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OGH vom 17.04.2018, 10ObS164/17s

OGH vom 17.04.2018, 10ObS164/17s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. T*****, vertreten durch Rechtsanwälte Waldbauer. Paumgarten. Naschberger und Partner in Kufstein, gegen die beklagte Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 23 Rs 48/17f-13, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Tochter der Klägerin wurde am geboren. Ab befand sich die Klägerin in vorzeitigem Mutterschutz und bezog von diesem Tag an bis zum Wochengeld.

Sechs Monate vor Beginn des individuellen Beschäftigungsverbots (§ 3 Abs 3 MSchG) war die Klägerin als Arbeitnehmerin der D***** KG beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis – das am begonnen hatte – wurde einvernehmlich zum beendet.

Auf die Zeit vom bis wurde der Klägerin die von ihr bezogene Urlaubsersatzleistung angerechnet. Vom bis bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.

Am nahm die Klägerin ein Arbeitsverhältnis bei der W***** Handels GmbH auf, wo sie ab den vorzeitigen Mutterschutz in Anspruch nahm.

Am beantragte die Klägerin die Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens. Die beklagte Tiroler Gebietskrankenkasse lehnte diesen Antrag ab, weil das Erfordernis einer durchgehenden zumindest sechsmonatigen Beschäftigung vor dem Beginn des individuellen Beschäftigungsverbots nicht erfüllt sei und die Klägerin Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten habe.

Das gab dem Begehren der Klägerin auf Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens im gesetzlichen Ausmaß ab statt.

Das änderte dieses Urteil infolge der Berufung der Beklagten im klageabweisenden Sinn ab.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer gegen dieses Urteil erhobenen macht die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend.

1. Zentral argumentiert die Klägerin damit, dass die Zeit des Bezugs der Urlaubsersatzleistung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichzuhalten sei. Wirtschaftlich stehe die Klägerin genau so da, als hätte sie den Urlaub während des Arbeitsverhältnisses verbraucht. Das aus der Urlaubsersatzleistung erzielte Entgelt begründe ja gerade den Einkommensausfall, den das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld ersetzen solle.

2. Wie das Berufungsgericht jedoch bereits im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausgeführt hat, soll das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens nur vor der Geburt Eltern offenstehen (10 ObS 92/15z; RISJustiz RS0128183; Sonntag in Sonntag, KBGG² § 24 Rz 10; Holzmann-Windhofer in Holzmann-Windhofer/Weißenböck, KBGG [2017], 142; Burger-Ehrnhofer, KBGG³ § 24 Rz 3 ff). Gemäß § 24 Abs 1 Z 2 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 2013/117 ist im vorliegenden Fall auf den Zeitraum vom bis zum vor Beginn des individuellen Beschäftigungsverbots der Mutter (10 ObS 5/14d, SSVNF 28/8; 10 ObS 103/14s, SSVNF 28/61) abzustellen. In diesem Zeitraum beendete die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit (ihr Arbeitsverhältnis) jedoch einvernehmlich am und nahm eine neue Erwerbstätigkeit (ein neues Arbeitsverhältnis) erst wieder am auf. Der bloße Umstand, dass die Urlaubsersatzleistung einen während des Arbeitsverhältnisses nicht verbrauchten Urlaub abgelten soll und die Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs 2 ASVG für die Zeit des Bezugs einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt weiter besteht, ändert nichts daran, dass dieser Anspruch gemäß § 10 UrlG die vorherige und hier auch erfolgte Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit der Erwerbstätigkeit voraussetzt. Eine „tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen (kranken und pensionsversicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit“ (Legaldefinition der Erwerbstätigkeit in § 24 Abs 2 KBGG) während des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung liegt daher schon nach dem Wortlaut (vgl auch die Überschrift) des § 10 UrlG nicht vor.

3. Dem Anlassfall liegt kein grenzüberschreitender Sachverhalt zugrunde, sodass weder die Vertragsbestimmungen des Unionsrechts über die Freizügigkeit noch die zu ihrer Durchführung erlassenen Maßnahmen zur Anwendung gelangen (allgemein EuGH Rs C268/15, Ullens de Schooten, Rn 47 mwH; 8 ObA 74/16i mwH; für das Sozialrecht der Europäischen Union EuGH Rs C153/91, Petit, Rn 8 und Tenor; EuGH Rs C212/06, Gouvernement de la Communauté française ua, Rn 33 mwH). Mit dem Argument, dass sich auch aus Art 1 lit a der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie dem Beschluss der Verwaltungskommission Nr F 1 vom zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen ergebe, dass es sich beim Zeitraum des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung um eine „Beschäftigung“ im Sinn des § 24 Abs 2 KBGG handle, zeigt die Revisionswerberin daher keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts auf.

4. Bereits der Zeitraum für den der Klägerin nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses (am ) bis zum die von ihr bezogene Urlaubsersatzleistung angerechnet wurde, dauerte damit mehr als 14 Tage, sodass bereits aus diesem Grund die Anspruchsvoraussetzung des § 24 Abs 1 Z 2 KBGG nicht vorliegt. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der weiteren von der Revisionswerberin aufgeworfenen Frage, ob ein Bezug von Arbeitslosengeld von weniger als 14 Tagen anspruchsschädlich sei.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00164.17S.0417.000

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