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OGH vom 01.04.2009, 9ObA10/09z

OGH vom 01.04.2009, 9ObA10/09z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Irene Kienzl und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Herbert E*****, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T***** Bankaktiengesellschaft *****, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 21.359,83 EUR brutto abzüglich 7.737,89 EUR netto und Feststellung (Streitwert 30.000 EUR; Gesamtstreitwert 43.621,94 EUR; Revisionsinteresse 43.418,42 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 85/08z-20, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 47 Cga 163/07i-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.978,60 EUR (darin 329,77 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Das Arbeitsverhältnis des am geborenen Klägers als Zweigstellenleiter „zur besonderen Verwendung" der Beklagten wurde per einvernehmlich aufgelöst. Seither bezieht der Kläger von der Beklagten aufgrund einer Betriebsvereinbarung (BV) eine betriebliche Pension von 3.286,14 EUR brutto monatlich als Gesamtpension. Im Jahr 2005 prüfte die Pensionsversicherungsanstalt über Ersuchen des Klägers, ob und zu welchen Zeitpunkten die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alterspension erfüllt sind. Mit Schreiben vom teilte sie dem Kläger mit, dass die Voraussetzungen für eine Alterspension (Korridorpension) gemäß § 4 Abs 2 APG nach Vollendung des 62. Lebensjahrs zum Stichtag erfüllt sind, wenn der Kläger noch drei Versicherungsmonate erwirbt; für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 253b ASVG seien die Voraussetzungen nach Vollendung des 751. Lebensmonats (62 Jahre und 7 Monate) erst zum Stichtag erfüllt, für eine Alterspension gemäß § 253 ASVG nach Vollendung des 65. Lebensjahrs zum Stichtag . Mit Schreiben vom , das dem Kläger am persönlich zugestellt wurde, wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er mit Stichtag die Voraussetzungen für eine Korridorpension gemäß § 4 Abs 2 APG erfülle, wenn noch drei Versicherungsmonate erworben werden. Der Kläger möge daher bis zum einen Antrag auf freiwillige Pensionsversicherung stellen, damit noch drei Versicherungsmonate erworben werden können; die Beklagte übernehme dafür die Kosten. Bis zum möge der Kläger dann die Korridorpension beantragen. Zur Vermeidung eines finanziellen Schadens werde auf § 76 Abs 2 und 3 BV hingewiesen. Der Kläger ließ diese Fristen ungenutzt verstreichen; er erwarb weder die fehlenden Versicherungsmonate noch beantragte er eine Korridorpension. Seit Oktober 2007 bringt die Beklagte an den Kläger unter Einrechnung einer fiktiven Korridorpension nur mehr eine monatliche Betriebspension von 1.188,98 EUR zur Auszahlung.

Der Kläger begehrt nach mehrfacher Ausdehnung des Klagebegehrens zuletzt Zahlung des Betrags von 21.359,83 EUR brutto abzüglich 7.737,89 EUR netto sA, den die Beklagte im Zeitraum Oktober 2007 bis März 2008 zu Unrecht als fiktive Korridorpension von der ihm gebührenden monatlichen Betriebspension einbehalten habe. Weiters begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte über den hinaus verpflichtet sei, die dem Kläger zustehenden Pensionsleistungen ohne Einrechnung einer ab fiktiv unterstellten Korridorpension zu erbringen. Die anzuwendende Betriebsvereinbarung verpflichte den Kläger nicht, die erstmögliche Form der Alterspension zu beantragen. Auch eine Bank könne insolvent werden; in diesem Fall würde der Kläger auf die gegenüber der Regelpension geringere Korridorpension zurückfallen. Der Betriebsvereinbarung könne nicht unterstellt werden, dass sie dem Arbeitnehmer die sozialversicherungsrechtliche Gestaltung, noch dazu zu seinem Nachteil, abnehme. Die Betriebsvereinbarung stelle auf Pensionsleistungen, nicht auf bloße Anwartschaften ab.

Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren, beantragt die Klageabweisung und wendet ein, dass der Kläger gemäß § 76 BV verpflichtet sei, sich alle gesetzlichen Pensionsansprüche anrechnen zu lassen, für eine rechtzeitige Beantragung und ordnungsgemäße Durchführung der Versicherung zu sorgen und sich allfällige Versäumnisse dabei anrechnen zu lassen. Der Kläger habe es trotz Aufforderung der Beklagten verabsäumt, auf deren Kosten drei Versicherungsmonate nachzukaufen und die Korridorpension zu beantragen. Das vom Kläger angesprochene Insolvenzrisiko der Beklagten existiere nur theoretisch, weil im Sparkassensektor ein österreichweiter Haftungsverbund bestehe. Die Position des Klägers sei willkürlich, seine Klage sei mutwillig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren bis auf den geringfügigen Zuspruch von jeweils 33,92 EUR brutto sA für die Monate November 2007 bis April 2008 ab. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen führte es in rechtlicher Hinsicht aus, dass die Beklagte gemäß § 76 BV berechtigt sei, Differenzbeträge, die aufgrund nicht ordnungsgemäßer Durchführung der gesetzlichen Pensionsversicherung entstehen, von der Betriebspension in Abzug zu bringen. Richtig sei, dass vom Kläger nicht erwartet werden könne, ein nachteiliges Pensionsmodell zu wählen, wenn die Beklagte kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehe. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Der Kläger habe keine Anhaltspunkte für eine derartige Annahme nennen können. Ihm wären bei Antritt der Korridorpension keine Nachteile erwachsen; es hätte sich nur um eine Formalität gehandelt. Der Kläger sei trotz Aufforderung der Beklagten untätig geblieben, obwohl er wissen konnte, dass seine Vorgangsweise zu finanziellen Einbußen der Beklagten führe. Hätte er tatsächlich ein Insolvenzrisiko der Beklagten gesehen, wäre es an ihm gelegen, sich mit der Beklagten ins Einvernehmen zu setzen. Seine völlige Untätigkeit stelle eine Sorgfaltswidrigkeit dar.

Das Berufungsgericht verwarf die gegen den klagestattgebenden Teil des Ersturteils erhobene Berufung des Klägers wegen Nichtigkeit, gab ihr im Übrigen nicht Folge und bestätigte das Ersturteil, und zwar hinsichtlich des Zahlungsbegehrens mit der berichtigenden Maßgabe, dass es im stattgebenden Teil auf 203,52 EUR brutto sA, im abweisenden Teil auf 21.156,31 EUR brutto abzüglich 7.737,89 EUR netto sA zu lauten habe. Die Revision wurde vom Berufungsgericht gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig erklärt. § 76 Abs 3 BV sei so auszulegen, dass den Kläger die Verpflichtung getroffen habe, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Korridorpension zu schaffen. Seine Weigerung widerspreche dem Zweck der Regelung. Die Beklagte sei daher berechtigt, den fiktiv erworbenen Korridorpensionsanspruch des Klägers in die Betriebspension einzurechnen und nur den Differenzbetrag auszuzahlen.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Gesamtpensionssysteme sind dadurch charakterisiert, dass der Arbeitgeber einen in der Regel von der Dauer der Dienstzeit und der Höhe des Entgelts abhängigen Betrag als „Gesamtpension" zusichert, von diesem Betrag aber bestimmte Versorgungsleistungen in Abzug bringt, die der Arbeitnehmer von Dritten erhält. Eingerechnet werden insbesondere Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung. Inwieweit diese eingerechnet werden, ist in der Leistungszusage, das heißt im Einzelvertrag oder in den Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, aus denen die Leistungszusage erfließt, zu regeln. Dass Betriebsvereinbarungen über betriebliche Pensionsleistungen abgeschlossen werden können, folgt aus § 97 Z 18 ArbVG. Einrechnungsbestimmungen sind dabei ein typischer Regelungspunkt (Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 244 ua). Die Parteien haben einen weitreichenden Gestaltungsspielraum; sie bestimmen, wie die betriebliche Pension zu berechnen ist. Die Einrechnung der Sozialversicherungspension verstößt grundsätzlich weder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 16 BPG) noch gegen die guten Sitten. Auch fiktive Versorgungsleistungen dürfen nach allgemeinem Verständnis eingerechnet werden, wenn zB ein möglicher Pensionsanspruch vom Arbeitnehmer nicht beantragt wird (vgl Kubka, Betriebsvereinbarungen über Firmenpensionen, SozSi 1984, 270 [276]; Pobenberger in Runggaldier/Steindl, Handbuch zur betrieblichen Altersversorgung 227 [230, 234]; Schrammel, BPG 173 f, 176 f; 4 Ob 111/59, SozM I A/e, 375 ua).

Im vorliegenden Fall bezieht der Kläger die Betriebspension der Beklagten aufgrund einer Betriebsvereinbarung. Dass die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien auf einer Vereinbarung beruht, in der hinsichtlich der Betriebspension die bestehende Betriebsvereinbarung „zugrundegelegt" wurde, ändert nichts an der kollektivrechtlichen Grundlage des Anspruchs des Klägers auf eine betriebliche Pension (vgl 8 ObA 20/06h; 9 ObA 130/07v ua). § 76 BV regelt - nahezu wortident mit der gleichnamigen Bestimmung des § 76 Sparkassenkollektivvertrag - die „Einrechnung gesetzlicher Leistungen" wie folgt:

„(1) In die in der Pensionsordnung zugesicherten Ruhe- und Versorgungsgenüsse werden unter Berücksichtigung nachstehender Ausnahmen alle Leistungen eingerechnet, die der Angestellte bei ordnungsgemäßer Versicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung bis zum Tage seines Ausscheidens aus den Diensten der Sparkasse erworben hat. Hievon ausgenommen sind solche Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, auf die der Angestellte durch Dienstleistungen bei einem anderen Dienstgeber Anspruch erworben hat, soferne diese Dienstzeiten nach dem vollendeten 20. Lebensjahr abgeleistet und bei Festlegung der pensionsanrechenbaren Sparkassendienstzeit nicht angerechnet wurden. Von der Einrechnung ausgenommen sind auch ASVG-Versicherungsmonate aus auf eigene Kosten eingekauften Schul- und Studienzeiten.

In diesem Fall erfolgt eine Aliquotierung der gesetzlichen Pension zwischen dem Pensionsempfänger und der Sparkasse, jedoch darf hiebei das sich aus § 91 Abs 6 ergebende Prozentausmaß der Pension nicht überschritten werden. Findet § 91 Abs 6 keine Anwendung, dürfen 85 % der Pensionsbemessungsgrundlage gemäß § 90 nicht überschritten werden (Kürzungsklausel).

Werden laufend wiederkehrende Zulagen (ausgenommen Haushalts- und Kinderzulage) zwar in der Bemessungsgrundlage der gesetzlichen Pension, nicht aber in der Pensionsbemessungsgrundlage gemäß § 90 berücksichtigt, so werden die diesen Zulagen entsprechenden Teile der gesetzlichen Pension nicht in die Sparkassenpension eingerechnet. Ausgleichszulagen, Pflegegeldzuschüsse und besondere Steigerungsbeträge, welche aus einer freiwilligen Höherversicherung in der Pensionsversicherung und Beiträge in der Pensionsversicherung bei mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen anfallen, werden in die von der Sparkasse einzubehaltende gesetzliche Pension nicht eingerechnet.

(2) Wenn eine gemäß Abs 1 einrechenbare gesetzliche Leistung wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung der Versicherung, mangels Geltendmachung oder aus einem sonstigen beim Anspruchsberechtigten gelegenen Grund nicht, in einem geringeren Ausmaß oder verspätet anfällt, gänzlich oder teilweise eingestellt, entzogen oder gekürzt wird oder ruht, kann die Sparkasse gleichwohl den vollen Betrag der sonst gebührenden Leistung einrechnen.

(3) Tritt ein Angestellter vor Anfall einer gesetzlichen Pension in den Ruhestand, so hat er das Versicherungsverhältnis nachweislich derart aufrecht zu erhalten, dass die Anwartschaft aus dieser Versicherung in Höhe der zuletzt bestandenen Beitragsgrundlage bis zum Anfall der gesetzlichen Pension gewahrt bleibt, wobei die Sparkasse die zu entrichtenden Beiträge bezahlt. Der aus diesen Zeiten resultierende Leistungsanspruch aus der gesetzlichen Pensionsversicherung verbleibt der Sparkasse.

(4) Bei Anfall einer Berufsunfähigkeitspension wird, wenn der Pensionsempfänger weniger als zwanzig pensionsanrechenbare Sparkassendienstjahre zurückgelegt und auch keine zwanzig Versicherungsjahre in der gesetzlichen Pensionsversicherung aufzuweisen hat, die gesamte gesetzliche Berufsunfähigkeitspension in die Sparkassenleistung eingerechnet. Ansonsten wird im Verhältnis pensionsanrechenbare Sparkassendienstzeit zu Versicherungszeit in der gesetzlichen Pensionsversicherung die Berufsunfähigkeitspension zwischen Sparkasse und Pensionsempfänger aliquotiert. Der vorletzte und letzte Satz des Abs 1 ist zu berücksichtigen.

(5) Bei Anfall einer Dienstunfallspension wird die gesamte gesetzliche Pension aus der Pensions- und Unfallversicherung in die Sparkassenpension eingerechnet. Der vorletzte und letzte Satz des Abs 1 ist zu berücksichtigen.

(6) Die Sparkasse bringt lediglich den Unterschiedsbetrag zwischen der von ihr zugesicherten Leistung und der einrechenbaren gesetzlichen Pension zur Auszahlung."

Bei der Auslegung dieser Bestimmung ist zu beachten, dass bei der Auslegung des normativen Teils von Betriebsvereinbarungen - wie bei der Auslegung des normativen Teils von Kollektivverträgen - dieselben Regeln wie bei der Auslegung von Gesetzen zur Anwendung kommen. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass die anhand der §§ 6 und 7 ABGB von Lehre und Rechtsprechung entwickelten methodologischen Auslegungsregeln anzuwenden sind (Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 2 Rz 57 und § 29 Rz 16, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0010088, RS0050963 ua). Die Auslegung einer gesetzlichen oder kollektiven Bestimmung hat nach den Verhältnissen zu erfolgen, wie sie im Zeitpunkt ihrer Anwendung bestehen (vgl RIS-Justiz RS0008874 ua).

Die gegenständliche Betriebsvereinbarung spricht in § 76 Abs 1 ganz allgemein von „Leistungen [?], die der Angestellte bei ordnungsgemäßer Versicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung bis zum Tage seines Ausscheidens aus den Diensten der Sparkasse erworben hat". Diese Formulierung kann nur so verstanden werden, dass alle Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung erfasst werden. Auch die „Korridorpension" gemäß § 4 Abs 2 Allgemeines Pensionsgesetz (APG) ist eine Leistung der gesetzlichen Pensionsversicherung. Sie wurde mit der Pensionsreform 2004 (Pensionsharmonisierungsgesetz BGBl I 2004/142) eingeführt und ermöglicht sowohl Männern als auch Frauen einen Pensionsantritt mit 62 Jahren (Pinggera/Pöltner/Stefanits, Das neue Pensionsrecht Rz 139 ff; 9 ObA 40/07h; 9 ObA 52/07y; 9 ObA 62/07v ua). Die Bezeichnung „Korridorpension" rührt daher, dass der Versicherte nach dem Erwerb von 450 Versicherungsmonaten diese Pensionsart in einem „Korridor" von 62 bis 65 Jahren antreten kann, dabei allerdings einen Abschlag von 0,35 % für jeden Monat des früheren (vor dem Regelpensionsalter) Pensionsantritts hinnehmen muss (§ 5 Abs 2 APG). Das entspricht einem jährlichen Abschlag von 4,2 % bzw von 12,6 % für drei Jahre (Teschner in Tomandl, Sozialversicherungssystem 367; Pinggera/Pöltner/Stefanits, Das neue Pensionsrecht Rz 155 ua). Wäre es den Betriebsvereinbarungsparteien bloß um die Einrechnung der Regelalterspension gemäß § 253 ASVG gegangen, hätte keine Notwendigkeit bestanden, in § 76 Abs 1 BV - neben der gesetzlichen Berufsunfähigkeitspension in § 76 Abs 4 BV und der gesetzlichen „Pension" in der Unfallversicherung in § 76 Abs 5 BV - nur allgemein von „Leistungen" der gesetzlichen Pensionsversicherung zu sprechen. Nähme man die Korridorpension von den einzurechnenden Leistungen aus, dann würde der ehemalige Angestellte zusätzlich zur betrieblichen Gesamtpension auch noch die Korridorpension erhalten. Dass Derartiges aus der gegenständlichen Betriebsvereinbarung folgen soll, behauptet auch der Revisionswerber nicht.

Im Revisionsverfahren geht es um die Frage, ob der Nichtantritt der Korridorpension durch den Kläger zum die Beklagte gemäß § 76 Abs 2 BV dazu berechtigt, die „fiktive" Korridorpension in die Betriebspension einzurechnen. Der Revisionswerber meint, dass nur tatsächlich empfangene Leistungen und nicht bloße „Anwartschaften" eingerechnet werden dürfen. Auch er muss allerdings einräumen, dass dies nicht gelten kann, wenn vom Betriebspensionsbezieher nicht einmal die Regelalterspension beantragt wird. Im Übrigen lässt der Revisionswerber § 76 Abs 2 BV unbeachtet. Darin wird klargestellt, dass nicht nur tatsächlich bezogene Leistungen der gesetzlichen Pensionsversicherung einzurechnen sind (§ 76 Abs 1 BV), sondern auch nicht bezogene Leistungen, die dem ehemaligen Angestellten aber gebühren würden, wenn ihr Anfall nicht mangels Geltendmachung oder aus einem sonstigen beim Anspruchsberechtigten gelegenen Grund entfallen wäre.

Zu Recht gingen die Vorinstanzen davon aus, dass die vorstehenden Voraussetzungen des § 76 Abs 2 BV auch auf die vom Kläger nicht beantragte Korridorpension zutreffen. Aufgrund der Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt vom steht nämlich fest, dass dem Kläger die Korridorpension gewährt worden wäre, wenn er gemäß Aufforderung der Beklagten auf deren Kosten drei weitere Versicherungsmonate (im Wege einer freiwilligen Weiterversicherung) erworben und beim Pensionsversicherungsträger rechtzeitig einen entsprechenden Antrag gestellt hätte. Der Revisionswerber vertritt nun die Auffassung, dass die Einrechnungsbestimmung des § 76 BV nicht schon bei der „erstbesten" Form der gesetzlichen Alterspension zur Anwendung komme, wenn der Betriebspensionsbezieher mehrere Formen der gesetzlichen Alterspension zur Auswahl habe. Richtig ist, dass im Fall des Klägers drei Möglichkeiten bestehen bzw bestanden haben, und zwar die Korridorpension gemäß § 4 Abs 2 APG zum Stichtag , die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 253b ASVG zum Stichtag und die Alterspension gemäß § 253 ASVG zum Stichtag . Der Kläger ließ die Möglichkeit der Korridorpension - die Wahrnehmung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer war kein Prozessthema - trotz ausdrücklichen Hinweises der Beklagten verstreichen und verantwortete sich damit, dass er aufgrund des zumindest theoretischen Insolvenzrisikos der Beklagten nicht zu einer für ihn nachteiligen sozialversicherungsrechtlichen Gestaltung gezwungen werden könne; dies, nachdem seine ursprüngliche Behauptung, er hätte die Aufforderung der Beklagten vom gar nicht erhalten, als unwahr feststand.

Nach Auffassung des Revisionswerbers müsse die Wahl, welche Alterspension beantragt werde, beim Arbeitnehmer bleiben; nur die vom Arbeitnehmer gewählte Alterspension sei in die Betriebspension einzurechnen. Im ersten Punkt ist dem Revisionswerber beizupflichten. Ob und welche Alterspension der Arbeitnehmer beantragt, ist seine Sache. Ohne Zweifel wird aber die grundsätzlich zulässige Vereinbarung der Einrechnung die Entscheidung des Arbeitnehmers beeinflussen. Ist vor allem auch vereinbart, dass er sich durch die bloße Nichtbeantragung der Leistung nicht von der Einrechnung befreien kann, dann wird der Arbeitnehmer im Regelfall die in Frage kommende gesetzliche Leistung beantragen, ohne sich dabei in seiner „Wahl- und Entscheidungsfreiheit" besonders beeinträchtigt zu sehen. Auch wenn der Arbeitnehmer zwischen mehreren gesetzlichen Leistungen wählen kann, bleibt es (zumindest nominell) seine Entscheidung, ob und welche Leistung er beantragt. Soll nun aber die in der Betriebsvereinbarung zulässigerweise vereinbarte Einrechnung ihren Zweck erfüllen, dann kann auch hier die Entscheidung des Arbeitnehmers, eine gesetzliche Leistung nicht zu beantragen, deren Einrechnung nicht verhindern. Insoweit wurde eben in § 76 Abs 2 BV ausdrücklich festgelegt, dass die Sparkasse den vollen Betrag der sonst gebührenden Leistung einrechnen kann, wenn eine einrechenbare gesetzliche Leistung mangels Geltendmachung nicht oder in einem geringeren Ausmaß oder erst verspätet anfällt. Mangels Einschränkung gilt dies sowohl für den Fall einer als auch mehrerer alternativ in Betracht kommender gesetzlicher Leistungen.

Bei der nun in der Betriebsvereinbarung nicht ausdrücklich geregelten Frage, wie die Einrechnung bei mehreren alternativ zur Auswahl stehenden gesetzlichen Leistungen zu handhaben ist, kommt die ständige Rechtsprechung zum Tragen, dass bei der Auslegung einer dem kollektiven Recht angehörigen Norm den vertragschließenden Parteien zumindest im Zweifel unterstellt werden kann, dass sie nicht nur eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen, sondern auch einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 2 Rz 57 und § 29 Rz 16, jeweils mwN; 9 ObA 16/87, DRdA 1989/18 [Csebrenyak]; RIS-Justiz RS0008828 ua). Um den gerechten Ausgleich zu finden, sind das Wesen der vom Kläger bezogenen Gesamtpension und der Zweck der Einrechnung zu berücksichtigen. Wie schon eingangs ausgeführt, sind Gesamtpensionssysteme dadurch charakterisiert, dass der Arbeitgeber einen Betrag zwar als Gesamtpension zusichert, von diesem Betrag aber häufig Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung in Abzug bringt. Dabei haben die Parteien einen weitreichenden Gestaltungsspielraum. Dass eingerechnet werden soll, steht nach § 76 BV außer Frage. Soll die vereinbarte Einrechnung ihren Zweck nicht verfehlen, dann ist vom ehemaligen Arbeitnehmer nicht bloß irgendeine, sondern jede sich bietende Gelegenheit wahrzunehmen, einrechenbare Leistungen gegenüber Dritten geltend zu machen. Dazu gehört auch, gemäß dem Angebot des Arbeitgebers auf dessen Kosten Versicherungszeiten „nachzukaufen". Stehen mehrere einrechenbare Leistungen alternativ zur Auswahl, dann ist in der Regel die frühere vor der späteren Leistung wahrzunehmen. Dass bei der früheren Korridorpension gegenüber der späteren Regelalterspension Abschläge von 0,35 % pro Monat hingenommen werden müssen, fällt aus Sicht der frühestmöglich anzustrebenden Einrechnung - immerhin liegen zwischen diesen beiden Pensionsarten drei Jahre - nicht entscheidend ins Gewicht. Den Parteien bleibt es im Einzelfall allerdings unbenommen, Abweichendes zu vereinbaren. Dies war jedoch hier nicht der Fall. Lässt der Bezieher der betrieblichen Pension eine einrechenbare Leistung ungenützt, würde - ohne besondere Regelung dieses Falls - die Gesamtpension ungekürzt weiterlaufen. Dass dies weder dem Zweck der Einrechnungsregelung noch der Kalkulation der Gesamtpension entspricht, liegt auf der Hand. Insoweit liegt zwar nicht das frühe Ableben des Pensionsbeziehers, wohl aber die frühestmögliche Wahrnehmung aller Einrechnungsmöglichkeiten durch den Pensionsbezieher im gemeinsamen Interesse beider Parteien. Je früher Einrechnungsmöglichkeiten wahrnehmbar sind und auch wahrgenommen werden, um so höher wird typischerweise die Vereinbarung der Gesamtpension ausfallen. § 76 BV ist daher dahin auszulegen, dass die vereinbarte Einrechnung bei mehreren alternativ in Frage kommenden gesetzlichen Leistungen auf die frühestmögliche Leistung abstellt.

Der Revisionswerber bezweifelt nicht, dass der Antritt der Korridorpension aus der Sicht der Einrechnung sinnvoll gewesen wäre, er argumentiert jedoch damit, dass dieser Antritt für ihn im Hinblick auf das theoretische Insolvenzrisiko der Beklagten nachteilig gewesen wäre. Mit diesem ausschließlich auf die eigenen Interessen Bedacht nehmenden Ansatz - aus der Sicht des Leistungsempfängers ändert sich am Gesamtausmaß der monatlichen Leistung ohnehin nichts, weil der Arbeitgeber ohne Einrechnung voll weiterzahlen muss - entfernt sich der Revisionswerber vom allgemeinen Konsens, dass den Parteien einer Betriebsvereinbarung unterstellt werden kann, dass sie nicht nur eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen, sondern auch einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollen. Die Auslegung des Klägers zielt unter Inkaufnahme eines gravierenden Nachteils der Beklagten ausschließlich auf den eigenen Vorteil ab, mag er im Moment auch noch so gering sein.

Dass bei einer Direktzusage das Insolvenzrisiko des Arbeitgebers irgendwann relevant werden kann, ist nicht zu bezweifeln. Dieses Risiko begleitet den Anwartschaftsberechtigten von Anfang an, beschränkt sich also nicht auf jenen zeitlichen Abschnitt, in dem er in die Lage kommt, eine einrechenbare gesetzliche Pensionsleistung zu beantragen. Das Insolvenzrisiko mag für die allfällige Übertragung einer Direktzusage in eine Pensionskasse motivierend sein, hindert aber in der Regel niemanden daran, eine Betriebspension auf Basis einer Direktzusage zu vereinbaren, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet. Vor diesem Hintergrund fand die Berücksichtigung des Insolvenzrisikos auch bei der gegenständlichen Direktzusage keinen besonderen Niederschlag in der Betriebsvereinbarung; es bestand daher auch keine Notwendigkeit, das Insolvenzrisiko erst und nur im Zusammenhang mit der Einrechnungsbestimmung der Betriebsvereinbarung zu berücksichtigen. Das vom Revisionswerber angesprochene theoretische Insolvenzrisiko betrifft im Übrigen auch jene Arbeitnehmer, die über das Antrittsalter der Korridorpension hinaus arbeiten und bei allfälliger Insolvenz des Arbeitgebers möglicherweise gar keine Betriebspension mehr bekommen. Warum demgegenüber jene Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - bereits vorher aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, in Bezug auf das theoretische Insolvenzrisiko des Arbeitgebers besser gestellt werden sollen, ist nicht ersichtlich.

Zusammenfassend erweisen sich die Einwände des Revisionswerbers gegen das Berufungsurteil als nicht berechtigt. Der Revision des Klägers muss deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.