OGH 28.06.2005, 10Ob66/05m
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Irmtraud A*****, gegen den Antragsgegner Otto A*****, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 36/05z-37, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom , GZ 1 C 48/02m-34, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht legte dem Antragsgegner eine binnen zwei Monaten zu leistende Ausgleichszahlung von EUR 25.000,-- zuzüglich 4 % Zinsen seit auf.
Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und trug ihm auf, der Antragstellerin binnen zwei Monaten eine Ausgleichszahlung in Höhe von EUR 21.000,-- zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtskraft dieser Entscheidung zu leisten. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Der vom Antragsgegner dagegen rechtzeitig erhobene außerordentliche Revisionsrekurs wies keine Unterschrift eines Rechtsanwaltes auf. Der Erstrichter verfügte daraufhin am handschriftlich die Zurückstellung des außerordentlichen Revisionsrekurses an den Antragsgegner „zur Verbesserung binnen 14 Tagen - durch entweder anwaltliche Unterfertigung - oder Anbringen zu gerichtlichem Protokoll". Der Antragsgegner überreichte am beim Erstgericht neuerlich seinen außerordentlichen Revisionsrekurs (ohne anwaltliche Unterschrift) mit der Erklärung, dass er sein Rechtsmittel „im Sinne der handschriftlichen Verfügung vom , zugestellt am , innerhalb offener Frist als bei Gericht zu Protokoll gegeben erkläre". Das Erstgericht legte daraufhin das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Eine Entscheidung kann aber im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht getroffen werden.
Rechtliche Beurteilung
Im vorliegenden Fall haben bereits die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes 2005, BGBl I 2003/111, über die Vertretung im Rechtsmittelverfahren (§ 6 AußStrG 2005) Anwendung zu finden, weil das Datum der angefochtenen Entscheidung (zweiter Instanz) nach dem liegt (§ 203 Abs 1 AußStrG 2005). Im neuen Verfahren außer Streitsachen wurde für das Revisionsrekursverfahren eine absolute Vertretungspflicht eingeführt (Fucik/Kloiber, AußStrG § 6 Rz 1). Nach § 6 iVm § 93 Abs 1 AußStrG 2005 müssen sich die Parteien in Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Daraus ergibt sich, dass der vom Erstgericht dem nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner erteilte Auftrag, den außerordentlichen Revisionsrekurs entweder durch anwaltliche Unterfertigung oder durch Anbringen zu gerichtlichem Protokoll zu verbessern, in Bezug auf die zuletzt genannte Möglichkeit der Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu gerichtlichem Protokoll nicht der nunmehr geltenden Gesetzeslage entsprochen hat. Die Pflichten des Gerichtes zur Erteilung von ordnungsgemäßen Verbesserungsaufträgen ist ein wesentlicher Teil der Anleitungs- und Belehrungspflicht im Rahmen der materiellen Prozessleitungspflicht eines Richters. Diese mangelhafte Belehrung kann eine Ursache dafür sein, dass der Antragsgegner dem eigentlichen Verbesserungsauftrag nicht nachkam, indem er den Revisionsrekurs nicht von einem Anwalt unterfertigen ließ, sondern ihn mit der Erklärung, ihn damit bei Gericht zu Protokoll geben zu wollen, wieder beim Erstgericht einbrachte und dadurch für das Erstgericht erkennbar offenbar nicht verstand, was es von ihm wollte. Wird ein Verbesserungsauftrag nicht ordnungsgemäß erteilt, so beginnt die Verbesserungsfrist nicht zu laufen, die Verbesserung bleibt weiterhin möglich (10 ObS 89/04t; 9 ObA 87/04s mwN; G. Kodek in Fasching/Konecny2 II/2 §§ 84, 85 ZPO Rz 292 mwN). Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollen durch die Erteilung von Verbesserungsaufträgen gerade jene Personen vor prozessualen Nachteilen geschützt werden, die versehentlich oder in Unkenntnis gesetzlicher Vorschriften Fehler begehen. Nur dann, wenn eine Partei prozessuale Formvorschriften absichtlich und rechtsmissbräuchlich verletzt, ist ihr diese Möglichkeit zu versagen (1 Ob 589/95 mwN ua), wofür hier aber kein Anhaltspunkt besteht.
Nach herrschender Ansicht sind im Verbesserungsauftrag sämtliche zu verbessernde Mängel anzuführen, wobei die Mängel einzeln und konkret zu bezeichnen sind (Kodek aaO Rz 247). Wenn beim ersten Verbesserungsverfahren ein Mangel übersehen wird, ist ein weiterer Verbesserungsauftrag zu erteilen (RIS-Justiz RS0074271). Auch im Außerstreitverfahren muss von einem Rechtsmittel verlangt werden, dass aus seinem Inhalt deutlich hervorgeht, wogegen sich der Rekurswerber wendet, inwieweit und aus welchen Gründen er sich für beschwert erachtet und welche andere Entscheidung er anstrebt. Das gilt insbesondere, wenn die angefochtene Entscheidung der Teilrechtskraft fähig ist (EvBl 1997/45 ua). Fehlt einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten; das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen eines Rechtsmittelantrages (RIS-Justiz RS0109506).
Das Erstgericht wird daher einen befristeten Verbesserungsauftrag zu erteilen und dem Antragsgegner die Möglichkeit einzuräumen haben, den Revisionsrekurs durch einen Rechtsanwalt zu unterfertigen und einen eindeutigen Rechtsmittelantrag nachzutragen. Zur Durchführung des Versuches, diese Mängel zu beheben, ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Irmtraud A*****, gegen den Antragsgegner Otto A*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 36/05z-37, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG (alt) zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung erster Instanz erging am . Gemäß § 203 Abs 7 AußStrG, BGBl I 2003/111, ist daher das Rechtsmittel des Antragsgegners noch nach den Vorschriften über den Revisionsrekurs nach der alten Rechtslage zu erledigen.
Entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass Schenkungen eines Ehegatten an den anderen während aufrechter Ehe nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 82 Abs 1 Z 1 EheG fallen und daher dem Aufteilungsverfahren unterliegen (Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 82 EheG Rz 4 mwN; EFSlg 97.337, 78.726 ua). Dies gilt auch für Liegenschaften bzw Eigentumswohnungen (vgl JBl 2000, 666). Es entspricht aber auch der ständigen Rechtsprechung, dass Ausgleichszahlungen für wertsteigernde Investitionen nur dann zustehen, wenn durch gemeinsame Arbeit oder Ersparnis ein Wertzuwachs im Vermögen eines der Ehegatten bewirkt wurde. Es soll nur das aufgeteilt werden, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben; das setzt aber einen Wertzuwachs im Vermögen eines der früheren Ehegatten voraus. Ein Wertzuwachs im Vermögen eines Dritten (hier: der Mutter der Antragstellerin im Hinblick auf ihr Häfteeigentum an der Liegenschaft in Zeiselmauer) stellt kein aufzuteilendes Vermögen der früheren Ehegatten dar (2 Ob 280/03w ua; RIS-Justiz RS0057363).
Die nach dem Grundsatz der Billigkeit vorzunehmende Aufteilung nach § 83 EheG hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur dann vor, wenn dargetan wird, dass die zweite Instanz bei Beurteilung dieses Einzelfalls von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen ist und so den Ermessensspielraum überschritten hat (RIS-Justiz RS0108755; RS0113732 ua). Ein solches Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen vermag der Revisionsrekurs des Antragsgegners nicht aufzuzeigen. Der Oberste Gerichtshof hat in Fällen, in denen die Ehegattin allein den Haushalt führte und die Kinderbetreuung übernahm, also bei Vorliegen einer sogenannten Hausfrauenehe, bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine Aufteilung im Verhältnis 1:1 gerechtfertigt sei, weil der Beitrag des den Haushalt führenden Ehegatten jenem des im Erwerbsleben stehenden Partners gleichwertig sei (7 Ob 297/03g mwN). Dem vom Antragsgegner erstmals im Rekurs erhobenen Einwand, die Antragstellerin habe seit 1991 keinen gleichwertigen Beitrag mehr geleistet, weil sie überwiegend turnen und musizieren gegangen sei, hat bereits das Rekursgericht mit Recht entgegengehalten, dass es sich dabei um eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung handelt. Soweit sich der Antragsgegner gegen die von den Vorinstanzen angenommene Gleichwertigkeit der Beiträge beider Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse wendet und in diesem und auch in anderem Zusammenhang angebliche Verfahrensmängel erster Instanz (insbesondere Verletzung der richterlichen Anleitungs- und Manuduktionspflicht) geltend macht, ist auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch zum Außerstreitverfahren zu verweisen, wonach behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen bereits das Rekursgericht verneint hat, im Revisionsrekurs nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden können. Letzteres gilt auch für im Revisionsrekurs behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in zweiter Instanz nicht gerügt wurden (RIS-Justiz RS0030748; RS0050037). Außerdem wird übersehen, dass der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz und daher auch nicht dazu berufen ist, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu überprüfen; dazu gehört auch die im vorliegenden Rechtsmittel erörterte Frage, ob noch weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären (RIS-Justiz RS0007533 ua). Ausgehend von den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ist in der Bemessung der Ausgleichszahlung durch das Rekursgericht keine Überschreitung des durch Billigkeitserwägungen begrenzten Ermessensspielraumes zu erblicken.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG alt iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00066.05M.0628.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAD-88454