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OGH vom 27.10.1994, 8ObA279/94

OGH vom 27.10.1994, 8ObA279/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Reinhard Drössler und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter S*****, vertreten durch Dr.Gustav Teicht, Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt *****, vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 173.824,26 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Ra 2/94-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 8 Cga 1503/92-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"1. Die Klagsforderung besteht mit S 33.754,-- brutto zu Recht und mit S 140.070,26 nicht zu Recht;

2. die mit S 113.660,53 brutto eingewendete Gegenforderung besteht bis zur Höhe des zu Recht bestehenden Klagsbetrages zu Recht;

3. das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 173.824,26 brutto samt 4 % Zinsen seit Klagstag zu bezahlen, wird daher abgewiesen;

4. die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 66.351,48 (darin S 8.258,58 USt, S 16.800,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit dem bei der Beklagten im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Auf sein Dienstverhältnis ist die Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) anzuwenden. Der Kläger befand sich ab dem im Krankenstand. Sein Antrag vom auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension wurde mit Bescheid vom abgewiesen. In dem daraufhin von ihm beim Arbeits- und Sozialgericht Wien geführten Verfahren schloß der Kläger mit der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten am einen Vergleich, wonach ihm die Berufsunfähigkeitspension ab dem gewährt werde. Nach Zustellung des Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom ersuchte der Kläger am die Beklagte um die Versetzung in den Ruhestand. Bis dahin waren dem Kläger für die ersten 18 Monate seines Krankenstandes, sohin bis , die regelmäßigen Dienstbezüge weiterbezahlt worden; ab dem bezog er Krankengeld. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß er nach den Bestimmungen der DO.A mit Wirkung ab in den Ruhestand versetzt werde. Sämtliche Ansprüche des Klägers wurden auf Basis dieses Stichtages abgerechnet. Mit Schreiben vom protestierte der Kläger gegen die rückwirkende Versetzung in den Ruhestand.

Das letzte Bruttomonatsgehalt des Klägers im Jahr 1989 betrug S 49.267,--; ab erhöhte es sich auf S 51.678,--. Bei Berechnung der Abfertigung des Klägers auf Basis des Gehalts 1990 ergibt sich eine Differenz zum ausbezahlten auf Basis des Jahres 1989 errechneten Betrag von S 33.754,-- brutto. In der Zeit vom bis einschließlich Februar 1991 erhielt der Kläger von der Beklagten Pensionszahlungen in der Gesamthöhe von S 117.337,33.

Mit seiner am beim Erstgericht überreichten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 173.824,26 brutto sA schuldig zu erkennen. Er brachte vor, gemäß der zwingenden Bestimmung des § 20 Abs. 2 AngG hätte er erst zum in Ruhestand versetzt werden dürfen. Bei Abrechnung seiner Ansprüche zu diesem Stichtag wären an zusätzlichen Zahlungen angefallen S 33.754,-- Abfertigungsdifferenz, S 102.030,72 und S 12.163,96 Urlaubsentschädigung sowie S 8.953,20 und S 16.922,38 Sonderzahlungen.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und führte aus: Der Kläger sei wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 32 Abs. 2 DO.A in Ruhestand versetzt worden. Gemäß § 94 DO.A sei die Pension mit dem der Einstellung der Dienstbezüge () folgenden Kalendertag () angefallen. Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Wirkung vom sei daher in den Bestimmungen der DO.A begründet. Diese seien nicht deshalb unwirksam, weil sie gegen zwingende Bestimmungen des Angestelltengesetzes verstoßen. Die Versetzung in den Ruhestand nach der DO.A sei nämlich ein Endigungsgrund eigener Art, der keineswegs alle Folgen einer Dienstgeberkündigung nach sich ziehe. Ein nach § 3 ArbVG anzustellender Günstigkeitsvergleich zwischen dem Angestelltengesetz und der DO.A falle zugunsten der letztgenannten Bestimmung aus. Von den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen sei ziffernmäßig lediglich die Abfertigungsdifferenz richtig. Bei Ermittlung einer Urlaubsentschädigung erst zum wäre ein Resturlaub aus 1987 bereits verjährt. Aufgrund des Ausfallsprinzips könne der Kläger für 1990 keine Urlaubsentschädigung beanspruchen, weil sein Entgeltfortzahlungsanspruch bereits am erloschen sei. Die an den Kläger geleisteten Pensionszahlungen werden als Gegenforderung eingewendet, da durch die rückwirkende Versetzung in den Ruhestand der Kläger auch um einige Monate früher Pensionszahlungen erhalten habe.

Das Erstgericht stellte sowohl die Klags- als auch die Gegenforderung als zu Recht bestehend fest und erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger einen Betrag von S 60.163,73 brutto sA zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, eine rückwirkende Versetzung in den Ruhestand sei in der DO.A nicht vorgesehen und könne auch aus analoger Anwendung des Angestelltengesetzes nicht begründet werden. Unter Zugrundelegung eines Stichtages mit ergebe sich eine der Höhe nach unstrittige Abfertigungsdifferenz von S 33.754,--. Darüber hinaus stehe die Urlaubsentschädigung für ein weiteres Urlaubsjahr und eine Abrechnungsdifferenz für die ausbezahlten Urlaubsentschädigungen unter Zugrundelegung des Gehalts ab zu. Dem Kläger gebühren auch die geltend gemachten Sonderzahlungen, da § 16 AngG im Falle der Auflösung eines Dienstverhältnisses auf den Zeitpunkt der Auflösung abstelle. Auch nach Ausschöpfung der Entgeltsansprüche im Krankheitsfall seien die Remunerationen für jene Zeiten zu aliquotieren, für die kein Entgelt gebühre. Dem zur Gegenforderung der Beklagten erhobenen Einwand des Klägers, er habe die erhaltenen Beträge gutgläubig verbraucht, könne nicht gefolgt werden. Dem Kläger habe aufgrund der geführten Korrespondenz klar sein müssen, daß sich bei rückwirkender Versetzung in den Ruhestand der 12monatige Abfertigungszeitraum ebenfalls rückwirkend verschiebe und er daher früher in den Genuß der vollen DO.A-Pension komme als bei einer Versetzung in den Ruhestand mit .

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus: § 94 Abs. 1 DO.A, wonach die Pension mit dem der Einstellung der Dienstbezüge folgenden Kalendertag anfällt, bilde keine tragfähige Grundlage für die Vorgangsweise der Beklagten. Solle ein unkündbarer Angestellter in den Ruhestand versetzt werden, so seien die zwingenden gesetzlichen und kollektivvertraglich unabdingbaren Vorschriften zu berücksichtigen. Gemäß § 33 Abs. 2 DO.A sei aber eine wesentliche Voraussetzung für die Versetzung in den Ruhestand aus Anlaß der Dienstunfähigkeit, daß diese vom leistungszuständigen Pensionsversicherungsträger anerkannt oder durch Sachverständigengutachten festgestellt sei. Keine dieser Voraussetzungen habe am vorgelegen. Auch sei es typisch für Dauerschuldverhältnisse, daß sie aus wichtigen Gründen jederzeit aufgelöst werden können, im Gegensatz zu Zielschuldverhältnissen jedoch nur mit Wirkung ex nunc. Die Versetzung in den Ruhestand sei einer Kündigung durch den Arbeitgeber gleichzusetzen. Diese habe jedoch gemäß § 20 Abs. 2 AngG "vorgängig" zu erfolgen.

Der gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobenen Revision der Beklagten kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die in einem Kollektivvertrag einer Betriebsvereinbarung oder einem Einzelvertrag festgelegte einseitige Ruhestandsversetzung (Pensionierung) ist in der Regel als Kündigung zu qualifizieren. Tritt der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber in den Ruhestand, liegt ein Aufhebungsvertrag vor (SZ 55/124;

Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3 270 f;

Martinek/Schwarz/Schwarz, Angestelltengesetz 451). Es muß gegenständlich nicht erörtert werden, ob Vertragskonstellationen denkbar sind, nach welchen die Ruhestandsversetzung nur eine Modifizierung des zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer bestehenden Vertragsverhältnisses bedeutet, da die Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) in ihrem § 62a über die Auszahlung der Abfertigung ausdrücklich normiert, daß die Abfertigung mit der Auflösung des Dienstverhältnisses unter anderem durch Versetzung in den Ruhestand gemäß § 32 fällig werde. Es hat damit die Beklagte in ihren dienstvertraglichen Bestimmungen eindeutig klargestellt, daß das auf dem Austausch von Arbeits- und Geldleistung basierende Vertragsverhältnis durch die Versetzung in den Ruhestand beendet wird (vgl. Arb 8926). In einem derartigen Fall kommt die Versetzung in den Ruhestand gemäß § 32 Abs. 2 DO.A durch den Dienstgeber einer Kündigung zumindest so nahe, daß vom Vorliegen eines eigenen - nach Ansicht der Revisionswerberin offenbar weitestgehend ungeregelten - Rechtsinstituts nicht ausgegangen werden kann.

Schon die Vorinstanzen haben zutreffend darauf verwiesen, daß § gemäß 20 Abs. 2 AngG das Dienstverhältnis des Angestellten nur durch vorgängige Kündigung gelöst werden kann. Ebenso wie die Entlassung (Arb. 7889; 7411; Kuderna, Das Entlassungsrecht2, 31) kann die Kündigung als empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung nicht rückwirkend ausgesprochen werden. Die gegenteilige Ansicht würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, daß möglicherweise ein Teil in Unkenntnis der Kündigung noch Vertragspflichten erfüllt, obwohl er dazu nicht mehr verpflichtet wäre.

Die Revisionswerberin verkennt das Wesen des § 3 ArbVG, wenn sie meint, daß zwingende Bestimmungen des Angestelltengesetzes, zu welchen gemäß § 40 AngG unter anderem § 20 Abs. 2 AngG zählt, aufgrund eines anzustellenden Günstigkeitsvergleiches umgangen werden könnten.

§ 3 ArbVG regelt nämlich lediglich das Verhältnis von Kollektivverträgen zu nachgeordneten Rechtsquellen, also zu Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsverträgen. Für das Verhältnis von Kollektivvertrag und Gesetz ist ausschließlich die Rechtsnatur der gesetzlichen Norm maßgebend: Von zweiseitig (absolut) zwingendem Gesetzesrecht darf der Kollektivvertrag bei sonstiger Nichtigkeit überhaupt nicht, von einseitig (relativ) zwingendem Gesetzesrecht - wie im gegenständlichen Fall der Bestimmung des § 40 AngG - nur zugunsten des Arbeitnehmers abweichen. Dem trägt auch § 2 DO.A Rechnung, wonach die Bestimmungen des Angestelltengesetzes insoweit Anwendung finden, als in der Dienstordnung nichts Günstigeres bestimmt wird.

Bereits das Gericht zweiter Instanz hat zutreffend ausgeführt, daß über diese arbeitsrechtlichen Überlegungen hinaus der Dienstvertrag jedenfalls als Dauerschuldverhältnis einzustufen ist. Es entspricht aber einhelliger Lehre und Rechtsprechung, daß Dauerschuldverhältnisse nur mit Wirkung ex nunc aufgelöst werden können (Rummel in Rummel ABGB2 Rdz 27 zu § 859).

Die DO.A ist ein Kollektivvertrag (9 ObA 343/93; SZ 64/79; Arb. 10.241; 10.945). Sie ist daher nach den für die Interpretation von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Führt der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis und stehen Gesetzesmaterialien nicht zur Verfügung, so bleibt als Auslegungsmethode die objektiv-teleologische Interpretation. Sie bemüht sich um ein Verständnis, das am Zweck der Regelung selbst, an den von dieser angestrebten Lösungen orientiert ist. Es wird gefragt, welchen Sinn eine Regelung vernünftigerweise haben kann. Hiebei sind die dem Recht im allgemeinen innewohnenden Zwecke wie Gerechtigkeit, sozialer Ausgleich und Rechtssicherheit zu berücksichtigen (DRdA 1993/44). In diesem Sinne ist § 94 Abs. 1 DO.A zu lesen. Danach fällt die Pension mit dem der Einstellung der Dienstbezüge folgenden Kalendertag an. Zweck dieser Bestimmung ist es einerseits, dem Angestellten einen möglichst lückenlosen Entgeltbezug zu ermöglichen, und andererseits einen Doppelbezug zu vermeiden, wobei die Vertragspartner offenkundig auf den Normalfall, nämlich die Auflösung des Dienstverhältnisses, während bestehender Entgeltzahlungspflicht des Dienstgebers abstellten. Es kann nicht unterstellt werden, daß die Bestimmung in einem Ausnahmefall wie dem gegenständlichen die Grundlage dafür bilden sollte, um gegen zwingende Bestimmungen des Angestelltengesetzes und den Gedanken des Arbeitnehmerschutzes zu verstoßen. Eine dem Sinn der Bestimmung gerecht werdende Auslegung kann daher nur dahin geschehen, daß im Falle des Wegfalles der Entgeltzahlungspflicht vor Versetzung in den Ruhestand die Pension mit dem auf das anspruchsbegründende Ereignis folgenden Kalendertag anfällt.

Die Revisionswerberin bringt nunmehr erstmalig vor, daß der Kläger schon nach Abschluß des Vergleiches am verpflichtet gewesen wäre, die Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension dem Dienstgeber bekanntzugeben. Es wäre daher wenigstens von einer Versetzung in den Ruhestand mit diesem Zeitpunkt auszugehen. Diesem Argument ist neuerlich entgegenzuhalten, daß - aus welchem Grunde immer - eine rückwirkende Auflösung des Dienstverhältnisses nicht möglich ist. Inwieweit das Vorbringen der Beklagten als nach Abschnitt V DO.A (§ 118g) zu ahnende Dienstpflichtverletzung zu werten ist, muß hier nicht untersucht werden. Da die von der Beklagten - wenngleich "zeitwidrig" - ausgesprochene Auflösung des Dienstverhältnisses mit ihrem Zugang wirksam wurde (SZ 56/176; Martinek/Schwarz/Schwarz, Angestelltengsetz 412) ist der davor liegende Antrag des Klägers gemäß § 32 Abs. 1 DO.A maßgebend und somit Stichtag für die Versetzung in den Ruhestand der .

Der Kläger hat gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 DO.A seine Dienstbezüge trotz Krankheit durch 18 Monate bis weiterbezahlt erhalten. Danach hat er nur mehr Krankengeld bezogen. Er begehrt nunmehr die Urlaubsentschädigung für das Jahr 1990 sowie die sich aus der Gehaltserhöhung im Jahr 1990 ergebende Differenz bei der Berechnung der ausbezahlten Urlaubsentschädigung und aliquote Sonderzahlungen. Zu diesen Problemkreisen hat der Oberste Gerichtshof unter teilweiser Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung in seiner grundlegenden Entscheidung 9 ObA 38/94 dahin Stellung genommen, daß für den Zeitraum nach Erlöschen der Entgeltfortzahlungspflicht weder Urlaubsentschädigung noch Sonderzahlungen gebühren. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an und wiederholt zusammengefaßt die tragende Begründung der zitierten Entscheidung: Die grundsätzliche Regelung des § 2 Abs. 1 UrlG, wonach dem Arbeitnehmer für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub gebührt, wird bezüglich der Bezahlung durch den die Bemessung des Urlaubsentgeltes regelnden § 6 UrlG näher bestimmt. Dieser dem Ausfallsprinzip folgenden Regelung ist deutlich die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, daß der Arbeitnehmer durch den Urlaubsantritt keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden und daß er daher das vor Urlaubsantritt regelmäßig bezogene Entgelt in gleicher Höhe für die Zeit seines Urlaubes weiterbeziehen soll (siehe Cerny, Urlaubsrecht6 § 6 Abs. 1; Klein/Martinek, Urlaubsrecht § 6 Rdz 2; Arb 9874; ZAS 1989/22 [bezüglich der Ausführungen zum Ausfallsprinzip zustimmend Andexlinger]). Dieser Grundsatz kommt vor allem im § 6 Abs. 3 UrlG zum Ausdruck, wonach das für die Urlaubsdauer zu zahlende regelmäßige Entgelt jenes Entgelt ist, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Steht dem Dienstnehmer infolge Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungszeitraumes weder bei Entstehen des Urlaubsanspruches noch danach ein Entgeltanspruch gegen den Dienstgeber zu, dann wäre bei Konsumation eines "Urlaubs" während der ab Entstehen des Urlaubsanspruches bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zur Verfügung stehenden Zeit mangels Entgeltausfalles auch kein Urlaubsentgelt zugestanden. Gemäß § 9 Abs. 1 1.Satz UrlG gebührt die Urlaubsentschädigung in Höhe des noch ausstehenden Urlaubsentgeltes, wenn das Arbeitsverhältnis vor Verbrauch des Urlaubs endet. Die Urlaubsentschädigung hat damit nur die Funktion eines Ersatzes für das wegen Unmöglichkeit des Verbrauches des Urlaubs in natura entgehende Urlaubsentgelt und wird daher von dessen Höhe bestimmt (siehe Arb. 9643). Die gegenteilige Entscheidung SZ 55/124 nimmt auf die am Ausfallsprinzip und damit am Entgeltsanspruch orientierte Gestaltung von Urlaubsgeld und Urlaubsentschädigung nicht Bedacht, worauf Schrank (Aktuelle Rechtsfragen zu Ausmaß und Verbrauch des Urlaubs, ZAS 1992, 181 ff, hier: 183 f) in seiner Kritik an dieser Entscheidung zutreffend hingewiesen hat. Die Gewährung von Urlaub für entgeltfreie Nichtleistungszeiten würde zu einer sachlich ungerechtfertigten Verzerrung des Synallagmas führen und zugleich die gesetzliche Beschränkung der Entgeltfortzahlung unterlaufen. Der Gesetzgeber hat trotz der besonderen Schutzwürdigkeit des betroffenen Arbeitnehmerkreises in jenen Fällen, in denen die Arbeitspflicht wegen Karenzurlaubs oder Präsenzdienstes ohne Entgeltfortzahlung entfällt, die Urlaubskürzung explizit vorgenommen (siehe § 15 Abs. 3 MSchG und § 9 Abs. 1 und 2 APSG). Ähnliche Regelungen finden sich auch im § 119 Abs. 2 ArbVG für den Fall der entgeltlosen erweiterten Bildungsfreistellung sowie in den Vorschriften der §§ 4 Abs. 1, 5 und 6 BUAG über die für die Begründung der Anwartschaft auf Urlaub maßgeblichen Beschäftigungszeiten. Da der nicht besonders geregelte Fall der entgeltfortzahlungsfreien Krankenstände (bzw. entgeltfortzahlunsfreien Dienstzeiten) alle motivierenden Merkmale der in den §§ 15 Abs. 3 MSchG, 9 Abs. 1 und 2 APSG, 4 Abs. 1, 5 und 6 BUAG und wohl auch § 119 Abs. 2 ArbVG geregelten Fälle enthält und der Gesetzeszweck in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgeanordnung der geregelten Fälle auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall erfordert (siehe Bydlinski in Rummel2 Rdz 2 zu § 7; Arb 10.560), ist die analoge Anwendung geboten. Da nicht anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber die in den geregelten Fällen vorgesehenen Rechtsfolgen für sonstige entgeltfortzahlungsfreie Zeiten bewußt nicht angeordnet hat, ist die sachlich gebotene Analogie auch zulässig (Arb 10.560).

Auch die Sonderzahlungen bilden einen Teil des für die Arbeitsleistung geschuldeten Entgelts, sodaß sie mangels abweichender Vereinbarungen nicht für Zeiten gebühren, für die keine Pflicht zur Entgeltzahlung besteht. Auch aus der Regelung des § 16 AngG kann nichts Gegenteiliges gewonnen werden, da diese Bestimmung den Anspruch auf Remuneration voraussetzt und nicht selbst einen gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlung schafft (Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG § 16 305). Gebührt daher die Sonderzahlung nur für Zeiträume, in denen Anspruch auf laufendes Entgelt besteht, kann aus der die zwingende Aliquotierung für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses vorsehenden Bestimmung nicht geschlossen werden, daß die Remunerationen auch für jene Zeiten zu aliquotieren sind, für die kein Entgelt gebührt. In der gegenteiligen Entscheidung Arb 6199 wurde für den Zeitraum des Wochengeldbezuges ein Anspruch auf Sonderzahlungen bejaht, weil die aliquoten Sonderzahlungen nach der damaligen Rechtslage nicht in die Bemessungsgrundlage für das Wochengeld einbezogen wurden. Diese Entscheidung ist durch die Änderung der Rechtslage - gemäß § 162 Abs. 4 ASVG sind die aliquoten Sonderzahlungen bei Bemessung des Wochengeldes zu berücksichtigen; folgerichtig besteht gegenüber dem Arbeitgeber für diese Zeiten gemäß § 14 Abs. 4 MSchG kein Anspruch auf Sonderzahlungen - ebenso überholt wie das auf dieser Entscheidung aufbauende Erkenntnis Arb 6867. In der Entscheidung RdW 1990, 55 schließlich wird der Anspruch auf Sonderzahlungen während des Krankengeldbezuges nicht aus der Regelung des § 16 AngG, sondern ebenso wie in der Entscheidung WBl 1993, 403 aus der Auslegung eines Kollektivvertrages abgeleitet. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 64/6 dargelegt hat, bezweckt die Regelung des § 16 AngG, daß dem anspruchsberechtigten Dienstnehmer die durch die Erbringung der Arbeitsleistung quotenmäßig fortlaufend von Tag zu Tag verdiente Remuneration nicht deswegen entzogen werden darf, weil die Lösung des Dienstverhältnisses vor dem Fälligkeitstag eingetreten ist. Es kann daher wirksam vereinbart werden, daß der Anspruch nur unter gewissen Bedingungen entstehen oder unter gewissen Voraussetzungen wegfallen soll; nur dürfen derartige Bedingungen sich nicht entgegen der Vorschrift des Gesetzes auf das Erlöschen des Anspruches wegen Beendigung des Dienstverhältnisses vor dem Fälligkeitstag beziehen. Der Dienstgeber ist daher durch die Regelung des § 16 AngG nicht gehindert, das Entstehen des Anspruchs auf Sonderzahlungen ebenso zu regeln wie das Entstehen des Entgeltsanspruches.

Aufgrund dieser vom erkennenden Senat geteilten Rechtsansicht könnte daher ein Anspruch auf Sonderzahlung oder Urlaubsentschädigung für den entgeltfortzahlungsfreien Raum nur in jenen Fällen bestehen, wo dies durch die DO.A ausdrücklich normiert wird. Zu den Sonderzahlungen ordnet § 49 Abs. 3 DO.A an, daß sie im Falle des Anspruches des Angestellten auf ständige Bezüge nur während eines Teiles des Kalenderjahres im Verhältnis der zurückgelegten Dienstzeit zum Kalenderjahr gebühren. Die Auszahlung von Urlaubs- und Weihnachtszuschuß wird daher ausdrücklich mit dem Bestehen eines Entgeltsanspruches verknüpft, sodaß schon aus diesem Grunde dem Kläger die begehrten Remunerationszahlungen nicht zustehen.

Zur Urlaubsentschädigung verweist § 19 Abs. 10 DO.A auf die Regelung des § 9 Abs. 1 UrlG, die auch für den Fall der Versetzung in den Ruhestand anwendbar sein soll. Darüber hinaus finden sich keine Bestimmungen, welche zu der Annahme berechtigen, daß auch in der entgeltfreien Zeit des Dienstverhältnisses ein Anspruch bestehen könnte. Im Hinblick auf die bereits dargestellte Funktion der Urlaubsentschädigung als Ersatz für das wegen Unmöglichkeit des Verbrauches des Urlaubs in natura entgehende Urlaubsentgelt kann Bemessungsgrundlage nur der Monatsbezug jenes Jahres sein, in dem noch ein Entgeltsanspruch bestand. Dies auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, daß bei Berechnung der Urlaubsentschädigung für mehrere Jahre auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen ist (Cerny, Urlaubsrecht 157). Aus der Doppelnatur des Urlaubsanspruches (vgl. Arb 9693; 10.179) - Freistellung von der Arbeit einerseits, Fortzahlung des Entgeltes andererseits - ergibt sich zwingend, daß dieses Prinzip dann durchbrochen werden muß, wenn kein Anspruch auf Entgelt mehr besteht.

Demgegenüber hat die Abfertigung eine wesentlich weitergehende Funktion. Sie soll die langjährige Treue zum Unternehmen abgelten, der Versorgung und Überbrückung dienen und Anteil an dem durch die Leistung des Arbeitnehmers mitbewirkten Aufschwung des Unternehmens geben (Martinek/Schwarz/Schwarz, Angestelltengesetz 439 f). Das "für den letzten Monat gebührende Entgelt" stellt daher einen Durchschnittsverdienst dar, der sich aus den regelmäßig im Monat wiederkehrenden Bezügen zuzüglich der auch in größeren Abschnitten oder nur einmal im Jahr zur Auszahlung gelangenden Aushilfen, Remunerationen, Zulagen usw. zusammensetzt (Arb 10.294; Arb 10.299; Arb 10.831). In Anbetracht von Sinn und Zweck der Abfertigung schadet es daher nach ständiger Rechtsprechung nicht, daß der Arbeitnehmer infolge Krankheit, Unglücksfall oder aus anderen wichtigen Gründen gehindert war, im letzten Monat sein Entgelt in vollem Umfang zu verdienen (Arb 7.170; 9321; Infas A 68/90). Es wurde auch in jenen Fällen, in welchen der Arbeitgeber kein Entgelt mehr bezieht, weil seine Krankheit den Zeitraum überschreitet, für den ihm das ganze oder ein Teil des Entgelts gebührt, der Berechnung der Abfertigung jenes Entgelt zugrundegelegt, das der Arbeitnehmer bezogen hätte, wenn er an der Dienstleistung nicht verhindert gewesen wäre (Arb 7170). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der erkennende Senat nicht veranlaßt, weil anderenfalls die ausgewogene Teilnahme des Arbeitnehmers an der Entwicklung des Betriebes nicht mehr gewährleistet wäre.

Es waren daher in Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß nur die sich aus dem späteren Berechnungszeitraum ergebende Abfertigungsdifferenz als zu Recht bestehend zu erkennen war. In Anbetracht der zumindest in gleicher Höhe zu Recht bestehenden, vom Kläger im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpften Gegenforderung mußte daher dem Klagebegehren ein Erfolg versagt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.