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OGH vom 13.11.1997, 8ObA219/97g

OGH vom 13.11.1997, 8ObA219/97g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Notar Dr.Othmar Roniger und Erich Huhndorf als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen

1.) der klagenden Partei Gemeinsamer Betriebsrat des Betriebes Klagenfurt der Qu***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzende Rosemarie P*****, diese vertreten durch Dr.Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Q***** AG, *****, vertreten durch Dr.Franz Müller-Strobl und Dr.Robert Kugler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung nach § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert S 200.000,--) und

2.) der klagenden Partei Q***** AG, vertreten durch Dr.Franz Müller-Strobl und Dr.Robert Kugler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Gemeinsamer Betriebsrat des Betriebes Klagenfurt der Qu***** AG, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzende Rosemarie P*****, diese vertreten durch Dr.Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert S 100.001,--),

infolge Rekurses der klagenden und beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 311/96a-27, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cga 206/94v-23, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst wie folgt erkannt:

1.) Es wird festgestellt, daß die Arbeitnehmer der beklagten (und klagenden) Partei am Standort Klagenfurt über den hinaus Anspruch auf ein Mittagsmenü und zwar montags bis freitags und an langen Verkaufssamstagen auch samstags, gegen einen Kostenbeitrag von

S 20,--, haben.

2.) Es wird weiters festgestellt, daß kein einzelvertraglicher Rechtsanspruch der am Standort Klagenfurt beschäftigten Arbeitnehmer auf Aufrechterhaltung der Personalkantine in der bis bestandenen Form besteht.

3.) Die beklagte (und klagende) Partei ist schuldig, der klagenden (und beklagten) Partei die mit S 19.032,30 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 3.172,05 USt), die mit S 4.024,20 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 670,70 USt) und die mit S 4.830,-- bestimmten Kosten des Verfahrens 3. Instanz (darin S 805,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte (und klagende) Partei (im folgenden nur beklagte Partei genannt) betrieb das Kaufhaus Q***** in Klagenfurt und hatte in diesem Betrieb ca 130 Arbeitnehmer beschäftigt.

Es bestand ein gemeinsamer Betriebsrat für Arbeiter und Angestellte. Es sind des weiteren mehr als drei Arbeitnehmer von der Klage betroffen.

Die Personalkantine der Q*****, Betriebsstandort Klagenfurt, existiert seit der Eröffnung des Q***** Kaufhauses am . Mitarbeiter, Hilfskräfte oder pensionierte ehemalige Mitarbeiter konnten dort zu einem Preis von zuletzt S 20,-- ein warmes Mittagessen zu Mittag erhalten. Bei dem Ankauf einer Wochenkarte wurden zu den täglichen S 20,-- je Menü S 3,-- vom Betriebsrat zugeschossen. Weiters wurden Kaffee vor Dienstbeginn in der Früh, kleinere Imbisse und Getränke zwischen 9.00 Uhr und 10.00 Uhr sowie zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr angeboten. Die Mittagsmahlzeit stellte das Restaurant, bis 1994 eine Abteilung der beklagten Partei, zur Verfügung. Die beklagte Partei übernahm auch die sonstige organisatorische Tätigkeit. Die Begünstigung im Ausmaß von S 3,-- je Mittagsmenü beim Ankauf einer Wochenessenskarte wurde nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme gewährt. Die über den Betrag von S 20,-- hinausgehenden Kosten der Kantine wurden von der beklagten Partei gedeckt. Die für den Betrag der Kantine notwendigen Ressourcen, wie Kantinenkraft, Ersatzkraft, Räumlichkeiten und die Betriebskosten der Räumlichkeiten wurden von der beklagten Partei bereitgestellt und finanziert. Im Schnitt wurden täglich etwa 40 bis 50 Mittagessen konsumiert.

Zwischen 1971 und 1981 wurden die Angestellten aufgefordert, ausschließlich in der Kantine zu essen und nicht das im Geschäftshaus befindliche Restaurant zu benutzen. Erst nach diesem Zeitraum wurde den Angestellten nach und nach freigestellt, wo sie ihre Mahlzeiten einnehmen wollten.

Weiters wurden in der Personalkantine den Mitarbeitern kleinere Imbisse und Getränke zum begünstigten Bezug angeboten. Die Rohwaren für die angebotenen Imbisse wurden auf Rechnung des Betriebsrates vom Kaufhaus bezogen; diesem oblag auch die Preisgestaltung für diese Speisen und Getränke. Allfällige Einnahmeüberschüsse verblieben beim Betriebsrat.

Bei Einstellung jedes Mitarbeiters wurde - unter anderem - auf Vergünstigungen die auf Betriebsvereinbarungen basierten, hingewiesen. Die Bereitstellung des Mittagsmenüs um S 20,-- erfolgte nicht aufgrund einer Betriebsvereinbarung.

Die beklagte Partei gewährte als Äquivalent für ihre Betriebsküche in ihrer Zentrale in Linz den Mitarbeitern an den übrigen Betriebsstandorten aufgrund einer Betriebsvereinbarung einen Essenszuschuß. Da die Q***** Klagenfurt eine Kantine hatte, galt diese Betriebsvereinbarung hier nicht.

Der Betriebsleiter sowie der Betriebsrat machten jeden neuen Mitarbeiter auf die Vergünstigung des billigen Mittagessens aufmerksam und es wurde den neuen Mitarbeitern auch die Betriebskantine beim Betriebsrundgang während der Einstellung gezeigt. Es wurde jedoch niemals von der beklagten Partei darauf hingewiesen, daß diese Vergünstigungen freiwillig oder widerrufbar wären.

Ende April 1994 wurde das Restaurant ausgegliedert und von der B***** Restaurant GesmbH weitergeführt, die auch zum Q***** Konzern gehört.

Mit wurde das Quelle Kaufhaus an die Firma F.W. W***** übergeben und die Beklagte hat sich mit "Reise-Q*****, *****" rückeingemietet. Der Lebensmittelmarkt im Keller wurde an die Firma K***** übergeben.

Nach Übernahme des Großteils des Q*****-Betriebes in Klagenfurt durch W***** hat sich der Betriebsrat des Restes der Q***** in Klagenfurt mit dem Betriebsrat der Zentrale in Linz nicht zusammengeschlossen. Auch nach dem hat es weiterhin Betriebsrats-Aktivitäten in Klagenfurt gegeben, wie etwa zu Fragen der Arbeitszeit, Einstufung von Mitarbeitern und ähnlichem. Die Tätigkeit des Betriebsrates wurde unverändert wie vor der Übernahme eines Großteils des Betriebes der beklagten Partei in Klagenfurt durch W***** weiterhin durchgeführt. Die beklagte Partei schickte lediglich die Verständigungen nicht nur allein an den Betriebsrat in Klagenfurt, sondern auch an den Betriebsrat in Linz. Die Betriebsratstätigkeit in Klagenfurt selbst ist an W***** für den Rest der Q*****-Bediensteten nicht übergegangen. Es gab bisher auch keine konstituierende Sitzung bzw die Konstituierung eines neuen Betriebsrates für die Q*****-Betriebe in Österreich in Linz. Der Betriebsrat in Klagenfurt wird bis zum Ende der Periode im Jahr 1998 weiter bestehen.

Der klagende Betriebsrat begehrte die Feststellung, daß die Arbeitnehmer der beklagten Partei am Standort Klagenfurt über den hinaus Anspruch auf ein Mittagsmenü von montags bis freitags und an den langen Einkaufssamstagen auch samstags gegen einen Kostenbeitrag von S 20,-- haben. Er brachte dazu vor, daß das zu einem Kostenbeitrag von S 20,-- den Dienstnehmern gebotene Mittagsmenü als Sachbezug anzusehen sei, der durch die jahrelange Übung Bestandteil jedes einzelnen Dienstvertrages geworden sei und zum Arbeitslohn gehöre. Der Entzug dieser Leistung ab sei daher als unzulässige einseitige Vertragsänderung anzusehen. Die beklagte Partei habe niemals darauf hingewiesen, daß es sich um eine freiwillige und jederzeit widerrufliche Leistung handle. Da von der Rechtsfrage, ob die beklagte Partei verpflichtet sei, ihren Arbeitnehmern in Klagenfurt über den hinaus ein Mittagsmenü zu einem Kostenbeitrag von S 20,-- zu bieten, mehr als drei Arbeitnehmer betroffen seien, sei die Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG gerechtfertigt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte ihrerseits eine Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG des Inhalts ein, daß ein Rechtsanspruch der am Standort (AS 35) Klagenfurt beschäftigten Arbeitnehmer auf Aufrechterhaltung der Personalkantine nicht bestehe. Sie behauptet, daß es sich bei der Personalkantine um eine vom Arbeitgeber errichtete und von ihm überwiegend finanzierte Sozialeinrichtung handle, die als betriebliche Wohlfahrtseinrichtung im Sinne des § 95 ArbVG anzusehen sei. Ein individueller Rechtsanspruch auf Aufrechterhaltung dieser Sozialeinrichtung in der bis bestandenen Form sei nicht gegeben; aufgrund der Ausgliederung des Restaurants aus dem in Klagenfurt geführten Kaufhaus sei die Einstellung der Abgabe eines Mittagsmenüs zu einem Kostenbeitrag von S 20,-- notwendig und auch rechtmäßig gewesen.

Mit Wirkung vom sei es zu einer Veräußerung von Betriebsteilen in Klagenfurt gekommen. Die Bereiche Bekleidung und Hardware mit 74 Mitarbeitern seien an die F.W.W***** Co GmbH übertragen worden, der Bereich Supermarkt mit 32 Mitarbeitern sei an die K***** Handels GmbH verkauft worden. Bei der beklagten Partei seien lediglich die Bereiche Technik, Reisen und Schmuck mit insgesamt 23 Mitarbeitern verblieben. Diese Zerschlagung des Betriebes in drei Teile habe den Untergang des in Klagenfurt geführten Betriebes mit Wirkung vom herbeigeführt, weil der bei der beklagten Partei verbliebene Betriebsteil organisatorisch in den am Sitz in Linz bestehenden Betrieb eingegliedert worden sei und damit als selbständiger Betrieb zu bestehen aufgehört habe. Dadurch sei die Tätigkeitsdauer des klagenden Betriebsrates gemäß § 62 Z 1 ArbVG vorzeitig beendet worden. Für die 23 Arbeitnehmer des bei der beklagten Partei verbliebenen Betriebsteiles - es handle sich dabei ausschließlich um Angestellte - sei daher nunmehr der für den Betrieb in Linz gewählte Angestelltenbetriebsrat zuständig. Im Hinblick auf diese Eingliederung werde hinsichtlich des von der Q***** AG eingeleiteten Verfahren ein Parteiwechsel angezeigt und hinsichtlich des vom Betriebsrat geführten Verfahrens nunmehr die fehlende Klagslegitimation eingewendet.

Der klagende Betriebsrat verwies zur behaupteten mangelnden aktiven Klagslegitimation auf § 62a ArbVG, wonach der Betriebsrat auch dann noch Prozeßpartei sei, wenn dessen Tätigkeit während des gerichtlichen Verfahrens nach § 62 Z 1 ArbVG ende.

Das Erstgericht gab - im zweiten Rechtsgang - dem Klagebegehren des klagenden Betriebsrates (erneut) statt und wies das Klagebegehren der beklagten Partei ab.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei weder ein einheitlicher (neuer) Betriebsrat für den Klagenfurter Betriebsteil und den Linzer Betrieb zustandegekommen, noch habe ein neuer Betriebsrat seine Tätigkeit (ergänze: in Klagenfurt) aufgenommen, weshalb die Prozeßlegitimation des klagenden Betriebsrates noch gegeben sei. Die Kantine sei eine Wohlfahrtseinrichtung im Sinne des § 95 ArbVG; die Auflösung einer solchen Wohlfahrtseinrichtung unterliege im Rahmen des § 95 Abs 3 ArbVG dem Ermessen des Betriebsinhabers. Die Personalkantine sei zwar von der beklagten Partei errichtet worden, jedoch werde von den Arbeitnehmern durch die Bezahlung des Kostenbeitrages für das Mittagsmenü ein erheblicher Anteil des Aufwandes getragen. Wenn aber die Arbeitnehmer zum Errichtungs- und Erhaltungsaufwand der Wohlfahrtseinrichtung in erheblichem Ausmaß beigetragen hätten, sei die Auflösung nur unter Abwägung der Arbeitnehmerinteressen und der Interessen des Betriebes gerechtfertigt. Diese Interessenabwägung falle zu ungunsten der beklagten Partei aus. Überdies sei die Sozialleistung durch die jahrelange vorbehaltlose Gewährung schlüssig Bestandteil der Einzelarbeitsverträge geworden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages Folge und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund (der mangelnden Partei- und Prozeßfähigkeit der klagenden Partei) liege nicht vor, weil die Verfahrensergebnisse und Feststellungen noch immer nicht ausreichten, um über die Sachlegitimation des klagenden Betriebsrates abschließend urteilen zu können. Dieser Umstand stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Es sei zwar im zweiten Rechtsgang festgestellt worden, daß Teile des Klagenfurter Betriebes ausgegliedert wurden und ein einheitlicher Betriebsrat des Restbetriebes Klagenfurt und des Linzer Betriebes der beklagten Partei sich nicht konstituiert habe, aber nicht, ob und wie es zu dem von der beklagten Partei behaupteten Zusammenschluß des Restbetriebes in Klagenfurt mit dem in Linz geführten Betrieb gekommen sei. Der Zusammenschluß von Betrieben könne so erfolgen, daß ein neuer Betrieb entstehe oder - wie die beklagte Partei behaupte - ein Betrieb von einem anderen aufgenommen werde. Im Falle des Entstehens eines neuen Betriebes verlören beide Betriebe ihre bisherige Betriebseigenschaft. Nach der früheren Rechtslage hätte dies zur Folge, daß die Funktionsdauer beider Betriebsräte beendet werde. Diese für die Belegschaft mißliche Folge verhindere § 62 c Abs 1 ArbVG für die Höchstdauer von einem Jahr durch die Bildung eines einheitlichen Betriebsrates, welcher sich allerdings erst konstiuieren müsse. Bis dahin fehle es an einer handlungsfähigen Vertretung. Im Falle eines anhängigen Verfahrens komme es dann nach § 62 a ArbVG zu einer Verlängerung der Partei- und Prozeßfähigkeit des Betriebsrates bis zu dessen Abschluß, längstens jedoch bis zur Konstituierung eines neuen Betriebsrates. Ob ein Zusammenschluß durch Neubildung oder durch Aufnahme vorliege, könne nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Im Falle der Aufnahme bestehe kein Raum für die Anwendung des § 62 a ArbVG, weil die Interessen der Belegschaft durch den Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes vertreten würden. Träger von Rechten und Pflichten der Betriebsverfassung sei auf Arbeitnehmerseite das Kollektiv der Arbeitnehmerschaft. Die Arbeitnehmerschaft erhalte durch § 40 ArbVG Teilrechtsfähigkeit. Handlungsfähig sei die Arbeitnehmerschaft - so wie juristische Personen oder Personenmehrheiten - durch Vertretungsorgane. Die Organe der Arbeitnehmerschaft übten die Befugnisse nach der Arbeitsverfassung als Vertreter und im Interesse der Belegschaft aus. § 53 Abs 1 ASGG regle einen Fall der gesetzlichen Prozeßstandschaft. Der Betriebsrat sei der gesetzliche direkte Vertreter der Belegschaft. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei sei auch bei Feststellung der Aufnahme des Klagenfurter Restbetriebes in den Linzer Betrieb nicht von einem Parteiwechsel auszugehen, weil der klagende Betriebsrat nur gesetzlicher Vertreter der Arbeitnehmerschaft des Restbetriebes Klagenfurt sei. Daher wäre allenfalls nach § 235 Abs 5 ZPO die Parteibezeichnung zu berichtigen und das Verfahren mit dem nunmehr zuständigen Vertretungsorgan (dem Angestelltenbetriebsrat des Linzer Betriebes) aufzunehmen. Erst nach Klärung der aufgezeigten Frage der gesetzlichen Vertretung könne auf die materiellen Klagsansprüche eingegangen werden. Es sei aber schon jetzt darauf zu verweisen, daß der klagende Betriebsrat keinen Anfechtungsanspruch betreffend die Wohlfahrtseinrichtung der Werkskantine nach § 95 Abs 3 ArbVG geltend mache; es sei die Vier-Wochenfrist nach Auflassung vor Einbringung der Klage verstrichen. Vielmehr werde ein individualrechtlicher Anspruch der Arbeitnehmer aus der uneingeschränkten Gewährung des Essenszuschusses behauptet.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil die Frage der Folgen einer Eingliederung eines Betriebes in einen anderen und die damit verbundene Zuständigkeit des Betriebsrates des aufnehmenden Betriebes für die Belegschaft des aufgenommenen Betriebes auf die Prozeß- und Parteifähigkeit des Betriebsrates des Restbetriebes einer höchstgerichtlichen Stellungnahme bedürfe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, ihn abzuändern und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben und in der Hauptsache zu entscheiden und das Klagebegehren des klagenden Betriebsrates abzuweisen und dem der beklagten Partei stattzugeben.

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Einwand der beklagten Partei, daß der Klagenfurter Betrieb vom Linzer Betrieb aufgenommen worden sei, ohne daß ein neuer Betrieb entstanden wäre, so daß nicht ein gemeinsamer Betriebsrat, sondern der Betriebsrat des Linzer Betriebes zuständig sei, ist zu erwidern:

Abgesehen davon, daß schon aufgrund der räumlichen Trennung und der Erbringung von eigenständigen geldwerten Vertriebsleistungen durch den der beklagten Partei verbliebenen Betriebsteil in Klagenfurt eher davon auszugehen ist, daß ihm Betriebseigenschaft nach § 34 Abs 1 ArbVG zuzubilligen ist (DRdA 1996/22 [zustimmend Runggaldier]), wird der von der beklagten Partei ins Treffen geführte Verlust der Betriebsidentität durch Aufnahme in einen anderen Betrieb von der herrschenden Ansicht als dauernde Einstellung des Betriebes im Sinne des § 62 Z 1 ArbVG gewertet (Grillberger, Betriebs(teil)übergang und Belegschaftsvertretung 27 ff [38] in Tomandl, Der Betriebs(teil)übergang im Arbeitsrecht; Floretta in Handkomm ArbVG 348 f; Haas-Laßnigg in Cerny ua Arbeitsverfassungsrecht 2, 307; Runggaldier, Betriebsvereinbarungen und Betriebsratsorganiation bei Umstrukturierungen, RdW 1992, 212), so daß die Verlängerung der Partei- und Prozeßfähigkeit des Betriebsrates gemäß § 62 a ArbVG auch in diesem Fall zum Tragen kommt.

§ 62 a ArbVG ist eine verfahrensrechtliche Bestimmung zur Ergänzung der Regelung des § 53 Abs 1 ASGG, wonach die Beendigung der Tätigkeitsdauer gemäß § 62 Z 1 und 2 ArbVG während eines Verfahrens vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bis zum Abschluß dieses Verfahrens den Weiterbestand der Partei- und Prozeßfähigkeit des Betriebsrates nicht beeinträchtigt, längstens bis zur Konstituierung eines neues Betriebsrates. Während die §§ 62 b und 62 c ArbVG sich auf organisatorische Änderungen von Betrieben, Betriebsteilen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Belegschaftsvertretung beziehen, regelt § 62 a ArbVG nur die Partei- und Prozeßfähigkeit während eines Verfahrens in der Weise, daß das damit andernfalls verbundene Prozeßhindernis der fehlenden (im Sinn von wegfallenden) Partei- oder Prozeßfähigkeit keinesfalls den Verfahrensausgang beeinträchtigen soll, soferne die Partei- und Prozeßfähigkeit am Anfang des Verfahrens bestand. Damit wird in Abkehr von § 406 erster Satz ZPO nicht auf den Schluß der Verhandlung in erster Instanz abgestellt, sondern in einer § 29 JN (perpetuatio fori) vergleichbaren Weise, auf den Beginn des Verfahrens. Dies entspricht strukturell der Ergänzung des § 54 Abs 1 ASGG durch die ASGG-Novelle 1994, wonach die Verringerung der betroffenen Arbeitnehmer nach Streitanhängigkeit nicht mehr zur Abweisung des ansonsten berechtigten Feststellungsbegehrens führt, wenn die besondere Form des Feststellungsinteresses zwar zu Beginn des Verfahrens, nicht mehr aber zu dem gemäß § 406 ZPO (bzw § 63 ASGG) maßgeblichen Zeitpunkt gegeben war (vgl Feitzinger-Tades, ASGG2, Anm 7 b zu § 54; Kuderna, ASGG2 351 f).

Es ist daher - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - unerheblich, ob der Restbetrieb oder Betriebsteil in Klagenfurt durch Neubildung oder Aufnahme untergegangen ist; solange nicht - wie festgestellt - ein neuer Betriebsrat sich konstituiert hat, der für den Zuständigkeitsbereich des klagenden Betriebsrates zuständig wurde, kommt dem früheren Betriebsrat gemäß § 62 a ArbVG noch die Partei- und Prozeßfähigkeit (bis zum Ende der Funktionsperiode) zu. Zur Frage der sonstigen Befugnisse des klagenden Betriebsrates im Sinne der §§ 89 ff ArbVG braucht hier nicht Stellung genommen zu werden.

Somit ist, solange nicht ein neuer Betriebsrat konstituiert wurde, der funktionell den Wirkungsbereich des bei Einleitung des Verfahrens bestehenden Betriebsrates umfaßt, vom Fortbestand der Partei- und Prozeßfähigkeit (bis zum Ablauf der Tätigkeitsdauer gemäß § 61 Abs 1 ArbVG) auszugehen, zumal § 62 Z 2 ArbVG den Eintritt der dauernden Funktionsunfähigkeit nur beispielsweise regelt. Der vom Berufungsgericht als notwendig erachteten Ergänzungen des Beweisverfahrens bedarf es daher nicht.

2.) Da die zur Beurteilung der materiellen Berechtigung der erhobenen Feststellungsbegehren erforderlichen Feststellungen getroffen wurden, kann gemäß § 519 Abs 2 ZPO bereits in der Sache selbst erkannt werden.

Die Gewährung eines Mittagessens gegen einen Beitrag von 20 S ist eine vom Bestehen der Wohlfahrtseinrichtung "Personalkantine" unabhängige individuelle Sachleistung des Arbeitgebers (vgl Arb 10.980), zumal sie von der beklagten Partei nicht nur in der Personalkantine, sondern auch im allgemein zugänglichen Restaurant erbracht wurde und die einzelnen Arbeitnehmer bei Vertragsabschluß auf die Möglichkeit des verbilligten Essensbezuges ausdrücklich hingewiesen wurden (siehe Eypeltauer, Die Mitwirkung des Betriebsrates an betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen, DRdA 1986, 102 ff und 194 ff [201]). Der Arbeitgeber kann, wie Eypeltauer (aaO 201) und Mosler (in der Besprechung der Entscheidung DRdA 1991/38) zutreffend ausführen, seine Verpflichtung auch dann erfüllen, wenn er die Kantine zusperrt und die Leistungsgewährung anders organisiert. So könnte die beklagte Partei durch Vereinbarungen mit nahegelegenen Gaststätten, insbesondere mit dem ohnehin vom Q*****-Konzern betriebenen Restaurant, die bisher gewährte Sachleistung auch gegenüber einzelnen Arbeitnehmern aufrechterhalten. Der Zuschuß zum Mittagessen ist anders als etwa der Gegenstand der Entscheidung DRdA 1997/4 bildende Zuschuß zu Theater- und Konzertabonnements nicht eine nur ganz lose mit der Arbeitsleistung zusammenhängende "entgeltferne" oder besser "verpflichtungsferne" (siehe Eypeltauer in der Besprechung dieser Entscheidung), aufgrund konkludenter Vertragsergänzung gewährte Begünstigung, bei der ein ausdrücklicher Widerrufsvorbehalt nicht zu fordern ist, sondern wurde vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung erbracht und nicht nur durch bloße Gewährung, sondern auch durch ausdrücklichen Hinweis durch den Betriebsleiter bei Begründung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses Vertragsinhalt.

Dem Klagebegehren des Betriebsrates ist daher stattzugeben (siehe Punkt 1 des Spruches).

3.) Für eine betriebliche Wohlfahrtseinrichtung im Sinne des § 95 ArbVG ist unter anderem maßgeblich, daß es sich um Leistungen handelt, die an die Gesamtheit der Belegschaft zufolge des kollektiven Bezuges gerichtet sind, unabhängig davon, welches einzelne Belegschaftsmitglied die Leistungen jeweils in Anspruch nimmt (vgl Werksbus - RdW 1989, 312; Betriebszahnarzt - RdW 1991, 153 = DRdA 1991/38, 314 [Mosler]; Sozialtarife mit der Möglichkeit zur Inanspruchnahme derselben auch durch Nichtarbeitnehmer - Arb 11.171 = DRdA 1995/5, 39 [ablehnend Eypeltauer]). Die Personalkantine, die von der beklagten Partei zur Verfügung gestellt wurde, ist eine solche Wohlfahrtseinrichtung, deren Aufrechterhaltung unter Beschäftigung einer Kantinenkraft sowie einer Ersatzkraft für einen einzelnen Arbeitnehmer nicht sinnvoll wäre. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Aufrechterhaltung der Personalkantine, insbesondere auf Aufrechterhaltung der Abgabe eines verbilligten Mittagsmenüs in der Personalkantine ist daher zu verneinen. Nach der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie (Rechberger in Rechberger ZPO vor § 226 Rz 15; 9 ObA 143/95; 9 ObA 2025/96a) ist nicht nur auf den formellen Urteilsantrag, sondern auch auf die Klagserzählung Bedacht zu nehmen. Danach strebt die beklagte Partei nur die Feststellung an, daß ein Individualanspruch der am Standort Klagenfurt beschäftigten Arbeitnehmer auf Aufrechterhaltung der Personalkantine in der bis bestandenen Form nicht bestehe. Das Klagebegehren war diesem von der beklagten Partei nach der Klagserzählung verfolgten Rechtsschutzziel von amtswegen anzupassen (9 ObA 173/88; Arb 11.190; Arb 11.272; 8 ObA 232/94; 8 ObA 310/94; zuletzt 2 Ob 35/94).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Wegen der ungleichen Bewertung der verbundenen Begehren und der Zusammenrechnung gemäß § 12 RATG sind die bis zur Prozeßverbindung aufgelaufenen Verfahrenskosten auf der jeweiligen Bemessungsgrundlage gegeneinander aufzurechnen. Danach gebührt dem klagenden Betriebsrat rund ein Drittel der Kosten auf Basis der zusammengerechneten Streitwerte.