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OGH vom 20.12.2006, 9ObA109/06d

OGH vom 20.12.2006, 9ObA109/06d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter DI Walter Holzer und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Betriebsausschuss des Bezirkskrankenhauses S*****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte und gefährdende Partei Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus S*****, vertreten durch Oberhofer & Hibler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung und Beseitigung (Streitwert EUR 21.600) hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert EUR 21.600), über den Revisionsrekurs der beklagten und gefährdenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 37/06y-12, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 42 Cga 56/06s-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig, die beklagte und gefährdende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Bezirkskrankenhaus S***** (im Folgenden kurz Krankenhaus), in dem rund 430 Arbeitnehmer beschäftigt sind, gelangen seit März 2006 sog „Fingerscanner" zum Einsatz. Diese dienen im Rahmen eines „biometrischen" Zeiterfassungssystems der Feststellung der „Kommens- und Gehenszeiten" der Arbeitnehmer. Eine Zustimmung der klagenden und gefährdeten Partei (im Folgenden kurz Kläger) bzw der getrennten Betriebsräte für die Arbeiter und die Angestellten zur Einführung des neuen Systems liegt nicht vor, weil man im „Fingerscanning" einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer erblickt. Nach Auffassung des Klägers möge von der beklagten und gefährdenden Partei (im Folgenden Beklagter) eine sonst in Großbetrieben übliche Zeiterfassungsart, zB mit Magnetkarten, gewählt werden.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage, der Beklagte habe

1. es zu unterlassen, im Krankenhaus ohne Zustimmung des Klägers in Form einer Betriebsvereinbarung

a) ein Zeiterfassungssystem mittels biometrischem Fingerscanning einzuführen,

b) den vom Kläger vertretenen Arbeitnehmern die Anweisung zu geben, die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro zu benützen,

c) die vom Kläger vertretenen Arbeitnehmer durch die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro zu kontrollieren,

d) durch die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro Fingerabdrücke der vom Kläger vertretenen Arbeitnehmer zu erheben, einscannen zu lassen und das eingescannte Datenmaterial - in welcher Form auch immer - auszuwerten, zu verwenden, zu verarbeiten, zu übermitteln oder anderweitig zu erfassen oder weiterzuleiten, und

2. die Daten seiner Arbeitnehmer, die er durch die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro erfasst habe, zu beseitigen und durch Löschen zu vernichten.

Darüber hinaus stellt der Kläger zwei Eventualbegehren:

1. Hilfsweise werde die Feststellung begehrt, dass

a) die Einführung eines Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanning im Krankenhaus die Einführung einer Kontrollmaßnahme und eines technischen Systems zur Kontrolle der Arbeitnehmer darstelle, wodurch die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt werde, und

b) diese Maßnahme ohne Zustimmung des Klägers in Form einer Betriebsvereinbarung rechtswirksam nicht erfolgen könne.

2. Hilfsweise begehrt der Kläger auch die Feststellung, dass

a) die Einführung eines Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanning im Krankenhaus die Einführung eines Systems zur automationsunterstützten Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer darstelle, die über die Ermittlung von allgemeinen Angaben zur Person und fachlichen Voraussetzungen hinausgehe, und

b) diese Maßnahme ohne Zustimmung des Klägers in Form einer Betriebsvereinbarung rechtswirksam nicht erfolgen könne oder eine fehlende Zustimmung des Klägers durch eine Entscheidung der Schlichtungsstelle ersetzt werden müsse.

Schließlich begehrt der Kläger noch die Erlassung einer - den Gegenstand dieses Revisionsrekursverfahrens bildenden - einstweiligen Verfügung des Inhalts, dem Beklagten werde es bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache verboten, im Krankenhaus ohne Zustimmung des Klägers in Form einer Betriebsvereinbarung

a) ein Zeiterfassungssystem mittels biometrischem Fingerscanning einzuführen,

b) den vom Kläger vertretenen Arbeitnehmern die Anweisung zu geben, die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro zu benützen,

c) die vom Kläger vertretenen Arbeitnehmer durch die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro zu kontrollieren,

d) durch die zum Betrieb des Zeiterfassungssystems mittels biometrischem Fingerscanner vorgesehenen Zeiterfassungsterminals „search-gate" im Bereich des Personalhauseingangs, Ambulanzeingangs, Haupteingangs, Eingangs Wirtschaftshof, Eingangs Verwaltung und Personalbüro Fingerabdrücke der vom Kläger vertretenen Arbeitnehmer zu erheben, einscannen zu lassen und das eingescannte Datenmaterial - in welcher Form auch immer - auszuwerten, zu verwenden, zu verarbeiten, zu übermitteln oder anderweitig zu erfassen oder weiterzuleiten.

Das Erstgericht erließ die vom Kläger beantragte einstweilige Verfügung. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Beide Vorinstanzen gelangten zur rechtlichen Beurteilung, dass der Kläger bescheinigt habe, dass durch das vom Beklagten ohne Zustimmung des Klägers eingeführte Zeiterfassungssystem mittels biometrischem Fingerscanning die Menschenwürde der Arbeitnehmer iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG berührt werde, weshalb dieses System vorerst bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unterlassen sei. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, dass zur Frage, ob die Speicherung personenbezogener Daten (biologischer Merkmale) im Rahmen eines biometrischen Zeiterfassungssystems die Menschenwürde berühre und damit die Zustimmung des Betriebsrats (Betriebsausschusses) zur Einführung eines solchen Systems zwingend einzuholen sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Gegen die Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen bereits vom Rekursgericht verneint wurde, können im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden (vgl RIS-Justiz RS0042963 ua).

Zutreffend bestätigte das Rekursgericht die Erlassung der einstweiligen Verfügung durch das Erstgericht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Zusammenfassend ist von folgenden rechtlichen Erwägungen auszugehen:

Die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer, sofern diese Maßnahmen (Systeme) die Menschenwürde berühren, zählt zu jenen Anliegen des Betriebsinhabers, die nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen (RV 840 BlgNR 13. GP 82). Es handelt sich um einen Fall der notwendigen Mitbestimmung. Die Zustimmung kann nur in Form einer Betriebsvereinbarung erfolgen (AB 993 BlgNR 13. GP 3; Strasser in Floretta/Strasser, ArbVG-Handkommentar 522, 538; Tomandl, Rechtsprobleme bei der Einführung und Anwendung von Kontrollmaßnahmen, ZAS 1982, 163; Löschnigg, Arbeitsrecht10 710 ua).

Die Verwendung des Worts „Einführung" (von Kontrolleinrichtungen) in § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG bedeutet nicht, dass bereits bestehende Maßnahmen nicht der Zustimmung des Betriebsrats unterliegen, sondern schließt auch diese Einrichtungen ein (Preiss in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, ArbVG Bd 3³ § 96 Erl 7 [S 127]; EA Linz/Arb 10.539 ua). Mit „Kontrolle" ist die Erhebung gewisser Fakten und deren Vergleich mit einem Sollzustand gemeint (Reissner in ZellKomm § 96 ArbVG Rz 21 ua). Unter einer Kontrollmaßnahme iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG ist die systematische Überwachung von Eigenschaften, Handlungen oder des allgemeinen Verhaltens von Arbeitnehmern durch den Betriebsinhaber zu verstehen (Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 126] ua). Es geht um von Seiten des Betriebsinhabers veranlasste Regelungen, die insbesondere vorschreiben, wann, unter welchen Umständen und auf welche Weise Arbeitnehmer beim Betreten oder Verlassen des Betriebs oder bestimmter Betriebsteile, ferner während ihrer Arbeitsleistung oder überhaupt während ihres Aufenthalts im Betrieb zu irgendeinem Zweck überprüft werden. Gemeint ist sowohl die mechanische Kontrolle (zB Taschenkontrolle) als auch die mittels spezieller Überwachungstechnologien durchgeführte Kontrolle (zB Überwachung mit Videokamera; Strasser/Jabornegg, ArbVG³ § 96 Anm 15 ua). Es muss sich um eine betriebsbezogene Kollektiv-Kontrolle - und nicht bloß um eine individuelle Kontrolle - handeln (Binder, Detektiveinsatz und Arbeitnehmerkontrolle, in FS Tomandl 11 [19]; Brodil, Die Kontrolle der Nutzung neuer Medien im Arbeitsverhältnis, ZAS 2004/28, 162 f ua). Der Begriff der Kontrollmaßnahme ist grundsätzlich weit zu verstehen (Tomandl, ZAS 1982, 163 f; Mosler, Personalinformationssysteme und Mitbestimmung der Belegschaft gemäß § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG, DRdA 1983, 253 [256]; Löschnigg, Biometrische Daten und Arbeitsverhältnis, ASoK 2005, 37 [41]; Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 127] ua).

Dass es sich im vorliegenden Fall um die Einführung einer Kontrollmaßnahme bzw eines technischen Kontrollsystems iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG handelt, ist zwischen den Parteien nicht strittig (vgl auch das Erkenntnis des BAG , 1 ABR 7/03, wonach es es sich bei einem der Authentifizierung dienenden Fingerprint-Scanner-System um eine technische Einrichtung iSd § 87 Abs 1 Nr 6 dBetrVG handelt, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. Hiezu ist aber anzumerken, dass es auf eine Berührung der Menschenwürde wie in § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG nach der deutschen Rechtslage nicht ankommt). Unstrittig ist weiters zwischen den Parteien, dass für das vorliegende Kontrollsystem keine Zustimmung des Betriebsrats bzw Betriebsausschusses vorliegt. Umstritten ist jedoch die Frage, ob durch die Einführung des gegenständlichen Zeiterfassungssystems die Menschenwürde der Arbeitnehmer iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG berührt wird.

Der unbestimmte Wert- und Rechtsbegriff „Menschenwürde" muss aus der Konkretisierung von Generalklauseln des Zivil- (insbesondere § 879 ABGB) bzw Arbeitsrechts (insbesondere Fürsorgepflicht iSd § 18 AngG,§ 1157 ABGB) gewonnen werden. Besondere Bedeutung kommt § 16 ABGB zu, wonach jeder Mensch über angeborene natürliche Rechte verfügt. Es handelt sich dabei um eine Zentralnorm unserer Rechtsordnung, die in ihrem Kernbereich die Menschenwürde schützt (Aicher in Rummel, ABGB³ § 16 Rz 3; RIS-Justiz RS0008993 ua). Die Rechtskonkretisierung erweist sich als Anwendungsfall der Drittwirkung verfassungsrechtlich verankerter Grundrechte, wie zB der Gleichbehandlung (Art 7 B-VG; Art 2 StGG; Art 14 EMRK), des Schutzes des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) oder etwa des Datenschutzes (§ 1 DSG; vgl Tomandl, ZAS 1982, 163 [166 ff]; Mosler, DRdA 1983, 253 [259 ff]; Binder in FS Tomandl 11 [15 ff]; ders, in Tomandl, ArbVG § 96 Rz 56 f; ders, AVRAG § 10 Rz 10 f; Holzer/Reissner, AVRAG § 10 Rz 4; Löschnigg, Arbeitsrecht10 711; ders, ASoK, 2005, 37 [39]; Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 128 f]; Reissner aaO § 96 ArbVG Rz 23 ua). In solchen Fällen ist von einer grundrechtlich verankerten Pflicht zur umfassenden Interessenabwägung auszugehen (vgl Tomandl, ZAS 1982, 163 [ 169 f]; 8 ObA 288/01p, DRdA 2003/37 [Preiss]; Brodil, Die Registrierung von Vermittlungsdaten - Zugleich eine Besprechung der E OGH 8 ObA 288/01p, ZAS 2004/4; ders, ZAS 2004/28, 156, 158 ua).

Jeder Mensch hat auch während der Zeit, in der er zur Arbeitsleistung in einem Arbeitsverhältnis verpflichtet ist, ua das Recht auf Unversehrtheit der Intimsphäre, auf Freiheit von unbefugter Abbildung und auf Achtung seines Wertes als menschliches Wesen. Kontrolle an sich verstößt noch nicht gegen die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers. Es gehört vielmehr zum Wesen des Arbeitsverhältnisses, dass sich der Arbeitnehmer der Kontrolle des Arbeitgebers unterwirft (8 ObA 288/01p ua). Der Begriff der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers darf nicht dahin missverstanden werden, dass nur das Kontrollieren privaten Verhaltens während der Arbeit die Menschenwürde betreffen könne. Auch die Kontrolle rein dienstlichen Verhaltens kann zustimmungspflichtig sein. Vor allem durch zu große, über das für die Erreichung des Kontrollzwecks erforderliche Ausmaß hinausgehende Kontrolldichte bei der Arbeit kann die Menschenwürde iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG tangiert werden. Es kommt also auf die Intensität der Kontrolle an. Dabei sind die Art der Kontrolle (durch Menschen oder durch Technik), die zeitliche Dauer (Stichproben oder permanente Kontrolle), der Umfang der Kontrolle (Verknüpfung verschiedener Daten) und die dabei erfassten Datenarten (Sensibilität) ausschlaggebend (Löschnigg, ASoK 2005, 37 [42]; Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 129]). Der Gesetzgeber will mit der Anknüpfung an die „Menschenwürde" in § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG erreichen, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers keinen übermäßigen Eingriffen ausgesetzt ist (Binder in Tomandl, ArbVG § 96 Rz 58). Im Arbeitsverhältnis sind vor allem auch die Wertungen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die sich nicht nur auf die Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Sittlichkeit und Eigentum bezieht, sondern die die gesamte Persönlichkeit des Arbeitnehmers umfasst, zu beachten. Schutz der Persönlichkeit impliziert auch Schutz der Individualität, dh der persönlichen Entwicklung, Selbstdarstellung und Bewahrung der Eigenständigkeit. Darin besteht auch der unmittelbare Bezug zum Schutz der Daten einer Person, da sich in ihnen ein Teil ihrer Individualität widerspiegelt.

Unter „Biometrie" wird die Wissenschaft von der maschinellen Erkennung biologischer Merkmale zwecks Authentifizierung verstanden. Ausgangspunkt jeglicher biometrischen Technologie ist die „biometrische Vermessung", die in digitale Informationen umgewandelt wird und als „biometrische Vorlage" der vermessenen Person gespeichert wird (Riener-Hofer, Vermessen? Die neuen Pass- und Visabestimmungen für die USA nach 9/11, juridikum 2003, 118; Parziale/Riener-Hofer, Biometrie: Begriff und Diskussionsstand, juridikum 2004, 79; s weiters zum Ablauf Hornung/Steidle, Biometrie am Arbeitsplatz - sichere Kontrollverfahren versus ausuferndes Kontrollpotential, AuR 2005, 201 [203 ff] ua). Für „biometrische Daten" - dabei handelt es sich demnach um Angaben über Personen, deren Identität mittels messbarer körperlicher Merkmale bestimmbar ist (zB Fingerabdrücke) - gilt der Bedarf nach einem Schutz der Individualität in besonderer Weise, da es zu einer Überschneidung der Abbildung körperlicher Merkmale und personenbezogener Informationen kommt. Sowohl das Recht am eigenen Bild als auch das Recht auf Schutz der eigenen Daten sind gleichermaßen betroffen (Löschnigg, ASoK 2005, 37, 39).

Durch § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers „der schmale Grenzbereich zwischen den die Menschenwürde verletzenden (und damit ohnehin sittenwidrigen) Maßnahmen und den die Menschenwürde überhaupt nicht tangierenden Maßnahmen des Betriebsinhabers geregelt werden." Bei der Einführung des ArbVG im Jahr 1974 wurde dabei vor allem an Art und Umfang von Torkontrollen, Leibesvisitationen, Kontrolleinrichtungen am Arbeitsplatz udgl gedacht (RV 840 BlgNR 13. GP 84 [zu § 97 Z 6]). Auf die Frage, ob auch Kontrolleinrichtungen, die die Menschenwürde nicht bloß berühren, sondern bereits verletzen (zB ständige Kameraüberwachung; Telefonabhöranlagen), der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen (vgl zum Meinungsstand bezüglich des Themas „Dual- oder Triplekonzept" die Übersicht bei Binder in Tomandl, ArbVG § 96 Rz 62), braucht hier nicht weiter eingegangen werden, denn strittig ist im vorliegenden Fall „nur" die Berührung, nicht die Verletzung der Menschenwürde.

Die Menschenwürde wird von einer Kontrollmaßnahme oder einem Kontrollsystem dann „berührt", wenn dadurch die vom Arbeitnehmer in den Betrieb miteingebrachte Privatsphäre kontrolliert wird. Von der Privatsphäre abgesehen kann aber auch durch die Kontrollintensität der Arbeitsleistung und des arbeitsbezogenen Verhaltens des Arbeitnehmers eine Berührung der Menschenwürde bewirkt werden, und zwar vor allem dann, wenn diese Kontrolle in übersteigerter Intensität organisiert wird und jenes Maß überschreitet, das für Arbeitsverhältnisse dieser Art typisch und geboten ist (Löschnigg, Arbeitsrecht10 712; EA Linz/Arb 10.539; VwGH/ZAS 1994/7 [Beck-Mannagetta]; OLG Graz/Arb 11.259 ua). Es bleibt hier somit die Frage zu lösen, ob die gegenständliche Einrichtung die Menschenwürde der Arbeitnehmer (zumindest) „in irgendeiner Weise berührt" (Strasser aaO 528) oder „überhaupt nicht tangiert" (RV 840 BlgNR 13. GP 84). Hat die Einrichtung mit der Menschenwürde „nichts zu tun", dann ist sie nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG mitbestimmungsfrei (Strasser aaO 528 f). Wird die Menschenwürde hingegen „tangiert" (Strohmaier, Personalinformationssysteme und Mitbestimmung 193; VwGH/ZAS 1994/7 [Beck-Mannagetta]; OLG Graz/Arb 11.259) bzw „peripher beeinträchtigt", dann ist die Kontrolleinrichtung mitbestimmungspflichtig (Tomandl, ZAS 1982, 163 [166]).

Dabei hat, wie schon erwähnt, eine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen stattzufinden. So sind einerseits die Interessen des Arbeitgebers, der im Arbeitsverhältnis ein grundsätzliches Recht zur Kontrolle der Arbeitnehmer hat, aber darüber hinaus zB auch sein Eigentum sichern und schützen will, und andererseits die Interessen des Arbeitnehmers an der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte gegeneinander abzuwägen (Binder in Tomandl, ArbVG § 96 Rz 59; ders, AVRAG § 10 Rz 12; Brodil, ZAS 2004/28, 156, 158; VwGH/ZAS 1994/7 [Beck-Mannagetta]; 8 ObA 288/01p ua). Dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit kommt hier regulierende Funktion zu. Persönlichkeitsrechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als dies durch ein legitimes Kontrollinteresse des Arbeitgebers geboten ist (OLG Graz/Arb 11.259 ua). Es ist das schonendste - noch zum Ziel führende - Kontrollmittel zu wählen (Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 131]; VwGH/ZAS 1994/7 [Beck-Mannagetta]; vgl auch Kotschy/Reimer, Die Überwachung der Internet-Kommunikation am Arbeitsplatz, ZAS 2004/29, 171 ua).

Allein in der Erfassung der Arbeitszeit, an der dem Arbeitgeber ein durch den Arbeitsvertrag vorgegebenes Interesse zuzubilligen ist, kann noch keine Beeinträchtigung der in den Betrieb eingebrachten Persönlichkeit des Arbeitnehmers erblickt werden (vgl OLG Wien/ARD 4714/17/96 ua). Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die als Angehörige von Gesundheitsberufen in Allgemeinen Krankenanstalten tätig sind oder deren Tätigkeit sonst zur Aufrechterhaltung des Betriebs ununterbrochen erforderlich ist, regelt das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KA-AZG) im Besonderen, dass der Arbeitgeber zur Überwachung der im KA-AZG geregelten Angelegenheiten im Betrieb bzw in der Dienststelle Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen hat (§ 11 Abs 1 KA-AZG; vgl auch § 26 Abs 1 AZG). Diese Aufzeichnungen müssen für jeden einzelnen Arbeitnehmer geführt werden, um seine tatsächlich geleistete Arbeitszeit sowie seine Ruhezeiten erkennen zu können. Sie müssen so geführt werden, dass eine Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die Arbeitsinspektion möglich ist (RV 386 BlgNR 20. GP 14).

Die bloße Anwesenheitskontrolle ist nicht nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG zustimmungspflichtig (Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 133]; OLG Wien/ARD 4714/17/96 ua). Durch eine „Stechuhr" (Zeitstempeleinrichtung) zur Arbeitszeitkontrolle wird die Menschenwürde noch nicht berührt (Binder in Tomandl, ArbVG § 96 Rz 68; Reissner aaO § 96 ArbVG Rz 24 ua); in der Regel auch nicht durch die in der Arbeitswelt verbreitete Verwendung von Magnetkarten, solange sie nicht ein arbeitnehmerbezogenes Bewegungsprofil während des ganzen Arbeitstags erlauben (vgl Strohmaier aaO 202; EA Linz/Arb 10.539 ua). Fraglich ist nun, ob ein Zeiterfassungssystem, das auf biometrischem Fingerscanning beruht, in dem der Beklagte bloß eine „qualitativ verbesserte Stechuhr" sieht, die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt.

Bei biometrischen Daten handelt es sich nach einhelliger Auffassung um personenbezogene Daten sowohl iSd Art 2 lit a Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG als auch iSd § 4 Z 1 DSG 2000. Der Begriff „personenbezogene Daten" ist weit zu verstehen. Es handelt sich dabei um sämtliche Informationen über eine natürliche Person, unabhängig davon, welchen Aspekt der Person sie betreffen (Brodil, ZAS 2004/28, 157 ua). Biometrische Verfahren speichern in der Regel nicht die biometrischen Rohdaten für spätere Identifikationsprozesse, sondern verwenden - wie auch im vorliegenden Fall - sog „Templates" (Datensätze). Diese enthalten in komprimierter Form die wesentlichsten Informationen des biometrischen Merkmals und reichen in der Regel aus, um in der Folge über Ähnlichkeitsvergleiche Personen reidentifizieren zu können (s Näheres Parziale/Riener-Hofer, juridikum 2004, 79 ua). Im Normalfall lässt sich aus dem Template das biometrische Merkmal nicht rekonstruieren. Trotz der Einwegfunktion des Templates handelt es sich aber um ein personenbezogenes Datum, da die Identität des Betroffenen bestimmt oder bestimmbar ist. Bei der Preisgabe physischer (und psychischer) Charakteristika der Arbeitnehmer ist grundsätzlich größte Zurückhaltung geboten. Es kann aber nicht allgemein gesagt werden, dass schon allein der Einsatz biometrischer Daten genügt, um aus jeglichem Kontrollsystem, das auf solchen Daten aufbaut, ein wegen Berührens der Menschenwürde mitbestimmungspflichtiges System werden zu lassen; dies insbesondere dann nicht, wenn die Verfügungsgewalt über den Einsatz der biometrischen Daten ausschließlich beim betroffenen Arbeitnehmer liegt, der Arbeitgeber keinen unmittelbaren Personenbezug herstellen kann (zB bei einem Zutrittskontrollsystem, das nur zwischen „berechtigt" und „unberechtigt" unterscheidet, ohne den Zugang mit einer bestimmten Person zu verknüpfen), keine Relation mit anderen Daten hergestellt wird und keine Aufzeichnungen der Zutritte vorgenommen werden (Löschnigg, ASoK 2005, 37 [39 f, 42]; Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 139] ua).

Um solche bloß indirekt personenbezogene Daten geht es im vorliegenden Fall aber gerade nicht: Hier liegt die Verfügungsgewalt über den Einsatz der biometrischen Daten nicht ausschließlich beim betroffenen Arbeitnehmer, sondern beim Arbeitgeber. Diesem kommt es gerade darauf an, einen unmittelbaren Personenbezug herstellen zu können. Es wird die Relation mit anderen personenbezogenen Daten hergestellt und es werden gezielt Aufzeichnungen der Zutritte der einzelnen Arbeitnehmer vorgenommen. Dazu kommt, dass die Frage der Mitbestimmung nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG nicht erst bei der Auswertung, sondern bereits beim Ermittlungsvorgang eingreift, also der Erfassung der biometrischen Daten (Brodil, ZAS 2004/28, 163; Löschnigg, ASoK 2005, 37 [41]). Bereits die Abnahme von Fingerabdrücken der Arbeitnehmer trägt für sich gesehen eine hohe Kontrollintensität in sich (vgl Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 139]).

Den Bedenken des Klägers gegen das neue Zeiterfassungssystem hielt der Beklagte in seiner Stellungnahme zur beantragten einstweiligen Verfügung entgegen, dass die vorgesehenen Fingerscanner eine raschere, kostengünstigere und zuverlässigere Kontrolle des Arbeitsbeginns ermöglichen. Darüber hinaus habe das System den Vorteil, dass weder ein Verlust des Schlüssels möglich sei, noch Diebstahls- oder Manipulationsmöglichkeiten bestehen. Auch sei das System gegen Umwelteinflüsse (Hitze, direkte Sonneneinstrahlung; Kratzer; Einwirkung von Magnetstrahlen etc) weitgehend resistent, sodass es Systemen, die zB mit Magnetstreifen operieren, „haushoch" überlegen sei.

Es mag durchaus sein, dass der menschliche Körper (hier: die Finger der Arbeitnehmer) von manchen Einflüssen nicht (erkennbar) tangiert wird, die Magnetkarten schaden können; von einer „weitgehenden Resistenz" des menschlichen Körpers gegen Umwelteinflüsse - etwa gegen Verletzungen - kann aber keine Rede sein. Offenbar denkt der Beklagte aber nur an die „Betriebssicherheit" der Fingerscanner und weniger an jene der Arbeitnehmer. Dass der Arbeitgeber im neuen System Vorteile (für sich) sieht, wird vom erkennenden Senat ohne weiteres zugrundegelegt. Allerdings blieb der Beklagte einen spezifizierten Vergleich mit anderen bisher verwendeten oder sonst in Frage kommenden Systemen schuldig, die ohne tägliche Einbringung physischer Merkmale der Arbeitnehmer auskommen. Wenn in einer Mitteilung an die Arbeitnehmer anlässlich der Einführung des neuen Systems davon die Rede war, dass biometrische Systeme seit vielen Jahren „in Banken und Hochsicherheitsbereichen" eingesetzt werden, so ist dabei weder eine hilfreiche Parallele zu einem Krankenhaus erkennbar, noch drängt sich die Annahme auf, dass es in den genannten Bereichen nur um die Arbeitszeiterfassung geht.

Es ist selbstverständlich legitim, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeiten seiner Arbeitgeber kontrolliert und erfasst. Die Interessenwahrungspflicht der Arbeitnehmer gebietet sogar, den Arbeitgeber dabei zu unterstützen (zB durch Aufzeichnungen; Bedienung einer Stechuhr; Verwendung von Magnetkarten). Wie bereits ausgeführt, verlangt aber die Fürsorgepflicht vom Arbeitgeber, das für die Arbeitnehmer schonendste - noch zum Ziel führende - Kontrollmittel zu wählen. Das Provisorialverfahren ergab nun weder, dass dies auf das gegenständliche System zutrifft, noch dass die bereits mehrfach genannten „herkömmlichen Systeme" nicht zum Ziel führen können. Vielmehr bescheinigte der Kläger, dass die biometrische Vermessung der Arbeitnehmer samt dem täglich notwendigen Vergleich mit den vorher gewonnenen biometrischen Vorlagen durch die Bedienung von Fingerscannern in Relation zum angestrebten, vergleichsweise trivialen Ziel (Feststellung der Kommens- und Gehenszeiten der Arbeitnehmer) eine Intensität erreicht, die zufolge Berührung der Menschenwürde nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG zustimmungspflichtig ist (vgl Löschnigg, ASoK 2005, 37 [42]; Preiss aaO § 96 Erl 7 [S 139]; Reissner aaO § 96 ArbVG Rz 25 ua). Es kann hier weder davon die Rede sein, dass die Menschenwürde der Arbeitnehmer „überhaupt nicht" bzw „nicht einmal peripher tangiert" wird (RV 840 BlgNR 13. GP 84; Tomandl, ZAS 1982, 163 [166, 174]), noch dass die gegenständliche Kontrolleinrichtung mit der Menschenwürde „nichts zu tun" hat (Strasser aaO 528). Auf Grund der beträchtlichen Eingriffs- und Kontrollintensität der Abnahme und Verwaltung von Fingerabdrücken und darauf beruhender Templates wird - selbst wenn man die vom Beklagten vorgebrachten Sicherheitsmerkmale einschließlich der mangelnden Rückführbarkeit des Templates zum Original-Fingerabdruck zu seinen Gunsten berücksichtigt, womit sich auch die Vernehmung weiterer Zeugen erübrigte, - die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt. Der Beklagte verletzte daher durch die einseitige konsenslose Einführung und Anwendung eines Zeiterfassungssystems, das auf einem biometrischen Fingerscanning der Arbeitnehmer beruht, die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG. Die Kontrolleinrichtung ist daher rechtswidrig und unzulässig (vgl Tomandl, ZAS 1982, 163 [173]; Löschnigg, Arbeitsrecht10 106 ua).

Die aktive und passive Klagelegitimation der Parteien ist hier nicht weiter strittig. Es genügt daher bezüglich des Klägers der Hinweis, dass in Betrieben, in denen wie im vorliegenden Fall getrennte Betriebsräte für die Gruppen der Arbeiter und der Angestellten bestehen, die Gesamtheit der Mitglieder beider Betriebsräte zur Wahrnehmung gemeinsamer Angelegenheiten nach § 76 Abs 1 ArbVG den Betriebsausschuss bildet. Dieser ist gemäß § 53 Abs 1 ASGG parteifähig (Kuderna, ASGG² 339). Die der Arbeitnehmerschaft zustehenden Befugnisse werden nach § 113 Abs 1 ArbVG, soweit nicht anderes bestimmt ist, grundsätzlich durch Betriebsräte ausgeübt. In Betrieben, in denen jedoch ein Betriebsausschuss errichtet ist, werden von diesem die in § 113 Abs 2 ArbVG aufgezählten Befugnisse wahrgenommen. Dazu zählen ua der Abschluss, die Änderung und Aufhebung von Betriebsvereinbarungen, deren Geltungsbereich alle im Betriebsausschuss vertretenen Arbeitnehmergruppen erfasst (Z 4), und, soweit die Interessen aller im Betriebsausschuss vertretenen Arbeitnehmergruppen betroffen sind (Z 5), die Überwachung der Einhaltung der die Arbeitnehmer betreffenden Vorschriften (lit a) und das Recht auf Intervention (lit b).

Hinsichtlich des Beklagten ist auf § 1 Abs 1 lit e Tiroler Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-Gesetz, LGBl 1984/32, hinzuweisen. Danach obliegt die Erhaltung, die allfällige Erweiterung und der Betrieb für das Bezirkskrankenhaus S***** dem Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus S***** als Anstaltsträger.

Werden die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bzw des Betriebsausschusses verletzt, steht diesem ein Anspruch auf Unterlassung der mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zu (6 ObA 1/06z ua). Wenn der Gesetzgeber die Rechtswidrigkeit der Kontrollmaßnahmen mit der stärksten ihm zur Verfügung stehenden Sanktion, nämlich mit ihrer Unzulässigkeit belegt, dann muss dem Betriebsrat bzw dem Betriebsausschuss ein Unterlassungsanspruch eingeräumt werden (vgl Tomandl, ZAS 1982, 163 [173]; OLG Wien/ARD 4718/22/96 ua). Dieser Anspruch kann auch durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden. Nach § 381 EO können nämlich zur Sicherung „anderer Ansprüche" (als Geldforderungen) einstweilige Verfügungen erlassen werden, wenn andernfalls zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustands, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde (Z 1), oder wenn derartige Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen (Z 2).

Der Kläger hat sich in seinem Antrag vorsichtshalber auf beide Tatbestände des § 381 EO gestützt; hier zieht aber ohnehin bereits der Tatbestand nach der Z 1, sodass auf die vorgetragenen Erwägungen zu Z 2 leg cit nicht eingegangen werden muss. Der Beklagte hat durch die einseitige, nicht auf eine Betriebsvereinbarung mit dem Kläger gestützte Einführung und Aufnahme des Betriebs eines biometrischen Zeiterfassungssystems den bis zu dieser Einführung bestehenden Zustand verändert und in der Folge bekräftigt, an der neuen Maßnahme festhalten zu wollen. Ohne Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung würde die Verwirklichung des Mitbestimmungsrechts des Klägers während der Dauer des Prozesses weiterhin vereitelt werden. Der Kläger hat somit nicht nur seinen Anspruch auf Mitwirkung, sondern auch dessen Gefährdung hinreichend bescheinigt. Es ist zwar richtig, dass sich das Provisorialbegehren teilweise mit dem Ziel des Hauptbegehrens deckt; vorläufige Unterlassungsgebote, die keine unumkehrbare Sachlage schaffen, sind jedoch (auch) nach § 381 Z 1 EO möglich (Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, § 379 Rz 8 und § 381 Rz 5 mwN). Eine Erörterung von über die vereitelte Mitwirkung des Betriebsrats bzw Betriebsausschusses hinausgehenden dienstrechtlichen Nachteilen einzelner Arbeitnehmer ist nach der Lage des Falls entbehrlich.

Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers geht es nicht darum, eine „neue Technologie" oder „geradezu ideale" Kontrolleinrichtung zu verhindern, sondern die Mitwirkungsrechte der Belegschaftsvertretung zu sichern. Dem unbegründeten Revisionsrekurs des Beklagten muss ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO bzw § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.