OGH vom 17.03.2005, 8ObA139/04f

OGH vom 17.03.2005, 8ObA139/04f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuras sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Viktor H*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Rainer H. Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 22/01h-19, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 3 Cga 190/99b-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

Die Klagebegehren

1. es werde festgestellt, dass der Kläger gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf „Überbrückungszahlung" bis zum Anfall seiner ASVG - Pension im Sinne des Sozialplanes vom habe; in eventu

2. es werde festgestellt, dass der Kläger gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf „Überbrückungszahlung" bis zu einem Zeitraum von 5 Jahren nach Auflösung seines Dienstverhältnisses am im Sinne des Sozialplanes vom habe; in eventu

3. es werde festgestellt, dass der Kläger gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf „Überbrückungszahlung„ für die Zeit, in denen er keine Arbeitstätigkeit ausübt, dies im Sinne des Sozialplanes vom , habe

werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten

a) des erstinstanzlichen Verfahrens EURO 5.520,13 (darin EURO 917,35 USt und EURO 15,99 an Barauslagen),

und

b) des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof einschließlich der Erklärung vor dem EuGH EURO 3.376,35 (darin EURO 562,73 USt)

binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Dienstverhältnis des Klägers bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten begann am . Diese wurde mit Wirksamkeit von mit der Beklagten als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen; es handelte sich hiebei um einen nicht auf Österreich beschränkten, sondern konzernumfassenden Prozess. Anlässlich der Verschmelzung wurde die Produktionsfabrik, deren Leiter der Kläger war, geschlossen und viele Arbeitsverhältnisse aufgekündigt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde per durch Dienstgeberkündigung beendet.

Um die Folgen der Schließung und der daraus resultierenden Kündigungen zu mildern, wurde zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat der Sozialplan vom geschlossen, in dessen Anwendungsbereich auch der Kläger fällt. Dieser Sozialplan enthält unter anderem folgende Passagen:

"7. Freiwillige Abfertigung

7.1 Geltungsbereich

Anspruch auf freiwillige Abfertigung haben Mitarbeiter, wenn sie bei Beendigung des Dienstverhältnisses das 55. Lebensjahr (Mann) bzw. das 50. Lebensjahr (Frau) noch nicht vollendet haben.

(...)

8. Überbrückungszahlung

8.1 Geltungsbereich

Anspruch auf Überbrückungszahlung haben Mitarbeiter, wenn sie bei Beendigung des Dienstverhältnisses das 55. Lebensjahr (Mann) bzw. 50. Lebensjahr (Frau) vollendet haben und noch keinen Anspruch auf eine ASVG-Pension haben.

8.2 Die Überbrückungszahlung beginnt im Monat nach Beendigung des Dienstverhältnisses und endet zu dem Zeitpunkt, zu dem eine ASVG-Pension in Anspruch genommen werden kann. Spätestens jedoch 5 Jahre nach Beendigung des Dienstverhältnisses.

8.3 Die Höhe der Überbrückungszahlung beträgt 75 % (brutto) des letzten Bruttomonatsgehaltes und wird 14 x pro Jahr ausbezahlt. Im Überbrückungszeitraum ist der Mitarbeiter dienstfrei gestellt.

Zusätzlich gewährt B***** eine freiwillige Abfertigung.

Diese richtet sich nach der Dauer des Überbrückungszeitraumes:

bis 2 Jahre - 1 Monatsgehalt

2 bis 4 Jahre - 2 Monatsgehälter

ab 4 Jahre - 3 Monatsgehälter

Die freiwillige Abfertigung wird gleichzeitig mit der gesetzlichen Abfertigung ausbezahlt.

12. Betriebliche Altersversorgung

12.1 Pensionsabfindung

Ausscheidende Mitarbeiter, die die Wartezeit nach B***** Pensionsstatut zum Austrittszeitpunkt erfüllt haben und nicht in die Überbrückungszahlung nach Punkt 8 des Sozialplanes fallen, erhalten folgende Leistung:

Als Pensionsabfindungsbetrag wird der ... bestehende Aktivwert zugesagt.

12.2 Ausscheidenden Mitarbeitern bleibt die Anwartschaft auf die betriebliche Altersvorsorge nach Maßgabe folgender Bestimmungen gewahrt:

- Mitarbeiterinnen, die das 50. Lebensjahr und Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Beendigung ihres Dienstverhältnisses vollendet und die Wartezeit gemäß unserer Versorgungsordnung erfüllt haben, erhalten ab Eintritt in eine ASVG-Pension die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung.

- Der Überbrückungszeitraum gemäß Punkt 8 dieses Sozialplanes wird als Dienstzeit voll angerechnet.

- (...)"

Für den Fall, dass ein gekündigter Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Erhalt von Überbrückungsgeld gemäß Punkt 8 des vorstehend auszugsweise angeführten Sozialplanes erfüllte, wurde in der Praxis das Dienstverhältnis mit diesem einvernehmlich oder durch Dienstgeberkündigung beendet und in weiterer Folge ein auf maximal 5 Jahre bzw. bis zum Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs auf eine ASVG-Pension befristeter Dienstvertrag vereinbart, während dessen Dauer der Dienstnehmer Überbrückungsgeld bezog, unwiderruflich dienstfreigestellt war und eine andere Erwerbstätigkeit ausüben durfte.

Der Kläger wurde am geboren. Er zählte demnach zum Zeitpunkt seiner Kündigung am 54 Jahre und hatte das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet; er wurde daher gemäß Punkt 7 und nicht gemäß Punkt 8 des vorstehend auszugsweise angeführten Sozialplanes behandelt. Ihm wurde eine freiwillige Abfertigung in der Höhe von S 1,845.000,-- brutto, das sind S 1,274.113,75 netto, für 18 Dienstjahre ausbezahlt, welche er auch annahm. Der Kläger hat - folgt man seinem Vorbringen (AS 23) und seiner Aussage (AS 26 f) in der Tagsatzung vom - seit einen anderen Arbeitsplatz mit vergleichbarer Entlohnung gefunden.

Gehörte der Kläger dem weiblichen Geschlecht an, wäre er bei der Beendigung seines Dienstverhältnisses gemäß Punkt 8 des auszugsweise angeführten Sozialplanes zu behandeln gewesen; ihm wäre dann eine freiwillige Abfertigung, die jedoch geringer gewesen wäre als die, die er erhalten hat, ausbezahlt worden und mit ihm wäre ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründet worden, innerhalb dessen er Überbrückungsgeld erhalten hätte.

Der Kläger begehrte letztlich die Feststellung, dass er gegenüber der Beklagten Anspruch auf "Überbrückungszahlung" bis zum Anfall seiner ASVG-Pension im Sinne des Sozialplanes vom habe, in eventu die Feststellung, dass er gegenüber der Beklagten Anspruch auf "Überbrückungszahlung" bis zu einem Zeitraum von 5 Jahren nach Auflösung seines Dienstverhältnisses am im Sinne des Sozialplanes vom habe und in eventu die Feststellung, dass er gegenüber der Beklagten Anspruch auf "Überbrückungszahlung" im Sinne des Sozialplanes vom für die Zeiträume habe, in denen er keine Arbeitstätigkeit ausgeübt habe. Er stützt dies zusammengefasst darauf, dass die Regelung des Überbrückungsgeldes im Punkt 8 des Sozialplanes vom im Hinblick auf das unterschiedliche Antrittsalter für Männer (Vollendung 55. Lebensjahr) und Frauen (Vollendung 50. Lebensjahr) sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft sittenwidrig und nichtig sei, sodass auch für Männer das frühere Antrittsalter gelte. Er sei im Zeitpunkt der Kündigung 54 Jahre alt gewesen und habe daher Anspruch auf das Überbrückungsgeld.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass die Regelung hinsichtlich des Überbrückungsgeldes nicht an Art 141 EG zu messen sei, da dieser nicht dahingehend auszulegen sei, dass über die Gleichheit des Arbeitsentgeltes hinaus auch die Gleichheit der sonstigen Arbeitsbedingungen für männliche und weibliche Arbeitnehmer gewährleistet seien. Die unterschiedlichen Altersvoraussetzungen von Frauen und Männern für die Erlangung von Überbrückungsgeld seien überdies sachlich durch das unterschiedliche Pensionsantrittsalter von Frauen und Männern gerechtfertigt und daher nicht diskriminierend. Zweck des Überbrückungsgeldes sei gewesen, die Dienstverhältnisse mit Dienstnehmern, die ein gewisses Lebensalter überschritten haben, trotz betrieblicher Rechtfertigung nicht aufzulösen, da erfahrungsgemäß solche Dienstnehmer Probleme beim Finden eines Arbeitplatzes hätten. Dieses gewisse kritische Dienstalter sei erfahrungsgemäß bei Männern höher als bei Frauen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest, dass der Kläger gegenüber der Beklagten bis zum Anfall seiner ASVG-Pension jedoch maximal für einen Zeitraum von 5 Jahren nach Auflösung seines Dienstverhältnisses am Anspruch auf Überbrückungsgeld hat. Es beurteilte den einleitend dargestellten Sachverhalt dabei im Wesentlichen dahin, dass nach der Judikatur des EuGH - insbesondere in der Rechtssache Barber - davon auszugehen sei, dass die gegenständliche Regelung des Überbrückungsgeldes hinsichtlich der unterschiedlichen Altersvoraussetzung für Männer und Frauen dem Gleichbehandlungsgebot des Art 141 EG widerspreche. Da Art 141 EG zwingend und unmittelbar anzuwenden sei, sei die ungleiche Anspruchsvoraussetzung hinsichtlich des Alters nichtig und der Anspruch auf Überbrückungsgeld bestehe für Frauen und Männer gleichmäßig, wenn sie bei Beendigung des Dienstverhältnisses das 50. Lebensjahr vollendet und noch keinen Anspruch auf ASVG-Pension hätten. Das Klagebegehren bestehe daher zu Recht.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und schloss sich im wesentlichen der Begründung des Erstgerichtes an. Die Festsetzung eines unterschiedlichen Anfallsalters für Männer und Frauen verstoße gegen Art 119 (alt Art 141 neu) EG. Die Arbeitsleistungen seien vergleichbar.

Die Beklagte bekämpft in ihrer noch gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG in der Fassung vor der ZVN 2002 jedenfalls zulässigen Revision die Rechtsansicht, dass das gegenständliche Überbrückungsgeld an Art 141 EG zu messen sei und dass eine Diskriminierung vorliege. Sie stützt sich dabei zusammengefasst darauf, dass es um die Frage gehe, ob eine Diskriminierung in Bezug auf die Voraussetzung des Zugangs zum Überbrückungsgeld vorliege; diese Frage sei gemäß der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Burton (RS 19/81) nicht an Art 141 EG sondern an der RL 76/207/EWG zu messen. Die Festlegung einer Zugangsbestimmung für eine derartige Leistung, die an ein unterschiedliches Anfallsalter des gesetzlichen Sozialversicherungssystems anknüpft, sei zulässig. Darüberhinaus seien bei Überbrückungsentgelt Arbeitsleistung und Entgelt entkoppelt und würde das gleiche Anfallsalter für Männer und Frauen eine Diskriminierung der Frauen bedeuten.

Dem tritt der Kläger im Wesentlichen mit den Argumenten des Erst- und Berufungsgerichtes entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Verfahren mit seinem Beschluss vom zu GZ 8 ObA 250/01z einige Fragen dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der Oberste Gerichtshof ist dabei von folgenden Überlegungen ausgegangen:

„Nach § 2 Abs 1 des Gleichbehandlungsgesetzes ist jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes verboten, und insbesondere unter anderem

bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses (Z 1)

bei der Festsetzung des Entgeltes (Z 2)

bei der Gewährung von Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen (Z 3),

beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen (Z 5) und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Z 7).

Diskriminierungen bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg führen zu bestimmten Schadenersatzforderungen (vgl § 2a Abs 1 und 5 Gleichbehandlungsgesetz), solche im Zusammenhang mit der Festsetzung des Entgeltes bewirken, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Bezahlung der Differenz hat (vgl § 2a Abs 2 Gleichbehandlungsgesetz).

Das Überbrückungsgeld wurde zwischen der Beklagten und deren Betriebsrat im Rahmen eines Sozialplans anlässlich einer bevorstehenden Kündigungswelle als Folge einer Gesellschaftsverschmelzung samt teilweiser Betriebseinschränkung vereinbart. Gemäß § 97 Abs 1 Z 4 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) kann der Betriebsrat, das gewählte Organ der Arbeitnehmerschaft im Betrieb, vom Betriebsinhaber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer Betriebsänderung iSd § 109 Abs 1 Z 1 bis 6 ArbVG erzwingen, sofern diese wesentliche Nachteile für alle Arbeitnehmer oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich bringt. Inhalt dieser Betriebsvereinbarung, die Sozialplan genannt wird, können alle Regelungen sein, die nachteilige Folgen von Betriebsänderungen ausgleichen, wie beispielsweise erhöhte Abfertigungen bei Kündigung infolge von Betriebseinschränkung oder Unterstützungsleistungen für gekündigte Arbeitnehmer, aber auch "Überbrückungsgelder" uvm. Ein bestimmter Inhalt ist vom Gesetz nicht vorgegeben. Gemäß § 31 ArbVG ist eine Betriebsvereinbarung innerhalb ihres Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich; sie hat somit normative Wirkung für die Arbeitnehmer. Der gegenständliche Sozialplan vom ist eine solche Betriebsvereinbarung über Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer Betriebsänderung.

Gemäß § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG kann eine Kündigung wegen Sozialwidrigkeit angefochten werden, wenn sie wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt und weder durch in der Person des Arbeitnehmers gelegene Umstände, die die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, noch durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, begründet ist. Der Oberste Gerichtshof hat zur Überprüfung dieser Voraussetzungen ein Dreistufenmodell entwickelt, in deren erster Stufe er überprüft, ob wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt sind, in deren zweiter Stufe er sich den betrieblichen Erfordernissen der Kündigung zuwendet und in deren dritter Stufe er eine Interessenabwägung vornimmt. Den Arbeitgeber trifft eine soziale Gestaltungspflicht , die unter anderem insoweit umso höher ist, je älter der Arbeitnehmer ist und je schwieriger die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes wird. Auf Grund dieser Bestimmung werden also vor allem ältere Arbeitnehmer geschützt. Stimmt aber der Betriebsrat einer Kündigung ausdrücklich zu, so kann diese Kündigung nicht mehr wegen Sozialwidrigkeit angefochten werden. Träger des Anfechtungsrechtes der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit ist nicht der betroffene Arbeitnehmer, sondern die gesamte Arbeitnehmerschaft des Betriebes, die durch den Betriebsrat vertreten wird (vgl zuletzt mwN, etwa Floretta in Floretta/Strasser, Komm zum ArbVG § 105 bis 107, 619; insb aber VfSlg 10.297 und VfGSlg 10.344 = DRdA 1985/14 mit Besprechung von Floretta). Mit dem Abschluss eines Sozialplans, der die Folgen der Kündigungen vor allem für ältere Arbeitnehmer abmildert, können Kündigungsanfechtungen zumeist vermieden werden.

Die gesetzliche Altersversorgung in Österreich ist folgendermaßen ausgestaltet: Anspruch auf Alterspension haben gem § 253 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Männer nach Vollendung des 65. und Frauen nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit, bei langer Versicherungsdauer und auf Gleitpension hatten zum Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Sozialplanes gem §§ 253a, 253b, 253c ASVG Männer nach Vollendung des 60. und Frauen nach Vollendung des 55. Lebensjahres; nunmehr gelten höhere Altersgrenzen (61,5 Lebensjahre für Männer und 56,5 Lebensjahre für Frauen).

Laut Statistik des Arbeitsmarktservice Wien ergibt sich gegliedert nach Alter und Geschlecht im Jahresdurchschnitt in Österreich folgendes Bild der Arbeitslosenquoten:

Im Jahr 1998 betrug die Arbeitslosenquote im Segment der 30 - 39-jährigen 7,6 % bei Frauen und 6 % bei Männern, im Segment der 40 - 49-jährigen 6,3 % bei Frauen und 6,4 % bei Männern, im Segment der 50 - 54-jährigen 11,2 % bei Frauen und 8,7 % bei Männern, im Segment der 55 - 59-jährigen 8,9 % bei Frauen und 12,7 % bei den Männern und der Altersgruppe der ab 60-Jährigen 4,6 % bei Frauen und 6,4 % bei Männern.

Im Jahr 1999 betrug die Arbeitslosenquote im Segment der 30 - 39-jährigen 6,9 % bei Frauen und 5,6 % bei Männern, im Segment der 40 - 49-jährigen 5,9 % bei Frauen und 5,8 % bei Männern, im Segment der 50 - 54-jährigen 11 % bei Frauen und 8,1 % bei Männern, im Segment der 55 - 59-jährigen 9,9 % bei Frauen und 13,6 % bei den Männern und der Altersgruppe der ab 60-jährigen 4,9 % bei Frauen und 7,2 % bei Männern.

Im Jahr 2000 betrug die Arbeitslosenquote im Segment der 30 - 39-jährigen 5,9 % bei Frauen und 5 % bei Männern, im Segment der 40 - 44-jährigen 5 % bei Frauen und 5 % bei Männern, im Segment der 45 - 49-jährigen 5,2 % bei Frauen und 5,5 % bei Männern, im Segment der 50 - 54-jährigen 9 % bei Frauen und 6,9 % bei Männern, im Segment der 55 - 59-jährigen 9,5 % bei Frauen und 12 % bei den Männern und der Altersgruppe der ab 60-jährigen 5,1 % bei Frauen und 8,4 % bei Männern.

Bei Betrachtung dieser Statistik ist festzustellen, dass sich die Arbeitslosenquote in den Alterssegmenten bis 49 Jahre relativ konstant und für beide Geschlechter gleichermaßen darstellt; erst in der Altersstufe der 50 - 54-jährigen ist die Arbeitslosenquote der Frauen - trotz des Kündigungsschutzes - plötzlich fast doppelt so hoch wie in der vorherigen Altersstufe und überdies deutlich höher als bei Männern derselben Altersstufe. Im Alterssegment der 55 - 59-jährigen ist dann die Arbeitslosenquote der Männer plötzlich um einiges höher als die Quote in der vorherigen Altersstufe und überdies höher als bei Frauen derselben Altersstufe.

Ein Erklärungsmodell für dieses Faktum könnte darin liegen, dass das Risiko der Arbeitslosigkeit mit der wachsenden Nähe der jeweiligen Person zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter zunimmt und somit für Frauen, deren Altersvoraussetzung zur Erlangung einer gesetzlichen Pension niedriger ist als die der Männer, früher als für Männer seinen Höhepunkt hat (vgl dazu auch die AMS Studie Die Diskriminierung Älterer am Arbeitsmarkt von Finder ua, 30, vgl insbesondere zum "Altershöcker" vor dem Pensionsalter S 44; zum Argument der kürzeren "Verweildauer" im Betrieb als Hindernis für eine Arbeitsplatzvermittlung S 85). Das gesteigerte Risiko der Arbeitslosigkeit realisiert sich allerdings erst, wenn tatsächlich eine Kündigung erfolgt. Bei einer Kündigung vor diesem Zeitraum ist das Risiko, keinen anderen Arbeitsplatz zu finden und damit die Sozialgestaltungspflicht des kündigenden Arbeitgebers noch geringer. Die Beklagte hat sich nun darauf berufen, dass mit dem gegenständlichen Sozialplan genau dieser Zweck, dem - wie ausgeführt - in den letzten fünf Jahren vor Pensionsantritt höheren Risiko der Arbeitslosigkeit Rechnung zu tragen, verfolgt werden soll.

Die Gewährung des Überbrückungsgeldes stellt sich nun ungeachtet der dabei gewählten Konstruktion nicht als Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 Gleichbehandlungsgesetzes oder als Aufstieg im Sinne des § 2 Abs 1 Z 3 Gleichbehandlungsgesetz dar, weil es ja von vornherein nicht darum geht, dass die betroffenen Arbeitnehmer weiter überhaupt eine (Z 1) und noch weniger eine "höhere" (Z 3) Arbeitsleistung erbringen sollen.

Es handelt sich aber auch nicht um eine Betriebspension im Sinne des Betriebspensionsgesetzes. Soll doch mit dem Überbrückungsgeld nicht eine gesetzliche Pensionsversicherung ergänzt werden. Auch besteht keinerlei Anknüpfung an die Dauer des Arbeitsverhältnisses ("Anwartschaftszeiten"; die Entscheidung des zu 9 ObA 229/97k, in der ein ähnliches "Formalarbeitsverhältnis" als Pensionsvereinbarung qualifiziert wurde, basierte auf einer besonderen einzelvertraglichen Abänderung eines Pensionsvertrages).

Im Kern wird dem Arbeitnehmer allein wegen seiner Zugehörigkeit zur Belegschaft des Betriebes aus den den Arbeitgeber dieser gegenüber treffenden Gestaltungspflichten eine Absicherung des Risikos zuteil, in einem bestimmten Alter, in dem er typischerweise schwer vermittelbar ist, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Wie das "Überbrückungsgeld" nun als Entgelt im Sinn des § 2 Abs 1 Z 2 Gleichbehandlungsgesetz zu behandeln ist, ist im Sinne der richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf die einschlägigen EG-Richtlinien zu beurteilen (vgl ; mwN = insb RIS-Justiz RS0102121 ua, Slg 1995 I/4321). Weiters ist auch auf die unmittelbare Wirksamkeit des Art 141 EG Bedacht zu nehmen (vgl etwa Barber, Slg 1990, I-1889).

Gemäß Art 141 EG-Vertrag muss jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherstellen. Unter Entgelt sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.

Gleichheit des Arbeitsentgeltes ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bedeutet nach Art 141 EG, dass

a) das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit auf Grund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird,

b) für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt beim gleichen Arbeitsplatz gleich ist.

Nach Art 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen vom (ABl. Nr. L 45 vom , S. 19 - Lohngleichheitsrichtlinie ) bedeutet der Grundsatz des gleichen Entgeltes bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, die Beseitigung jeder Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen. Nach Art 4 müssen die Mitgliedsstaaten auch Maßnahmen treffen, dass etwaige entgegenstehende Bestimmungen in Tarifverträgen für nichtig erklärt werden können.

Schließlich ist aber auch noch die Richtlinie 86/378/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit vom (ABl. Nr. L 225 vom , S. 40, geändert durch die Richtlinie 96/97/EG des Rates vom , ABl. Nr. L 46 vom , S. 20 - Betriebspensionsrichtlinie ) zu beachten. Sie soll den Grundsatz der Gleichbehandlung bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit verwirklichen, die Schutz gegen die in Art 3 Abs 1 der Richtlinie 79/7/EWG (Soziale Sicherheit) genannten Risken gewähren, sowie bei Systemen, die für Arbeitnehmer sonstige Vergütungen in Form von Geld- oder Sachleistungen im Sinne des Vertrages vorsehen. Nach ihrem Art 2 erfasst die Richtlinie Systeme, die nicht durch die Richtlinie 79/7/EWG (Soziale Sicherheit) geregelt werden, deren Zweck unter anderem darin besteht, den unselbständig Erwerbstätigen eines Unternehmens Leistungen zu gewähren, die als Zusatzleistungen oder Ersatzleistungen die gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit ergänzen und an ihre Stelle treten. Nach Abs 3 des Art 2 steht die Richtlinie Regelungen nicht entgegen, nach denen Personen, welche die Altersgrenze für die Gewährung einer Rente aus einem betrieblichen System jedoch noch nicht die Altersgrenze für die Gewährung einer gesetzlichen Rente erreicht haben, eine Zusatzrente gewährt wird, damit der Betrag der gesamten Leistung dem Betrag entspricht oder nahekommt, der Personen des anderen Geschlechtes in derselben Lage, die bereits das gesetzliche Rentenalter erreicht haben, gewährt wird, bis auch der Bezieher der Zusatzrente das gesetzliche Rentenalter erreicht hat.

Die Richtlinie findet zufolge ihres Art 4 Anwendung auf betriebliche Systeme, die Schutz gegen die Risken der Krankheit, Invalidität, des Alters einschließlich vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand, Arbeitsunfall und Berufskrankheit sowie Arbeitslosigkeit bieten, aber auch auf betriebliche Systeme, die sonstige Sozialleistungen in Form von Geld- oder Sachleistungen vorsehen, soweit sie als vom Arbeitgeber auf Grund des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber erbracht anzusehen sind.

Art 5 der Richtlinie verbietet jegliche unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes ua soweit sie den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen betrifft. Insbesondere werden darunter zufolge Art 6 Abs 1 lit c der Richtlinie unterschiedliche Regeln über das Alter für den Beitritt zum System oder für die Mindestdauer der Beschäftigung oder Zugehörigkeit zum System, um einen Leistungsanspruch zu begründen, verstanden. Ferner erfasst Art 6 Abs 1 lit f der Richtlinie als eine solche unzulässige Diskriminierung die Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung wurde schließlich für weitere Arbeitsbedingungen noch durch die Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen vom (ABl Nr L 39 vom , S. 40) festgelegt.

Der EuGH geht nun davon aus, dass die Richtlinien im Wesentlichen die konkrete Anwendung des Art 141 EG (119 EG-Vertrag) genannten Grundsatzes des gleichen Entgeltes erleichtern sollen, aber in keiner Weise den Inhalt oder die Tragweite dieses Grundsatzes berühren (vgl etwa zuletzt Brunnhofer mwN etwa Barber, Slg 1990, I-1889). Der in Art 141 EG und der Richtlinie 75/117/EWG verwendete Begriff des Entgeltes soll die gleiche Bedeutung haben (vgl Rs Brunnhofer Rz 29 mwN). Der Grundsatz des gleichen Entgeltes verbietet jede Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei gleichem Arbeitsplatz oder gleicher Arbeit ohne Rücksicht darauf, woraus sich diese Ungleichbehandlung ergibt (vgl Rechtssache Barber Rz 32), es sei denn, das unterschiedliche Entgelt ist durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nichts zu tun haben (vgl Macarthys Slg 1980, 1275 Rz 12, allerdings zu zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschäftigten Arbeitnehmern sowie Hill und Stapleton Slg 1998 I-3739 Rz 34 allerdings zum Fall der mittelbaren Diskriminierung bei Teilzeitbeschäftigten).

Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob das gegenständliche "Überbrückungsgeld" überhaupt dem Entgeltbegriff des Art 141 EG entspricht und somit dem Diskriminierungsverbot dieses Artikels zu unterstellen ist. Wie der EuGH bereits entschieden hat, umfasst der Begriff des Entgelts iSd Art 141 Abs 2 EG alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistungen gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, dass sie der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt. Der Umstand, dass bestimmte Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, schließt nicht aus, dass sie den Charakter eines Entgelts iSd Art 141 EG haben (, Barber, Slg 1990 I-1889 Rz 12, Rs Brunnhofer Rz 33). Für die Beurteilung der Frage, ob Entgelt vorliegt, hat der EuGH verschiedene Kriterien entwickelt (siehe ua Bilka, Slg 1986, 1607; Rs C-200/91 Russell, Slg 1994, I-4389, RZ 67f) und zwar:

1. Die Vergünstigung muss entweder auf einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern oder ihren Vertretern oder auf einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers beruhen.

2. Die Vergünstigung muss ohne Beteiligung der öffentlichen Hand in vollem Umfang vom Arbeitgeber oder von diesem und den Arbeitnehmern gemeinsam finanziert werden.

3. Das System der Vergünstigungen darf nicht zwingend für allgemein umschriebene Gruppen von Arbeitnehmern gelten, sondern lediglich die Arbeitnehmer bestimmter Unternehmen betreffen, so dass sich die Zugehörigkeit zu ihnen notwendig aus dem Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Arbeitgeber ergibt. All diese Kriterien treffen hier zu.

Auch in der Rechtssache Kommission gegen Belgien ( Slg 1993, I-673), der eine mit Tarifvertrag eingeführte zusätzliche Entschädigung für in einem bestimmten Alter entlassene Arbeitnehmer zugrunde gelegen ist, hat der EuGH unter Anwendung der eben genannten Kriterien entschieden, dass diese Entschädigung doch als Entgelt im Sinne des Art 141 EG anzusehen ist, weil sie vertraglicher Natur ist, auf eine Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern zurückgeht, vom letzten Arbeitgeber des entlassenen Arbeitnehmers zu zahlen ist und aufgrund des Arbeitsverhältnisses, das zwischen diesen beiden Personen bestanden hat, geschuldet wird.

Unter Anwendung der genannten Kriterien auf das Überbrückungsgeld scheint auch dieses als Entgelt im Sinne des Art 141 EG sowie der Richtlinie 75/117/EWG einzustufen zu sein. Beruht es doch auf einer Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat - dem Organ der Arbeitnehmer - und ist allein von der Beklagten als Arbeitgeberin zu tragen. Ferner hat es seinen Grund in dem zwischen Kläger und Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnis und der dadurch bewirkten Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft im Betrieb der Beklagten.

Sollte der Entgeltbegriff doch nicht erfüllt sein (vom Arbeitsverhältnis entkoppelt, keine direkte Gegenleistung), sondern das Überbrückungsgeld nur als eine Entlassungsbedingung anzusehen sei (vgl auch die Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG; in dem Erkenntnis des Burton Slg 1982, 0554 ging es um ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Betrieb; und in der Entscheidung des Roberts Slg 1986, 0703 wurde ausdrücklich die Frage der Voraussetzungen einer Rente nicht erfasst vgl Rz 30), so wäre die Vereinbarkeit mit Art 141 Abs 2 EG und der Richtlinie 75/117/EWG nicht zu prüfen.

Entscheidend wird damit vorweg, ob Art 141 EG und die Richtlinie 75/117/EWG dem vorliegenden System entgegenstehen, sodass die ersten beiden Teile der ersten Frage wie folgt zu lauten haben:

1a.) Sind Art 141 EG sowie Art 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen vom (ABl. Nr. L 45 vom , S 19) dahin auszulegen, dass sie

in einem System, in dem der Arbeitgeber, der infolge einer Verschmelzung mit einer anderen Gesellschaft eine größere Gruppe von Arbeitnehmern kündigt - auf Grund seiner sozialen Gestaltungspflicht gegenüber der gesamten Arbeitnehmerschaft dazu verpflichtet wird, zur Milderung der Kündigungsfolgen -, insbesondere der mit dem Alter korrelierenden Gefahr der Arbeitslosigkeit - mit dem Betriebsrat einen für die Arbeitnehmer normativ wirkenden Sozialplan zu schließen,

einem Sozialplan entgegenstehen, nach dem unabhängig von der Dauer der Beschäftigung, also ohne Berücksichtigung von Anwartschaftszeiten allein auf Grund des Alters - und der für Männer und Frauen je nach dem Alter pauschal betrachtet unterschiedlichen Gefahr von längerer Arbeitslosigkeit - allen weiblichen Arbeitnehmern, die im Kündigungszeitpunkt das 50. Lebensjahr vollendet haben und allen männlichen Arbeitnehmern, die im Kündigungszeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet haben, ein Überbrückungsgeld in Höhe von 75 % des letzten Bruttomonatsgehaltes für fünf Jahre, jedoch maximal bis zum Zeitpunkt des gesetzlichen Pensionsanspruches zusteht?

1b.) Ist insbesondere der Begriff des Entgeltes in Art 141 EG sowie Art 1 der Richtlinie dahin zu verstehen, dass er bei Leistungen, die nicht an die erbrachte Arbeit, sondern allein an die Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft und die dem Arbeitgeber auferlegte soziale Gestaltungspflicht anknüpfen, die Abdeckung des Risikos der dauernden Arbeitslosigkeit erfassen, sodass das Entgelt dann als gleich anzusehen ist, wenn es - pauschal betrachtet - das gleiche Ausmaß des Risikos abdeckt, auch wenn dieses Risiko bei Männern und Frauen typischerweise in unterschiedlichen Altersklassen eintritt?

Weiters stellt sich aber auch die Frage, ob nicht dann, wenn der Entgeltbegriff doch nicht die Risikoabdeckung, sondern allein die Barzahlung umfasst, auch bei einer unmittelbar auf das Geschlecht abstellenden Differenzierung eine Rechtfertigung geprüft werden kann. Dazu wird unter Bezugnahme auf die Entscheidung in der Rechtssache Dekker () die Ansicht vertreten, dass bei einer unmittelbaren geschlechtsabhängigen Entgeltdifferenzierung eine Rechtfertigung nicht in Betracht komme (vgl Schlachter in Oetker/Preis EAS B 4100 Rz 39). Diese Entscheidung bezog sich aber nur auf die Frage, ob bei einer festgestellten gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierung noch die Frage des Verschuldens des Arbeitgebers und dabei allfällige im Recht des Mitgliedstaates vorgesehene Rechtfertigungsgründe zu prüfen wären. Hier geht es aber unmittelbar um die Frage des Vorliegens einer Diskriminierung. Schließt man beim "Entgelt" eine Differenzierung nach dem Geschlecht generell aus, so führt dies in Bereichen, in denen faktisch an das Geschlecht anknüpfende Unterschiede bestehen, zu einer Benachteiligung des davon betroffenen Geschlechtes. Dementsprechend lässt etwa die - allerdings nicht für den Entgeltbereich geltende - Richtlinie 76/207/EWG verschiedene geschlechtsspezifische Unterscheidungen zu (vgl Art 2 Abs 2 und 3 der Richtlinie 76/207/EWG).

Es ist daher auch die Frage zu klären, ob jedenfalls eine verbotene Diskriminierung im Sinne des Art 141 EG vorliegt, wenn bei der Entgeltregelung an das Geschlecht angeknüpft wird. Zwar hat der EuGH in der Rs Barber im dritten Leitsatz ausgesprochen, dass jede das Entgelt betreffende Ungleichbehandlung von Männern und Frauen von Art 141 EG ohne Rücksicht darauf, woraus sich diese Ungleichbehandlung ergibt, verboten ist. In der Rs Barber hat es sich aber um den vorverlegten Anfall einer betrieblichen Altersversorgung gehandelt, die sich auch aus der Dauer der Beschäftigung ergab. Insoweit war es also offenbar eine Frage des gleichen Entgeltes für den gleichen Arbeitsplatz im Sinne des Art 141 Abs 2 lit b EG.

Hier steht aber die Leistung des Überbrückungsgeldes überhaupt mit keinem bestimmten Arbeitsplatz oder einer bestimmten Arbeitsleistung im Zusammenhang, sondern allein mit der Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft und der sozialen Gestaltungspflicht des Arbeitgebers und soll die Gefahr langdauernder Arbeitslosigkeit vermeiden.

Lässt man diese für die gesamte Arbeitnehmerschaft bestehende soziale Gestaltungspflicht in ihrer Konkretisierung gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern nicht auf die faktischen Unterschiede des Risikos einer langdauernden Arbeitslosigkeit zwischen Männern und Frauen Bedacht nehmen, so wird dieses Risiko bei den Frauen in geringerem Umfang abgedeckt. Eine bestimmte Dauer der Absicherung oder ein bestimmter Umfang ist vom Gesetz für die Gestaltung der Sozialpläne nicht gegeben . Auszugehen ist weiter von einem regelmäßig faktisch beschränkten Finanzierungsvolumen , das den Betrieben zur Vereinbarung von Sozialplänen zur Verfügung steht. Dass nur ein bestimmter Finanzierungsrahmen zur Verfügung steht und die Ansprüche inhaltlich vom Gesetz nicht vorgegeben sind, führt dann, wenn gemeinschaftsrechtlich ein differenziertes Eingehen auf die unterschiedlichen Risken von Männern und Frauen nicht zulässig sein sollte, dazu, dass, vereinfacht dargestellt bezogen auf den vorliegenden Fall, dann ein einheitliches "Risikoalter" für den Anspruch auf das Überbrückungsgeld in Höhe von 52,5 Jahren festgelegt werden wird. Damit würde dann der 52-jährigen Frau, die nach den vorliegenden statistischen Unterlagen ein erheblich höheres Risiko dauernder Arbeitslosigkeit trifft als den 54-jährigen Mann, kein Überbrückungsgeld zustehen, während der 54-jährige Mann den dieses Risiko - wie auch der Fall des Klägers zeigt - nicht in einem solchen Ausmaß trifft, in den Genuss des Überbrückungsgeldes kommen würde. Im Bereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgebotes wird ja eine Diskriminierung nicht nur dann bejaht, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Sachverhalte angewendet werden, sondern auch dann, wenn dieselben Vorschriften auf ungleiche Sachverhalte angewendet werden (vgl dazu allgemein , Gillespie Slg 1996/I-475, Rz 16).

Eine Diskriminierung durch unterschiedliche Regelungen setzt voraus, dass sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in derselben Lage befinden und eine neutrale Regelung das Nichtvorhandensein einer Diskriminierung bestätigt (vgl dazu auch Birds Slg 1993, I-5579, Rz 17 und Rz 23). In der Rs Birds ging es um die von einem Arbeitgeber an Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters vorzeitig in den Ruhestand gehen mussten, zum Ausgleich gezahlten Zuwendungen. Diese wurden ab Bezug der gesetzlichen Rente gekürzt, also bei Frauen fünf Jahre früher als bei Männern. Der EuGH erachtete dies als nicht dem Art 141 EG widersprechend, weil eine Diskriminierung voraussetze, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in derselben Lage befinden, was nicht vorliege, da die Frauen eben bereits mit dem 60. Lebensjahr die gesetzliche Rente erreichten. Hier geht es aber nicht primär darum, dass Arbeitnehmer, die ohnehin aus dem Berufsleben ausscheiden, eine Gegenleistung für ihre Tätigkeit im Erwerbsleben erhalten sollen, sondern dass den Arbeitnehmern das Risiko der Arbeitslosigkeit in einer für die Vermittlung besonders schwierigen Altersgruppe abgedeckt werden soll - wenngleich bis zum Eintritt in den Ruhestand. Schon aus der Art der Anspruchsgrundlagen und der Berechnung ergeben sich aber Anhaltspunkte dafür, dass eben nicht nur eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung im Erwerbsleben erbracht werden soll.

Schließlich ist unter dem Aspekt der richtlinienkonformen Interpretation auch die Auslegung der Richtlinie 86/378/EWG (Betriebspensionsrichtlinie) maßgeblich. Im Hinblick auf die Regelung in Art 6 Abs 1 lit f der RL, wonach für den Eintritt in den Ruhestand kein unterschiedliches Alter festgesetzt werden darf, ist auch entscheidend, ob es sich bei dem vorliegenden System um ein System zum Schutz gegen das Risiko des Alters einschließlich der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand im Sinne des Art 4 lit a der Betriebspensionsrichtlinie handelt.

Weiters ist auch in Art 6 Abs 1 lit c der RL allgemein die Unzulässigkeit eines unterschiedlichen Alters für den Beitritt "zum System" festgelegt. Dabei stellt sich hier die Frage, ob nur die Leistung aus dem konkreten Sozialplan selbst als System verstanden werden kann oder auch die aus der Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft und der sozialen Gestaltungspflicht des Arbeitgebers resultierende Verpflichtung zur Risikoabsicherung.

Letzlich war für den Fall, dass der EuGH das vorliegende Überbrückungsgeld doch nicht als Entgelt, sondern etwa als Entlassungsbedingung im Sinne der Richtlinie 76/207/EWG qualifiziert (vgl insbesondere Roberts Slg 1986, 0703) die Zulässigkeit der Differenzierung unter dem Aspekt einer Entlassungsbedingung zu klären (Frage 3a und 3b)."

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seiner Entscheidung vom zu C-19/02 die Fragen wie folgt beantwortet:

„Ein Überbrückungsgeld wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende fällt unter den Begriff „Entgelt" im Sinne von Artikel 141 EG und Artikel 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens stehen diese Vorschriften der Anwendung eines Sozialplans nicht entgegen, der eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Alters vorsieht, von dem an ein Anspruch auf Überbrückungsgeld besteht, weil sich Männer und Frauen nach dem nationalen gesetzlichen System der vorzeitigen Alterspension hinsichtlich der für die Gewährung dieser Pension maßgeblichen Elemente in unterschiedlichen Situationen befinden."

Aus der Begründung des EuGH ist folgendes hervorzuheben:

„.....

39

Es steht fest, dass der oben erwähnte Sozialplan erarbeitet wurde, um die sozialen Auswirkungen einer Umstrukturierungsmaßnahme des Unternehmens zu mildern. So behält er das Überbrückungsgeld jenen Arbeitnehmern vor, die bei ihrer Entlassung ein Alter nahe dem gesetzlichen Rentenalter erreicht hatten, und sieht vor, dass ihnen das Überbrückungsgeld in periodischen Abständen während einer Dauer von höchstens fünf Jahren gezahlt wird, ohne dass sie eine Arbeitsleistung erbringen müssten. Zu den als Entgelt qualifizierten Vergütungen gehören aber gerade diejenigen vom Arbeitgeber aufgrund bestehender, bezahlter Arbeitsverhältnisse gezahlten Vergünstigungen, die den Arbeitnehmern ein Einkommen sichern sollen, selbst wenn sie in besonderen Fällen keine in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehene Tätigkeit ausüben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom in der Rechtssache C-218/98, Abdoulaye u. a., Slg. 1999, I 5723, Randnr. 13, und die zitierte Rechtsprechung). Außerdem kann der Entgeltcharakter derartiger Leistungen nicht schon deswegen in Zweifel gezogen werden, weil diese Leistungen auch sozialpolitischen Erwägungen Rechnung tragen (Urteile vom in der Rechtssache C 173/91, Kommission/Belgien, Slg. 1993, I 673, Randnr. 21, und vom in der Rechtssache C 7/93, Beune, Slg. 1994, I 4471, Randnr. 45).

40

Daraus ist somit der Schluss zu ziehen, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Überbrückungsgeld unter den Begriff „Entgelt" im Sinne von Artikel 141 EG und Artikel 1 der Richtlinie 75/117 fällt....

44

Der Grundsatz des gleichen Entgelts setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung ebenso wie das allgemeine Diskriminierungsverbot, von dem er eine besondere Ausformung darstellt, voraus, dass sich die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, für die er gilt, in einer identischen oder vergleichbaren Lage befinden (vgl. Urteile vom in der Rechtssache C 132/92, Roberts, „Birds Eye Walls", Slg. 1993, I 5579, Randnr. 17, vom in der Rechtssache C-342/93, Gillespie u. a., Slg. 1996, I 475, Randnrn. 16 bis 18, Abdoulaye u. a., Randnr. 16, und vom in der Rechtssache C 206/00, Mouflin, Slg. 2001, I 10201, Randnr. 28).

45

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Bestimmungen des Sozialplans vom eine unmittelbar am Geschlecht orientierte Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer vorsehen, weil diese Bestimmungen das Alter, von dem an ein Anspruch auf das Überbrückungsgeld besteht, für Männer auf 55 Jahre und für Frauen auf 50 Jahre festlegen. .........

46

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Sozialplan vom , der in Anwendung der Bestimmungen des ArbVG erlassen wurde, zwischen dem Unternehmen und den gewählten Vertretern seines Personals vereinbart wurde, um die sozialen Folgen der Entlassung einer beträchtlichen Anzahl von Arbeitnehmern anlässlich einer Verschmelzung mit einer anderen Gesellschaft zu mildern . In diesem Zusammenhang sah der Sozialplan ein Überbrückungsgeld vor, das ausschließlich Arbeitnehmern gewährt wurde, die im Zeitpunkt ihrer Entlassung ein relativ vorgerücktes Alter erreicht hatten, und trug somit dem gesteigerten Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit dieser Arbeitnehmer Rechnung.

47

Das tatsächliche Risiko der Arbeitslosigkeit eines jeden Arbeitnehmers hängt zwar nicht nur von Faktoren wie Alter und Geschlecht ab, sondern auch, wie Herr Dr. H***** geltend macht, von anderen für die Arbeitnehmer jeweils spezifischen Faktoren wie Qualifikation und berufliche Mobilität. Dessen ungeachtet konnten die Sozialpartner nach dem Stand der allgemeinen Erfahrung zum Zeitpunkt der Umstrukturierung legitimerweise der Ansicht sein, dass Arbeitnehmer nahe dem gesetzlichen Pensionsalter hinsichtlich der Höhe des Risikos, keine neue Stelle zu finden, eine von den übrigen Arbeitnehmern zu unterscheidende Gruppe bildeten. Diese Sichtweise erklärt, weshalb der Sozialplan hinsichtlich der Gewährung des Überbrückungsgeldes eine unmittelbar am Alter der Arbeitnehmer im Zeitpunkt ihrer Entlassung orientierte Ungleichbehandlung vorgesehen hat.

48

Da zu dem Zeitpunkt, als der Sozialplan vereinbart wurde, Frauen nach Vollendung des 55. Lebensjahres einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension geltend machen konnten, während Männern dies erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres möglich war, waren die Sozialpartner der Ansicht, dass es zur Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer erforderlich sei, dass Arbeitnehmerinnen fünf Jahre früher als ihre männlichen Kollegen in den Genuss des Überbrückungsgeldes kommen könnten. Diese Bestimmung zielte weder auf eine Diskriminierung der männlichen Arbeitnehmer des Unternehmens ab, noch hatte sie eine solche zur Folge. Männliche Arbeitnehmer, die wie Herr Dr. H****lozek im Zeitpunkt ihrer Entlassung zur Altersgruppe der 50 bis 54 Jährigen gehörten, waren weiter von dem durch Gesetz für die vorzeitige Alterspension vorgesehenen Alter entfernt und befanden sich somit hinsichtlich der Höhe des sie bedrohenden Risikos der Arbeitslosigkeit nicht in der gleichen Situation wie Arbeitnehmerinnen gleichen Alters.

49

Daher ist festzustellen, dass der Sozialplan, indem er das Alter, von dem an der Anspruch auf Überbrückungsgeld bestand, unterschiedlich für Männer und für Frauen festlegte, ein neutrales Kriterium vorgesehen hat, wodurch bestätigt wird, dass keinerlei Diskriminierung vorliegt (Urteil Birds Eye Walls, Randnr. 23).

50

Außerdem ist hervorzuheben, dass die Bestimmungen des Sozialplans vom über die Gewährung eines Überbrückungsgeldes weder allgemein noch auf unbestimmte Zeit gelten. Sie wurden von den Sozialpartnern für eine einzige Umstrukturierungsmaßnahme des Unternehmens vereinbart, und die Zahlung aller Überbrückungsgelder, die den im Rahmen dieser Maßnahme entlassenen Arbeitnehmern gewährt wurde, endet spätestens fünf Jahre nach ihrer Entlassung. Folglich ist entgegen dem von der Kommission vorgebrachten Argument nicht zu befürchten, dass die Anwendung des Sozialplans dazu führt, dass die Vorschriften des österreichischen gesetzlichen Rentensystems, die Männer und Fauen hinsichtlich des Anfallalters der Alterspension ungleich behandeln, verfestigt oder perpetuiert würden, wenn auch eine unmittelbare Verbindung zwischen den Bestimmungen des Sozialplans und denen des gesetzlichen Rentensystems besteht."

Damit ist der EuGH dem Argument des Klägers in seiner Stellungnahme - die statistischen Unterschiede des Risikos einer Langzeitarbeitslosigkeit hat er nicht konkret bestritten -, dass es der Grundsatz des gleichen Entgeltes verbiete darauf abzustellen, was die jeweilige Gruppe „benötige", nicht gefolgt. Der EuGH hat den „Sozialpartnern" ( Parteien der Betriebsvereinbarung) zugebilligt, dass sie nach dem Stand der allgemeinen Erfahrung zum Zeitpunkt der Umstrukturierung legitimerweise der Ansicht sein konnten, dass Arbeitnehmer nahe dem gesetzlichen Pensionsalter hinsichtlich der Höhe des Risikos , keine neue Stelle zu finden, eine von den übrigen Arbeitnehmern zu unterscheidende Gruppe bilden. Dies zielte auf keine Diskriminierung der männlichen Arbeitnehmer des Unternehmens ab, weil sie hinsichtlich der Höhe des sie bedrohenden Risikos der Arbeitslosigkeit nicht in der gleichen Situation wie Arbeitnehmerinnen gleichen Alters sind. Ausgehend von der Funktion des Sozialplans die nachteiligen Folgen von im Rahmen der wirtschaftlichen Gestaltungsbefugnis des Arbeitgebers liegenden Betriebsänderungen für die betroffenen Arbeitnehmer abzumildern, stellen im vorliegenden Zusammenhang die unterschiedlichen Folgen (Risiken) eben auch ein zulässiges Differenzierungsmerkmal dar.

Ausgehend davon ist aber das Klagebegehren abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 2 ASGG,§§ 50 und 41 ZPO.