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OGH vom 04.10.2011, 10Ob86/11m

OGH vom 04.10.2011, 10Ob86/11m

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Schöpf, Maurer Bitschnau, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Heinrich Oppitz, Rechtsanwalt in Wels, wegen 74.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 199/10f 136, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 785 Abs 1 ABGB sind ua auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Nach § 785 Abs 3 ABGB bleiben Schenkungen ua dann unberücksichtigt, wenn sie früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht wurden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind unter den pflichtteilsberechtigten Personen gemäß § 785 Abs 3 ABGB, die zur unbefristeten Schenkungsanrechnung verpflichtet sind, nur jene zu verstehen, die im konkreten Fall im Zeitpunkt des Erbanfalls tatsächlich pflichtteilsberechtigt sind und die im Schenkungszeitpunkt „abstrakt“ pflichtteilsberechtigt waren (7 Ob 106/07z; 6 Ob 185/04f; 1 Ob 152/03i; 4 Ob 233/02x je mwN). Wenn daher ein pflichtteilsberechtigter Geschenknehmer auf seinen Pflichtteil verzichtet hat und daher zum Zeitpunkt des Erbanfalls nicht mehr pflichtteilsberechtigt ist, schließt dies die unbefristete Anrechnung grundsätzlich aus, außer der Verzicht ist als rechtsmissbräuchlich anzusehen (7 Ob 106/07z mwN; RIS Justiz RS0012855). Es besteht auch nach Ansicht des erkennenden Senats kein Anlass für ein Abgehen von dieser Rechtsansicht. Der Oberste Gerichtshof hat sich in den Vorentscheidungen bereits ausführlich mit den unterschiedlichen Lehrmeinungen zur Frage, wer als pflichtteilsberechtigte Person iSd § 785 Abs 3 ABGB anzusehen sei, auseinandergesetzt, sodass hiezu nicht mehr weiter Stellung bezogen werden muss (1 Ob 152/03i mwN).

Beim Umgehungsgeschäft wollen die Parteien durch die Art der Gestaltung des Rechtsgeschäfts die Anwendung einer bestimmten gesetzlichen Regelung vermeiden oder das Eingreifen einer anderen Norm erreichen (vgl RIS Justiz RS0113579 ua). In Anbetracht des Umstands, dass der Pflichtteilsverzicht nach den Feststellungen allein vom vertragserrichtenden Notar aufgrund der bei ihm bestehenden Vertragspraxis angeregt und vom Vater dem erbserklärten Erben damit erklärt wurde, dass dieser dadurch keinen Zugriff auf sein weiteres Vermögen haben solle und der erbserklärte Erbe weder vom Vater noch vom Vertragserrichter davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ihm dieser Pflichtteilsverzicht auch einen Vorteil bringen könnte, und demnach nicht unterstellt werden kann, mit dem Pflichtteilsverzicht habe eine Umgehung der unbefristeten Anrechnung von Schenkungen an einen Pflichtteilsberechtigten (§ 785 Abs 3 ABGB) bewirkt werden sollen, ist auch im vorliegenden Fall auf die rein theoretische Frage, ob sei es bloß in objektiver oder auch in subjektiver Hinsicht ein „Umgehungsgeschäft“ vorgelegen sei, nicht weiter einzugehen (vgl 1 Ob 152/03i).

Der Umstand, dass sich der Beklagte nach den Feststellungen auch nicht rechtsmissbräuchlich auf die Nichtanrechnung der Schenkung nach § 785 Abs 3 ABGB beruft, wurde ebenfalls von den Vorinstanzen bereits zutreffend dargelegt und wird auch in der außerordentlichen Revision der Klägerin nicht mehr in Zweifel gezogen.

Das Rechtsmittel der Klägerin war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.