TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 22.04.2008, 10ObS163/07d

OGH vom 22.04.2008, 10ObS163/07d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Kisling (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ilse B*****, vertreten durch Steinwender Maringer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Wegfalls der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit und Rückforderung eines Überbezugs, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 103/07g-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 20 Cgs 204/06g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass das Urteil des Erstgerichts zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit von Oktober 2005 bis Juni 2006 auszubezahlen, wird abgewiesen.

Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit der Klägerin vom bis nicht weggefallen ist und dass der von der beklagten Partei erhobene Anspruch auf Rückersatz der in der Zeit vom bis in Höhe von insgesamt 3.649,77 EUR gezahlten vorzeitigen Alterspension und Ausgleichszulage nicht zu Recht besteht, wird abgewiesen.

Die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit fällt vom bis gemäß § 253a Abs 3 ASVG weg.

Die Klägerin ist schuldig, an die beklagte Partei den Betrag von 3.649,77 EUR in monatlichen Teilbeträgen von je 50 EUR ab zu zahlen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen mit 166,98 EUR (davon 28,08 EUR USt) bestimmten Teil der Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezog seit eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit (§ 253a ASVG) und eine Ausgleichszulage. Seit gebührt ihr diese Pension als Alterspension.

Von September 2005 an übte sie zumindest bis auf Werkvertragsbasis eine selbstständige Tätigkeit als Zeitungszustellerin aus. Nach dem Inhalt des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 bezog sie im Zeitraum September bis Dezember 2005 insgesamt 940,43 EUR an Einkünften aus einem Gewerbebetrieb. Der Einkommensteuerbescheid für 2006 weist ein Einkommen der Klägerin aus der Zeitungszustellertätigkeit (Gewerbebetrieb) von insgesamt 2.389,88 EUR aus.

Im Pensionsantragsformular und im Ausgleichszulagenerhebungsbogen war die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Aufnahme einer Beschäftigung binnen sieben Tagen zu melden ist.

Erstmals am teilte sie telefonisch der beklagten Partei mit, dass sie seit September 2005 eine Tätigkeit als Zeitungszustellerin auf Werkvertragsbasis ausübe.

Der monatliche „Bruttoverdienst" aus der selbstständigen Zeitungszustellertätigkeit der Klägerin betrug im September 2005 143,86 EUR, im Oktober 2005 394,42 EUR, im November 2005 375,34 EUR, im Dezember 2005 376,81 EUR, im Jänner 2006 389,36 EUR, im Februar 2006 352,60 EUR, im März 2006 378,42 EUR, im April 2006 349,07 EUR, im Mai 2006 368,16 EUR und im Juni 2006 367,62 EUR. Mit Bescheid vom stellte die beklagte Partei die Zahlung der vorzeitigen Alterspension ab vorsorglich ein. Die Zahlung der Ausgleichszulage stellte sie vorläufig ab ein. Der Überbezug vom bis beträgt 3.649,77 EUR. Mit Bescheid vom sprach die beklagte Partei aus, dass


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit vom bis und ab wegfällt,
-
der in der Zeit vom bis entstandene Überbezug von 3.649,77 EUR an Pension rückgefordert wird und
-
die Klägerin verpflichtet ist, diesen Betrag binnen 14 Tagen zurückzuzahlen.
Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt die Klägerin - soweit noch Gegenstand des Revisionsverfahrens -, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr für den Zeitraum von Oktober 2005 bis einschließlich Juni 2006 die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit auszuzahlen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz des Überbezugs in monatlichen Raten von 50 EUR ab .
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. In der Erledigung der Berufung wegen Nichtigkeit hielt es fest, dass der der Klage zugrunde liegende Bescheid der beklagten Partei auch die Ausgleichszulage umfasse. Nach dem weiterhin anzuwendenden § 253a Abs 3 ASVG falle die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit mit dem Tag weg, an dem die Versicherte eine Erwerbstätigkeit ausübe, die das Entstehen eines Anspruchs gemäß § 253b Abs 1 Z 4 ASVG ausschließen würde. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei die Klägerin nicht während ihrer Zeitungszustellertätigkeit nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG pflichtversichert gewesen, weil sie mit dem aus dieser Tätigkeit erzielten Jahreseinkommen sowohl im Jahr 2005 als auch im Jahr 2006 die Geringfügigkeitsgrenze, die im Jahr 2005 3.881,52 EUR und im Jahr 2006 3.997,92 EUR betragen habe, nicht überschritten habe, sodass sie gemäß § 4 Abs 1 Z 6 lit b GSVG von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung ausgenommen gewesen sei. Gemäß § 253a Abs 3 ASVG iVm § 253b Abs 1 Z 4 ASVG sei die vorzeitige Alterspension der Klägerin aber weggefallen, weil ihr aus der selbstständigen Tätigkeit im Zeitraum vom bis zum erzieltes monatliches Bruttoerwerbseinkommen jeweils über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen sei. Da in § 253b Abs 1 Z 4 ASVG der Ausdruck „Monatseinkommen" verwendet werde, sei der Beurteilung, ob ein Versicherter ein die Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Erwerbseinkommen beziehe, nicht - wie nach dem GSVG - eine Jahresdurchschnittsbetrachtung zugrundezulegen, sondern das Einkommen des Versicherten im jeweiligen Kalendermonat mit der entsprechenden monatlichen Geringfügigkeitsgrenze zu vergleichen. Die Beurteilung des Erstgerichts, die Klägerin habe ihre Meldepflicht verletzt, sei zutreffend.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des Ausdrucks „Erwerbseinkommen" in § 253b Abs 1 Z 4 ASVG (s die parallelen Bestimmungen § 131 Abs 1 Z 4 GSVG und § 122 Abs 1 Z 4 BSVG; vgl § 9 Abs 1 APG) bei Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit durch den Frühpensionisten unter Zugrundelegung der im Anlassfall anwendbaren Rechtslage fehlt. Sie ist aber nicht berechtigt.

Die beklagte Partei beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren. Die Klägerin vertritt unter Hinweis auf die Senatsentscheidungen 10 ObS 2064/96v und 10 ObS 113/01t den Standpunkt, dass nach der steuerrechtlichen Grundregel der Jährlichkeit der Einkommensermittlung der Ausdruck Erwerbseinkommen in § 253b Abs 1 Z 4 ASVG bei Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit des Pensionisten ein Zwölftel des jährlichen Erwerbseinkommens bedeutet. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Wegfallsbestimmung.

Hiezu wurde erwogen:

1. Mit Ablauf des ist § 253a ASVG (vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit) außer Kraft getreten (§ 607 Abs 2 Z 1 ASVG). Auf Personen, die Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit haben, ist weiterhin die am geltende Rechtslage anzuwenden, wenn der Stichtag vor dem liegt (§ 607 Abs 8 ASVG). Diese Voraussetzung trifft auf die Klägerin unstreitig zu.

2. Die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit fällt mit dem Tag weg, an dem die (der) Versicherte eine Erwerbstätigkeit ausübt, die das Entstehen eines Anspruchs gemäß § 253b Abs 1 Z 4 ASVG ausschließen würde. Ist die Pension aus diesem Grund weggefallen und endet die Erwerbstätigkeit, so lebt die Pension auf die dem Träger der Pensionsversicherung erstattete Anzeige über das Ende der Erwerbstätigkeit im früher gewährten Ausmaß mit dem Ende der Erwerbstätigkeit folgenden Tag wieder auf (§ 253a Abs 3 ASVG, der weiters die Anwendung des § 253b Abs 2 letzter Satz ASVG anordnet).

3. Das Entstehen eines Anspruchs ist gemäß § 253b Abs 1 Z 4 ASVG ausgeschlossen, wenn die (der) Versicherte am Stichtag der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG, dem GSVG, dem BSVG und/oder dem FSVG unterliegt oder „aus sonstigen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeiten ein Erwerbseinkommen bezieht, das das gemäß § 5 Abs 2 (ASVG) jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt". Dieses Monatseinkommen (Geringfügigkeitsgrenze; „Einkommen im Kalendermonat" vgl § 5 Abs 2 Z 2 ASVG) betrug im Jahr 2005 323,46 EUR und im Jahr 2006 333,16 EUR (§ 2 Z 2 der VO BGBl II 2004/531; § 2 Z 2 der VO BGBl II 2005/446).

4. Zu eng und insoweit unzutreffend ist die Auffassung der Revisionswerberin, Sinn und Zweck der Wegfallsbestimmung sei es, nach dem GSVG pflichtversicherte Personen vom Bezug einer vorzeitigen Alterspension (bei Arbeitslosigkeit) auszuschließen. Zum einen führt nach dem klaren Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen nicht nur die Pflichtversicherung nach dem GSVG zum Wegfall der vorzeitigen Alterspension, sondern auch der Bezug von monatlichen Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze aus nicht versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten.

5. Die erste Alternative des Wegfallstatbestands („Pflichtversicherung [in der Pensionsversicherung] an sich" vgl 10 ObS 65/00g = SSV-NF 14/39 mwN) kommt für die Klägerin in dem strittigen Zeitraum vom bis unbestritten nicht in Betracht. Zu den von den Parteien im Revisionsverfahren nicht bekämpften, im Ergebnis zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Klägerin in dem im Anlassfall maßgeblichen Zeitraum nicht der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG („neue Selbstständige") unterlag, ist anzumerken, dass für die Ausnahme von dieser Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 1 Z 6 lit b GSVG es nicht darauf ankommt, dass das Einkommen (im steuerrechtlichen Sinn) aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit die Versicherungsgrenze nicht übersteigt. Die Versicherungsgrenze ist das Zwölffache des Betrags gemäß § 25 Abs 4 Z 2 lit b GSVG, der dem Betrag nach § 5 Abs 2 Z 2 ASVG entspricht (vgl für 2005 und 2006: Art 1 § 6 Z 3 der VO BGBl II 2004/531; Art 1 § 4 Z 3 der VO BGBl II 2005/446). Die Regelung des § 4 Abs 1 Z 6 lit b GSVG bewirkt also, dass unter anderem für die Bezieher von Pensionen das Zwölffache der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze für die Feststellung der Versicherungspflicht gilt, wobei eine kalenderjährliche Betrachtung (arg: „deren Beitragsgrundlagen ... im Kalenderjahr das Zwölffache ...) vorzunehmen ist. Maßgebend ist nach dem - insoweit vom Berufungsgericht selbst wiedergegebenen - Wortlaut des § 4 Abs 1 Z 6 lit b GSVG und dem Willen des historischen Gesetzgebers (ErläutRV 886 BlgNR 20. GP 107, 108 f), dass die Beitragsgrundlagen (§ 25 GSVG) die Versicherungsgrenze nicht überschreiten. Die Beitragsgrundlage muss aber nicht mit den zu ihrer Ermittlung heranzuziehenden Einkünften im Sinn des Einkommensteuergesetz 1988 (§ 25 Abs 1 GSVG) übereinstimmen, enthält doch § 25 Abs 2 GSVG eine Aufzählung jener Beträge, die den gemäß § 25 Abs 1 GSVG ermittelten Betrag mindern und erhöhen können und so die Beitragsgrundlage ergeben. Die Pflichtversicherung kann demnach auch bei Einkünften unter der Versicherungsgrenze entstehen, wenn die Beitragsgrundlage infolge der Hinzurechnung die Versicherungsgrenze übersteigt. Dass im Anlassfall die Beitragsgrundlagen die Versicherungsgrenze in den Jahren 2005 und 2006 überstiegen, wurde jedoch von keiner Partei behauptet.

6. Entscheidend für die Frage des Wegfalls, der der Sache nach ein von Gesetzes wegen eintretendes Ruhen der Pension ist (10 ObS 65/02k = SSV-NF 16/69 ua; RIS-Justiz RS0084273), ist somit, ob die Klägerin im strittigen Zeitraum aus ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 ASVG übersteigendes Monatseinkommen bezogen hat. Der in § 253b Abs 2 ASVG verwendete Begriff des Erwerbseinkommens ist mangels eigenständiger Definition im Sinn der Legaldefinition des mit „Berücksichtigung von Erwerbseinkommen bei Leistungen" überschriebenen § 91 Abs 1 ASVG zu verstehen (10 ObS 204/98t = SZ 71/127 ua; RIS-Justiz RS0110575). Danach - ebenso nach § 60 Abs 1 Z 2 GSVG - gilt bei einer selbstständigen Erwerbstätigkeit „der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit" als Erwerbseinkommen (§ 91 Abs 1 Z 2 ASVG).

7. Demnach fällt die vorzeitige Alterspension mit dem Tag weg, an dem die (der) Versicherte eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit das gemäß § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt. Es ist eine kalendermonatsbezogene Gegenüberstellung vorzunehmen. Entscheidungserheblich ist daher, was unter „den auf den Kalendermonat entfallenden Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit" im Fall der Prüfung der Anwendbarkeit der Wegfallsbestimmung zu verstehen ist.

8. Der durch die 40. ASVG-Novelle (BGBl 1984/484) eingeführte § 253b Abs 3 ASVG („Jahresausgleich"; ErläutRV 327 BlgNR 16. GP 23) wurde durch Art XXIX Z 8 Strukturanpassungsgesetz BGBl 1995/297 mit Wirksamkeit ab ersatzlos aufgehoben. Er war letztmalig für das Kalenderjahr 1995 anzuwenden (§ 559 Abs 3 ASVG).

Die Bestimmung lautete:

„Waren die Voraussetzungen für die Anwendung des Abs 2 (Anm: Wegfall) in einem Kalenderjahr gegeben, war der Pensionsberechtigte aber in diesem Kalenderjahr nicht ständig selbständig oder unselbständig erwerbstätig oder hat der Pensionsberechtigte während der Zeit, in der die Pension weggefallen war, ein Erwerbseinkommen bezogen, das in einzelnen Kalendermonaten dieses Kalenderjahres das nach § 5 Abs 2 lit c jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen nicht übersteigt, kann er beim leistungszuständigen Versicherungsträger bis 31. März des folgenden Kalenderjahres beantragen, dass die Bestimmungen des Abs 2 für das vorangegangene Kalenderjahr neuerlich angewendet werden, wobei als monatlich gebührendes Erwerbseinkommen ein Zwölftel der Summe des Erwerbseinkommens des vorangegangenen Kalenderjahres anzunehmen ist. Eine solche neuerliche Feststellung kann jederzeit auch von Amts wegen erfolgen. ...."

Bei nicht durchgehender Erwerbstätigkeit während eines Kalenderjahres oder schwankenden Verdiensten während des Jahres ist es daher nicht mehr möglich, das erzielte Erwerbseinkommen rechnerisch auf alle zwölf Kalendermonate gleichmäßig zu verteilen (vgl Gründler, Die Pension4 202). Maßgebend ist nur das monatliche Erwerbseinkommen. Auch wenn der Frühpensionist nur einen Kalendermonat lang einer nicht versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht und aus dieser ein Erwerbseinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs 2 ASVG) bezieht, fällt für diesen Monat die vorzeitige Alterspension weg (vgl Marek, ASVG-Pensionen 111).

Für die Zuordnung von Erwerbseinkommen zu einem bestimmten Zeitraum kommt es im Pensionsrecht im Gegensatz zu dem im Steuerrecht geltenden Zuflussprinzip (§ 19 EStG 1988) nicht darauf an, wann jemandem das Geld zugeflossen ist, sondern ausschlaggebend ist, wann

die Leistung erbracht worden ist (10 ObS 16/07m = ZAS 2008, 82

[Resch] mwN; 10 ObS 2064/96v = SSV-NF 10/57). Nach der Rechtsprechung

des Obersten Gerichtshofs können schon aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungs-Gesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen im Sinn des Einkommensteuergesetz und dem Erwerbseinkommen im Sinn der Sozialversicherungs-Gesetze erhebliche Unterschiede bestehen, und es können daher die Träger der Pensionsversicherung (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) bei der Ermittlung des Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen kommen als die Steuerbehörden im Abgabenverfahren. Schon deshalb besteht insoweit keine Bindung der Gerichte an einen Einkommensteuerbescheid der Abgabenbehörde (10 ObS 16/07m; 10 ObS 84/93 = SSV-NF 8/106).

9. Der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 33, 34/89 ua, aufgehobene § 94 ASVG enthielt Ruhensbestimmungen beim Zusammentreffen eines Pensionsanspruchs aus der Pensionsversicherung mit Erwerbseinkommen. § 94 Abs 3 lit b ASVG definierte das für das Ruhen maßgebliche Erwerbseinkommen aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gleich wie nun § 91 Abs 1 Z 2 ASVG. In der Entscheidung 10 ObS 54/87 (= SSV-NF 1/66) sprach der Oberste Gerichtshof dazu aus, dass der auf den Kalendermonat entfallende Teil auch dann der zwölfte Teil der insgesamt im Kalenderjahr aufgrund der selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte ist, wenn die Erwerbstätigkeit nicht während des gesamten Kalenderjahres ausgeübt wurde, weil nur auf diese Weise dem im § 94 Abs 6 ASVG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen werde. Diese Bestimmung enthielt Regeln für einen Jahresausgleich insbesondere für den Fall, dass der Pensionsberechtigte nicht ständig erwerbstätig war oder ein Erwerbseinkommen erzielte, das in den einzelnen Kalendermonaten nicht gleich hoch war, und ordnete an, dass dabei als monatlich erzieltes Erwerbseinkommen das im Durchschnitt auf die Monate, in denen Pensionsanspruch bestand, entfallende Erwerbseinkommen anzunehmen ist. Im entschiedenen Fall hatte die klagende Witwenpensionistin während des gesamten Kalenderjahres Anspruch auf Pension.

10. In der Entscheidung 10 ObS 2064/96v (= SSV-NF 10/57) sprach der Oberste Gerichtshof zu § 253b ASVG in der vor dem StrukturanpassungsG BGBl 1995/297 geltenden Fassung aus, dass im Jahr des Pensionsanfalls für die Frage des Wegfalls der Pension nur das monatliche Durchschnittseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit maßgebend ist, das sich aus der Erbringung von Leistungen nach dem Stichtag ergibt. Tragendes Argument für die Maßgeblichkeit der Berechnung eines Monatsdurchschnitts war die Möglichkeit des Jahresausgleichs nach dem damaligen § 253b Abs 3 ASVG.

11. In einem Fall des Wegfalls der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer (§ 131 GSVG in der vor der Novellierung durch das StrukturanpassungsG BGBl 1995/297, mit der auch die dem § 253b Abs 3 ASVG entsprechende Jahresausgleichsregelung des § 131 Abs 3 GSVG aufgehoben wurde) bekräftigte der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf die Entscheidung 10 ObS 2064/96v und auf die Grundregel der Jährlichkeit bei der Ermittlung des Einkommens im Steuerrecht und der Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG, für die auch der Jahresausgleich nach § 131 Abs 3 GSVG spreche, dass nicht auf das tatsächliche monatliche Erwerbseinkommen eines Gewerbetreibenden abzustellen ist, sondern auf den rechnerischen Monatsdurchschnitt aus den aus Gewerbebetrieb erzielten Jahreseinkünften (10 ObS 113/01t). Im entschiedenen Fall bedeutete dies für den Frühpensionisten, der während des gesamten Kalenderjahres, in dem er die Pension bezog, selbstständig erwerbstätig war und dessen Einkünfte aus dieser Tätigkeit nur in zwei Kalendermonaten die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, dass seine Pension für jeden Kalendermonat wegfiel.

12. In einem Ausgleichszulagenfall eines GSVG-Pensionisten (10 ObS 130/03w) führte der Oberste Gerichtshof aus, für das Abstellen auf das auf einen Monatsdurchschnitt umzulegende Jahreseinkommen spreche bei selbstständigen Einkünften insbesondere auch der Wortlaut des § 60 Abs 1 Z 2 GSVG („der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte" und nicht beispielsweise „die auf den Kalendermonat entfallenden Einkünfte").

13. Die Auffassung der Revisionswerberin, maßgeblich sei ein Zwölftel des (kalender)jährlichen Erwerbseinkommens eines selbstständig erwerbstätigen Frühpensionisten, bedeutet einen Jahresausgleich. Sie widerspricht daher der Intention des Gesetzgebers, der mit der ersatzlosen Aufhebung der Jahresausgleichsbestimmung des § 253b Abs 3 ASVG (und entsprechender Bestimmungen in anderen Sozialversicherungs-Gesetzen) gerade die Möglichkeit eines Jahresausgleichs beseitigen wollte. Sie führt auch im Hinblick auf den Zweck der Wegfallbestimmung, die durch das StrukturanpassungsG BGBl 1995/297 verschärft wurde (ErläutRV 134 BlgNR 19. GP 84 f), zu sachlich nicht begründbaren Ergebnissen. Zweck der zweiten Alternative des Wegfallstatbestands ist, den pensionsunschädlichen Bezug von Erwerbseinkommen aus nicht versicherungspflichtigen unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeiten neben einer vorzeitigen Alterspension zu begrenzen. Bei einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit gilt als Erwerbseinkommen das aus dieser Tätigkeit gebührende Entgelt (§ 91 Abs 1 Z 1 ASVG), das in der Regel im Vorhinein für den Tag, die Woche oder den Monat feststeht. Geht der Bezieher einer vorzeitigen Alterspension auch nur einen Kalendermonat einer Erwerbstätigkeit nach, aus der er ein Erwerbseinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze bezieht, so hinge der Wegfall - folgt man der Ansicht der Klägerin - davon ab, ob die Erwerbstätigkeit unselbstständig oder selbstständig ausübt.

14. In der oben genannten Entscheidung 10 ObS 2064/96v, in der es darum ging, vor dem Pensionsstichtag aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielte Einkünfte von solchen - für einen Wegfall maßgeblichen - nach dem Stichtag abzugrenzen, legte der Oberste Gerichtshof dar, dass es hiefür auf die tatsächliche (und nicht auf eine pauschalierte oder, wie die Aufhebung der Jahresausgleichsbestimmung nachhaltig zeige, lineare) Betrachtung ankomme und deshalb die Zeitpunkte der Leistungserbringung festzustellen seien.

15. Die im vom Verfassungsgerichtshof mit dem oben angeführten Erkenntnis aufgehobenen § 94 ASVG enthaltene Jahresausgleichsbestimmung und der vom StrukturanpassungsG 1995/297 aufgehobene § 253b Abs 3 ASVG (bzw § 131 Abs 3 GSVG) waren in der referierten Rechtsprechung ein wesentliches, mittragendes Argument für die dort vertretene Durchschnittsberechnung. Ihre Aufhebung bringt eine im Anlassfall relevante Änderung der Rechtslage mit sich. Unter Zugrundelegung des Zwecks der zweiten Alternative der Wegfallsbestimmung und im Hinblick auf die Maßgeblichkeit einer kalendermonatsbezogenen Betrachtungsweise, wie sie durch die Aufhebung des § 253b Abs 3 ASVG zum Ausdruck kommt, gelangt der erkennende Senat zur Auffassung, dass bei Ausübung einer nicht versicherungspflichtigen selbstständigen Erwerbstätigkeit für den Wegfall einer vorzeitigen Alterspension die nach den Zeitpunkten der tatsächlichen Leistungserbringung in einem Kalendermonat berechneten (ermittelten) Einkünfte aus dieser Tätigkeit maßgeblich sind. Auch wenn diese Berechnung (Zuordnung der Einkünfte zu einem bestimmten Kalendermonat) mitunter schwierig ist, so ist sie doch auch zur Vermeidung einer sachlich nicht angebrachten Verschiedenbehandlung von selbstständigen und unselbstständigen Erwerbstätigen notwendig (vgl schon 10 ObS 2064/96v). Mit dem Wortlaut des § 91 Abs 1 Z 2 ASVG ist diese Auffassung verträglich, wird doch dort nicht ausdrücklich auf „die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte" (so § 25 Abs 1 GSVG für die Beitragsgrundlage) abgestellt. Auch bei dieser Zurechnung sind die so berechneten Einkünfte ein auf den Kalendermonat entfallender Teil der Einkünfte. Im Übrigen kann die nun vertretene kalendermonatsbezogene Betrachtungsweise auch von Vorteil für den selbstständig Erwerbstätigen sein. Auch wenn der zwölfte Teil der kalenderjährlichen Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze läge, diese nach den zugrunde zulegenden Einkünften im Kalendermonat tatsächlich aber nur in einzelnen Monaten überschritten ist, so kommt es nicht mehr zu einem Wegfall für das gesamte Kalenderjahr (wie im Fall der oberstgerichtlichen Entscheidung 10 ObS 113/01t).

16. Der von den Vorinstanzen bejahten schuldhaften Verletzung der Meldepflicht (§ 40 Abs 1 ASVG) und dem bejahten Anspruch der beklagten Partei auf Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Leistungen (§ 107 Abs 1 ASVG) hält die Revisionswerberin nur entgegen, dass eine für den Fortbestand der vorzeitigen Alterspension unschädliche, weil unter der Geringfügigkeitsgrenze liegende selbstständige Erwerbstätigkeit nicht zu melden sei. Da die Klägerin aber nicht bloß geringfügig erwerbstätig war, genügt es auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts, denen die Berufung nichts entgegensetzte, zu verweisen.

17. Die Fassung des Klagebegehrens ist verfehlt. Der bekämpfte Bescheid vom stellte nämlich den Wegfall der vorzeitigen Alterspension rückwirkend ab dem bis und ab (Letzterer ist nicht Gegenstand des Verfahrens) fest und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung des vom bis entstandenen Überbezugs. Der beklagte Pensionsversicherungsträger kann daher - so jedoch die Formulierung des Klagebegehrens - nicht neuerlich zur Zahlung eben dieser Pensionsleistungen verpflichtet werden. Die Klägerin hat nämlich diese (unstreitig) bereits erhalten. Das Klagebegehren muss richtigerweise bloß auf Feststellung dahin lauten, dass die vorzeitige Alterspension im maßgeblichen Zeitraum nicht weggefallen ist und deshalb auch der Rückforderungsanspruch der beklagten Partei für diesen Zeitraum nicht zu Recht besteht (vgl 10 ObS 2064/96v). Dieses Feststellungsbegehren ist vom Leistungsbegehren umfasst. Zugleich war der im durch die Klagserhebung außer Kraft getretene Ausspruch über den Wegfall im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu wiederholen.

Zutreffend (§ 89 Abs 4 ASGG) verpflichtete das Erstgericht die Klägerin zum Rückersatz des Überbezugs.

18. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Mit Rücksicht auf die Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO entspricht es der Billigkeit, der Klägerin angesichts ihrer aktenkundigen Einkommensverhältnisse die Hälfte der Kosten des Revisionsverfahrens zuzuerkennen (RIS-Justiz RS0085871).