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OGH vom 09.09.2008, 10Ob61/08f

OGH vom 09.09.2008, 10Ob61/08f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Ali-Nico R*****, geboren am , vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, Bezirke 14-16, 1150 Wien, Gasgasse 8-10), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der obsorgeberechtigten Großmutter Theodora R*****, vertreten durch Mag. Michael Braun, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 94/07t-U25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom , GZ 3 P 168/03x-U17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom (ON 34) wurden dem Minderjährigen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG Unterhaltsvorschüsse in Höhe von monatlich 218,02 EUR für die Zeit vom bis gewährt. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Vorschüsse an die Großmutter mütterlicherseits Theodora R*****, der mit Beschluss des Erstgerichts vom (ON 6) die Obsorge für den Minderjährigen übertragen worden war, auszuzahlen sind.

Am langte beim Erstgericht eine Mitteilung des Magistrats der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, ein, wonach der Minderjährige seit den Semesterferien 2004 bei den väterlichen Großeltern in Wien wohne. Die vom Erstgericht veranlassten Erhebungen ergaben, dass sich der Minderjährige seit Juni 2004 in Pflege und Erziehung bei den väterlichen Großeltern in Wien befindet. Der Vater des Minderjährigen regelt die Frage der Unterhaltszahlungen für seinen Sohn mit seinen Eltern direkt. Das Erstgericht stellte hierauf mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluss vom (ON U9) die Vorschüsse rückwirkend zum ein, weil der Minderjährige seit Juni 2004 bei den väterlichen Großeltern wohne und der Vater die Unterhaltszahlungen mit seinen Eltern direkt regle.

Mit Beschluss vom (ON U17) entschied das Erstgericht auf Antrag des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, dass die mütterliche Großmutter die für die Zeit vom bis (richtig ) bezahlten Vorschüsse von 5.450,50 EUR binnen vier Wochen zurückzuzahlen habe. Es stellte im Wesentlichen noch fest, dass die mütterliche Großmutter die Bezahlung von Rechnungen für Schulgeld (Essen und Betreuung) von monatlich 70 bis 94 EUR, Kleidung und Schulsachen nachgewiesen habe. Diese stellten jedoch nur „repräsentativ" ihre Ausgaben für den Minderjährigen dar.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die mütterliche Großmutter habe ihre Mitteilungspflicht gemäß § 21 UVG verletzt. Sie habe als gesetzliche Vertreterin des Minderjährigen den Gewährungsbeschluss mit einer Rechtsmittelbelehrung und einem Hinweis auf ihre Mitteilungspflicht erhalten und könne sich daher nicht mit Erfolg auf Rechtsunkenntnis berufen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der mütterlichen Großmutter keine Folge. Nach seiner Rechtsansicht sei ein gänzlicher Verbrauch der Vorschüsse für den Minderjährigen von der mütterlichen Großmutter nicht nachgewiesen worden. Es komme auf diese Frage im vorliegenden Fall aber ohnedies nicht an. Ein Verbrauch der Vorschüsse könnte von der Großmutter mütterlicherseits nur dann erfolgreich ins Treffen geführt werden, wenn sie die ihr zukommende Aufgabe der Pflege und Erziehung des Minderjährigen selbst wahrgenommen und sich dabei nur der Hilfe Dritter, nämlich der Großeltern väterlicherseits, bedient hätte. In diesem Fall könnte sie nämlich allenfalls einwenden, die rückwirkende Einstellung der Unterhaltsvorschüsse sei zu Unrecht erfolgt, da sie dies im Einstellungsverfahren mangels Beteiligtenstellung nicht habe geltend machen können. Dass die Pflege und Erziehung des Minderjährigen weiterhin von der Großmutter mütterlicherseits ausgeübt worden sei und die Großeltern väterlicherseits dabei bloß als Gehilfen fungiert hätten, müsse aber schon deshalb verneint werden, weil sie die Unterhaltsvorschüsse auch nicht teilweise an diese weitergeleitet habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob und in welcher Form der Vater die Unterhaltszahlungen für seinen Sohn tatsächlich mit seinen Eltern direkt geregelt habe. Die Großmutter mütterlicherseits hätte unter den gegebenen Umständen durchaus erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Auszahlung der Unterhaltsvorschüsse an sie bereits seit Juni 2004 nicht mehr gegeben gewesen seien, weshalb ihr die Unterlassung, diesen Umstand dem Gericht mitzuteilen, als grobe Fahrlässigkeit iSd § 22 Abs 1 letzter Halbsatz UVG anzulasten sei.

Das Rekursgericht änderte über Antrag der Großmutter mütterlicherseits seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gegen seine Entscheidung dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt wurde, da zu der hier vorliegenden Konstellation, dass die bisher obsorgeberechtigte Person die Pflege und Erziehung des Kindes (weitgehend) an eine andere Person übertrage, die Vorschüsse jedoch zumindest teilweise nach wie vor für den Unterhalt des Kindes (zB Zahlung des Schulgeldes) verwende, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Großmutter mütterlicherseits gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, sie habe die erhaltenen Unterhaltsvorschüsse entsprechend dem Gesetzeszweck für den Minderjährigen verwendet. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Unterhalt des Minderjährigen durch Zahlung oder sonstige Leistungen des Vaters selbst gedeckt gewesen sei und deshalb eine grundsätzliche Berechtigung für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nicht mehr gegeben gewesen wäre. Es treffe sie daher jedenfalls kein grobes Verschulden an der Verletzung der Mitteilungspflicht, da sie die erhaltenen Unterhaltsvorschüsse in Unkenntnis einer Unterhaltsleistung oder Regelung des Vaters tatsächlich für den Unterhalt des Minderjährigen verwendet habe. Die Vorwerfbarkeit der Verletzung der Mitteilungspflicht könne daher nur den Umstand betreffen, dass der Unterhaltsvorschuss nicht an sie, sondern an die Großeltern väterlicherseits auszuzahlen gewesen wäre. Dies hätte jedoch jedenfalls auch dazu geführt, dass der Unterhaltsvorschuss jedenfalls dem Grunde und der Höhe nach zu leisten gewesen wäre.

Weiters macht die Rechtsmittelwerberin geltend, sie habe als Obsorgeberechtigte die Aufgabe der Pflege und Erziehung des Minderjährigen weiterhin selbst wahrgenommen und die Großeltern väterlicherseits hätten die tatsächlichen diesbezüglichen Verrichtungen lediglich in ihrem Auftrag und unter ihrer Kontrolle getätigt. Das Verfahren sei mangelhaft, weil von den Vorinstanzen diese Frage mit der Rechtsmittelwerberin nicht erörtert und dazu auch keine Feststellungen getroffen worden seien. Weiters hätte sich bei Durchführung eines ergänzenden Beweisverfahrens ergeben, dass über die bereits in erster Instanz nachgewiesenen Zahlungen des Schulgeldes sowie eines Teils der Anschaffungen für das tägliche Leben des Minderjährigen hinausgehend die bezahlten Unterhaltsvorschüsse für den Unterhalt des Minderjährigen auch tatsächlich verwendet worden seien.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Nach § 17 Abs 2 UVG sind die Vorschüsse demjenigen auszuzahlen, der das Kind pflegt und erzieht, sofern der gesetzliche Vertreter zum Wohl des Kindes nicht anderes beantragt. Ziel dieser Bestimmung über den Zahlungsempfänger ist, dass dem Kind die Vorschüsse für den laufenden Unterhalt effizient zur Verfügung stehen. Wenn die obsorgeberechtigte Person das Kind nicht pflegt und erzieht, können die Vorschüsse aus diesem Grund nicht eingestellt werden; vielmehr muss eine andere Person gesucht werden, die zur Entgegennahme der Vorschüsse geeignet ist (Neumayr in Schwimann, ABGB3 § 17 UVG Rz 4 mwN).

Nach § 21 UVG haben der gesetzliche Vertreter des Kindes, der Unterhaltsschuldner und derjenige, der das Kind pflegt und erzieht, dem Gericht unverzüglich den Eintritt jedes Grundes für die Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht bezweckt, wegen der amtswegigen Überprüfungspflicht nach den §§ 19 Abs 1, 20 Abs 1 Z 4 lit b UVG das Gericht von allen Umständen in Kenntnis zu setzen, die zu einer Herabsetzung, Einstellung oder bereits Versagung der Vorschüsse führen können. Die Mitteilungspflicht äußert sich also in einer Obliegenheit zur Bekanntgabe von Tatsachen, die für den Vorschussbezug des Kindes nachteilig sein können. Ob es dann tatsächlich zu einer Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse durch das Gericht kommt, ist für die Mitteilungspflicht irrelevant, weil der Anzeigepflichtige die konkreten Auswirkungen auf das Vorgehen des Gerichts nicht zu prüfen hat (Neumayr aaO § 21 UVG Rz 1 mwN).

Die Folgen einer Verletzung der Mitteilungspflicht sind in § 22 UVG geregelt. Nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle hat das Kind Vorschüsse, die aufgrund eines im Rechtsmittelverfahren geänderten oder aufgehobenen Beschlusses oder entgegen einer Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse zu Unrecht gezahlt worden sind, zurückzuzahlen, soweit sie nicht nach § 19 Abs 1 letzter Halbsatz UVG einbehalten oder für den Unterhalt des Kindes verbraucht worden sind. Soweit die zu Unrecht gewährten Vorschüsse vom Kind nicht hereingebracht werden können, haften der gesetzliche Vertreter des Kindes und diejenige Person, in deren Pflege und Erziehung sich das Kind befindet, zur ungeteilten Hand, hilfsweise der Unterhaltsschuldner, jedoch nur derjenige, der die Gewährung der Vorschüsse durch unrichtige Angaben in der Erklärung (§ 11 Abs 2 UVG) oder durch Verletzung der Mitteilungspflicht (§ 21 UVG) vorsätzlich oder grob fahrlässig veranlasst hat.

Während die Haftung des Kindes auf verschuldensunabhängiger bereicherungsrechtlicher Grundlage beruht, beruht die Haftung der übrigen in § 22 UVG angeführten Personen, also des Vertreters des Kindes, der Pflegeperson und des Unterhaltsschuldners, auf schadenersatzrechtlicher Grundlage. Die Schadenersatzforderung erfordert einen kausalen Zusammenhang zwischen unrichtigen Angaben bzw Verletzung der Mitteilungspflicht und Überbezug. Voraussetzungen für einen Rückersatzanspruch nach § 22 UVG sind vorerst die objektiv rechtswidrige, also entgegen den im UVG vorgesehenen objektiven Voraussetzungen erfolgte Gewährung von Vorschüssen sowie eine in Rechtskraft erwachsene Entscheidung, die die beschlussmäßige Auszahlungsgrundlage für die Vorschüsse wieder beseitigt, also entweder eine Abänderung oder Aufhebung des Gewährungsbeschlusses im Rechtsmittelverfahren oder ein rechtskräftiger Einstellungs- oder Herabsetzungsbeschluss. Da den gemäß § 22 UVG für den Rückersatz subsidiär haftenden Personen keine Parteistellung und keine Rechtsmittelbefugnis im Herabsetzungs- oder Einstellungsverfahren nach dem UVG zukommt, kann dem Einstellungs- oder Herabsetzungsbeschluss hinsichtlich der darin bejahten Unrechtmäßigkeit ausgezahlter Vorschüsse keine Bindungswirkung gegenüber diesen Personen beigelegt werden. Im Rückersatzverfahren ist daher neuerlich zu prüfen, ob den gemäß § 22 UVG subsidiär haftenden Personen unrichtige Angaben in der Erklärung (§ 11 Abs 2 UVG) oder eine Verletzung der Mitteilungspflicht (§ 21 UVG) anzulasten ist. Im Hinblick auf die Verschiedenheit der Rechtsgründe der Haftung des Kindes einerseits und der übrigen in § 22 UVG angeführten Personen andererseits geht der Oberste Gerichtshof in seiner Rechtsprechung davon aus, dass ein Verbrauch der zu Unrecht ausbezahlten Vorschüsse für den Unterhalt des Kindes nur eine Rückersatzpflicht des Unterhaltsberechtigten (Kindes), nicht aber der weiteren in § 22 Abs 1 UVG angeführten Haftungsträger ausschließt. Voraussetzung für eine Ersatzpflicht der sekundär Haftenden ist allerdings, dass diese die objektiv unrechte Vorschussgewährung entweder durch unrichtige Angaben im Antrag oder durch Verletzung der Mitteilungspflicht adäquat verursacht haben und bei beiden Varianten in Bezug auf die Vorwerfbarkeit Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt (Neumayr aaO § 22 UVG Rz 1 f und 7 f mwN). Wie der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits ausgesprochen hat, soll die in § 21 UVG normierte Mitteilungspflicht sowie die damit zusammenhängende Ersatzpflicht nach § 22 UVG nicht diejenige Person treffen, die bloß tatsächlich mit der Pflege und Erziehung des in Genuss von Unterhaltsvorschüssen stehenden Kindes befasst ist, sondern den Obsorgeberechtigten bzw Obsorgepflichtigen, der sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben zwar Dritter bedienen kann, dadurch aber nicht von seinen Mitteilungs- und Ersatzpflichten befreit wird (5 Ob 539/94).

In diesem Sinne wird auch von der Rechtsmittelwerberin nicht in Zweifel gezogen, dass sie als weiterhin Obsorgeberechtigte durch den Umstand, dass sich der Minderjährige jedenfalls seit Juni 2004 in Pflege und Erziehung seiner väterlichen Großeltern befindet, nicht von ihrer Mitteilungs- und allenfalls auch Schadenersatzpflicht iSd §§ 21 f UVG befreit wurde. Diese Änderung in der Pflege und Erziehung des Minderjährigen bestand auch nach den eigenen Angaben der Rechtsmittelwerberin bei ihrer Einvernahme am (ON U14) darin, dass sich der Minderjährige seither regelmäßig von Montag bis Freitag bei seinen väterlichen Großeltern aufhält und von ihnen in diesem Zeitraum betreut wird, während er das Wochenende großteils bei seiner Mutter oder der Rechtsmittelwerberin, teilweise auch bei seinen väterlichen Großeltern verbringt. Diese Änderung in der tatsächlichen Pflege und Erziehung (Übernahme des Minderjährigen in den Wohnungsverband der väterlichen Großeltern; nur noch gelegentliche Besuche des Minderjährigen am Wochenende bei der obsorgeberechtigten mütterlichen Großmutter) stellt eine für den Weiterbezug bzw eine mögliche Einstellung der Vorschüsse relevante und daher meldepflichtige Tatsache dar, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob die Pflege und Erziehung des Minderjährigen durch die väterlichen Großeltern nach dem behaupteten Verständnis der Rechtsmittelwerberin weiterhin „in ihrem Auftrag und unter ihrer Kontrolle" erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.

Die mütterliche Großmutter hat insbesondere auch nicht gemäß § 17 Abs 2 UVG beantragt, dass zum Wohl des Minderjährigen die Vorschüsse weiterhin an sie auszuzahlen seien, obwohl die väterlichen Großeltern tatsächlich die Pflege und Erziehung des Minderjährigen übernommen hatten. Diese Verletzung der Mitteilungspflicht durch die mütterliche Großmutter war für die zu Unrecht erfolgte Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen im strittigen Zeitraum kausal, da davon auszugehen ist, dass bei einer entsprechenden Mitteilung oder auch bei einer entsprechenden Antragstellung nach § 17 Abs 2 UVG das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse geprüft hätte und unter den festgestellten Umständen eine weitere Auszahlung der Unterhaltsvorschüsse ab Juli 2004 tatsächlich unterblieben wäre.

Das Schwergewicht in der Argumentation der Rechtsmittelwerberin liegt auch nicht darauf, dass sie keine Meldepflichtverletzung begangen hätte, sondern vielmehr darauf, dass ihr jedenfalls eine grob fahrlässige Verletzung der Meldepflicht nicht anzulasten sei und deshalb ein Schadenersatzanspruch gegen sie nicht in Betracht komme.

Nach der Diktion des § 22 Abs 1 UVG müssen sich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auf die Gewährung der Vorschüsse beziehen, nicht aber auf den Verbrauch. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung dann vor, wenn der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar war, wenn das Versehen mit Rücksicht auf seine Schwere oder Häufigkeit nur bei besonderer Nachlässigkeit und nur bei besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorkommt sowie nach den Umständen die Vermutung des „bösen Vorsatzes" naheliegt. Bei der Beurteilung des Vorliegens grober Fahrlässigkeit sind die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen; dabei ist auch das Element der schweren subjektiven Vorwerfbarkeit einzubeziehen. Im allgemein gebräuchlichen Sinn kann grobe Fahrlässigkeit bei Verletzung einer Mitteilungspflicht daher nur angenommen werden, wenn (auch für einen einfachen Menschen) die hohe Wahrscheinlichkeit der Unrechtmäßigkeit des Bezugs einsichtig ist und von ihm daher eine Bekanntgabe an das Gericht erwartet werden kann. Die Tatsache einer Rechtsbelehrung mit dem Gewährungsbeschluss reicht für sich alleine nicht aus, jedenfalls grobe Fahrlässigkeit bei Verletzung einer Mitteilungspflicht zu begründen (Neumayr aaO § 22 UVG Rz 25 f mwN).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Rechtsmittelwerberin die von ihr weiterhin bezogenen Vorschüsse auch nicht teilweise an die väterlichen Großeltern, in deren Pflege und Erziehung sich der Minderjährige seit Juni 2004 befindet, weitergeleitet hat. Die Rechtsmittelwerberin hat jedoch bereits vor dem Erstgericht geltend gemacht, sie habe den Unterhaltsvorschuss - nach ihrem Rekursvorbringen in Unkenntnis einer Unterhaltsleistung oder Unterhaltsregelung des Vaters mit seinen Eltern - zur Gänze für den Unterhalt des Minderjährigen (Schulkosten, Hortkosten, Kosten für Kleidung, Schuhe, Freizeitaktivitäten usw) und nicht (auch) für eigene Zwecke verwendet. Das Erstgericht hat zwar „repräsentativ" einige laufende Zahlungen der Rechtsmittelwerberin für den Minderjährigen festgestellt, jedoch ganz offensichtlich keine vollständigen und abschließenden Feststellungen zu dieser Frage treffen wollen. Da jedoch dem Umstand, dass die Rechtsmittelwerberin nach ihrer Behauptung die Unterhaltsvorschüsse entsprechend ihrem Verwendungszweck zur Gänze oder jedenfalls zum weitaus überwiegenden Teil tatsächlich für den Unterhalt des Minderjährigen verwendet hat, für die Beurteilung der Frage, ob ihr eine grob fahrlässige Verletzung der Meldungspflicht zur Last zu legen ist, eine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt, erweist sich das Verfahren insoweit als ergänzungsbedürftig. Die Rechtssache war daher unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.