zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 15.12.2009, 9Ob41/09h

OGH vom 15.12.2009, 9Ob41/09h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** H*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, gegen die beklagte Partei V***** eGen, *****, vertreten durch Tröthandl Rupprecht Schenz Haider Rechtsanwälte OEG in Baden, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 227/08v-24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt vom , GZ 24 Cg 141/07m-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.680,84 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 280,14 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Mitglied des Vorstands und Arbeitnehmer eines Vereins. Im Jahr 2000 geriet dieser Verein - insbesondere deshalb, weil er Forderungen nicht einbringen konnte - in finanzielle Schwierigkeiten, die dazu führten, dass er seinen Beschäftigten - darunter dem Kläger - die Gehälter nicht mehr zahlen konnte. Der Vorstand des Vereins (unter Beiziehung ua des Klägers, der Kassierin und der Schriftführerin) beschloss daher, bei der Beklagten einen Kredit von 500.000 ATS aufzunehmen, der den Liquiditätsengpass beheben, die Auszahlung der Gehälter ermöglichen und außerdem zur Finanzierung von Investitionen dienen sollte. Der Obmann des Vereins wendete sich deshalb an die Beklagte und erörterte mit dieser die finanzielle Lage des Vereins. Die Beklagte verlangte die Besicherung des Kredits durch zwei Bürgen. Der Kläger und ein zweites Vorstandsmitglied erklärten sich daraufhin unaufgefordert zur Übernahme der Bürgschaft bereit. Dass der Kläger vom Verein dazu gedrängt wurde, steht nicht fest.

Der Kläger verdiente damals 18.390 ATS 14 mal jährlich. Er war Schuldner eines Wohnbaukredits von 2,2 Mio ATS und bürgte bereits (mit vier weiteren Bürgen) für einen vom Verein aufgenommenen Kredit von 1,6 Mio ATS.

Der Beklagten waren die finanziellen Verhältnisse des Klägers bekannt. Der Steuerberater des Vereins hatte ihr erklärt, dass der Verein zuletzt einen Gewinn von 342.285,72 ATS erwirtschaftet habe und nunmehr ordnungsgemäß geführt werde, sodass die Zahlung der Raten möglich sei. Auch der Kläger wusste über die finanziellen Verhältnisse des Vereins Bescheid. Die Beklagte und der Kläger gingen davon aus, dass der Verein den Kredit ordnungsgemäß zurückzahlen werde. Der Kläger nahm an, dass der Verein in absehbarer Zeit Forderungen gegen die Gemeinde in Höhe von 400.000 ATS hereinbringen werde. Die Vertreterin der Beklagten wusste zwar, dass der Verein aufgrund des Liquiditätsengpasses die Gehälter (auch des Klägers) nicht zahlen konnte; ihr war aber nicht klar, dass ohne Gewährung des Kredits der Arbeitsplatz des Klägers in Gefahr wäre. Sie ging davon aus, dass Arbeitsplätze durch die übergeordnete Organisation des Vereins gesichert seien. Dass der Kläger seinen Arbeitsplatz ohne Kreditgewährung verloren hätte, steht nicht fest. Vereinsintern war jedoch darüber gesprochen worden, dass dieser und vier weitere Arbeitsplätze in Gefahr seien.

Der Kläger unterfertigte sowohl den Kredit- als auch den Bürgschaftsvertrag. Für den Verein wurde der Kreditvertrag vom Obmann unterschrieben. Der Kreditbetrag wurde dem Verein zugezählt und von diesem unter Einbeziehung des Obmanns und der Kassierin widmungsgemäß verwendet. Zunächst wurden die vereinbarten Raten vom Verein bezahlt. Nach etwas mehr als eineinhalb Jahren wurde aber über das Vermögen des Vereins der Konkurs eröffnet.

§ 16 des Vereinsstatus („Vertretung der ... Gruppe nach außen") sieht vor, dass der Verein „nach außen durch den Obmann vertreten" (Abs 1) wird und dass „schriftliche Ausfertigungen ... in allen Angelegenheiten, die der Beschlussfassung der Gruppenhauptversammlung oder des Gruppenvorstands bedürfen, ... um rechtsverbindlich zu sein, sowohl vom Obmann ... als auch vom Gruppenschriftführer unterzeichnet sein" müssen; in finanziellen Angelegenheiten ist die Mitzeichnung des Gruppenkassiers notwendig (Abs 3).

In einem von der Beklagten angestrengten Vorprozess wurden der nunmehrige Kläger und sein Mitbürge zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Kreditteilbetrags von 3.630 EUR sA verpflichtet. Das dem Klagebegehren der nunmehrigen Beklagten stattgebende Ersturteil wurde in zweiter Instanz bestätigt. Die dagegen erhobene Revision wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen, weil die Teileinklagungsregel des § 55 Abs 3 JN für die Frage der Zulässigkeit der Revision nicht anwendbar und das Rechtsmittel daher absolut unzulässig sei.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger letztlich die Feststellung, dass der Beklagten ihm gegenüber über einen bereits in einem Vorprozess rechtskräftig zuerkannten Betrag von 3.360 EUR sA kein Anspruch auf Zahlung aus dem Bürgschaftsvertrag zustehe. Die Beklagte habe zahlreiche weitere Klagen, jeweils unter der Revisionszulässigkeitsgrenze, angekündigt. Der Kläger könne daher nur mit negativer Feststellungsklage geltend machen, dass er aus der Bürgschaft nicht hafte. Der Kredit- und der Bürgschaftsvertrag seien wegen des Unterbleibens der statutenmäßigen Fertigung des Kreditvertrags unwirksam. Die Bürgschaft sei überdies wegen seiner massiven finanziellen Überforderung und im Hinblick auf § 25c KSchG nichtig. Zudem verstoße sie gegen das KautSchG.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Ihr Vorbringen beschränkte sich auf die Behauptung, dass der Kläger im Vorprozess aus dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt zur Zahlung von 3.630 EUR verurteilt worden sei.

Mit seinem im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteil vom wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Obwohl nur der Obmann des Vereins den Kreditvertrag unterschrieben habe, sei das Kreditgeschäft wirksam, weil es durch die widmungsgemäße Verwendung des Kreditbetrags vom Verein iSd § 1016 ABGB genehmigt worden sei. Das KautSchG sei schon deshalb nicht anwendbar, weil der Verein den Kläger nicht zur Übernahme der Bürgschaft gedrängt habe. Eine Haftungsbefreiung des Klägers nach § 25c KSchG scheitere daran, dass die Beklagte angesichts der von ihr eingeholten Informationen keinen Grund zur Annahme gehabt habe, dass der Kredit notleidend wird. Für die analoge Heranziehung der Rechtsprechung zur Angehörigenbürgschaft bestehe kein Anlass.

Das Berufungsgericht änderte mit dem angefochtenen Urteil diese Entscheidung im klagestattgebenden Sinn ab und stellte fest, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger keinen über 3.630 EUR sA hinausgehenden Anspruch auf Zahlung aus dem Bürgschaftsvertrag habe.

Die Rechtsprechung wende das KautSchG analog auch auf Sachverhalte an, in denen eine darlehensgewährende Bank auf der Beibringung eines Bürgen bestanden und der Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags von der Bürgschaftsübernahme durch den Arbeitnehmer abhängig gemacht habe. Das verpönte Verhalten sei die Ausübung von Druck auf den Arbeitnehmer, dessen Willensfreiheit auf diese Weise beeinträchtigt sei. Das Kreditinstitut müsse aber Kenntnis von dem auf den Arbeitnehmer ausgeübten Druck haben. All das sei hier gegeben. Zwar sei verbaler Druck auf den Kläger nicht feststellbar. Es reiche aber das Wissen, dass die offenen Gehälter ohne Kreditaufnahme nicht hätten gezahlt werden können. Dieses Wissen sei einer Kündigungsdrohung zumindest gleichwertig. Die Vorstandsfunktion des Klägers schließe die Anwendung des KautSchG nicht aus.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der Schutz der § 3 f KautSchG auch Personen zugute komme, die aufgrund ihrer Organstellung an den wirtschaftlichen Entscheidungen der kreditnehmenden juristischen Person zwar mitwirken, an dieser aber nicht beteiligt sind. Auch die Frage, ob das Vorliegen einer faktischen Drucksituation die Anwendung des KautSchG rechtfertige, sei klärungsbedürftig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtsauffassung, die vom Kläger übernommene Bürgschaft sei iSd §§ 3, 4 KautSchG nichtig, nicht teilt. Die Revision ist aber im Ergebnis dennoch nicht berechtigt.

I.1. Nach § 3 KautSchG darf die Aufrechterhaltung eines Dienstvertrags vom Dienstgeber nicht davon abhängig gemacht werden, dass ihm vom Dienstnehmer ein Darlehen gewährt wird oder dass der Dienstnehmer sich mit einer Geldeinlage an dem Unternehmen des Dienstgebers als stiller Gesellschafter beteiligt. Verträge über Darlehen oder Geschäftsbeteiligungen, die diesem Verbot widersprechen, sind nach § 4 KautSchG nichtig. Zweck dieser Verbotsnormen ist es (unter anderem), den Dienstnehmer davor zu schützen, dass er um der Aufrechterhaltung des Dienstvertrags willen dem Dienstgeber ein Darlehen gewährt und damit der Gefahr der Insolvenz des Dienstgebers ausgesetzt wird (SZ 62/229; 6 Ob 1/00s; Mayr, Kautionsschutzgesetz § 3 E 7).

I.2. Die Rechtsprechung hat den (bei wörtlicher Interpretation engen) Schutzbereich des KautSchG durch Analogie auf solche Sachverhalte erweitert, in denen eine Umgehung der Nichtigkeitssanktion dadurch versucht wurde, dass eine darlehensgewährende Bank auf der Beibringung eines Bürgen bestand, der Dienstgeber die Aufrechterhaltung des Dienstvertrags von der Bürgschaftsübernahme abhängig machte und dieser Umstand der darlehensgewährenden Bank bekannt war (RIS-Justiz RS0032297; SZ 61/229).

I.3. Die Meinung des Berufungsgerichts, diese Voraussetzungen seien hier erfüllt, wird allerdings vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt: Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Dienstgeber hier die Aufrechterhaltung des Dienstvertrags nicht von der Übernahme der Bürgschaft durch den Kläger abhängig gemacht. Der Kläger wurde zur Übernahme der Bürgschaft nicht überredet, sondern hat sich unaufgefordert dazu bereit erklärt. Dass der Kläger zur Bürgschaft gedrängt worden wäre, wurde ausdrücklich nicht als erwiesen angenommen. Zwar trifft es zu, dass er zu diesem Zeitpunkt Lohnzahlungen nicht erhalten hatte und eine (intern diskutierte) Gefährdung seines Arbeitsplatzes als möglich erachten musste; ob das für die Annahme der von der zweiten Instanz vorgenommenen analogen Anwendung des § 3 KautSchG ausreichend ist, erscheint aber fraglich.

In jedem Fall scheitert die analoge Anwendung der §§ 3 f KautSchG hier aber daran, dass die kreditgewährende Bank von einer für den Kläger wegen des drohenden Verlusts seines Arbeitsplatzes bestehenden Drucksituation nichts wusste und dass sie sich eine solche Drucksituation - auch wenn sie zu bejahen wäre - daher nicht zurechnen lassen muss. Zwar wusste die Vertreterin der Bank, dass der Verein unter einem Liquiditätsengpass litt und deshalb die Gehälter (auch) des Klägers nicht zahlen konnte. Ihr war aber nicht klar - so die Feststellungen ausdrücklich - dass im Fall der Nichtgewährung des Kredits der Arbeitsplatz des Klägers in Gefahr wäre. Zum einen wurde sie auf diesen Umstand nicht aufmerksam gemacht; zum anderen ging sie davon aus, dass die Arbeitsplätze des Vereins durch dessen übergeordnete Organisation gesichert seien. Vor diesem Hintergrund ist die analoge Anwendung der Verbotsnorm des § 3 KautSchG und der in § 4 dieses Gesetzes normierten Nichtigkeitssanktion auch auf das Verhältnis des Klägers zur kreditgewährenden Bank nicht möglich.

Damit erweist es sich als erforderlich, auf die übrigen vom Kläger gegen seine Haftung vorgebrachten Einwände einzugehen:

II.1. Der Kläger hat unter anderem geltend gemacht, dass mangels der gebotenen Vertretung des Vereins beim Vertragsabschluss überhaupt kein wirksamer Kreditvertrag zustande gekommen sei. Dieser Einwand ist wesentlich, weil - träfe er zu - die Beklagte mangels des Zustandekommens eines Vertrags aus der Überweisung des Kreditbetrags an den Verein lediglich Bereicherungsansprüche ableiten könnte. Nach § 1351 ABGB setzt die Bürgschaft eine bestehende Verbindlichkeit voraus (Akzessorietät). Ist die Hauptschuld nicht gültig entstanden, gilt dies grundsätzlich auch für die Bürgschaft (Gamerith in Rummel³ §§ 1350, 1351 Rz 1). Im Allgemeinen haftet der Bürge daher für aus dem nicht zustande gekommenen Rechtsgeschäft erwachsende Rückabwicklungs-/Bereicherungsansprüche nicht (Gamerith in Rummel³ §§ 1350, 1351 Rz 3a). Dass die Auslegung des Bürgschaftsvertrags im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen kann (so Mader/W. Faber in Schwimann³ § 1353 Rz 6) mag zutreffen; dies kann aber nicht als Regelfall unterstellt werden und müsste durch schlüssige Behauptungen über besondere Vereinbarungen im Bürgschaftsvertrag vom Gläubiger geltend gemacht werden. Solche Behauptungen wurden hier von der Beklagten nicht vorgebracht, sodass davon auszugehen ist, dass der Kläger - sollten der Beklagten gegen den Verein mangels Wirksamkeit des Kreditvertrags tatsächlich nur Bereicherungsansprüche erwachsen sein - für diese Ansprüche nicht haftet.

II.2. Das Erstgericht hat aus dem Inhalt der Statuten des Vereins lediglich die Abs 1 und 3 des § 16 („Vertretung der ... Gruppe nach außen") festgestellt: Danach wird der Verein „nach außen durch den Obmann vertreten" (Abs 1). „Schriftliche Ausfertigungen der Gruppe ... in allen Angelegenheiten, die der Beschlussfassung der Gruppenhauptversammlung oder des Gruppenvorstands bedürfen, müssen, um rechtsverbindlich zu sein, sowohl vom Obmann ... als auch vom Gruppenschriftführer unterzeichnet sein; in finanziellen Angelegenheiten ist die Mitzeichnung des Gruppenkassiers notwendig" (Abs 3).

Weitere Feststellungen wurden zu den Statuten nicht getroffen. Auch aus dem Akt sind weitere Klarstellungen dazu nicht möglich, zumal nur eine Seite der Statuten vorgelegt wurde, aus der lediglich der § 15 („Aufgaben des Gruppenvorstands") und der bereits erwähnte § 16 ersichtlich sind. Welches Organ zur Beschlussfassung über die Kreditaufnahme berufen war, steht daher nicht fest: Dem im Akt erliegenden Auszug aus den Statuten ist nur zu entnehmen, dass dem Gruppenvorstand die Beschlussfassung in allen Angelegenheiten obliegt, die nicht der Gruppenhauptversammlung vorbehalten sind. Ob aber die Beschlussfassung über die hier zu beurteilende Kreditaufnahme der Gruppenhauptversammlung vorbehalten ist oder doch dem Vorstand obliegt, ist weder den Feststellungen noch dem Statutenauszug zu entnehmen. Darauf kommt es aber - wie noch zu zeigen sein wird - letztlich nicht an.

II.3. Über die Vertretung nach außen wurden die bereits oben wiedergegebenen Feststellungen zu § 16 des Statuts getroffen. Demnach obliegt zwar die Vertretung des Vereins gegenüber Dritten dem Obmann. Der Kreditvertrag hätte aber - gleichgültig, ob die Beschlussfassung darüber nun der Gruppenhauptversammlung oder dem Vorstand oblegen ist - vom Schriftführer und, weil es sich um eine finanzielle Angelegenheit handelt, auch vom Kassier mitunterzeichnet werden müssen.

Diese Zeichnungsvorschrift wurde - wie der Kläger richtig geltend macht - nicht eingehalten. Nach den Feststellungen wurde nämlich der Kreditvertrag nur vom Obmann des Vereins unterfertigt.

II.4. Dies wirft die Frage auf, ob es sich bei der zuletzt genannten Bestimmung über die Mitzeichnung des Kassiers bloß um eine interne Reglung für die ordnungsgemäße Geschäftsführung handelt oder aber um eine (zulässige und wirksame) Beschränkung der Vertretungskompetenz des zur Vertretung nach außen berufenen Organs (vgl Vonkilch, Entscheidungsanmerkung zu ZAS 2002/5).

Rummel (in FS Strasser[1983] 813 [826 f]) hat zu vergleichbaren (Mit-)Zeichnungsregelungen zwar erwogen, sie - wie bei sonstiger Bindung von Vertretern an Formgebote - als Vollmachtsbeschränkung zu verstehen; aus Gründen des Vertrauensschutzes sei allerdings näherliegend, sie nur als interne Weisung an die Vereinsorgane zu behandeln, soweit nicht für die Bekanntgabe der einschlägigen Beschränkung an Dritte gesorgt werde. Wenngleich die Vertretungsmacht für juristische Personen des Privatrechts gesetzlich nicht typisiert sei, habe man von grundsätzlich umfassender organschaftlicher Vertretungsmacht auszugehen.

Vonkilch (Zur privatrechtlichen Rechtsfähigkeit und Vertretung von Klubs und Fraktionen in den allgemeinen Vertretungskörpern, JBl 2000, 77) hat darauf hingewiesen, dass aus dem ABGB kein unmittelbares Verbot der Beschränkung der organmäßigen Vertretungsmacht ableitbar sei. Es könne daher nicht von der grundsätzlichen Unbeschränktheit und Unbeschränkbarkeit der Organkompetenz ausgegangen werden.

Auch Krejci (in Korinek/Krejci, Der Verein als Unternehmer 51 [101 f]) bezeichnet Beschränkungen der Vertretungsmacht der Vereinsorgane auf bestimmte Aufgaben oder die Aufteilung der Vertretungsmacht auf verschiedene Personen als möglich. Je komplizierter derartige Regelungen seien, desto mehr belasteten sie aber den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Wie bei Unzumutbarkeit des Kennens oder Verstehens gesetzlicher Normen Rechtsunkenntnis trotz der Anordnung des § 2 ABGB entschuldige, so müsse wohl auch die unzumutbare und unklare Gestaltung von Vertretungsverhältnissen letztlich zu Lasten des Vertretenen und nicht zu Lasten des Dritten gehen.

Aicher (in Rummel³ § 26 Rz 24) spricht sich ebenfalls für die Zulässigkeit statutarischer Vertretungsbeschränkungen aus. Außenwirksame Beschränkungen der Vertretungsmacht von Organen juristischer Personen könnten sich, wenn für das Organ nicht eine gesetzliche Formalvollmacht gelte, aus statutarischer Beschränkung, mangels einer solchen aus der Reichweite der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis ergeben (wobei gegenüber Gutgläubigen Verkehrsschutz über §§ 1026 ff ABGB sicherzustellen sei).

II.5. Auch der Oberste Gerichtshof geht davon aus, dass sich aus dem ABGB eine umfassende Formalvollmacht des Obmanns eines Vereins nicht ableiten lässt. Dass der Gesetzgeber in verschiedenen Zusammenhängen von der Möglichkeit, Leitungsorganen juristischer Personen umfassende Formalvollmachten zu verleihen, Gebrauch gemacht hat, erlaubt es nicht, im Wege der Analogie anzunehmen, dass auch der Vereinsvorstand mit einer solchen Formalvollmacht ausgestattet ist. Schon die Tatsache, dass Formalvollmachten weiterhin ausdrücklich angeordnet werden, zeigt, dass es sich dabei jedenfalls für juristische Personen, deren Rechtsfähigkeit sich aus § 26 ABGB ableitet, um die Ausnahme gegenüber den Regelungen des ABGB handelt. Für diese muss weiterhin das allgemeine Prinzip gelten, dass der Umfang einer Vollmacht vom Vollmachtgeber beschränkt werden kann.

II.6. Bei Vereinen sind allerdings dem Dritten im Innenverhältnis erfolgte Beschränkungen der Vertretungsmacht in der Regel nicht bekannt. Bloß interne, nicht aus der Satzung an entsprechender Stelle ersichtliche Vorbehalte werden bei kundgemachter Vollmacht nicht zur Unwirksamkeit des Vertretungsakts führen. Anders ist dies allerdings bei Beschränkungen, die aus der Satzung ersichtlich sind und von denen daher durch Einsichtnahme in die Satzung Kenntnis erlangt werden kann. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob eine Einsichtnahme in die Statuten immer zu erfolgen hat oder ob hier zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften differenziert werden muss. Jedenfalls für außergewöhnliche Geschäfte bzw für Geschäfte von weit tragender Bedeutung hat die Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass der Vertragspartner sich Gewissheit über Inhalt und Umfang der Vertretungsmacht des für den Verein handelnden Organs und darüber schaffen muss, dass die Handlungen des Vereinsorgans im Rahmen seines statutenmäßigen Wirkungskreises erfolgen (8 ObA 209/02x; 8 Ob 201/97k). Als schlechtgläubig gilt derjenige, der bei gehöriger Aufmerksamkeit Bedenken über die Vertretungsmacht hätte haben müssen (8 Ob 201/97k).

II.7. Für den hier zu beurteilenden Fall ergeben sich daraus nachstehende Konsequenzen:

Die in den Statuten des Vereins enthaltenen Vorschrift über die Notwendigkeit der Mitzeichnung des Schriftführers und des Kassiers sind als Beschränkung der Vollmacht des Obmanns zu qualifizieren. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass sich diese Zeichnungsvorschriften in § 16 der Statuten finden, der die Vertretung der Gruppe nach außen regelt. Damit ist es nicht vereinbar, von einer bloß internen Weisung an die Vereinsorgane über die Ausübung der Geschäftsführung auszugehen. Im Sinne der oben angestellten Überlegungen ist diese Beschränkung der Vollmacht auch wirksam. Die Beklagte muss sie auch gegen sich gelten lassen, zumal es sich bei der hier zu beurteilenden Kreditaufnahme nicht um ein Geschäft der gewöhnlichen Verwaltung handelt und die Beklagte daher im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor dem Abschluss des Kreditvertrags Einsicht in die Statuten nehmen und sich über Inhalt und Umfang der Vertretungsmacht des Obmanns Kenntnis verschaffen hätte müssen.

Dem Kläger ist daher beizupflichten, dass der Kreditvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.

II.8. Das Erstgericht hat allerdings die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kreditvertrag durch die widmungsgemäße Verwendung des Kredits durch den Verein iSd § 1016 ABGB nachträglich genehmigt worden und daher wirksam sei.

Dem hat der Kläger in seiner Berufung zu Recht entgegen gehalten, dass sich die insoweit behauptungs- und beweispflichtige (SZ 52/50) Beklagte in erster Instanz auf eine nachträgliche Genehmigung des Geschäfts gar nicht berufen hat. Entsprechendes Vorbringen wäre aber erforderlich gewesen, weil der Kläger in erster Instanz bereits auf die mangelnde Vertretungsmacht des allein für den Verein unterfertigenden Obmanns hingewiesen hat.

Allein aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen kann eine nachträgliche Genehmigung des Geschäfts nicht mit Sicherheit abgeleitet werden:

II.9. Die Genehmigung eines vollmachtslos geschlossenen Geschäfts kann gemäß § 1016 ABGB entweder durch ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung oder durch Vorteilszuwendung erfolgen. Vorteilszuwendung liegt vor, wenn der Geschäftsherr die ihm aus dem vollmachtslos oder in Vollmachtsüberschreitung geschlossenen Geschäft - seine Rechtswirksamkeit unterstellt - zukommenden Rechte ganz oder teilweise in Anspruch nimmt (Strasser im Rummel³ §§ 1016, 1017 Rz 14). Damit die Vorteilszuwendung als Genehmigung wirkt, muss allerdings der Geschäftsherr davon wissen, dass in seinem Namen kontrahiert wurde und dass der Vorteil aus diesem Geschäft stammt, das er nunmehr will (Strasser in Rummel³ §§ 1016, 1017 Rz 14; Apathy in Schwimann³ § 1016 Rz 6; P. Bydlinski in KBB² § 1016 Rz 4). Eine Genehmigungserklärung eines Vereins müsste allerdings durch das statutenmäßig für den Abschluss des Geschäfts zuständige Organ erfolgen (SZ 49/162). Ebenso setzt auch die Vorteilszuwendung voraus, dass das an sich statutenmäßig berufene Organ im Wissen um das vollmachtslos geschlossene Geschäft die daraus resultierenden Vorteile in Anspruch nimmt. Im vorliegenden Fall, in dem - wie gezeigt - die in den Statuten enthaltene Zeichnungsvorschrift im Sinne einer Beschränkung der Vollmacht des Obmanns und damit im Sinn der Anordnung von Kollektivvertretungsbefugnis wirkt, hätte daher die Sanierung des Geschäfts durch nachträgliche Genehmigung zur Voraussetzung, dass der Kredit in Kenntnis der Umstände unter Einbeziehung des Obmanns, des Schriftführers und des Kassiers verwendet wurde.

Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, steht - wie der Kläger in seiner Berufung zutreffend geltend gemacht hat - nicht fest: Feststellungen über eine ausdrückliche Genehmigung oder über einen Sachverhalt, der im Sinne einer konkludenten Genehmigungserklärung interpretiert werden könnten, wurde nicht getroffen. Den Feststellungen ist lediglich zu entnehmen, dass der dem Verein zugezählte Kreditbetrag vom Verein „unter Einbeziehung des Obmanns sowie auch der Gruppenkassiererin" widmungsgemäß verwendet wurde. Dass auch der Schriftführer, dessen Mitzeichnung in den Statuten ebenfalls vorgeschrieben ist, an der Verwendung des Kredits beteiligt war oder auch nur davon gewusst hat, steht hingegen nicht fest und wurde von der Beklagten auch gar nicht behauptet. Ohne entsprechende Behauptungen und Feststellungen kann dies aber nicht einfach unterstellt werden. Damit fehlt es aber - ohne dass auf die Frage der Maßgeblichkeit der Erkennbarkeit einer allfälligen Sanierung durch die Bank eingegangen werden müsste - an den Voraussetzungen für die Annahme einer nachträglichen Genehmigung des Kreditvertrags, sodass von dessen Unwirksamkeit auszugehen ist.

Im Sinne der unter II.1. angestellten Überlegungen ist daher die Haftung des Beklagten aus dem von ihm unterfertigten Bürgschaftsvertrag zu verneinen.

Im Ergebnis erweist sich die angefochtene Entscheidung daher als berechtigt.

III. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. An „ERV-Gebühr" iSd § 23a RATG stehen dem Kläger nur 1,80 EUR zu, da es sich bei der Revisionsbeantwortung nicht um den „verfahrenseinleitenden Schriftsatz" handelt.