OGH vom 17.12.1991, 4Ob3/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei St***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Karl Endl und Dr.Michael Pressl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen Punkt II des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 199/91-14, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 10 Cg 187/91-7, teilweise bestätigt wurde (Revisionsrekursinteresse S 150.000), folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er unter Einschluß seines unangefochten gebliebenen abändernden Teiles zur Gänze wie folgt zu lauten hat:
"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei ab sofort bei Exekution verboten, im geschäftlichen Verkehr zu behaupten, die klagende Partei bzw deren Geschäftsführer und Betriesbvorgänger Heinz A***** vertreibe Raubkopien von Spielkassetten für den N***** "Game Boy", einer strafgerichtlichen Anklage gegen Heinz A***** sei stattgegeben worden und Heinz A***** begehe durch den Import von Spielkassetten für den N***** "Game Boy" Urheberrechtsverletzungen in der Form eines 'Parallelimports'. Diese einstweilige Verfügung wird für die Zeit bis zur rechtskräftigen Erledigung des über den Unterlassungsanspruch anhängig gemachten Rechtsstreites bewilligt.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Äußerung selbst zu tragen."
Die klagende Partei hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die beklagte Partei ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens hingegen endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die N***** Ltd, Japan (kurz: Firma N*****) erzeugt das Elektronikspiel "Game Boy" und die dazugehörende Spielkassette, welche von ihr selbst oder anderen Unternehmen entwickelt werden. Sie vertreibt diese Produkte in verschiedenen Ländern durch Generalvertretungen. Generalvertreterin der Fa.N***** für Österreich ist die Beklagte; sie verfügt hier über das alleinige "Vertriebsrecht" an den für den "Game Boy" produzierten Spielkassetten.
Auch die Klägerin verkauft das Spiel "Game Boy" in Österreich. Die dafür erforderlichen Original-Spielkassetten kauft sie von Händlern in den USA, die derartige Kassetten in den USA vertreiben, und importiert sie nach Österreich.
Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie als Generalimporteur der Firma N***** allein berechtigt sei, das Spiel "Game Boy" und die dazugehörenden Kassetten in Österreich zu vertreiben.
Am erhoben die Firma N***** sowie drei weitere ausländische Unternehmen beim Landesgericht für Strafsachen Wien gegen den Geschäftsführer der Klägerin, Heinz A*****, eine Privatanklage wegen Verletzung ihrer Verbreitungsrechte an den Spielkassetten für den "Game Boy" durch "Parallelimporte". Auf Antrag dieser Privatankläger wurde bei der Klägerin eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Am versandte die Beklagte an ihre Kunden und an die Fachpresse ein Rundschreiben folgenden Inhalts:
"N***** - Verletzung des Urheberrechtsgesetzes
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- | Nicht-lizensierte Software | |||||||||
- | Raubkopien |
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Generalvertreter der Firma N*****, sehen wir uns zu folgender Mitteilung veranlaßt:
Verletzung des Urheberrechtsgesetzes
Die Firma N*****, weltweit Marktleader bei Videospielesystemen sowie für N***** tätige Software-Firmen haben die Rechtsanwaltskanzlei.........beauftragt, gegen zu Unrecht importierte und vertriebene Spielkassetten mit allen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln vorzugehen: Am wurde beim Landesgericht für Strafsachen Wien die Klage gegen
Heinz A*****
eingebracht. Dem Antrag der Kläger wurde stattgegeben und der Beschlagnahmebescheid mit Hausdurchsuchung erging an die Wirtschaftspolizei Wien.
Die Firma N***** und deren Softwarepartner werden alle weiteren Verletzungen des Urheberrechtsgesetzes durch Importeure oder Händler beim Landesgericht für Strafsachen einklagen.
Nicht-linzensierte Software
Ab Anfang 1991 wurden technische Änderungen am N***** ***** Grundgerät vorgenommen. Dies bewirkt auch, daß nicht-lizensierte Software auf diesem modifizierten Grundgerät nicht mehr abgespielt werden kann. Um unnötigen Ärger mit Konsumenten zu vermeiden, empfehlen wir dringend, nur Software mit N***** Qualitätssiegel anzubieten.
Raubkopien
Die Firma N***** hat weltweit gegen Software Raubkopien erfolgreich rechtliche Schritte unternommen. Diese Politik wird auch in Österreich konsequent verfolgt...."
Dieses Rundschreiben erging ua an die Redaktion der Zeitschrift "S*****". In der Ausgabe Nr. 5/91 dieser Zeitschrift erschien daraufhin folgender Artikel:
"N***** KONTRA RAUBKOPIEN
Wie Spiel-Sport St***** in Salzburg mitteilt, hat N*****, Ltd. aus Kyoto in Japan wegen der Verletzung des Urheberrechtes, wegen zu Unrecht importierter und vertriebener Spielkassetten gegen Heinz A*****, Anklage erhoben. Der Klage wurde vom Landesgericht für Strafsachen in Wien stattgegeben. Gleichzeitig erging ein Beschlagnahmebescheid mit Hausdurchsuchung an die Wirtschaftspolizei in Wien. Damit zeigen sich N***** und deren Softwarepartner entschlossen, gegen alle Verletzungen des Urheberrechtsgesetzes entschieden vorzugehen. Auch wurde das N*****-Grundgerät Anfang 1991 so modifiziert, daß nur mehr lizensierte Software abgespielt werden kann."
Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu behaupten, die Klägerin bzw deren Geschäftsführer und Betriebsvorgänger Heinz A***** vertreibe Raubkopien von Spielkassetten für den N*****-"Game Boy" (Begehren 1); einer strafgerichtlichen Anklage gegen Heinz A***** sei stattgegeben worden (Begehren 2); Heinz A***** begehe durch den Import von Spielkassetten für den N***** "Game Boy" Urheberrechtsverletzungen in der Form eines "Parallelimports" (Begehren 3). Nach den in der Privatanklage gegen ihren Geschäftsführer erhobenen Tatsachenbehauptungen stünden die Weltrechte an den Spielkassetten der Firma N***** und den weiteren drei Privatanklägern zu; diese Spielkassetten würden mit Genehmigung dieser Berechtigten weltweit vertrieben, insbesondere in den USA, in Kanada und in Mexiko. Da die von der Klägerin importierten und in Österreich vertriebenen Spielkassetten in den USA mit Zustimmung der auch in Österreich Berechtigten in Verkehr gebracht worden seien, sei das Verbreitungsrecht daran jedenfalls erloschen gewesen. Es sei jedoch überhaupt fraglich, ob die Spielkassetten urheberrechtlich geschützt sind: Spielideen seien urheberrechtlich frei. Ob sie Filmwerke oder Laufbilder enthalten, müsse derjenige beweisen, der entsprechende Rechte in Anspruch nehme. Die entgegenstehenden Behauptungen der Beklagten in ihrem Rundschreiben, daß der Geschäftsführer der Klägerin Urheberrechtsverletzungen in Form von Parallelimporten begangen habe, seien daher unrichtig. Unrichtig sei aber auch die Behauptung des Rundschreibens, daß der Privatanklage gegen den Geschäftsführer der Klägerin wegen verbotener Parallelimporte solcher Spielkassetten bereits stattgegeben worden sei. Schließlich habe die Beklagte den Geschäftsführer der Klägerin tatsachenwidrig auch mit dem Vertrieb von Raubkopien solcher Spielkassetten in Verbindung gebracht. Da alle diese Behauptungen geeignet seien, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin oder deren Kredit zu schädigen, habe die Beklagte gegen § 7 UWG verstoßen. Selbst wenn aber die Importe der Klägerin in Verbreitungsrechte Dritter eingegriffen hätten, hätte kein Interesse bestanden, die Klägerin in so massiver Weise in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Unter den vorliegenden Umständen wäre auch das Verbreiten wahrer Tatsachenbehauptungen sittenwidrig.
Die Beklagte hat sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung ausgesprochen. Die Klägerin habe unzulässige Parallelimporte durchgeführt, weil weder die Firma N***** noch deren Lizenznehmer ihre Einwilligung zur Verbreitung der von der Klägerin importierten Spielkassetten in Österreich erteilt hätten. Die von der Firma N***** für den Bereich der USA, Kanadas und Mexikos gegründeten Unternehmen seien nur berechtigt, die Spielkassetten in den genannten Ländern zu vertreiben. Weder die Firma N***** noch ihre Lizenznehmer hätten den Importen der Klägerin zugestimmt. Die in Rede stehenden Videospielkassetten genössen als Werke der Filmkunst Urheberrechtsschutz. Die in dem Rundschreiben enthaltene Darstellung des Verfahrens über die Privatanklage entspreche den Tatsachen. Mit "Raubkopien" sei die Klägerin überhaupt nicht in Zusammenhang gebracht worden. Auf den Inhalt des in der Zeitschrift "S*****" erschienen Artikels habe die Beklagte keinen Einfluß gehabt.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantragab. Der von der Beklagten gegen die Klägerin und ihren Geschäftsführer erhobene Vorwurf unzulässiger Parallelimporte treffe zu. Die Beklagte sei in Österreich allein berechtigt, Spielkassetten für den "Game Boy" zu vertreiben; sie habe dem Import solcher Kassetten nach Österreich durch die Klägerin nicht zugestimmt. Insoweit sei daher der Beklagten daher der Wahrheitsbeweis gelungen. Die übrigen, mit den Begehren 1 und 2 beanstandeten Tatsachenbehauptungen habe die Beklagte nicht erhoben: Aus ihren Äußerungen ergebe sich nur, daß die Firma N***** gegen Raubkopien ihrer Spielkassetten weltweit, so auch in Österreich, vorgehe; die Klägerin oder ihr Geschäftsführer seien damit nicht in Zusammenhang gebracht worden. Die Beklagte habe auch nicht behauptet, daß der gegen den Geschäftsführer der Klägerin erhobenen Privatanklage bereits stattgegeben worden sei; in dem Rundschreiben sei vielmehr nur davon die Rede gewesen, daß dem Antrag auf Durchführung einer Hausdurchsuchung stattgegeben worden sei. Diese Behauptung sei aber wahr.
Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag zu Pkt.1 und 2 statt und bestätigte die Abweisung zu Pkt.3; weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich jedes einzelnen Anspruches S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach dem - auch für die Beurteilung unwahrer kreditschädigender Tatsachenbehauptungen maßgebenden - Gesamteindruck, wie er sich für den Durchschnittsleser ergebe, müßten die Ausführungen der Beklagten in dem Rundschreiben vom und in dem darauf fußenden, in der Zeitschrift "S*****" erschienen Artikel dahin beurteilt werden, daß der Geschäftsführer der Klägerin sehr wohl mit dem Handel mit Raubkopien solcher Spielkassetten für den N***** "Game Boy" in Zusammenhang gebracht wurde. Die Äußerungen der Beklagten über den Gang des Strafverfahrens über die Privatanklage vermitteln den unrichtigen Eindruck, daß der Geschäftsführer der Klägerin bereits verurteilt worden sei. Unrichtige Tatsachenbehauptungen dieser Art verstießen aber gegen § 7 UWG.
Dem Erstgericht sei jedoch insoweit beizupflichten, als der Beklagten die ihr obliegende Bescheinigung der Wahrheit des gegenüber der Klägerin bzw ihrem Geschäftsführer erhobenen Vorwurfes unzulässiger Parallelimporte gelungen ist: Nur der Beklagten als Generalvertreterin der Firma N***** stehe das Recht zu, Spielkassetten für den N***** "Game Boy" in Österreich zu verbreiten. Die Klägerin habe nur behauptet, daß durch den Verkauf der später nach Österreich importierten Kassetten durch amerikanische Händler das Verbreitungsrecht gemäß § 16 Abs 3 UrhG erschöpft gewesen sei. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Parallelimporten komme es aber entscheidend darauf an, ob die solchen Einfuhren regelmäßig vorausgegangenen ausländischen Veräußerungsakte mit Einwilligung eines im Inland nach inländischem Urheberrecht zur Verbreitung der Werkstücke Berechtigten vorgenommen werden. Dabei stehe ein solches Verbreitungsrecht zwar grundsätzlich nicht nur dem Urheber selbst, sondern auch jedem anderen zu, dem der Urheber diese Befugnis - sei es als ausschließliches Werknutzungsrecht nach § 24 Abs 1 UrhG, sei es als bloß obligatorisch wirksame Werknutzungsbewilligung nach § 24 Abs 2 UrhG - eingeräumt hat. Da jedoch Rechtsnehmer mit örtlich beschränkter Verbreitungsbefugnis zum Inverkehrbringen von Werkstücken nur innerhalb des ihnen vertraglich zugewiesenen Gebietes berechtigt seien, könne ihre Zustimmung zu Veräußerungen außerhalb dieses Gebietes nicht zum Verbrauch des Verbreitungsrechtes des Urhebers oder der sonstigen Berechtigten führen. Mangels Zustimmung der Beklagten zu den Importen der Klägerin entspreche die Behauptung der Beklagten, die Klägerin bzw ihr Rechtsvorgänger hätten durch gesetzwidrige Parallelimporte gegen das UrhG verstoßen, den Tatsachen. Daß die Spielkassetten nicht dem UrhG unterlägen, habe die Klägerin nicht behauptet; diese erstmals im Rekurs aufgestellte Behauptung verstoße daher gegen das Neuerungsverbot. Anhaltspunkte dafür, daß es der Beklagten darum gegangen wäre, die Klägerin durch das Verbreiten wahrer Tatsachenbehauptungen zu kränken oder in der Öffentlichkeit herabzusetzen, bestünden nicht. Die Klägerin habe das Fehlen eines Informationsbedürfnisses der Beklagten im Rekursverfahren auch nicht mehr behauptet.
Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, daß auch dem Sicherungsbegehren zu Pkt.3 stattgegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist - entgegen den Ausführungen in der Revisionrekursbeantwortung - nicht absolut unzulässig im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Danach ist der Revisionsrekurs - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - dann jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist. Wie der erkennende Senat schon mehrmals ausgesprochen hat (MR 1991, 204; 4 Ob 72/91; 4 Ob 103/91), ist für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen den bestätigenden Teil eines über mehrere Ansprüche absprechenden Beschlusses die Frage eines Zusammenhanges der - vom bestätigenden und vom abändernden Teil erfaßten - Ansprüche maßgebend; dieser Zusammenhang ist nach § 55 Abs 1 JN zu beurteilen. Bestätigt also das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes über einen Anspruch, während es die Entscheidung über einen anderen, damit zusammenhängenden Anspruch abändert, dann ist der bestätigende Teil nicht "voll bestätigend" im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO und daher - ebenso wie der abändernde Teil - nicht absolut ("jedenfalls") unanfechtbar.
Im vorliegenden Fall stehen der mit dem angefochtenen bestätigenden Teil der Entscheidung der zweiten Instanz erledigte Anspruch und der von der Abänderung betroffene, wegen der Behauptung, einer strafgerichtlichen Anklage gegen Heinz A***** sei stattgegeben worden, erhobene Anspruch in einem tatsächlichen Zusammenhang: Die Äußerung, aus der beide Ansprüche abgeleitet werden, wurde in einem einzigen Absatz desselben Rundschreibens gemacht und betrifft inhaltlich die Importe von Spielkassetten durch die Klägerin.
Der Revisionsrekurs ist aber auch zulässig iS des § 528 Abs 1 ZPO, weil zu der Frage, welche Tatsachen der Beklagte im Rahmen des Wahrheitsbeweises in einem Verfahren über einen Anspruch nach § 7 Abs 1 UWG behaupten und beweisen (bescheinigen) muß, wenn er den Vorwurf unzulässiger Parallelimporte - im Ausland von Ausländern hergestellter - Spielkassetten für ein Elektronikspiel erhoben hat, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist auch berechtigt.
Die Klägerin rügt in erster Linie sekundäre Feststellungsmängel. Aus den Feststellungen der Vorinstanzen könne nicht abgeleitet werden, daß die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Importtätigkeit in Verbreitungsrechte Dritter eingegriffen habe. Mit der der Beklagten eingeräumten Stellung einer "Generalvertreterin" (für Österreich) sei regelmäßig keine Einräumung urheberrechtlicher Verwertungsrechte, insbesondere des Verbreitungsrechtes, verbunden; auch eine territoriale Beschränkung des Verbreitungsrechtes ihrer Lieferanten sei nicht ersichtlich. Schließlich fehlten aber auch konkrete Behauptungen der Beklagten über die Werkkategorie und die Werkhöhe der in den Spielkassetten enthaltenen Gegenstände.
Ob der Beklagten an den Spielkassetten urheberrechtliche Verwertungsrechte in Österreich zustehen und ihre Zustimmung für Importe solcher Kassetten nach Österreich erforderlich gewesen wäre, ist im vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes - nicht (allein) entscheidend, weil es hier nicht um die Aktivlegitimation für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 81 UrhG geht. Der von der Beklagten behauptete verbotene Parallelimport durch die Klägerin könnte auch dann vorliegen, wenn die Beklagte nur Vertriebsrechte an Werkstücken, nicht aber auch urheberrechtliche Verwertungsrechte übertragen erhalten hätte, weil dann - bei räumlicher Aufspaltung der Verwertungsrechte zwischen dem Urheber und ausländischen Lieferanten der Klägerin - ein Verstoß gegen die beim Urheber für Österreich verbliebenen Verwertungsrechte vorliegen könnte. Aber auch die Frage, ob die ausländischen Lieferanten der Klägerin als "Generalvertreter" der Fa.N***** nur räumlich beschränkte oder überhaupt keine Verwertungsrechte übertragen erhalten haben (vgl zu dieser Voraussetzung eines unzulässigen Parallelimportes von Tonträgern SZ 52/114 und SZ 62/38), braucht im Provisorialverfahren nicht geprüft zu werden, weil die Beklagte den ihr obliegenden Beweis dafür, daß die im Ausland erschienen Spielkassetten ausländischer Hersteller in Österreich urheberrechtlichen Werk- oder Leistungssschutz genießen, nicht erbracht hat; nur in diesem Fall wäre aber ein Eingriff in die Verwertungsrechte des Urhebers oder sonstiger Berechtigter in Österreich überhaupt möglich.
Die Beklagte hat mit den beanstandeten Äußerungen behauptet, daß die Klägerin durch den Import von Spielkassetten für den N***** "Game Boy" Urheberrechtsverletzungen in der Form eines Parallelimportes begangen habe; zum Nachweis der sachlichen Richtigkeit dieser Behauptung hat sie sich darauf berufen, daß diese Videospielkassetten (in Österreich) den Schutz des § 4 UrhG genössen, also Werke der Filmkunst seien. Von dieser Behauptung ist jedenfalls auch der Laufbildschutz nach § 73 Abs 2 UrhG erfaßt, weil mit den Kassetten jedenfalls Laufbilder im weitesten Sinn wiedergegeben werden können. Die Beweis-(Bescheinigungs-)last dafür, daß der Tatsachenkern einer Mitteilung iS des § 7 Abs 1 UWG "erweislich wahr" ist, trifft immer den Beklagten. Dabei ist der Wahrheitsbeweis schon dann als erbracht anzusehen, wenn er den Inhalt der Mitteilung im wesentlichen bestätigt (ÖBl 1990, 18 mwN; ÖBl 1991, 87). In den Rahmen dieses Wahrheitsbeweises fallen aber im vorliegenden Fall vor allem auch alle jene Tatsachen, aus denen sich der urheberrechtliche Werk- oder Leistungsschutz dieser Spielkassetten in Österreich ergibt.
Auszugehen ist davon, daß die Spielkassetten von der Firma N***** in Japan hergestellt wurden; daß sie den urheberrechtlichen Schutz in Österreich etwa deshalb genießen, weil der Urheber (Hersteller) österreichischer Staatsangehöriger ist (§ 94 UrhG), kann daher ausgeschlossen werden. Behauptungen darüber, daß die Spielkassetten erstmals - oder zumindest gleichzeitig iS des § 9 Abs 2 UrhG - in Österreich erschienen seien, liegen nicht vor, so daß auch keine Anhaltspunkte für einen urheberrechtlichen Schutz in Österreich nach § 95 UrhG bestehen. Für nicht im Inland erschienene Werke von Ausländern besteht urheberrechtlicher Schutz in Österreich gemäß § 96 Abs 1 UrhG unbeschadet von Staatsverträgen unter der Voraussetzung, daß die Werke österreichischer Urheber auch in dem Staat, dem der ausländische Urheber angehört, in annähernd gleicher Weise geschützt sind, jedenfalls aber im selben Ausmaß wie die Werke der Angehörigen dieses Staates. Diese Gegenseitigkeit ist dann anzunehmen, wenn sie in einer Kundmachung des Bundesministers für Justiz im Hinblick auf die in den betreffenden Staat bestehende Rechtslage festgestellt worden ist; darüber hinaus können die zuständigen Behörden die Gegenseitigkeit mit einem anderen Staat vertraglich vereinbaren, wenn dies zur Wahrung der Interessen von österreichischen Urhebern geboten erscheint. Diese Vorschriften über den Anwendungsbereich des UrhG auf Ausländer (Fremdenrecht) gelten für Lichtbilder und Laufbilder (§§ 73 ff UrhG) entsprechend (§ 98 UrhG).
Die Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst und das Welturheberrechtsabkommen, zu deren Mitgliedsstaaten (jedweils in der Pariser Fassung) sowohl Österreich als auch Japan zählen (siehe die Länderübersicht über den Stand der internationalen Verträge in Dittrich, Urheberrecht2, 206 ff) und nach denen japanischen Filmherstellern für ihre im Ausland erschienen Filmwerke in Österreich der Schutz des Urheberrechtsgesetzes zukommen würde (Art 5 Abs 1 RBÜ (PF);
Art 2 Abs 1 WUA (PF)), erweitern nur den Anwendungsbereich der Vorschriften des UrhG über den Urheberrechtsschutz an Werken der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst (Art 2 Abs 1 RBÜ (PF);
Art 1 WUA (PF)) um die Tatbestände mit Ausländerbeziehung nach Maßgabe dieser Übereinkünfte; auf Leistungsschutzrechte sind diese Abkommen aber nicht anwendbar (siehe die EB 386 und 387 BlgNR 15.GP, abgedruckt bei Dittrich aaO 366 und 562). Auf Grund solcher Abkommen wären die von Ausländern geschaffenen (hergestellten) und nicht im Inland erschienen Spielkassetten in Österreich somit nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie Werke der Filmkunst enthielten. Bilaterale Abkommen, aus denen sich anderes ergeben würde, bestehen zwischen Österreich und Japan auf dem Gebiet des Urheberrechts nicht.
Ob ein Erzeugnis menschlichen Geistes eine eigentümliche geistige Schöpfung (ein "Werk") iS des § 1 Abs 1 UrhG ist, ist eine vom Gericht zu lösende Rechtsfrage (ÖBl 1979, 84; ÖBl 1981, 54 und 137; ÖBl 1982, 164; ÖBl 1985, 24 uva). Außerstreitstellungen sind in diesem Rahmen nicht möglich; ebensowenig kommt es darauf an, ob der Werkcharakter im Prozeß vom Gegner bezweifelt wurde. Bei Werken der Filmkunst wird das Werk durch die seinen Gegenstand bildenden - entweder bloß für das Gesicht oder gleichzeitig für Gesicht und Gehör wahrnehmbare - Vorgänge und Handlungen verkörpert; auf die Art des bei der Herstellung oder Aufführung des Werkes verwendeten Verfahrens kommt es nicht an (§ 4 UrhG). Die konkrete Ausgestaltung eines menschlichen Erzeugnisses, aus der sich erst sein Werkcharakter ergibt, hat jedoch - als Tatfrage - derjenige zu behaupten und zu beweisen (bescheinigen), der für ein bestimmtes Erzeugnis urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nimmt (4 Ob 95/91). Im vorliegenden Fall fehlt aber jegliche Behauptung der Beklagten darüber, welche Vorgänge und Handlungen mit Hilfe der Spielkassetten wahrnehmbar gemacht werden können; sie hat infolgedessen den ihr obliegenden Nachweis (die Bescheinigung) dafür, daß die Spielkassetten Filmwerke enthalten und deshalb auch in Österreich den Schutz des UrhG genießen, nicht erbracht.
Sollten die Spielkassetten hingegen "Laufbilder" iS des § 73 Abs 2 UrhG enthalten (auch darüber liegen keinerlei Behauptungen vor) und deshalb der Beweis (die Bescheinigung) der den Werkcharakter begründenden Merkmale nicht erforderlich sein, dann käme es für den Geltungsbereich des UrhG gemäß §§ 96, 98 UrhG darauf an, ob im Verhältnis zwischen Österreich und Japan auf dem Gebiet der Leistungsschutzrechte Gegenseitigkeit besteht. Eine Verordnung über die Feststellung dieser Gegenseitigkeit ist aber bisher nicht erlassen worden; auch eine vertragliche Vereinbarung darüber liegt nicht vor. Daß aber Österreichern in Japan Leistungsschutzrechte in annähernd gleicher Weise gewährt werden wie Angehörigen dieses Staates, hätte die Beklagte im Provisorialverfahren durch Vorlage der entsprechenden Bestimmungen bescheinigen müssen; die amtswegige Prüfung dieser Frage würde den Rahmen des Bescheinigungsverfahrens sprengen (vgl SZ 45/94 und SZ 59/128 zur Frage der Ermittlung des anzuwendenden ausländischen Rechts).
Schon mangels entsprechender Tatsachenbehauptungen ist daher der Beklagten die Bescheinigung, daß der von ihr erhobene Vorwurf, die Klägerin habe Urheberrechtsverletzungen in der Form eines Parallelimportes begangen, wahr sei, nicht gelungen. Bei dieser Prüfung war nur auf Urheberrechtsverletzungen abzustellen, weil die Verletzung anderer Ausschließlichkeitsrechte nicht behauptet wurde. Die Eignung des - unrichtigen - Vorwurfs unzulässiger Parallelimporte, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin oder den Kredit des Inhabers zu schädigen, steht außer Zweifel. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluß im Sinne der Stattgebung auch des Begehrens zu Pkt.3 abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten der Äußerung gründet sich auf §§ 78, 402 EO,§§ 40, 52 Abs 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht in Ansehung der Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 EO,§§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.