OGH vom 12.06.2012, 5Ob96/12x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. M***** V*****, 2. M***** S*****, beide vertreten durch Mag. Heinz Kupferschmid, Mag. Gerhard Kuntner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob der EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , AZ 4 R 302/11b, womit infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Graz West vom , TZ 2418/2011, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Erstantragsteller ist zu 732/10.000 Anteilen Miteigentümer der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft, womit das Wohnungseigentum an der im Dachgeschoss des dort errichteten Objekts gelegenen Wohnung W 12 untrennbar verbunden ist (B LNR 9).
Das Erstgericht wies sein gemeinsam mit dem Zweitantragsteller gestelltes Begehren auf Einverleibung der Teilung seines Miteigentumsanteils in zwei gleich große Mindestanteile von je 366/10.000 Anteile, die Verbindung von Wohnungseigentum mit diesen Anteilen an den Objekten W 12 und W 12a sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Zweitantragsteller an 366/10.000 Anteilen, verbunden mit Wohnungseigentum an dem Wohnungseigentumsobjekt W 12, ab.
Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung dieses Antrags, weil nicht nachgewiesen sei, dass entweder alle Miteigentümer der Teilung des Wohnungseigentumsobjekts zugestimmt hätten oder der Außerstreitrichter eine fehlende Zustimmung ersetzt habe, und verwies dazu auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtslage nach § 13 Abs 2 WEG 1975. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob bei Teilung eines Wohnungseigentumsobjekts in zwei selbstständige Einheiten dem Eintragungsgesuch die Zustimmungserklärungen der übrigen Wohnungseigentümer oder eine diese ersetzende Entscheidung des Außerstreitrichters beizulegen seien, höchstgerichtliche Rechtsprechung für den zeitlichen Geltungsbereich des WEG 2002 fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) nicht zulässig.
1. Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einer bestimmten Fallgestaltung begründet für sich noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS Justiz RS0042656), insbesondere wenn das Gesetz selbst eine eindeutige Regelung trifft oder im Wege einfacher Auslegung ein eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann (T32). Gleiches gilt, wenn die vom Gericht zweiter Instanz als erheblich erachtete Rechtsfrage zwanglos anhand der Gesetzeslage und der bereits vorhandenen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann (RIS Justiz RS0042656 [T48]).
2. Bereits zur Rechtslage nach dem WEG 1975 wurde in ständiger Rechtsprechung vertreten, dass die Teilung eines Wohnungseigentumsobjekts eine nach § 13 Abs 2 WEG 1975 zu beurteilende Änderung darstellt (RIS Justiz RS0083236 [T2, T 3]). Für das Grundbuchsverfahren wurde daher der urkundliche Nachweis gefordert, dass alle Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage mit der beabsichtigten oder bereits durchgeführten Bestandsänderung einverstanden sind oder die fehlende Zustimmung durch einen Beschluss des Außerstreitrichters gemäß § 26 Abs 1 Z 2 WEG 1975 ersetzt wurde. Das Fehlen einer solchen Urkunde begründet nach dieser Rechtsprechung ein Eintragungshindernis iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG (5 Ob 241/98x; 5 Ob 176/01w; RIS Justiz RS0060530; RS0115744).
3. Die Bestimmung des § 16 WEG 2002 stimmt weitgehend mit § 13 WEG 1975 überein ( Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 16 WEG Rz 1), wobei § 16 Abs 2 WEG 2002 den Regelungsgehalt der Vorgängerbestimmung des § 13 Abs 2 WEG 1975 nahezu wortgleich übernommen hat. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 16 Abs 2 WEG 2002 wurde daher wiederholt auf die zu § 13 Abs 2 WEG 1975 ergangene Judikatur verwiesen (vgl etwa RIS Justiz RS0116332; RS0118808 uva). Dass sich das Rekursgericht in der vorliegenden Grundbuchsache auf die zu § 13 Abs 2 WEG 1975 ergangene Judikatur berufen hat, findet damit in der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausreichend Deckung. Für das Grundbuchsverfahren folgt daraus das Vorliegen eines Eintragungshindernisses iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG (RIS Justiz RS0060530; RS0115744), solange der vom Rekursgericht geforderte urkundliche Nachweis nicht vorliegt.
4. Die Revisionsrekurswerber ziehen auch gar nicht in Zweifel, dass die Zerlegung eines Wohnungseigentumsobjekts in zwei selbstständige Einheiten eine nach § 16 Abs 2 WEG zustimmungspflichtige Änderung darstellt (vgl auch A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht § 16 WEG Rz 18), sondern nehmen ausschließlich Bezug auf die Regelungen zur gerichtlichen Neufestsetzung von Nutzwerten (§ 9 Abs 2 WEG). Die Nutzwertneufestsetzung allein bewirkt aber keine Rechtsänderung und damit auch keine Änderung der Miteigentumsanteile (vgl RIS Justiz RS0106054, insbesondere 5 Ob 29/08p mit eingehender Darstellung der Rechtslage). Vielmehr bedarf jede Änderung von Anteilen (§ 2 Abs 9 WEG) zur wohnungseigentumsrechtlichen Wirksamkeit der grundbücherlichen Durchführung (5 Ob 190/10t = NZ 2011, 382 [ Hoyer ] = immolex 2011, 214 [ Klein ]). Damit sprechen die Revisionsrekurswerber auch mit ihrem Verweis auf § 10 Abs 1 WEG, der die Legitimation zur Antragstellung auf gerichtliche Nutzwertfestsetzung regelt, keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG an. Auf die von ihnen angeführte Literaturstelle ( R. Kassowitz in wobl 2002, 354 ff) ist hier schon mangels Bezugnahme auf § 16 Abs 2 WEG nicht einzugehen, sodass das Rechtsmittel zurückzuweisen ist, ohne dass dies noch einer weitergehenden Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).