OGH vom 13.02.2003, 8ObA145/02k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Elmar Peterlunger und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Claudia E*****, vertreten durch Dr. Markus Hupfauf, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 7.264,14 sA (Revisionsinteresse 2.978,13 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 19/02k-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 42 Cga 64/01k-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 333,12 (darin enthalten EUR 55,52 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf den ihr zugesagten Ersatz der Anschaffungskosten für die Kücheneinrichtung zutreffend bejaht. Es ist daher grundsätzlich ausreichend, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Klägerin war ab als Qualitätsbeauftragt und Bereichsleiterin bei dem beklagten Reinigungsunternehmen angestellt. Mit ihrem Bruttogehalt sollten im ersten Jahr auch allfällige Überstunden abgegolten sein. Ihre Arbeitszeit war zumeist von 8 Uhr bis 20 Uhr. Die Beklagte erhielt einen Baufeinreinigungsauftrag für ein ganzes Studentenheim, der in der Zeit von Ende Oktober 2000 bis 27. Feber 2001 durchgeführt werden sollte. Infolge von fehlenden Mitarbeitern und Problemen mit einem Subunternehmen kam die Beklagte in Verzug. Daraufhin wurde die Klägerin neben ihrer bisherigen Tätigkeit auch zu manuellen Arbeiten in diesem Reinigungsobjekt eingesetzt.
Die Klägerin hat Anfang November 2000 für ihre neue Unterkunft Küchenmöbel bei einem Kunden der Beklagten bestellt. Der Geschäftsführer der Beklagten bot der Klägerin an, die Rechnung für die Küchenmöbel auf die Beklagte schreiben zu lassen, um die Mehrwertsteuer zu sparen. Als ihn die Klägerin wegen der Abgeltung der im Rahmen der Tätigkeiten für das Studentenheim anfallenden Überstunden ansprach, sagte der Geschäftsführer der Klägerin zu, dass dann, wenn die Arbeiten abgeschlossen seien und alles passe, die Küche von der Beklagten bezahlt werde.
Ab arbeitete die Klägerin mit Ausnahme von 3 Tagen durch, und zwar auch an den Wochenenden. Zu Beginn der 8. Kalenderwoche sagte der Geschäftsführer der Beklagten dann, dass sie ganz gut im Plan lägen und es sein könnte, dass am Sonntag nicht gearbeitet werden müsste, was die Klägerin dahin verstand, dass jedenfalls sie am Sonntag nicht arbeiten müsse. Am Samstag dem teile dann der Geschäftsführer der Klägerin in einer Arbeitspause um 9 Uhr 30 mit, dass sie am Sonntag doch arbeiten müsse, worauf die Klägerin drauf beharrte, frei zu haben. Sie bemühte sich dann, ihren Bereich fertig zu machen. Als der Geschäftsführer diesen dann gegen 21 Uhr 45 besichtigte und die Klägerin lobte, weil sie ihre Arbeit dort sehr ordentlich erledigt habe, sagte sie, dass sie den Bereich fertig gemacht habe, weil sie ja am Sonntag frei habe. Darauf beharrte Sie auch im Zuge der folgenden Auseinandersetzung, woraufhin der Geschäftsführer die Entlassung aussprach. Bis dahin hatte die Klägerin alleine im Februar über 80 Überstunden geleistet. Das Objekt wurde am übergeben ohne dass es zu einer Pönalezahlung kam.
Die Küche wurde schließlich - nachdem sie vorweg an die Beklagte fakturiert, aber von dieser nicht bezahlt worden war - von der Klägerin selbst bezahlt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Beklagte nunmehr in der Ausführung ihrer Revision davon ausgeht, dass die Beklagte der Klägerin die Bezahlung der Küche gar nicht zugesagt, sondern nur in Aussicht gestellt habe, entfernt sie sich von den Feststellungen, wie sie der Entscheidung des Berufungsgerichtes zugrundegelegt wurden. Hat das Berufungsgericht doch ausdrücklich festgehalten, dass es davon ausgeht, dass das Erstgericht - klargestellt durch die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung - eine Zusage an die Klägerin festgestellt hat (vgl auch allgemein Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 5). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass allgemein unklare Äußerungen gemäß § 915 ABGB zum Nachteil dessen auszulegen sind, der sich ihrer bedient, und zwar auch bei der Frage, ob die Äußerung als rechtsgeschäftliche Erklärung anzusehen ist (vgl Binder in Schwimann ABGB2 § 915 Rz 18 f mwN). Hier stellte nun eine Arbeitnehmerin die Frage, wie ihr die zusätzlichen, weit über das nach dem Arbeitszeitgesetz zulässige Ausmaß hinausgehenden Überstunden für eine Arbeit (ausschließlich manuelle Putztätigkeiten), zu deren Leistung sie sich gar nicht verpflichtet hat (Angestellte; Bereichsleiterin) abgegolten werden sollen. Dann ist aber in der Erklärung des Arbeitgebers, - zusätzlich zum Bruttogehalt, mit dem auch Überstunden abgegolten werden - quasi als Prämie eine bestimmte entgeltwerte Leistung "in Aussicht" zu stellen, ein rechtsgeschäftliches Anbot zu sehen, das durch die Leistung der Tätigkeit durch die Angestellt angenommen und wirksamer Vertragsbestandteil wird.
Soweit sich die Beklagte darauf stützt, dass die Klägerin aber die Bedingung für die Prämie " dass alles vom Anfang bis zum Ende passe" nicht erfüllt habe, ist dazu nun vorweg darauf zu verweisen, dass die Beklagte selbst durch die - insoweit werden die Entscheidungen der Vorinstanzen gar nicht mehr bekämpft - unberechtigte Entlassung kurz vor Beendigung der Arbeiten an dem Objekt den Eintritt der Bedingung verhindert hat. Wird aber von einer Partei der Eintritt einer Bedingung wider Treu und Glaube verhindert, so gilt sie insoweit als eingetreten (vgl RIS-Justiz RS0012728 mwN zuletzt 8 ObA 210/01t = DRdA 2003/7 [Karl]). Alleine der Umstand, dass die Klägerin also knapp vor dem Ende der Arbeiten ausschied, kann ihr jedenfalls hier, wo ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Dauer der Arbeitsleistung und der Prämie nicht ersichtlich ist, nicht entgegengehalten werden. Im Ergebnis handelt es sich dabei um eine Art "Wohlverhaltensprämie" . Dazu hat der Oberste Gerichtshof aber erst jüngst festgehalten, dass es dann, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nachweisen kann und besondere Vorgaben nicht festgelegt wurden, am Arbeitgeber liegt, nachzuweisen, warum die Voraussetzungen für die Wohlverhaltensprämie nicht vorliegen sollten (vgl = ASOK 2002, 241 = RdW 2002/220). Der Arbeitgeber kann sich aber nicht darauf berufen, dass die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, den klar gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes verstoßenden Weisung nachzukommen. Soll doch auch nicht dadurch, dass an die Gewährung von Entgeltbestandteilen bestimmte Bedingungen geknüpft werden, eine Umgehung von Schutzbestimmungen ermöglicht werden (vgl zum Freistellungs- bzw Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers bei Krankheit und der unzulässigen Einschränkung der Gewährung von
"Anwesenheitsprämien" = ZAS 2002/18
[Lind-Leitner] = ASoK 2002, 58 = RdW 2002/162 mwN).
Insgesamt war daher der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO. Der Einheitssatz steht im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof hier nur im Ausmaß von 60 % zu (vgl § 23 Abs 3 und 9 RATG).