OGH 21.12.2009, 8Ob125/09d
Rechtssätze
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Norm | |
RS0116400 | Der Geschäftsunfähige hat sich als Nutzen das anrechnen zu lassen, was seine Vermögenssituation nachhaltig verbesserte, indem er Anschaffungen von bleibendem Wert tätigte, richtige und fällige Schulden tilgte oder sich einen Aufwand ersparte, der ihm unter seinen Lebensumständen auch sonst erwachsen wäre. Alle Ausgaben, die sich den geringfügigen Angelegenheiten des täglichen Lebens im Sinne des § 273a Abs 2 ABGB unterstellen lassen, sind demnach zum Nutzen des Geschäftsunfähigen verwendet, darüber hinaus aber auch solche, die er nicht zurückfordern könnte, hätte ihm das Gericht bereits einen Sachwalter bestellt und ihm gemäß § 273a Abs 1 ABGB unter Berücksichtigung seiner Situation Teile seines Einkommens oder Vermögens zur freien Verfügung überlassen. Im Zweifel kann Maß an einer vernünftigen Lebensgebarung genommen werden, wie also ein voll Geschäftsfähiger in einer vergleichbaren Situation disponiert hätte. |
Norm | |
RS0125589 | Mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Sachwalterbestellung wird die betroffene Person im Wirkungskreis des Sachwalters in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt. Auch wenn sie, etwa in einem lucidum intervallum, tatsächlich einsichts- und urteilsfähig ist, bedarf sie zu rechtsgeschäftlichen Verfügungen und Verpflichtungen der Einwilligung des Sachwalters. In diesem Sinn ist die Sachwalterbestellung konstitutiv. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** G*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Christoph Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Tinzl & Frank Rechtsanwälte-Partnerschaft in Innsbruck, wegen 66.084,94 EUR sA (Revisionsinteresse 21.010,69 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 112/09a-20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
I. Die Revisionswerberin rügt, dass auf ihre Tatsachenrüge vom Berufungsgericht nicht eingegangen worden sei. Richtigerweise hätte festgestellt werden müssen, dass der Kläger im maßgebenden Zeitpunkt nicht geschäftsunfähig gewesen sei. Das im Sachwalterschaftsbestellungsverfahren eingeholte Gutachten sei falsch.
Der damit geltend gemachte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, weil es auf die von der Revisionswerberin bekämpfte Feststellung nicht ankommt (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
II. Zum Zeitpunkt der hier maßgebenden Abhebung war für den Kläger rechtskräftig ein Sachwalter (unter anderem) für finanzielle Angelegenheiten bestellt. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Sachwalterbestellung wird die betroffene Person im Wirkungskreis des Sachwalters in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt. Auch wenn sie, etwa in einem lucidum intervallum, tatsächlich einsichts- und urteilsfähig ist, bedarf sie zu rechtsgeschäftlichen Verfügungen und Verpflichtungen der Einwilligung des Sachwalters. In diesem Sinn ist die Sachwalterbestellung konstitutiv (Hopf in KBB² § 280 Rz 1; Stabentheiner in Rummel I³ § 273 [alt] Rz 7, § 273a [alt] Rz 1 mwN; Weitzenböck in Schwimann I³ § 273 [alt] Rz 17, § 273a [alt] Rz 2 mwN).
Auf den Geisteszustand und die Einsichtsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Behebung des in Rede stehenden Geldbetrags kommt es somit nicht an.
III. Gemäß § 1424 Satz 2 ABGB ist daher für den Rückforderungsanspruch des Klägers entscheidend, ob „das Bezahlte ... wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist" (vgl die ebenfalls die Abhebung eines Geldbetrags durch einen Geschäftsunfähigen betreffende Entscheidung 5 Ob 22/02z). Hier steht fest, dass der vom Kläger behobene Geldbetrag einer Dritten „als Darlehen" gegeben und nicht zum Nutzen des Klägers verwendet wurde. Die Rechtsauffassung der Revisionswerberin, § 1424 Satz 2 ABGB normiere nur eine subsidiäre Haftung des Leistenden, sodass sie erst dann vom Kläger in Anspruch genommen werden könne, wenn nachgewiesen sei, dass der Bereicherungsanspruch gegen die Dritte (der Darlehensvertrag ist ebenfalls unwirksam) uneinbringlich sei, ist mit der Absicht und dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbar, das darauf abstellt, ob das Bezahlte „wirklich vorhanden" („in seinen Händen" - 7 Ob 228/08t ua) ist. Ein Beweisverfahren über die vom Kläger behauptete Uneinbringlichkeit des Bereicherungsanspruchs ist daher entbehrlich.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00125.09D.1221.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAD-90882