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OGH vom 28.11.2007, 9ObA111/07z

OGH vom 28.11.2007, 9ObA111/07z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Raimund H*****, Arbeiter, *****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. T***** GmbH & Co KG, *****, 2. T***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Herbert Heigl ua, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen EUR 2.164,23 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Ra 23/07t-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 60 Cga 91/06m-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 366,43 (darin EUR 61,07 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Erstbeklagten, einer Arbeitskräfteüberlasserin, deren persönliche haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist, vom bis zur einvernehmlichen Auflösung am als Arbeiter beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (KVAÜ). Der Kläger wurde während der gesamten Zeit von der Erstbeklagten einem Dritten (im Folgenden Beschäftiger) als Arbeitskraft überlassen. Bei diesem Beschäftiger war der Kläger mit Verpackungs-, Kran- und Staplerfahrer- sowie Kontrollarbeiten befasst. Er verrichtete dabei in diesen Bereichen die gleichen Arbeiten wie die übrigen dort tätigen Stammarbeiter des Beschäftigers. Der Kläger bezog von der Erstbeklagten - neben anderen Entgeltbestandteilen - als Überlassungslohn den kollektivvertraglichen Mindestlohn laut KVAÜ, die sich aus dem Beschäftiger-Kollektivvertrag ergebende Aufzahlung sowie einen Referenzzuschlag. Die Stammarbeiter des Beschäftigers erhielten ihrerseits den kollektivvertraglichen Mindestlohn gemäß dem Beschäftiger-Kollektivvertrag ohne regelmäßige monatliche Überzahlungen.

Im Betrieb des Beschäftigers besteht ein auf Einzelvereinbarungen mit den Arbeitnehmern beruhendes „Mitarbeitererfolgsbeteiligungsmodell". Diesem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens teilhaben sollen. Die unter dem Titel „Mitarbeiterbeteiligung" gewährte Gewinnbeteiligung wird aus den Gewinnen des Beschäftigers und der Muttergesellschaft des Beschäftigers gespeist. Die Gewinnbeteiligung wird grundsätzlich an sämtliche Stammarbeiter des Beschäftigers - sofern sich diese in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und nicht mehr in der Probezeit befinden und überdies nicht vor Ablauf des Wirtschaftsjahrs aus dem Unternehmen ausscheiden - einmal jährlich ausbezahlt; vorausgesetzt, dass es einen Gewinn gibt, der ausgeschüttet wird. Des weiteren ist jährlich eine „Mitarbeiterbewertung" durchzuführen. Diese beruht auf der Selbstbeurteilung durch die Mitarbeiter und deren Beurteilung durch die Vorgesetzten. Gewinn und Gewinnbeteiligung werden jeweils bei Gesellschafterversammlungen akkordiert. Auf messbare Parameter wie Tonnagen, Geschwindigkeit der Produktion oder Stückzahlen kommt es bei der Auszahlung der Gewinnbeteiligung nicht an. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung von EUR 2.164,23 sA. Er habe zuwenig „Lohn" ausbezahlt erhalten. Bei der den Stammarbeitern vom Beschäftiger jährlich gewährten Geldleistung habe es sich um eine „betriebsübliche Prämie" iSd Abschnitte XII bzw XIII des KVAÜ gehandelt, die auch dem Kläger für den Zeitraum Oktober 2003 bis April 2005 gebühre. Diese Prämie sei vom Gewinn und der Durchführung einer Mitarbeiterbewertung abhängig gewesen. Die Beklagten stellten das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, bestritten es jedoch dem Grunde nach, beantragten dessen Abweisung und wendeten ein, dass der Kläger für keine Arbeiten herangezogen worden sei, die im Akkord oder sonstigen Leistungslohnsystemen zu verrichten gewesen seien oder für die betriebsübliche Prämien iSd KVAÜ bezahlt worden seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung der wiedergegebenen Feststellungen ab. Rechtlich ging es davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Gewinnbeteiligung nicht um eine Prämie iSd Abschnitte XII bzw XIII des KVAÜ handle, weil sie nicht nur von der persönlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, sondern von Marktfaktoren abhänge.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei. Systeme der Gewinnbeteiligung fielen nicht unter Prämienarbeit laut KVAÜ. Die Gewinnbeteiligung sei nicht leistungsorientiert, sondern vom Gewinn abhängig. Gebe es in einem Jahr keinen Gewinn, dann gebe es auch keine Gewinnbeteiligung. Die ordentliche Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil zur Frage, ob es sich bei einer Gewinnbeteiligung um eine Prämie iSd Abschnitts XII des KVAÜ handle, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iSd Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren zurecht ab. Auf die Richtigkeit deren Begründung kann daher hingewiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). In Erwiderung der Ausführungen des Revisionswerbers ist zusammenfassend von folgenden rechtlichen Überlegungen auszugehen:

Für die Beschäftigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden, gilt das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz1 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 AÜG). Dieses Gesetz bezweckt den Schutz der überlassenen Arbeitskräfte ua in arbeitsvertraglichen Angelegenheiten (§ 2 Abs 1 Z 1 AÜG). Im AÜG werden arbeitsrechtliche Mindestansprüche für die überlassenen Arbeitskräfte normiert (vgl Schwarz in Sacherer/Schwarz, AÜG² § 10 Erl 1; 9 ObA 123/06p ua). Nach § 10 Abs 1 Satz 2 AÜG bleiben Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, unberührt (Grundsatz der Tarifautonomie). Damit wird ein Vorrang des für Arbeitskräfteüberlasser normativ anzuwendenden Kollektivvertrags festgelegt (Schindler, Der Entgeltanspruch bei Arbeitskräfte-Überlassung, RdW 2000, 739 [740]; 9 ObA 196/91, DRdA 1992, 330 [Ritzberger-Moser]; 9 ObA 305/92, DRdA 1993/46 [Ritzberger-Moser]; RIS-Justiz RS0050699 ua). Derartige Normen bestehen für Arbeiter auf Grund des am in Kraft getretenen Kollektivvertrags für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (KVAÜ; s zur Geschichte des Zustandekommens dieses Kollektivvertrags Schindler, KVAÜ 25 f; Adametz, Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung, ASoK 2002, 66 ua).

In die Zeit der Beschäftigung des Klägers bei der Erstbeklagten ( bis ) fielen drei KVAÜ-Fassungen, und zwar jene vom , und . Soweit es die vom Kläger begehrte Zahlung der vom Beschäftiger den Stammarbeitern gewährten Gewinnbeteiligung als „Prämie" iSd KVAÜ betrifft, kam es per zu einer Änderung des Kollektivvertrags. Diese Änderung ist zwar für den Ausgang des Verfahrens ohne Bedeutung, wirkt sich jedoch auf die Nummerierung und Zitierung der einschlägigen KVAÜ-Bestimmungen aus. Diese Bestimmungen lauteten bis zum (auf Grund der Fassungen vom und ) wie folgt:

„XII. AKKORDARBEIT

Werden Arbeitnehmer im Beschäftiger-Betrieb für Arbeiten herangezogen, die betriebsüblich im Akkord oder sonstigen Leistungslohnsystemen erbracht werden, so sind nach Ablauf von 4 Wochen, nach Wahl des Überlassers, entweder die betriebsüblichen Leistungslöhne zu bezahlen oder der vergleichbaren Arbeitnehmern des Beschäftiger-Betriebes zu zahlende kollektivvertragliche Lohn - ohne Erhöhung nach Abschnitt IX, Punkt 3 bzw. 4 - um 30% zu erhöhen. Bei Fließarbeiten, die takt- und leistungsgebunden sind, gelten die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß.

XIII. PRÄMIENARBEIT

Werden Arbeitnehmer im Beschäftiger-Betrieb für Arbeiten herangezogen, für die betriebsüblich Prämien bezahlt werden, so sind zusätzlich zum Überlassungslohn Prämien in betriebsüblicher Höhe zu bezahlen. Erwirbt der Arbeitnehmer auf Grund seiner persönlichen Arbeitsleistung keinen Anspruch auf Prämie, so ist ihm nur der Überlassungslohn (bzw. Mindestlohn/Grundlohn) zu zahlen. Bei akkordähnlicher Prämienarbeit gilt Abschnitt XII sinngemäß. Akkordähnliche Prämien sind Mengenprämiensysteme, die nach arbeitstechnischen Grundsätzen ähnlich wie ein Akkord erstellt werden (z.B. Vorgabezeit, Richtsatz). Liegen dem Prämiensystem auch andere Merkmale als die Mengen zu Grunde, gilt dieses dann als akkordähnlich, wenn die anderen Merkmale nur von geringer Bedeutung (bis zu einem Viertel der Prämienvorgabe) sind."

In der ab dem geltenden Fassung des KVAÜ wurden die vorstehenden Abschnitte XII und XIII zu einem gemeinsamen Abschnitt XII zusammengefasst, sodass der bisherige Abschnitt XIII entfallen konnte. Der neue Abschnitt XII lautet seither wie folgt:

„XII. AKKORD- und PRÄMIENARBEIT

Werden Arbeitnehmer im Beschäftiger-Betrieb für Arbeiten herangezogen, die betriebsüblich im Akkord oder sonstigen Leistungslohnsystemen erbracht werden, oder für die betriebsüblich Prämien bezahlt werden, so sind nach Ablauf von 4 Wochen, nach Wahl des Überlassers, entweder die betriebsüblichen Leistungslöhne bzw. Prämien zu bezahlen oder der vergleichbaren Arbeitnehmern des Beschäftiger-Betriebes zu zahlende kollektivvertragliche Lohn - ohne Erhöhung nach Abschnitt IX, Punkt 3 bzw. 4 - um 30 % zu erhöhen. Bei Fließarbeiten, die takt- und leistungsgebunden sind, gelten die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß."

Der normative Teil eines Kollektivvertrags ist nach herrschender Auffassung wie ein Gesetz nach den §§ 6, 7 ABGB auszulegen (RIS-Justiz RS0008807 ua). In erster Linie ist der Wortsinn - auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen - maßgeblich (RIS-Justiz RS0010089 ua). Bei der Auslegung einer kollektivvertraglichen Norm darf den Kollektivvertragsparteien zumindest im Zweifel unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und daher eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollten (RIS-Justiz RS0008897 ua). Der Kläger ließ sein ursprüngliches Vorbringen, dass er beim Beschäftiger eine „akkordähnliche Prämienarbeit" geleistet habe, wieder fallen. Er beschränkte sich in erster Instanz zuletzt auf die Behauptung, dass er Arbeiten geleistet habe, für die betriebsüblich Prämien iSd der Abschnitte XII bzw XIII des KVAÜ bezahlt worden seien. An der Regelung bezüglich der Prämienarbeit, der im KVAÜ idF noch ein eigener Abschnitt (XIII) gewidmet war, hat sich durch die gemeinsame Regelung mit der Akkordarbeit im neuen Abschnitt XII des KVAÜ idF bis auf einige sprachliche Anpassungen nichts Wesentliches geändert. Dass die im Abschnitt XIII des KVAÜ idF vorhandene Wortfolge „zusätzlich zum Überlassungslohn" im Abschnitt XII des KVAÜ idF wegfiel, ist entgegen der Annahme des Revisionswerbers ohne Bedeutung. Dass die Prämie, sofern sie zur Auszahlung gelangt, „zusätzlich zum Überlassungslohn" und nicht etwa an dessen Stelle bezahlt wird, bezweifelt ohnehin niemand; andernfalls hieße diese Zahlung wohl kaum „Prämie". Da die beschriebene Änderung der hier relevanten KVAÜ-Bestimmungen für den Verfahrensausgang keine Bedeutung hat, wird im weiteren Verlauf dieser Entscheidung zur Vermeidung der parallelen Zitierung nur mehr der Abschnitt XII des KVAÜ idF ab genannt, womit stets auch die vorherigen Regelungen in den Abschnitten XII und XIII des KVAÜ idF gemeint sind.

Der Abschnitt XII des KVAÜ regelt den Fall, dass überlassene Arbeitskräfte im Beschäftiger-Betrieb zu Akkordarbeit, akkordähnlicher Prämienarbeit oder sonstiger Prämienarbeit herangezogen werden. Dadurch werden sie demselben Leistungsdruck ausgesetzt wie die Stammarbeiter des Beschäftiger-Betriebs und müssen wie diese erhöhte Arbeitsleistungen erbringen; dies oft allein deshalb, weil sonst die anderen im Produktionsablauf beschäftigten Arbeitnehmer ihrerseits nicht weiter arbeiten können oder die Leistungslohnsysteme auf das Ergebnis einer Arbeitsgruppe Bezug nehmen. Auch wenn beides nicht zutrifft, würde eine im Vergleich deutlich geringere Leistung auf Dauer von Vorgesetzten und Arbeitskollegen nicht hingenommen. Konsequenterweise sollen daher laut Abschnitt XII des KVAÜ auch überlassenen Arbeitskräften die erhöhten Leistungslöhne bezahlt werden (Schindler, KVAÜ 217 f). Auch „Prämiensysteme" sind Leistungslohnsysteme, die aber im Unterschied zum Akkord auch die Qualität der Arbeit oder andere Kriterien (wie Güte, Genauigkeit der Arbeit, besondere Ausnutzung der Roh- und Werkstoffe, Einsparungen an Energie und sonstige Einsparungen) bewerten (Löschnigg, Arbeitsrecht10 286 ua). Die Höhe der Prämie kann auch von der Menge der erzeugten Produkte abhängen; es muss aber auch die Qualität der erzeugten Produkte für die Lohnhöhe von Bedeutung sein. Überwiegen die quantitativen Elemente an der Prämienvorgabe, so handelt es sich um eine akkordähnliche Prämie, sonst liegt eine normale Prämienarbeit vor (vgl Schindler, KVAÜ 220). Beim Prämiensystem wird jedenfalls das „Ob" und „Wieviel" der Zusatzleistung typischerweise zum individuellen Arbeitsergebnis in Beziehung gesetzt. Nicht unter den Begriff der Prämienarbeit fallen hingegen Systeme der Gewinnbeteiligung, da diese nicht (nur) von der persönlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, sondern auch von Marktfaktoren abhängen (Schindler, KVAÜ 221). Beim Gewinnbeteiligungssystem wird das „Ob" und „Wieviel" einer Zusatzleistung nicht zum individuellen Arbeitsergebnis, sondern zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens in Beziehung gesetzt (Binder, Rechtsgrundlagenprobleme der Remunerationsgewährung, ZAS 1984, 49).

Auch der Revisionswerber erkennt, dass Gewinnbeteiligungssysteme nicht unter die vom Abschnitt XII des KVAÜ erfassten Leistungslohnsysteme für Akkordarbeit, akkordähnlicher Prämienarbeit oder sonstige Prämienarbeit fallen. Er meint jedoch, dass das gegenständliche Gewinnbeteiligungssystem insofern anders zu beurteilen sei, weil sich die Höhe der Mitarbeiterbeteiligung nach individuellen Kriterien richte. Solche individuelle, über den normalen Arbeitseinsatz hinausgehende Aspekte erblickt der Revisionswerber hier nun darin, dass die ausbezahlte Gewinnbeteiligung vom Bereich abhängig sei, in dem der jeweilige Mitarbeiter tätig ist. Auch die Umstände, dass Bewertungsbögen ausgefüllt und Mitarbeitergespräche geführt werden, sprächen dafür, dass es auf die Qualität der verrichteten Tätigkeit ankomme. Dieser Rechtsauffassung des Revisionswerbers kann nicht beigetreten werden. Zweifellos leistet auch der einzelne Arbeitnehmer durch seine Arbeit und durch seinen Einsatz einen Beitrag zum erwirtschafteten Unternehmensgewinn. Dies rechtfertigt aber keine Gleichsetzung des gegenständlichen Gewinnbeteiligungssystems, das nicht nur aus Gewinnen des Beschäftigers, sondern auch aus Gewinnen der Muttergesellschaft gespeist wird, mit einem Leistungslohnsystem iSd Abschnitts XII des KVAÜ. Was die angebliche Differenzierung der Gewinnbeteiligung nach bestimmten Bereichen betrifft, so ließ das Berufungsgericht aus rechtlichen Erwägungen offen, ob es die diesbezügliche, von den Beklagten bekämpfte Feststellung des Erstgerichts überhaupt billigt. Eine Differenzierung nach Unternehmensbereichen macht jedoch, selbst wenn man eine solche annimmt, ein Gewinnbeteiligungssystem noch nicht zu einem Leistungslohnsystem. Dass die gegenständliche „Mitarbeiterbeteiligung" auf das konkrete Ergebnis des Klägers bzw dessen Arbeitsgruppe abgestellt habe, wurde in erster Instanz nicht einmal behauptet. Das durchgeführte Verfahren ergab auch nicht, dass individuelle Ergebnisse der Mitarbeiterbewertung Einfluss auf die Gewährung und das Ausmaß der Gewinnbeteiligung gehabt haben. Derartiges wurde vom Kläger in erster Instanz auch nicht geltend gemacht. Da die gegenständliche Gewinnbeteiligung nicht für Arbeiten bezahlt wird, die (zumindest überwiegend) von einer individuellen Leistungskomponente - sei es quantitativ oder qualitativ - abhängig sind, handelt es sich dabei um keine „Prämie" iSd Abschnitts XII des KVAÜ. Allein der Umstand, dass eine Zahlung „betriebsüblich" ist, qualifiziert sie noch nicht als Prämie iSd KVAÜ. Prämien iSd Art XII des KVAÜ werden für Arbeiten geleistet, die einem besonderen Leistungsdruck unterliegen. Dies ist bei der gegenständlichen „Mitarbeiterbeteiligung" nicht der Fall. An dieser Beurteilung vermag auch die konkrete Beschäftigungsdauer des Klägers bei der Erstbeklagten nichts zu ändern.

Im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung ist keine gänzliche Harmonisierung der Lohnniveaus zwischen Überlasser und Beschäftiger vorgesehen. Das im Beschäftiger-Betrieb bestehende Lohnniveau (betriebliche Ist-Löhne) wird nicht geschützt (Schindler, RdW 2000, 739 [740 f]). Nach Abschnitt IX/3 des KVAÜ besteht jedoch für die Dauer der Überlassung Anspruch auf den im Beschäftiger-Betrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlenden kollektivvertraglichen Lohn, wenn dieser höher ist, als der in Abschnitt IX/1 und 2 des KVAÜ geregelte Mindestlohn/Grundlohn. Für Hochlohnbranchen, also jene Kollektivvertragsbereiche, in denen Kollektivvertragslöhne in etwa jener Höhe, die in Abschnitt IX/1 und 2 des KVAÜ vorgesehen ist, gelten und diese in der betrieblichen Praxis (erheblich) überzahlt werden, erfolgt nach Abschnitt IX/3 des KVAÜ eine pauschale Annäherung an dieses branchenübliche Ist-Lohnniveau durch die Regelung über erhöhte Überlassungslöhne in Form prozentueller Referenzzuschläge (Schindler, KVAÜ 199 ff). Diese Zuschläge kommen bei der Überlassung in Betriebe zum Tragen, für deren vergleichbare Arbeitnehmer ein Kollektivvertrag gilt, der von einem der in Abschnitt IX/4 des KVAÜ genannten Referenz-Verbände abgeschlossen wurde. Nach den Feststellungen bezog auch der Kläger Referenzzuschläge und partizipierte damit als überlassene Arbeitskraft an der - wie bei der gegenständlichen „Mitarbeiterbeteiligung" nicht von individuellen Leistungskomponenten abhängigen - wirtschaftlichen Prosperität der Hochlohnbranche, in der er zum Einsatz gelangte.

Soweit der Revisionswerber meint, dass der Standpunkt der Beklagten und der Vorinstanzen auf eine Verletzung des (arbeitsrechtlichen) Gleichheitsgrundsatzes hinauslaufe, ist zunächst darauf zu verweisen, dass er derartiges in erster Instanz nicht geltend gemacht hat. Soweit der Revisionswerber damit offenkundig anspricht, dass er zu denselben Bedingungen entlohnt werden müsse wie die Arbeitnehmer des Beschäftigers, kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Überlassungslohn und zu den Referenzzuschlägen verwiesen werden. Es geht hier nicht um die Gleichbehandlung im Betrieb der Erstbeklagten. Das Verfahren ergab nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Erstbeklagte den Kläger in sachlich nicht gerechtfertigter Weise schlechter als ihre anderen Arbeitnehmer behandelt hat. Der weiteren Überlegung des Revisionswerbers, dass ein „Günstigkeitsvergleich" vorzunehmen sei, bei dem die „Grundlöhne" der überlassenen Arbeitskraft und des Stammarbeiters verglichen werden, ist zu erwidern, dass es hier auch nicht um die Grundlöhne geht. Der Kläger behauptete auch keine Unterschreitung des beim Beschäftiger für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlenden kollektivvertraglichen Lohns (§ 10 Abs 1 Satz 3 AÜG; Abschnitt IX/3 des KVAÜ; Schindler, KVAÜ 197 f; Obereder in Mazal/Risak, Arbeitsrecht, Kap XV Rz 28 f ua). Im vorliegenden Fall geht es vielmehr darum, wie der Abschnitt XII des KVAÜ, von dem der Kläger seinen Anspruch auf Teilnahme an der vom Beschäftiger den Stammarbeitern auf einzelvertraglicher Basis gewährten Gewinnbeteiligung ableitet, auszulegen ist. Insoweit vermochte der Revisionswerber allerdings keinen Rechtsirrtum des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Seiner unbegründeten Revision muss deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.