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OGH vom 25.11.2008, 10Ob68/08k

OGH vom 25.11.2008, 10Ob68/08k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S*****, vertreten durch Dr. Elfriede Kropiunig und Dr. Michael Kropiunig, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei Wilhelm S*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Michael Augustin, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 150/08p-90, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass dingliche und obligatorische Wohnungsrechte ganz allgemein und damit auch im familiären Bereich wie jedes andere Dauerschuldverhältnis aus wichtigen Gründen aufgelöst werden können (vgl 8 Ob 569/92; 4 Ob 189/99v; 9 Ob 233/01g ua; RIS-Justiz RS0018813). Es wurde auch bereits darauf hingewiesen, dass von der Auflösung der Anspruch des Wohnungsberechtigten auf Vergütung des Geldwerts des Wohnrechts unberührt bleibt (4 Ob 189/99v mwN). Voraussetzung für eine Auflösung ist insbesondere, dass einem Teil die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Ein solcher wichtiger Auflösungsgrund wird zu bejahen sein, wenn ein gedeihliches Zusammenleben der Vertragspartner nicht mehr möglich ist, wobei dem überwiegend Schuldlosen das Lösungsrecht zukommt. Gründe, mit denen bei Vertragsabschluss bereits gerechnet werden musste, können prinzipiell nicht herangezogen werden (vgl Binder in Schwimann, ABGB3 § 1118 Rz 17 f mwN). Die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund ist das „äußerste Notventil". Es ist ein strenger Maßstab anzulegen, ob ein wichtiger Grund für die Auflösung vorliegt; die Gründe müssen entsprechend gewichtig sein (4 Ob 189/99v; 9 Ob 233/01g jeweils mwN; RIS-Justiz RS0018813).

Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts durch das Berufungsgericht steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung (vgl insbesondere den ähnlich gelagerten Sachverhalt in der Entscheidung 8 Ob 569/92). Zweifellos ist auch im vorliegenden Fall dem Beklagten ein erhebliches Interesse am Weiterbestand seines Wohnungsrechts zuzuerkennen. Dem steht gegenüber, dass die von ihm gesetzten, auf seiner Geisteskrankheit beruhenden und vom Erstgericht umfangreich festgestellten Verhaltensweisen objektiv einen unerträglichen Eingriff in die Rechte des Klägers als Liegenschaftseigentümer darstellen. Auf seiner Seite liegt nach dem festgestellten Sachverhalt kein relevantes vertragswidriges Verhalten vor. Auch wenn der Umstand der Unzurechnungsfähigkeit des Beklagten zumindest in der Weise berücksichtigt werden muss, dass das Verhalten einer geisteskranken Person nicht unter allen Umständen ebenso unleidlich ist wie ein gleichartiges Verhalten einer vollkommen zurechnungsfähigen Person, stellt auch eine Geisteskrankheit keinen Freibrief für ein unleidliches Verhalten dar (vgl 3 Ob 576/85 mwN). Die fehlende Vorwerfbarkeit des Verhaltens schließt daher nach der Rechtsprechung die Annahme der Unzumutbarkeit nicht aus (9 Ob 233/01g mwN). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat sich seit dem Abschluss des Notariatsakts vom , insbesondere aber seit dem Jahr 1992, das Verhalten des Beklagten unvorhersehbar wesentlich verschlechtert. Wie der Oberste Gerichtshof ebenfalls in der Entscheidung 8 Ob 569/92, bereits ausgesprochen hat, kann selbst die Kenntnis der Unleidlichkeit eines Wohnungsberechtigten dem Erwerber nicht schaden, weil er grundsätzlich auch gegenüber einer solchen Person Anspruch auf ungestörte Nutzung seines Eigentums hat. Die Vorinstanzen haben eine Abwägung des Bestandinteresses des Beklagten und des Auflösungsinteresses des Klägers im Sinne der dargelegten Ausführungen vorgenommen und dem Interesse des Klägers eine größere Beachtlichkeit zugemessen. Diese stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängige Beurteilung ist in der Regel einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich, es sei denn, es läge ein Fall einer unvertretbaren Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vor. Ein derartiger Fall wird jedoch vom Revisionswerber nicht dargetan. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt somit nicht vor (vgl 9 Ob 233/01g ua; RIS-Justiz RS0042834).