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VfGH vom 05.03.1998, B2195/97

VfGH vom 05.03.1998, B2195/97

Sammlungsnummer

15115

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Berechnung der Mindestkörperschaftsteuer vom Mindestgrund- bzw -stammkapital bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung sowie unter Gesichtspunkten der Verwaltungsökonomie; keine Verfassungswidrigkeit der überproportionalen Ertragsbesteuerung bestimmter Kapitalgesellschaften; hingegen Anlaßfallwirkung der Aufhebung der rückwirkenden Inkraftsetzung einer Neuregelung der Mindestkörperschaftsteuer nach dem ersten aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes

Spruch

Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, den beschwerdeführenden Gesellschaften zu Handen der Beschwerdevertreter die mit jeweils S 18.000,--, im Fall der sechstbeschwerdeführenden Gesellschaft mit S 20.500,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Die beschwerdeführenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung erwirtschafteten in den letzten Jahren zum Teil Verluste (die zu B2195/97, B2254/97 und B2255/97 beschwerdeführenden Gesellschaften), zum Teil Gewinne in der Höhe von rund

S 30.000,-- bis 40.000,-- (die zu B2207/97 und B2256/97 beschwerdeführenden Gesellschaften). Sie erwarten für die nächsten Jahre durchwegs Verluste oder bloß geringfügige Gewinne.

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden den Gesellschaften gemäß § 24 Abs 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 - KStG 1988, BGBl. 401, (künftig: KStG) idF des ArtI Z 1 des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 (künftig: KStG idF 1997) Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 1997 und die Folgejahre in der Höhe von je S 25.000,-- p.a. vorgeschrieben.

b) Über das Vermögen der zu B2378/97 beschwerdeführenden Aktiengesellschaft wurde im Jahre 1992 ein - nach wie vor anhängiges - Konkursverfahren eröffnet.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden der Gesellschaft ungeachtet des Umstandes, daß sie Verluste erlitt, gemäß § 24 Abs 4 des KStG idF 1997 Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 1997 und die Folgejahre in der Höhe von S 50.000,-- p.a. vorgeschrieben.

2. a) Gegen diese Bescheide richten sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in denen Rechtsverletzungen wegen Anwendung der für verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des § 24 Abs 4 und des § 26a Abs 7 KStG idF 1997 sowie die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Erwerbsausübungsfreiheit behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.

b) Die belangte Finanzlandesdirektion hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt, die Verfassungsmäßigkeit der von den Beschwerden für bedenklich erachteten Gesetzesbestimmungen verteidigt und die Abweisung der Beschwerden beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat die - zulässigen (vgl. ) - Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und über sie erwogen:

1. Nach § 1 Abs 1 und 2 KStG sind juristische Personen des Privatrechts, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie unter bestimmten, in § 3 leg.cit. genannten Voraussetzungen auch andere Einrichtungen körperschaftsteuerpflichtig. Sie sind, wenn sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Bei solchen unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Personen wird die Körperschaftsteuer nach dem Einkommen bemessen; sie beträgt seit gemäß § 22 Abs 1 KStG idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818, 34 %.

Unabhängig von der sich aus diesen Regeln ergebenden Höhe der Steuerschuld haben alle unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften eine Mindeststeuer zu entrichten.

Diesbezüglich sieht § 24 Abs 4 KStG idF 1997 folgendes vor:

"(4) Für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften gilt folgendes:

1. Es ist für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in Höhe von 5 % eines Viertels der

gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals

(§7 des Aktiengesetzes 1965, § 6 des GmbH-Gesetzes)

zu entrichten. Ändert sich die für die Mindeststeuer maßgebliche Rechtsform während eines Kalendervierteljahres, so ist dafür die am Beginn des Kalendervierteljahres bestehende Rechtsform maßgeblich.

2. Liegt der letzten Veranlagung zur Umsatzsteuer ein Umsatz im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 von mehr als 50 Millionen Schilling zugrunde oder ist die unbeschränkt steuerpflichtigeKapitalgesellschaft ein Kreditinstitut oder ein Versicherungsunternehmen, so erhöht sich die Mindeststeuer für jedes volle Kalendervierteljahr auf 18 750 S. Maßgebend sind dabei die Verhältnisse zum 30. September.

3. Abweichend von Z 1 und 2 beträgt die Mindeststeuer für die ersten vier Kalendervierteljahre ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 3 750 S.

4. Die Mindeststeuer ist in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des § 45 des Einkommensteuergesetzes 1988 anzurechnen. Die Anrechnung

ist mit jenem Betrag begrenzt, mit dem die im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeit-Veranlagungszeiträumen entstehende tatsächliche Körperschaftsteuerschuld den sich aus den Z 1 bis 3 für diesen Veranlagungszeitraum ergebenden Betrag übersteigt."

Hinsichtlich des Wirksamkeitsbeginns dieser Bestimmung normiert der durch ArtI Z 3 des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 dem § 26a KStG angefügte Abs 7:

"(7) § 24 Abs 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 70/1997 ist erstmals für Zeiträume nach dem anzuwenden. Die am bestehenden der Mindeststeuer unterliegenden unbeschränkt Steuerpflichtigen haben die für das erste Quartal maßgebenden Beträge am nachzuentrichten."

(Das diese Novellierung enthaltende Bundesgesetz wurde mit BGBl. I 70/1997 kundgemacht, das am ausgegeben wurde.)

2. a) § 24 Abs 4 Z 1 KStG idF 1997 ordnet an, daß Kapitalgesellschaften eine Mindeststeuer von 5 % der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals p.a. zu entrichten haben. Dies entspricht einer Mindeststeuer von S 50.000,-- p.a. für Aktiengesellschaften und von S 25.000,-- p.a. für Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Mindeststeuer ist dabei unabhängig davon zu entrichten, ob das tatsächliche Grund- oder Stammkapital höher als das gesetzlich geforderte Mindestkapital (S 1.000.000,-- für Aktiengesellschaften und S 500.000,-- für Gesellschaften mit beschränkter Haftung) ist, sowie unabhängig davon, ob das Mindestkapital voll oder nur teilweise geleistet ist.

Die Beschwerden beschreiben die Wirkung dieser Mindeststeuer folgendermaßen:

"Die neue Mindestkörperschaftsteuer von S 25.000,-- für GmbHs und von S 50.000,-- für AGs unterstellt bei einem Steuersatz von 34 % ein steuerpflichtiges Einkommen von rund S 73.500,-- p.a. bei GmbHs bzw. von rund S 147.000,-- p.a. bei AGs. Bezogen auf das voll eingezahlte, gesetzlich geforderte Mindestnennkapital bedeutet dies eine Rendite auf das Nominalkapital von rund 14,7 %, bezogen auf die gesetzlich erforderliche Mindesteinzahlung einer GmbH in Höhe von S 250.000,-- sogar eine Rendite von 29,4 %."

b) Die sich aus der Regelung ergebende Wirkung, daß Aktiengesellschaften mit einem steuerpflichtigen Einkommen von weniger als rund S 147.000,-- p.a. und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem steuerpflichtigen Einkommen von weniger als rund S 73.500,-- p.a. eine überproportionale Steuerbelastung zu tragen haben, halten die Beschwerden für verfassungswidrig: Sie berufen sich dabei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G388-391/96.

In dieser Entscheidung hatte der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 24 Abs 4 KStG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, die für Kapitalgesellschaften eine Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von S 50.000,-- vorgesehen hatte, für gleichheitswidrig erachtet, weil sie Ungleiches gleich behandelte, wenn sie, ohne zu differenzieren, alle Einkommen unter S 147.000,-- p.a. mit einer gleich hohen Ertragsteuer in der Höhe von S 50.000,-- belastete, ohne daß sich dafür eine sachliche Rechtfertigung finden ließ. Der Verfassungsgerichtshof hielt es für verfassungswidrig, daß durch die damals geltende Regelung im Effekt Kapitalgesellschaften mit geringeren Erträgen relativ höher und solche mit höheren Erträgen relativ geringer besteuert würden. Unter Hinweis auf VfSlg. 8233/1978 vertrat der Gerichtshof im Erkenntnis vom , G388-391/96, die Auffassung, daß steuerliche Belastungen mit gegebenen Unterschieden in den tatsächlichen Verhältnissen allein oder in Verbindung mit der rechtlichen Verfassung der Gesellschaft und dem angestrebten Regelungszweck in sachlichem Zusammenhang stehen müssen. Dabei dürfe die Sachlichkeit einer Abweichung vom Proportionaltarif nicht losgelöst von den für die Gründung der Kapitalgesellschaften bestehenden Bedingungen beurteilt werden.

Darauf aufbauend führte er aus:

"Wendet man den darin zum Ausdruck kommenden Maßstab auf den hier zur Entscheidung stehenden Fall an, so zeigt sich, daß es noch im Rahmen der Grenzen rechtspolitischer Gestaltungsfreiheit liegt, eine Mindestbesteuerung vorzusehen, die davon ausgeht, daß eine Kapitalgesellschaft eine Mindestrendite in einer Höhe erwirtschaftet, wie sie etwa auch der Verzinsung von längerfristig in Wertpapieren veranlagtem Kapital entspricht. Nun bewirkte die Regelung der Mindestkörperschaftsteuer idF des Abgabenänderungsgesetzes 1994 im Beispielsfall der GesmbH mit voll eingezahltem Mindest-Gesellschaftskapital nur bis zu einer Kapitalrendite von rund 10 % vor Steuer eine überproportionale Belastung, was ... verfassungsrechtlich noch nicht bedenklich ist. Nicht mehr gerechtfertigt werden kann es aber, die Steuerbelastung so anzusetzen, daß davon Kapitalgesellschaften immer dann überproportional getroffen werden, wenn sie ein Mindesteinkommen von S 147.000,-- p.a., also im gewählten Beispiel eine Rendite von 30 % nicht erreichen. Denn eine derartige steuerliche Belastung ist mit der rechtlichen Verfassung der betroffenen Gesellschaften nicht mehr in Einklang zu bringen."

c) Daran knüpfen die Beschwerden an und meinen, daß der Grundtatbestand des § 24 Abs 4 Z 1 KStG idF 1997 aus folgenden Gründen gleichheitswidrig sei:

"Der VfGH hat eine Mindestkörperschaftsteuer, welche einer Nennkapitalrendite von 10 % vor Steuer (7 % nach Steuer) entspricht, 'noch' als zulässig erachtet. Die Mindestkörperschaftsteuer 1997 unterstellt bei GmbHs ein steuerpflichtiges Einkommen von rund S 73.500,-- p.a. und bei AGs von rund S 147.000,-- p.a., was einer Nennkapitalrendite vor Steuer von rund 14,7 % entspricht. Dieser Prozentsatz liegt jedenfalls weit über der vom VfGH genannten Verzinsung von längerfristig in Wertpapieren veranlagtem Kapital (im Mai 1997 lag etwa die Rendite für 'Emittenten gesamt' (früher Anleihen im weiteren Sinn) bei 4,74 %; s. Statistisches Monatsheft der Oesterreichischen Nationalbank, Heft 5/1997) und ist bei Kapitalgesellschaften oft nicht erzielbar.

Quantschnigg, Neue Mindestkörperschaftsteuer, ÖStZ 1997, 282, 283 verweist in diesem Zusammenhang auf für AGs existente Statistiken, wonach AGs in den Jahren 1990 bis 1994 durchschnittlich folgende Nennkapitalrenditen erzielten: 1990:

31,9 %, 1992: 13,6 %, 1993: 9,4 %, 1994: 26,9 %, im Durchschnitt des Beobachtungszeitraumes somit knapp über 20 %. Bei GmbHs könne von ähnlichen Nennkapitalrenditen ausgegangen werden, da sich diese branchenabhängig und nicht rechtsformabhängig einstellen. Diesen Ausführungen von Quantschnigg ist entgegenzuhalten, daß der Gerichtshof im Erkenntnis vom lediglich einen Vergleich zu jener Rendite herangezogen hat, die durchschnittlich bei der längerfristigen Veranlagung in Wertpapieren erzielbar ist. Im übrigen ist die Aussage von Quantschnigg, daß die von AGs durchschnittlich erzielbare Nennkapitalrendite auch von GmbHs erwirtschaftet werden könne, unzutreffend. Hiefür spricht die bloße Tatsache, daß 68,5 % aller Körperschaftsteuerpflichtigen sogenannte Nullfälle sind (siehe hiezu sogleich). Wie die zuletzt verlautbarte Körperschaftsteuerstatistik 1992 zeigt, weist das Steueraufkommen und die Einkommensentwicklung bei AGs einerseits und GmbHs andererseits überdies wesentliche Unterschiede auf: So erhöht sich das zu versteuernde Einkommen pro AG von S 19,6 Mio. im Jahr 1983 auf S 75,6 Mio. im Jahr 1992 (Steigerung um 360 %); hingegen erhöhte sich das zu versteuernde Einkommen pro GmbH nur von S 1,369 Mio. im Jahr 1983 auf S 1,859 Mio. im Jahr 1992 (Steigerung um 151,3 %)(s. Körperschaftsteuerstatistik 1992, Statistische Nachrichten 10/1996, 817, 821). Weiters spricht die bloße Tatsache, daß nach der Körperschaftsteuerstatistik 1992 68,5 % aller Steuerpflichtigen sogenannte Nullfälle sind und überdies 91,1 % der Nullfälle auf GmbHs entfallen (s. auch Winner, Zur Problematik der Mindestkörperschaftsteuer, ÖStZ 1997, 297, 298), gegen die Annahme, daß die bei AGs durchschnittlich erzielbare Nennkapitalrendite auch von GmbHs durchschnittlich erwirtschaftet werde. Weiters sind nach wie vor ca. zwei Drittel aller GmbHs Nullfälle. Gilt es nun die Mindestbesteuerung dieser Gesellschaften zu rechtfertigen, kann nicht auf das durchschnittliche Ergebnis anderer (steuerpflichtiger) Gesellschaften abgestellt werden. Hier wird offensichtlich das vom Gerichtshof genannte Kriterium einer Mindestrendite, welches noch im Rahmen der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit liegt und bei dessen Nichterreichen negative Konsequenzen für den Steuerpflichtigen als zulässig erachtet werden, mit dem Kriterium einer Durchschnittsrendite vermengt."

d) Dem hält die belangte Behörde folgendes entgegen:

"Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G388/96-391/96, ausgesprochen hat, liegt 'es noch im Rahmen der Grenzen rechtspolitischer Gestaltungsfreiheit ..., eine Mindestbesteuerung vorzusehen, die davon ausgeht, daß eine Kapitalgesellschaft eine Mindestrendite in einer Höhe erwirtschaftet, wie sie etwa auch der Verzinsung von längerfristig in Wertpapieren veranlagtem Kapital entspricht.'

Diese - zentrale - Aussage des Gerichtshofes ist wohl so zu verstehen, daß eine Anknüpfung an eine einigermaßen 'gesicherte' Renditeerwartung zu finden ist. Als ein Beispiel (arg. 'etwa') ist die Renditeerwartung aus der Verzinsung längerfristig in Wertpapieren veranlagten Kapitals anzusehen. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann dies aber nicht die einzig mögliche Anknüpfung sein, wenn auch noch andere sachliche Anknüpfungen in Frage kommen. Eine weitere derartige sachliche Anknüpfung zeigt sich bei Betrachtung des typischen 'Einsatzbereiches' von Kapitalgesellschaften. Gerade Kapitalgesellschaften stellen eine Rechtsform dar, im Rahmen derer praktisch ausschließlich unternehmerische Zielsetzungen verfolgt werden. Es kann daher nicht unsachlich sein, bei der Ausgestaltung der Mindeststeuer an einer Rendite Maß zu nehmen, wie sie sich typischerweise aus unternehmerisch eingesetztem Kapital ergibt.

... Legt man diesen Maßstab zugrunde, so zeigt sich, daß die Ausgestaltung der angefochtenen Regelung auf einem derartigen Konzept aufbaut. § 24 Abs 4 Z 1 KStG idF BGBl. I 70/1997 knüpft an das durch die gesetzlichen Bestimmungen vorgeschriebene Mindestgrund- bzw. Mindeststammkapital der Kapitalgesellschaften an. Es handelt sich dabei um eine Größe, die der Gesetzgeber selbst als Ausstattungserfordernis für Kapitalgesellschaften sowohl bei der Gründung als auch im weiteren Bestehen der Kapitalgesellschaft vorgibt. In seiner Funktion bildet das gesetzliche Mindestkapital wertmäßig den Haftungsfonds für die Gläubiger (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht2, Band I, Seite 54). Aus der Sicht des Kapitaleinsatzes - also des für die Gläubigeransprüche einstehenden Schuldners - ist somit das Mindestkapital als jene Größe anzusehen, die das Mindestausmaß an Risikokapitaleinsatz wiederspiegelt; daraus wird eben auch das Mindestausmaß an Körperschaftsteuer abgeleitet. Genau dieser Risikokapitaleinsatz ist aber jene Größe, die mit dem Kapitaleinsatz zB bei langfristigen Veranlagungen vergleichbar ist. ...

... Der Umstand, daß der Mindeststeuer ein höheres Einkommen

zugrunde liegt als der Ertrag aus 'der Verzinsung von

längerfristig in Wertpapieren veranlagtem Kapital' - bezogen auf

das Mindestkapital -, vermag für sich die Regelung nicht in Frage

zu stellen. Wie bereits ... dargestellt, ist es sachlich zu

rechtfertigen, an die Rendite unternehmerisch genutzten Kapitals anzuknüpfen. Nun wird Risikokapital stets höher verzinst als anderes langfristig angelegtes Kapital. Bei der Verzinsung von Risikokapital will der Kapitalgeber auch das Risiko, das er mit dem Einsatz seines Kapitals trägt, abgegolten bekommen. Der Kapitalgeber wird also neben dem 'Bestandsentgelt' für die *berlassung des Kapitals noch eine Risikoprämie verlangen. Daß dies auch - und gerade - beim Einsatz von Kapital als Nennkapital einer Kapitalgesellschaft gilt, läßt sich empirisch belegen. Wie bereits in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, gibt es Untersuchungen für die Nennkapitalrentabilität von Aktiengesellschaften. Dazu existente Statistiken zeigen in den Jahren 1990 bis 1994 folgendes Bild an Nennkapitalrenditen:

1990 31,9 %

1992 13,6 %

1993 9,4 %

1994 26,9 %

Die Nennkapitalrendite beläuft sich im Durchschnitt des Beobachtungszeitraumes somit knapp über 20 %. Für GmbH gibt es keine vergleichbaren Statistiken. Nun kann aber wohl angenommen werden, daß bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung von ähnlichen Nennkapitalrenditen ausgegangen werden kann. Es kann nämlich für die Kapitalrendite keinen Unterschied machen, ob eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer AG oder einer GmbH geführt wird."

Angesichts des Umstandes, daß die am Mindestnennkapital orientierte Höhe der Mindestkörperschaftsteuer einer Nennkapitalrendite von 14,7 % entspricht, und angesichts der unbeschränkten Vortragsfähigkeit der bezahlten Beträge sei die Regelung nicht verfassungswidrig.

e) Auch der Verfassungsgerichtshof hat gegen die Regelung des § 24 Abs 4 Z 1 KStG idF 1997 keine verfassungsrechtlichen Bedenken:

Der Gerichtshof hegte schon in seiner Entscheidung zur früheren Rechtslage keine Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Mindestkörperschaftsteuer auf Kapitalgesellschaften. Er hat angesichts seiner Judikatur zum Gleichheitsgrundsatz, insb. zur Zulässigkeit von Regelungen, die einfach und leicht handhabbar sind (vgl. VfSlg. 9645/1983, 11469/1987, 11775/1988), die den Tatbestand, an den Rechtsfolgen geknüpft werden, mit Rücksicht auf Gründe der Verwaltungsökonomie leicht vollziehbar umschreiben (vgl. VfSlg. 13726/1994 mwN) und die von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen (vgl. VfSlg. 8871/1980, 11615/1988), auch keine Bedenken dagegen, daß die Mindestkörperschaftsteuer vom gesetzlich geforderten Mindestgrund- bzw. -stammkapital zu berechnen ist.

Aus dem mehrfach genannten Erkenntnis vom geht aber hervor, daß es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen verwehrt ist, eine Mindestertragsteuer in beliebiger Höhe festzusetzen. Der Gerichtshof hielt es für unverhältnismäßig und daher mit dem Sachlichkeitsgebot nicht mehr vereinbar, alle jene Unternehmen mit einer Ertragsteuer überproportional zu belasten, die eine Rendite von rund 30 % des eingesetzten Kapitals nicht erreichen, wobei er vom Durchschnittsfall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit voll eingezahltem Mindeststammkapital ausging.

Den beschwerdeführenden Gesellschaften ist zuzugestehen, daß auch die neue Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs 4 Z 1 KStG idF 1997 zu einer überproportionalen Ertragsbesteuerung bei jenen Kapitalgesellschaften führt, deren Ertrag im Jahr im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung weniger als rund S 73.500,--, im Fall einer Aktiengesellschaft weniger als rund S 147.000,-- ist. Dies führt im Beispiel der Gesellschaft mit voll eingezahltem Mindest-Nennkapital zu einer überproportionalen Belastung jener Erträge, die eine Kapitalrendite von 14,7 % nicht erreichen. Aus den von der belangten Behörde genannten, oben wiedergegebenen Gründen (vgl. Pkt. I. 3. d)) hält der Verfassungsgerichtshof - auch angesichts der zeitlich unbeschränkten Vortragsfähigkeit auf Gewinne künftiger Jahre - dies aber noch nicht für unverhältnismäßig, zumal die über die proportionale Belastung hinausgehende Belastung dann, wenn die Kapitalrendite höher als 10 % liegt, absolut gesehen eine Belastung bewirkt, die nicht als übermäßig qualifiziert werden muß: So wäre eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit voll eingezahltem Mindeststammkapital, die 10 % des eingesetzten Kapitals erwirtschaftet, im Falle der proportionalen Steuerbelastung mit 34 % mit S 17.000,-- p.a., eine, die 12 % des eingesetzten Kapitals erwirtschaftet, mit S 20.000,-- p.a. belastet, während die Mindeststeuer für derartige Gesellschaften S 25.000,-- p.a. beträgt.

Angesichts des Umstandes, daß der (im Beispiel mit 14,7 % errechnete) Schwellenwert, bis zu dem die bekämpfte Abgabe zur überproportionalen Belastung führt, nicht unverhältnismäßig hoch angesetzt ist, die absolute (Höher-)Belastung bei einem Ertrag, der eine Kapitalrendite von 10 % übersteigt, nicht übermäßig ist und angesichts der zeitlich unbefristeten Vortragsfähigkeit auf Gewinne in künftigen Jahren hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Bestimmung des § 24 Abs 4 Z 1 KStG idF 1997.

3. a) Der Verfassungsgerichtshof leitete jedoch aus Anlaß ua. dieser Beschwerden gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 26a Abs 7 KStG idF 1997 ein, mit dem § 24 Abs 4 dieses Gesetzes rückwirkend in Geltung gesetzt worden war. Mit Erkenntnis vom , G441-449/97, hob er die in Prüfung gezogene Bestimmung als verfassungswidrig auf.

Die belangte Behörde hat mithin eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewandt. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaften nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Gesellschaften wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt.

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

b) Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kostenbeträgen ist Umsatzsteuer von jeweils S 3.000,--, im Falle der sechstbeschwerdeführenden Gesellschaft auch der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß § 17 a VerfGG von S 2.500,--, enthalten.