OGH vom 19.12.2002, 8ObA129/02g

OGH vom 19.12.2002, 8ObA129/02g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Ing. Wilhelm Sturm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1) Roman B*****, Angestellter, *****, 2) Thomas H*****, Angestellter, *****, 3) Phillipp P*****, Angestellter, *****, 4) Paul W*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W*****AG, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Zandl und Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1) EUR 1.632,01 sA, 2) EUR 1.755,05 sA,

3) EUR 1.555,19 sA, 4) EUR 1.366,24 sA (Revisionsinteresse EUR 1.632,01; EUR 1.755,04; EUR 1.555,19 und EUR 1.111,89), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 4/02k-35, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 34 Cga 232/99g-30, bestätigt wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Hinsichtlich des Zweit- und des Drittklägers werden die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der zweitklagenden Partei EUR 1.755,05 samt 8,5 % Zinsen seit und der drittklagenden Partei EUR 1.555,19 samt 8,5 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen.

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der zweitklagenden Partei die mit EUR 1.518,05 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin EUR 240,46 Umsatzsteuer und EUR 75,24 Barauslagen) sowie die mit EUR 376,47 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin EUR 42,23 Umsatzsteuer und EUR 123,08 Barauslagen) und der drittklagenden Partei die mit EUR 1.454,76 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin EUR 229,97 Umsatzsteuer und EUR 74,95 Barauslagen) sowie die mit EUR 324,55 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin EUR 36,41 Umsatzsteuer und EUR 106,10 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der zweitklagenden Partei EUR 338,78 (darin EUR 29,96 Umsatzsteuer und EUR 159,- Barauslagen) und der drittklagenden Partei EUR 282,31 (darin EUR 24,97 Umsatzsteuer und EUR 132,50 Barauslagen) an Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Hinsichtlich der erst- und der viertklagenden Partei werden die Entscheidungen der Vorinstanzen - die in der Abweisung des Klagebegehrens des Viertklägers im Umfang von EUR 254,35 sA von dieser Entscheidung unberührt bleiben - aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird im Umfang der Aufhebung an die erste Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die auf das Verfahren der erst- und der viertklagenden Partei entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Außendienstmitarbeiter der beklagten Versicherungsgesellschaft. Sie begehrten den Zuspruch von S 22.457,-

(Erstkläger), S 24.150,- (Zweikläger), S 21.400 (Drittkläger) und S 18.800,- (Viertkläger) und brachten dazu vor, dass ihnen diese Beträge im Laufe ihres Arbeitsverhältnisses unter Berufung auf eine interne Richtlinie der Beklagten als "Faxbeteiligung" vom Gehalt abgezogen worden seien. Diese Kostenbeteiligung für die Installation von Faxgeräten, Kopierern und PCs sei sittenwidrig, weil die Beklagte damit die Finanzierung von dem allgemeinen Standard entsprechenden Betriebsmitteln den Klägern auferlegt habe. Die Beklagte habe überdies in unzulässiger Weise Druck auf die Außendienstmitarbeiter ausgeübt, die Richtlinie zu unterfertigen. Eine Zurückziehung der einmal erteilten Zustimmung sei nicht möglich gewesen. Es sei auch sittenwidrig, dass das Risiko für die Nichtbenützbarkeit der Geräte (wegen deren Reparaturbedürftigkeit, aber auch wegen Krankheit oder Urlaub der Mitarbeiter) ausschließlich den Außendienstmitarbeitern auferlegt worden sei. Vorteile durch die Richtlinie habe daher nur die Beklagte gehabt.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Kläger hätten der Richtlinie schriftlich zugestimmt; sie hätten diese Zustimmung auch jederzeit widerrufen können. Die Beklagte habe ihnen ohnedies sämtliche für einen Außendienstmitarbeiter erforderlichen Betriebsmittel (Handy, Psion für Offertberechnung) gratis zur Verfügung gestellt, dazu in den Landesdirektionen (ebenso gratis) PCs, Faxgeräte und Kopierer. Die "Faxbeteiligung" beziehe sich lediglich auf die laufenden Betriebskosten der in den regionalen Beratungsstellen befindlichen PCs, Faxgeräte und Kopierer, die den Klägern zusätzlich zu den oben genannten Geräten zur unentgeltlichen und uneingeschränkten Privatnutzung rund um die Uhr zur Verfügung gestellt worden seien. Die Anschaffungskosten für diese Geräte habe die Beklagte selbst getragen.

Gegen die Klageforderung des Erstklägers wendete die Beklagte aus dem Titel "Gehaltsexekution" eine Gegenforderung von S 11.850,91 compensando ein. Der Viertkläger, bei dem die Faxbeteiligung nur S 15.300,- betragen habe, müsse sich S 7.500,- aus einer zu viel ausgezahlten Kostensonderbonifikation anrechnen lassen. Im Übrigen werde die rechnerische Höhe der Klagebegehren außer Streit gestellt. Erst- und Viertkläger bestritten die eingewendeten Gegenforderungen. Der Erstkläger brachte dazu vor, dass die eingewendete Forderung tituliert sei und sie daher nicht in diesem Verfahren geltend gemacht werden könne. Außerdem sei das Erstgericht zur Entscheidung darüber nicht zuständig.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab und stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Kläger waren bis 1998 bzw 1999 hauptberufliche Außendienstmitarbeiter der Beklagten. Ihr Aufgabengebiet umfasste die Versicherungsvermittlung, die Betreuung eigener und zugewiesener Kunden, den organisatorischen Ausbau des Arbeitsgebietes und die Unterstützung der unterstellten Mitarbeiter (nebenberufliche Mitarbeiter und Inkassoorganisationen). Zur Erfüllung dieser Aufgaben waren den Klägern Gemeindebezirke bzw. Inspektorate zugeordnet, in denen ihnen die Kundenaquisition und die Kundenbetreuung oblag. Neben der Landesdirektion waren in einigen Wiener Bezirken insgesamt fünf Beratungsstellen eingerichtet, die sowohl für die Beklagten als auch für die Außendienstmitarbeiter von Vorteil waren. Die Mitarbeiter waren näher beim Kunden und ersparten sich gegebenenfalls den Weg in die Landesdirektion. Sie konnten ihren Regionalbereich effektiver abdecken. Das Unternehmen war den Kunden gegenüber präsenter. Alle Kläger waren in der Regel etwa 1 bis 1 ½ Stunden täglich in den ihnen zugewiesenen Beratungsstellen anwesend. Sie erledigten dort administrative Arbeiten. Weiters hielten sie sich bei Teambesprechungen und bei eingeteiltem Journaldienst in der Beratungsstelle auf. Ansonsten war ihre Zeiteinteilung frei. Eine Verpflichtung zur täglichen Anwesenheit in der Beratungsstelle bestand nicht. Allerdings mussten sich die Außendienstmitarbeiter einmal täglich zumindest telefonisch melden. Jeder Kläger hatte für die Beratungsstelle einen eigenen Schlüssel; lediglich der Viertkläger besaß keinen Schlüssel, weil er keinen wollte. Alle Kläger benötigten für die Erfüllung ihrer Aufgaben primär ein Handy und einen Handtarif bzw. Psion-Geräte. Weitere technische Hilfsmittel waren für die Ausübung ihres Berufs nicht erforderlich. Das Handy wurde in der Regel von der Beklagten zur Verfügung gestellt; die Kosten seiner Benutzung (auch die Grundgebühr) trugen die Klägers selbst.

Sämtliche Kläger hatten auch in ihren Wohnungen private kleine Büros eingerichtet, die technisch unterschiedlich ausgestattet waren. Mit wurde von der Beklagte die interne Richtlinie 110 ("Installation von Faxgeräten, Kopierern und PCs in Beratungsstellen" erlassen, durch die das Kostenbewusstsein bei den Außendienstmitarbeitern gefördert und den Mitarbeitern vermittelt werden sollte, dass weniger Kosten mit einem höheren Umsatz verbunden sein können. Diese Richtlinie hat enthält ua folgende Bestimmungen:

"........

Im Interesse dieser Bewusstseinsbildung und der Kontrolle der Kosten

werden daher die Mitarbeiter des Außendienstes an den laufenden

Kosten für Einrichtung der Bürotechnik in Beratungsstellen,

insbesondere Kopierern, Fax-Geräten und PCs beteiligt, wenn sie

zusätzliche technische Unterstützung in den Beratungsstellen durch

Einsatz derartiger Geräte wünschen.

............

2.1. Geräte der Kommunikations- und Büro-Technik können in

Beratungsstellen nur installiert werden, wenn die der jeweiligen

Beratungsstelle zugeteilten Mitarbeiter des Außendienstes mit der

V***** vereinbaren, einen laufenden Beitrag zu den Betriebskosten der

Geräte zu leisten. Von dieser Verpflichtung sind Kopierer, Fax-Geräte

und PCs betroffen.

........

2.2. Kopierer, Fax-Geräte und PCs können in einer Beratungsstelle nur

dann installiert werden, wenn alle zugeteilten Mitarbeiter des

angestellten Außendienstes sowie alle Ausschließlichkeitsagenturen

zur Leistung eines Kostenbeitrages bereit sind.

.....

2.4. Sind in einer Beratungsstelle Geräte der Bürotechnik aufgrund

einer Vereinbarung zur Leistung eines Kostenbeitrages bereits

installiert, so ist auch mit neu eintretenden Mitarbeitern vor ihrem

Eintritt die Vereinbarung zur Leistung dieses Kostenbeitrags zu

treffen. Eine Neueinstellung ohne diese Vereinbarung mit dem

eintretenden Mitarbeiter ist nicht möglich. .......

...........

2.6. ....... Eine Zurückziehung der einmal erteilten Zusage zur

Übernahme der Kostenbeteiligung durch einzelne Mitarbeiter ohne

gemeinsamen Beschluss aller Außendienst-Mitarbeiter einer

Beratungsstelle ist nicht möglich. ..........

2.7. Die Beteiligung der Außendienst-Mitarbeiter an den

Betriebskosten deckt grundsätzlich die Nutzung der Geräte für

Geschäftszwecke. Eine Nutzung der Geräte für private Zwecke ist bei

Zustimmung aller Mitarbeiter einer Beratungsstelle möglich.

..........

3.1. .........

Die Höhe der Kostenbeteiligung ist unternehmensweit für alle

Mitarbeiter des Außendienstes, die sich zur Kostenbeteiligung

entschlossen haben, gleich und ist unabhängig von der Anzahl der

einer Beratungsstelle zugeteilten Mitarbeiter. Ebenso ist sie

unabhängig von der Art der installierten Geräte und von der

Intensität der Nutzung der Geräte. ...........

3.2. Die fixen Sätze der Kostenbeteiligung sind so kalkuliert, dass

darin ein Kostenanteil für die "Eigennutzung" der Geräte durch die

V***** (z.B. durch den Innendienst der Beratungsstelle)

berücksichtigt ist. .......

3.3. Die V***** hat das Recht, die Höhe der Kostenbeteiligung

aufgrund der jeweiligen aktuellen Kostenentwicklung neu festzusetzen.

..........

..........

4.1. Die Kostenbeteiligung der Außendienst-Mitarbieter wird

grundsätzlich vom Gehalt einbehalten. ..........

4.2. Die Kostenbeteiligung wird grundsätzlich nur für ganze

Kalendermonate verrechnet. ..........

4.3. Für die Zeit einer vorübergehenden, kurzfristigen

Nichtbenützbarkeit der Geräte wegen eines technischen Defektes, eines

Software-Fehlers, wegen Wartungsarbeiten, Störungen im Telefonnetz

etc. besteht kein Anspruch auf Refundierung der Kostenbeteiligung.

Ebenso besteht kein Anspruch auf Refundierung der Kostenbeteiligung

für Zeiten, in denen der jeweilige Mitarbeiter krank, auf Urlaub, auf

Schulung bzw. anderweitig verhindert ist.

........... ."

In der Folge wurden unter der Voraussetzung, dass sämtliche Außendienstmitarbeiter einer Beratungsstelle Zustimmungserklärungen abgaben, Faxgeräte, Kopierer und PCs von der Beklagten beschafft. Nach deren Installation wurde den Außendienstmitarbeitern direkt vom Gehalt ein monatlicher Pauschalbetrag von einigen hundert Schilling abgezogen. Allen Klägern war bekannt, dass mit dieser "Faxbeteiligung" auch die private Nutzung von Telefon, PC, Faxgerät und Kopierern rund um die Uhr in den Beratungsstellen erlaubt sei. Darüber hinaus standen solche Geräte den Klägern auch in den Landesdirektionen zur freien Verfügung.

Eine Verpflichtung zur Zustimmung bestand nicht. Den bereits bei der Beklagten tätigen Außendienstmitarbeitern wurde jedoch vom Betriebsrat nahegelegt, ihre Zustimmung zu erteilen. Diejenigen Außendienstmitarbeiter, die die Geräte nützen wollten, versuchten, den anderen Mitarbeitern die Zustimmung zur Richtlinie einzureden. Die Beklagte versuchte mit Überredungs- und Überzeugungstaktik, den Außendienstmitarbeitern die Kostenbeteiligung schmackhaft zu machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte Partei Druck in der Form ausgeübt hat, dass für den Fall der Unterlassung der Zustimmung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedroht wurde. Für neue Außendienstmitarbeiter war die Zustimmung ein Anstellungserfordernis.

Jeder der Kläger stimmte der Richtlinie schriftlich zu. Sämtliche Kläger nutzten in der Folge - wenn auch in unterschiedlichem Umfang - den PC, das Faxgerät, den Kopierer und das Telefon, wenn sie in der Beratungsstelle anwesend waren. Der monatliche Gehaltsabzug von im Schnitt rund S 500,- bis S 700,-

(teilweise S 900,-) wurde von den Klägern nicht goutiert und war immer wieder Gesprächsthema sowohl mit dem Betriebsrat als auch mit dem direkten Vorgesetzten.

Die Kläger konnten die Kostenbeteiligung steuerrechtlich zu ihrem Vorteil behandeln. Die "Faxbeteiligung" wurde auch bei der Berechnung der Kostensonderbonifikation berücksichtigt. Sie minderte die errechneten Kosten des Außendienstmitarbeiters und war letztlich auch dafür relevant, ob jemand eine Kostensonderbonifikation erhielt oder nicht.

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen iSd § 879 ABGB nicht erkennbar sei. Die betroffenen Geräte gingen über die übliche Arbeitsausstattung eines Außendienstmitarbeiters hinaus und müssten daher nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Auch sei die Kostenbeteiligung nicht zum ausschließlichen Nutzen der Beklagten. Unzulässiger Druck auf die Mitarbeiter sei nicht erkennbar.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgericht diese Entscheidung, die in der Abweisung des Klagebegehrens des Viertklägers im Umfang von S 3.500,- unangefochten in Rechtskraft erwuchs, bestätigt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, dass die Vereinbarung über den Abzug der "Faxbeteiligung" nicht sittenwidrig sei. Die hier zu beurteilende Konstellation sei mit Fällen, in denen der Oberste Gerichtshof von einer sittenwidrigen Überwälzung des Arbeitgeberrisikos ausgegangen sei, nicht vergleichbar. Für diese Beurteilung sei wesentlich, dass die aus der Vereinbarung resultierenden Kosten von den Arbeitnehmern beeinflussbar und voraussehbar seien. Auch stehe die Höhe der Einkommen der Kläger mit den abgezogenen Beträgen in keinem auffallenden Missverhältnis.

Die Anschaffung der Geräte, auf die sich im Übrigen der Abzug nicht beziehe, sei nicht ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers gelegen, sondern auch im Interesse der Außendienstmitarbeiter, die im Hinblick auf ihre vorwiegend auf Provisionsbasis erfolgende Entlohnung an effizienter und rascher Arbeit interessiert sein müssten. Dies sei auch daraus ersichtlich, dass arrivierte Mitarbeiter, die zunächst nicht zugestimmt hatten, der Kostenbeteiligung letztlich doch zugestimmt hätten, um neuen Mitarbeitern "nicht ihre Chancen zu verbauen".

Dem Einwand der Kläger, die private Nutzung der Geräte habe ihnen in Wahrheit keinen Vorteil gebracht und sei großteils gar nicht in Anspruch genommen worden, sei zu entgegnen, dass es ausreiche, wenn der Vorteil der Arbeitnehmer in der Möglichkeit der privaten Nutzung liege.

Dass die Beklagte den Klägern nicht gestattet habe, eigene Geräte in den Beratungsstellen aufzustellen und sich damit den Kostenbeitrag zu ersparen, mache die Regelung nicht sittenwidrig, weil die Arbeit grundsätzlich mit den Mitteln des Arbeitgebers zu leisten sei und ein Rechtsanspruch der Kläger auf Ausgestaltung des Arbeitsplatzes mit eigenen Bürogeräten nicht bestehe.

Ebenso wenig sei der Einwand der Kläger berechtigt, dass auch Innendienstmitarbeiter in den Beratungsstellen tätig seien und die Beklagte für diese die Geräte ohnedies anschaffen müsse. Da die Kostenbeteiligung so kalkuliert sei, dass darin ein Kostenanteil für die Eigennutzung der Geräte durch die Beklagte berücksichtigt sei, liege keine sittenwidrigen Verlagerung der auf den Innendienst entfallenden Bürokosten auf den Außendienst vor.

Auch von einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes wegen einer Ungleichbehandlung von Innen- und Außendienstmitarbeitern bzw. von Mitarbeitern in Wien und Mitarbeitern im ländlichen Raum könne wegen der jeweils unterschiedlichen Gegebenheiten und Voraussetzungen nicht gesprochen werden.

Dass die Kostenbeteiligung gestiegen sei, treffe zwar zu; mangels entsprechender Behauptungen der Kläger sei aber nicht auszuschließen, dass diese Steigerungen durch eine Erhöhung der Anzahl der aufgestellten Geräte ausgelöst worden sei. Es sei auch richtig, dass der für die Eigennutzung der Geräte durch den Innendienst einkalkulierte Anteil nicht transparent sei und dass ein Außendienstmitarbeiter die Geräte in geringerem Maß nutze als ein Innendientsmitabeiter. Auch daraus lasse sich aber eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen nicht ableiten. Gleiches gelte für den Umstand, dass Zeiten einer vorübergehenden kurzfristigen Nichtbenützbarkeit der Geräte am Abzug ebenso wenig änderten, wie krankheits-, urlaubs- oder schulungsbedingte Abwesenheiten der Mitarbeiter.

Der Vorwurf unzulässiger Druckausübung sei durch die Feststellungen nicht gedeckt.

Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliege und keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG zu beantworten sei, sei die ordentliche Revision nicht zulässig. Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Kläger mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung der noch offenen Klagebegehren abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben. Eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die hier zu lösende Rechtsfrage, zu der der Oberste Gerichtshof noch nicht Stellung genommen hat, wegen der möglichen Beispielwirkung in ihrer Bedeutung weit über den Anlassfall hinausreicht.

Die Revision ist auch berechtigt.

In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass die unverhältnismäßige Beeinträchtigung (auch nur dispositiv-rechtlich) geschützter Interessen des Vertragspartners durch vertragliche Regelungen zugunsten des überlegenen, den Benachteiligten unter Druck setzenden Partners sittenwidrig iSd § 879 ABGB ist. Äquivalenzstörung und "verdünnte Willensfreiheit" ergeben in Kombination das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit (so etwa SZ 66/168; Krejci in Rummel, ABGB³ Rz 90 zu § 879). Dies gilt naturgemäß gerade auch für den Arbeitsvertrag, für den die gegenüber dem Arbeitgeber weit geringere Möglichkeit des Arbeitnehmers, auf die Vertragsgestaltung Einfluss zu nehmen, geradezu typisch ist (vgl etwa 8 ObA 277/01w; 8 ObS 204/00h).

In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof - wie das Berufungsgericht ohnedies ausgeführt hat - eine gröbliche und daher sittenwidrige Benachteiligung des Arbeitnehmers in einem Fall angenommen, in dem der Arbeitgeber die Kosten für die Teilnahme an einer Messe anteilig auf die Mitarbeiter überwälzt hatte, obwohl diese keine Einflussnahme auf Art und Umfang des Messestandes und die mit seiner Gestaltung verbundenen Kosten hatten. Obwohl (auch) den Mitarbeitern ein Erfolg der Messeteilnahme durch Steigerung ihrer Provisionseinnahmen zugute kam, ging der Oberste Gerichtshof von einer auffallenden Inäquivalenz der beiderseitigen Rechtspositionen und einer unzulässigen Überwälzung des Unternehmerrisikos aus. Die "Freiwilligkeit" der Teilnahme an den Messen erachtete er als nicht entscheidend, weil die Betroffenen - wollten sie auf den für sie wesentlichen Vertriebsweg nicht verzichten - keine andere Wahl hatten, als das entsprechende Angebot des Arbeitgebers anzunehmen (DRdA 1990, 228; in RdW 1985, 117 hatte der Oberste Gerichtshof die teilweise Tragung von Kosten der Messebeteiligungen und von Kleininseraten durch die Arbeitnehmer noch als zulässig erachtet, wobei damals aber die Initiative von den Arbeitnehmern ausgegangen war).

Auch in der ebenfalls schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 9 ObA 260/92 (Arb 11.065) hat der Oberste Gerichtshof die Vereinbarung über eine Belastung des Arbeitnehmers mit Werbemaßnahmen, über deren Einsatz und Gestaltung allein der Arbeitgeber zu bestimmen hatte, als sittenwidrige Überwälzung des Unternehmerrisikos qualifiziert. Er begründete dies unter anderem damit, dass die Arbeit grundsätzlich mit den Mitteln des Arbeitgebers zu leisten ist und dem Arbeitnehmer darüber hinaus beim Einsatz eigener Mittel zur Besorgung der Arbeit im Interesse des Arbeitgebers gemäß § 1014 ABGB der Ersatz des Aufwandes und des allenfalls erlittenen Schadens zusteht (Arb 11.065 mwN).

Das Berufungsgericht erachtete die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Überlegungen hier als unanwendbar, weil es die Auffassung vertrat, dass - anders als in den den zitierten Vorentscheidungen zugrunde liegenden Fällen - im hier zu beurteilenden Fall die Kosten von den Arbeitnehmern beeinflussbar und für sie voraussehbar seien. Abgesehen davon, dass dieser Umstand allein nicht ausreichen könnte, eine unzulässige Überwälzung des Unternehmerrisikos jedenfalls auszuschließen, ist diese Annahme aber durch den festgestellten Sachverhalt nicht oder nur teilweise gedeckt. Richtig ist nur, dass die den Arbeitnehmern auferlegte Kostenbeteiligung in der von der Beklagten erlassenen Richtlinie ziffernmäßig festgelegt und daher (zunächst) vorhersehbar und kalkulierbar war. Das Berufungsgericht lässt aber in diesem Zusammenhang außer Acht, dass sich die Beklagte in der Richtlinie die einseitige Erhöhung der Kostenbeteiligung vorbehielt. Der diesem Vorbehalt angefügte Hinweis auf die aktuelle Kostenentwicklung macht allfällige (und auch tatsächlich durchgeführte) Erhöhungen des Kostenbeitrags nicht transparenter oder kalkulierbarer, weil ja die Beklagte - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst ausführt - die Kalkulation des Beitrags nicht in nachvollziehbarer Weise offengelegt hat.

Vor allem aber trifft es nicht zu, dass die Mitarbeiter Einfluss auf

die Höhe der Kostenbeteiligung nehmen konnten. Aus der Richtlinie

ergibt sich, dass die Höhe des Beitrags von der Art der installierten

Geräte, von der Zahl der die Geräte nutzenden Mitarbeiter und von der

Intensität der Nutzung der Geräte unabhängig ist. Eine wie immer

geartete Einflussnahme der Mitarbeiter auf die Höhe des Beitrags

bestand daher - abgesehen davon, das Kostensteigerungen zu einer

Erhöhung führen konnten - nicht. Dazu kommt, dass nach der Richtlinie

die kurzfristige Nichtbenützbarkeit der Geräte, vor allem aber auch

die mangelnde Benützungsmöglichkeit wegen Urlaubs, Krankheit oder

schulungsbedingter Abwesenheit zu keiner Reduktion der

Kostenbeteiligung führt. Und auch die Möglichkeit, die Zustimmung zur

Richtlinie zu widerrufen und damit den Kostenbeitrag zu vermeiden,

ist durch die Richtlinie stark eingeschränkt, weil ein

widerrufswilliger Mitarbeiter an die Zustimmung auch der anderen die

Beratungsstelle nutzenden Mitarbeiter gebunden war.

Noch wesentlicher erscheint, dass sich die Außendienstmitarbeiter der

Beklagten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs sehr wohl in einer

Drucksituation befanden. Zwar erachtete das Erstgericht als nicht

feststellbar, dass für den Fall der Verweigerung der Zustimmung zur

Richtlinie mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedroht wurde.

Es steht aber fest, dass Betriebsrat und Arbeitgeber den

Außendienstmitarbeitern die Zustimmung nahe legten ("Überredungs- und

Überzeugungstaktik") und dass sich ein zusätzlicher Druck daraus

ergab, dass Mitarbeiter, die der Regelung zustimmen wollten, auf die

Zustimmung der anderen die Beratungsstelle nutzenden Kollegen

angewiesen waren und diese daher bedrängten. Ein Neueintritt als

Außendienstmitarbeiter war überhaupt nur mehr im Falle der Zustimmung

zur Richtlinie möglich. Auch der Umstand, dass die Kläger zwar der

Richtlinie zustimmten, dass der Abzug aber dessen ungeachtet von

ihnen nicht goutiert wurde und immer wieder Gegenstand von Gesprächen

mit dem Betriebsrat und mit dem Vorgesetzten war, relativiert die von

der Beklagten ins Treffen geführte "Freiwilligkeit". Es hieße, die

durch die typischerweise von "verdünnter Willensfreiheit"

gekennzeichnete Realität des Arbeitslebens verkennen, wollte man hier

das Vorliegen einer Drucksituation verneinen.

Dass die Installierung der Geräte auch im Interesse der Arbeitnehmer

lag, deren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten dadurch verbessert

wurden, steht außer Zweifel. Ebenso wenig kann aber außer Betracht

bleiben, dass die Ausstattung der Beratungsstellen mit zeitgemäßen

Bürogeräten auch im Interesse des Arbeitgebers liegt, der ja vom

Arbeitserfolg der Außendienstmitarbeiter ebenso profitiert, wie diese

bzw. auf diesen Arbeitserfolg angewiesen ist. In diesem Zusammenhang

verweisen die Revisionswerber außerdem zu Recht auf den Umstand, dass

ja auch die in den Beratungsstellen tätigen Innendienstmitarbeiter

die Geräte nutzen. Dies wird von der Beklagten gar nicht bestritten,

die im Übrigen in der von ihr erlassenen Richtlinie ausdrücklich

darauf hingewiesen hat, dass bei der Ermittlung der Kostenbeteiligung

die "Eigennutzung" durch die Innendienstmitarbeiter einkalkuliert

wurde (dass das Ausmaß dieser Berücksichtigung in keiner Weise

erkenn- und kontrollierbar ist, wurde bereits ausgeführt).

Der Beklagten ist zuzubilligen, dass die Außendienstmitarbeiter ihre

Aufgaben auch ohne die in den Beratungsstellen aufgestellten Geräte

hätten verrichten können und dass kein Anspruch der Mitarbeiter auf

Ausstattung mit moderner Büroorganisation besteht. Davon zu

unterscheiden ist aber die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist,

sich für die - zweifellos vor allem auch ihm massiv zugute kommende -

Ausstattung mit zeitgemäßen und den Arbeitserfolg fördernden

Bürogeräten zu entscheiden, die Kosten des Betriebs dieser Geräte

aber ganz oder teilweise (das Ausmaß der Kostendeckung kann ja

mangels einer nachvollziehbaren Offenlegung der Kalkulation nicht

beurteilt werden) mit der Begründung auf die Arbeitnehmer zu

überwälzen, dass auch sie von besseren Arbeitsergebnissen im Wege

besserer Verdienstmöglichkeiten profitieren.

Eine derartige Überwälzung ist jedenfalls dann unzulässig, wenn sie

unter (wenn auch subtilem) Druck erfolgt und wenn die Ausgestaltung

der damit verbundenen Vertragspositionen der Beteiligten als

auffallende Inäquivalenz beurteilt werden muss.

Von einer derartigen Inäquivalenz muss aber hier ausgegangen werden.

Die Beklagte vermag sich zur Rechtfertigung der Überwälzung der

Einsatzkosten von Betriebsmitteln in Wahrheit nur darauf zu berufen,

dass den Klägern die Privatnutzung der aufgestellten Geräte (aber

auch des - allerdings in der Richtlinie nicht erwähnten - Telefons)

eröffnet wurde. Sie hat aber weder behauptet noch bewiesen, dass die

Kläger, die nach den Feststellungen die Beratungsstellen nur in sehr

beschränkten Umfang nutzten, von dieser Möglichkeit in relevantem

Umfang Gebrauch gemacht haben bzw. dass diese Privatnutzung

angesichts der von den Klägern ohnedies unterhaltenen Privatbüros

einen relevanten, einen Kostenbeitrag rechtfertigenden Wert darstellte. Die Meinung, dass die bloße Möglichkeit der Nutzung auch dann als die Kostenüberwälzung rechtfertigender Vorteil angesehen werden müsse, wenn die Arbeitnehmer daran nicht interessiert sind und nicht davon in relevantem Umfang Gebrauch machen, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.

Dazu kommt der schon erwähnte Umstand, dass nach der Richtlinie die kurzfristige Nichtbenützbarkeit der Geräte - was kurzfristig ist, wird in keiner Weise ausgeführt - vor allem aber auch die mangelnde Benützungsmöglichkeit wegen Urlaubs, Krankheit oder schulungsbedingter Abwesenheit zu keiner Reduktion der Kostenbeteiligung führt.

Der Oberste Gerichtshof teilt somit die Rechtsauffassung der Kläger, dass sie durch die Gestaltung der in Rede stehenden Vereinbarung massiv benachteiligt wurden, dass diese Vereinbarung sittenwidrig iSd § 879 ABGB ist und dass sie daher Anspruch auf Rückzahlung der ihnen im Hinblick auf diese Vereinbarung abgezogenen Beiträge haben. Die Höhe dieser Beiträge ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig, sodass hinsichtlich Zweit- und Drittkläger die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung ihrer Klagebegehren abzuweisen ist.

Hinsichtlich des Erst- und des Viertklägers hat die Beklagte allerdings Gegenforderungen eingewendet, mit denen sich die Vorinstanzen auf Grund ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung noch nicht auseinandergesetzt haben. Hinsichtlich dieser beiden Kläger sind die Entscheidungen der Vorinstanzen daher aufzuheben; in diesem Umfang ist die Rechtssache an die erste Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Zur gegen das Klagebegehren des Erstklägers eingewendeten Gegenforderung ist aber schon jetzt festzuhalten, dass der vom Erstkläger behauptete Umstand, dass diese Forderung tituliert sei, ihre Berücksichtigung in diesem Verfahren nicht ausschließt. Allerdings hätte dieser Umstand zur Konsequenz, dass im Urteil nicht über den Bestand der Gegenforderung abzusprechen, sondern nur - gegebenenfalls - die Aufrechnung auszusprechen ist (RIS-Justiz RS0041017; 7 Ob 555/87).

Nähere Ausführungen zu den Gegenforderungen sind mangels jeglicher Feststellungen dazu noch nicht möglich.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO. Den zweit- und den drittklagenden Parteien stehen die auf sie entfallenden Kosten des Verfahrens aller Instanzen zu. Soweit die Verfahren gemeinsam geführt wurden, sind die von allen vier Klägern gemeinsam verzeichneten Kosten im Verhältnis der Streitwerte auf die einzelnen Kläger aufzuteilen. Für das erstinstanzliche Verfahren entfallen auf den Zweit- und auf den Drittkläger im ersten gemeinsamen Verfahrensabschnitt je ca 25 % der Kosten, im zweiten Verfahrensabschnitt (nach Ausdehnung des Begehrens) ca 26 % (Zweitkläger) bzw. ca 23 % (Drittkläger). Im Rechtsmittelverfahren errechnet sich der Anteil des Zweitklägers an den gemeinsam aufgewendeten Kosten mit ca 30 %, jener des Drittklägers mit ca 25 %.