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OGH vom 27.05.2008, 10Ob16/08p

OGH vom 27.05.2008, 10Ob16/08p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Heinz B*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Lieselotte B*****, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 11.088 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 18 R 232/07g-6, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 2 C 220/07b-2, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten zu Handen ihres Vertreters die mit 766,08 EUR (darin enthalten 127,68 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 2 C 320/04a-34, aus dem gleichteiligen Verschulden beider Ehegatten geschieden. Zur Aktenzahl AZ 2 C 259/06m des Bezirksgerichts Mödling ist zwischen den Streitteilen ein Aufteilungsverfahren anhängig. Die Streitteile leben nach wie vor gemeinsam in einem nach dem Grundbuchsstand dem Kläger allein gehörenden Reihenhaus.

Mit seiner am beim Erstgericht eingebrachten Mahnklage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 11.088 EUR sA an „Benützungsentgelt" aus der Mitbenützung der ehelichen Wohnung sowie an Ersatz für verbrauchsabhängige Betriebskosten (Heizung, Gas, Strom, Telefon, Internet etc) seit der Scheidung der Ehe. Die Beklagte erbringe keinerlei Gegenleistung. Eine vertragliche Vereinbarung bestehe zwischen den Parteien nicht. Der Kläger stütze sein Begehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auch auf ungerechtfertigte Bereicherung.

Das Erstgericht wies die Klage a limine zurück. Ersatzansprüche zwischen Ehegatten aus angeblicher titelloser Benützung der Ehewohnung fielen nicht in die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte nach § 49 Abs 2 Z 2 b JN. Da der Streitwert 10.000 EUR übersteige, sei das Bezirksgericht sachlich unzuständig.

Aus Anlass des Rekurses des Klägers hob das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts ersatzlos auf und überwies die Klage wegen Unzuständigkeit des streitigen Rechtswegs der zuständigen Abteilung des Bezirksgerichts Mödling als Außerstreitgericht im Aufteilungsverfahren AZ 2 C 259/06m. Es vertrat - zusammengefasst - die Rechtsansicht, der Kläger mache mit der Klage Ansprüche geltend, welche die Ehewohnung beträfen. Die Ehewohnung unterliege der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG. Über Aufteilungsansprüche sei, wenn sie - wie hier - binnen einem Jahr nach rechtskräftiger Scheidung geltend gemacht werden, im Außerstreitverfahren zu entscheiden. Auch die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Benützungsentgelt aus der behaupteten titellosen (Mit-)benützung der ehemaligen Ehewohnung fielen in die Zuständigkeit des Außerstreitrichters, zumal die Berechtigung des Klägers, aus seinem Eigentum abgeleitetes Benützungsentgelt zu verlangen, von der rechtsgestaltenden Anordnung des Außerstreitrichters über die Zuweisung der Ehewohnung abhängig sei. Es sei daher die gegenständliche Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 40a JN an den Außerstreitrichter zur Einbeziehung in das zwischen den Parteien anhängige Aufteilungsverfahren zu überweisen.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, der Oberste Gerichtshof möge die Entscheidung des Rekursgerichts ersatzlos beheben und „die Rechtssache dem Bezirksgericht Mödling zur Entscheidung im streitigem Wege zuweisen".

Die Beklagte beantragt in ihrer - vom Erstgericht über Auftrag des Obersten Gerichtshofs eingeholten - Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel „zur Gänze als unbegründet zurückzuweisen".

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil nach herrschender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der (erstmalig) vom Rekursgericht gefasste Überweisungsbeschluss in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO wie ein gleichartiger berufungsgerichtlicher Beschluss ohne Rücksicht auf das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen und die Höhe des Entscheidungsgegenstands mit Vollrekurs anfechtbar ist (vgl 6 Ob 148/06t; RZ 1997/11, 36 mwN; RIS-Justiz RS0041890; Ballon in Fasching2 § 40a JN Rz 13). Das Rechtsmittel des Klägers ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die gegenständlichen Ansprüche seien nicht im Aufteilungsverfahren zu behandeln, da sie mit dem Wesen der nachehelichen Aufteilung nichts zu tun hätten und auch nicht durch die mögliche Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren umgestoßen würden, sondern vielmehr gleichgültig wie die Rechtsgestaltung im Aufteilungsverfahren vorgenommen werde, immer nur zu einer nicht gerechtfertigten titellosen Bereicherung der Beklagten führten. Der Kläger könne daher seine Ansprüche im streitigen Verfahren geltend machen.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, normierte die Bestimmung des § 235 Abs 1 AußStrG in der bis zum geltenden Fassung eine Erweiterung des Aufgabenkreises des Außerstreitrichters: Machte danach ein Ehegatte unter anderem binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe Ansprüche an den anderen Ehegatten hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen, im streitigen Verfahren geltend, so hatte das Prozessgericht mit Beschluss die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen. Die aus § 235 AußStrG aF abzuleitende Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs für Ansprüche an den anderen Ehegatten, die eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betrafen, setzte nach dem Wortlaut der Bestimmung voraus, dass diese Gegenstände der Aufteilung unterlagen; davon erfasst waren nicht nur Leistungs- sondern auch Feststellungs- und Rechtsgestaltungsklagen (7 Ob 25/99y mwN ua; RIS-Justiz RS0008568).

Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung besteht also ein Vorrang des Aufteilungsverfahrens. Soweit aufzuteilendes Vermögen der Ehegatten betroffen ist, soll somit zuerst dessen Rechtszuständigkeit im Außerstreitverfahren geklärt werden; erst nach dort erfolgter Klärung, dass einzelne Gegenstände, Ersparnisse oder Rechte nicht der Aufteilung unterliegen, können Rechtsstreitigkeiten der Ehegatten im Streitweg geführt werden. Damit soll verhindert werden, dass das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch eine danach noch mögliche Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren umgestoßen oder überholt würde (NZ 2002/42, 114 mwN ua; RIS-Justiz RS0111605).

Mit dem Ausdruck „Ansprüche ... hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse" wurde der Zusammenhang eines Anspruchs mit dem Aufteilungsverfahren sehr weit gefasst. Die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs betrifft daher nach der Rechtsprechung nicht nur den Anspruch auf Teilung einer zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehörenden Sache, die Räumungsklage hinsichtlich der Ehewohnung, den Anspruch auf Rechnungslegung oder eidliche Vermögensangabe, wenn er das eheliche Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betrifft (vgl SZ 69/174), sondern auch Ansprüche auf einen Anteil an dem aus einer zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehörigen Sache erzielten Nutzen bzw auf Rückersatz von zur Erhaltung einer solchen Sache getätigten Aufwendungen (9 ObA 356/98p mwN). Bezüglich jener Umstände, die durch § 235 Abs 1 AußStrG aF in das außerstreitige Verfahren verwiesen wurden, kam nach der Rechtsprechung auch ein Kondiktionsanspruch im streitigen Verfahren nicht in Betracht (7 Ob 612/86).

Wie ebenfalls das Rekursgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, hat die ersatzlose Aufhebung des § 235 AußStrG aF durch das AußStrG 2003, BGBl I 2003/111, an dieser Rechtslage nichts geändert. Rechtsgrundlage für die Überweisung sind nunmehr die §§ 40a, 44 und 46 JN (vgl Deixler-Hübner in Rechberger, AußStrG § 96 Rz 13 mwN). Die zu § 235 Abs 1 AußStrG aF ergangene Rechtsprechung ist daher weiterhin zu beachten (Bernat in Schwimann, ABGB3 Band 1 § 85 EheG Rz 2).

Zweck der im § 235 Abs 1 AußStrG aF enthaltenen Regel ist es, wie bereits dargelegt, zu verhindern, dass das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch ein Außerstreitverfahren umgestoßen oder überholt wird. Diese Erwägungen treffen auch auf die vom Kläger im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Ansprüche auf Benützungsentgelt aus der behaupteten titellosen (Mit-)Benützung der ehemaligen Ehewohnung und auf (anteiligen) Ersatz der für die ehemalige Ehewohnung angefallenen Betriebskosten zu, da die Berechtigung des Klagebegehrens von der rechtsgestaltenden Anordnung des Außerstreitrichters (Zuweisung der Ehewohnung) abhängig ist. Wie der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, ist der Umstand, dass ein geschiedener Ehegatte während des Verfahrens die Ehewohnung nutzen konnte, im Rahmen der Billigkeitsentscheidung bei der Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen (6 Ob 178/03z; 4 Ob 195/01g; 6 Ob 535/80). Dass der Kläger die von ihm geltend gemachten Ansprüche auch nicht aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung im streitigen Rechtsweg geltend machen kann, sondern mit diesen Ansprüchen auf das Verfahren nach den §§ 81 ff EheG verwiesen ist, wurde bereits dargelegt (vgl 7 Ob 612/86).

Zutreffend hat daher das Rekursgericht das vorliegende Rechtsschutzbegehren des Klägers der Außerstreitabteilung des Erstgerichts, bei dem das Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG zwischen den Parteien bereits anhängig ist, überwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, da der Kläger in einem dem von ihm eingeleiteten Zivilprozess zugehörigen Zwischenstreit unterlegen ist.