzubeugen, tatsächlich den Arzt aufgesucht und sich Medikamente verschreiben lassen habe, antwortete: "Nein, sie war nie deswegen beim Arzt" (303/I), bleibt der in diesem Kontext in der Beschwerde relevierte Irrtum des Angeklagten ohne entsprechende aktenmäßige Deckung.
Die Rechtsbelehrung der Geschworenen zu den Tatbeständen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und nach § 201 Abs 2 StGB ist entgegen der Instruktionsrüge (Z 8), auch was das in die Hauptfrage 1 aufgenommene Nötigungsmittel der Freiheitsentziehung anlangt, wie auch jene zum (von der Beschwerde problematisierten) abstrakten (Foregger/Fabrizy StGB8 RN 1, Mayerhofer StGB5 Anm 3, jeweils zu § 178 StGB) Gefährdungsdelikt der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB, richtig und vollständig (Blg E zu ON 49).
Die Rechtsbelehrung kann mit Nichtigkeitsbeschwerde lediglich insofern angefochten werden, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 EGr 20); unter diesem Aspekt waren die Geschworenen weder über den Tatbestand der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 179 StGB und über den Tatbestand der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 StGB noch über die Voraussetzungen für die irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes (§ 313 StPO iVm § 8 StGB) zu instruieren. Wie bereits bei Erledigung der Fragenrüge (Z 6) ausgeführt, leidet der Wahrspruch - abermals der Beschwerde zuwider (Z 9) - weder an Undeutlichkeit oder Unvollständigkeit, noch an innerem Widerspruch. Das Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 10a) zielt schwerpunktmäßig darauf ab, die von den Geschworenen als verlässlich erachteten Aussagen der Zeugin Jasmina D***** - wie schon eigenständige Wertungen als "völlig lebensfremd und geradezu abartig" oder "völlig unglaubwürdig" sowie als "Phantasievorstellungen" hinreichend dokumentieren - nach Art einer hier unzulässigen Schuldberufung in Zweifel zu ziehen, ohne Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Da die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs 1 Z 11b StPO voraussetzt, dass die Verfolgung der Tat aus Gründen des Prozessrechtes ausgeschlossen ist, ist die auf den Konstruktionsversuch zu dem (materiellrechtlichen) Rechtfertigungsgrund des Irrtums gestützte Reklamation eines Freispruchs vom Tatvorwurf nach "§§ 178 und auch 179" StGB schon wegen dieser Argumentationsform vorweg zum Scheitern verurteilt. Dass daraus nach Lage des Falles auch kein tragfähiges Substrat für eine entsprechende Zusatzfrage ableitbar ist, wurde oben bereits dargetan. Finden nicht die Merkmale der strafbaren Handlung, deren der Angeklagte schuldig erkannt wurde, aber die Merkmale einer anderen strafbaren Handlung im Wahrspruch Deckung, dann ist der Schuldspruch nach § 345 Abs 1 Z 12 StPO nichtig. Bei Beurteilung dieser Frage ist der Oberste Gerichtshof an die durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen gebunden und kann daher bei Entscheidung über eine auf diese Gesetzesstelle gestützte Nichtigkeitsbeschwerde nur die Richtigkeit der Gesetzesanwendung auf diese Tatsachen überprüfen (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 12 EGr 8). Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass auf der Grundlage der von den Geschworenen festgestellten Tatsachen weder ein Freispruch vom Vorwurf nach § 178 StGB noch eine Subsumtion des Schuldspruchfaktums 1 nach § 201 Abs 2 StGB in Betracht kommen kann.
Eine prozessordnungsgemäße Darlegung verfehlt schließlich auch die Strafzumessungsrüge (Z 13), die ohne Orientierung am Wahr- und Schuldspruch eine auf § 203 Abs 2 StGB gegründete Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB reklamiert. Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es zwei einschlägige Vorverurteilungen, unter anderem wegen des in mehreren Angriffen begangenen Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 StGB und wegen Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe, und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen keinen Umstand. Mit seiner dagegen erhobenen Berufung strebt der Angeklagte eine Strafreduktion "unter Anwendung des § 41 StGB im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes auf drei Monate" sowie deren teilbedingte Nachsicht unter Bestimmung einer "möglichst kurzen Probezeit" an. Auch die Berufung ist nicht berechtigt.
Da ein allfälliger Ehebruch des Tatopfers in keiner Weise verifiziert wurde, ist die heftige Gemütsbewegung des Angeklagten zur Tatzeit nicht allgemein begreiflich sondern auf seine Stimmungslabilität und seine exzessive Gewaltbereitschaft zurückzuführen. Dass das Eingeständnis, der Zeugin Jasmina D***** zwei Ohrfeigen versetzt zu haben, in Anbetracht des Unrechtsgehaltes des dem Schuldspruch zugrundeliegenden Verhaltens des Angeklagten bedeutungsmäßig nicht ins Gewicht fällt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Wie bereits bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt wurde, kann von einer Tatbegehung unter Umständen, die dem Rechtfertigungsgrund des § 8 StGB nahekommen, desgleichen von einem "relativen Wohlverhalten" des Berufungswerbers keine Rede sein.
Gleiches gilt für die angestrebte Wertung der von massiven Tätlichkeiten begleiteten Ankündigungen des Angeklagten, er werde seine Ehefrau umbringen, als milieubedingte Äußerungen, die schon durch die - rechtsrichtige - Beurteilung der Drohungen als Nötigungsmittel nach § 201 Abs 1 StGB ausgeschlossen ist. Eine Enthaltung von der Zufügung eines größeren Schadens liegt nur vor, wenn der Täter nach seinem Tatplan zunächst einen größeren als den sodann tatsächlich zugefügten Schaden herbeiführen wollte und ihm dies auch ohne Gefahr der Entdeckung möglich gewesen wäre (Steininger Komm3 § 34 RN 22); dass diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind, liegt auf der Hand.
Mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kommt somit eine außerordentliche Strafmilderung nicht in Frage. Bei der aktuellen Sachkonstellation, insbesondere in Anbetracht des durch Vorverurteilungen massiv getrübten Vorlebens des Angeklagten und unter Berücksichtigung seiner durch ungehemmte einschlägige Aggressionsbereitschaft geprägten Persönlichkeitsstruktur, eröffnet das verwirklichte Tatunrecht keine Aspekte für eine Strafkorrektur, geschweige denn im Ausmaß der dazu artikulierten Anfechtungsvorstellung. Die in erster Instanz durchaus sachadäquat ausgesprochene Sanktion erweist sich somit - aus spezial- wie auch generalpräventiver Sicht - als nicht überhöht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.