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OGH vom 30.06.2022, 4Ob99/22w

OGH vom 30.06.2022, 4Ob99/22w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Hon.Prof. PD Dr. Rassi sowie die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien I* GmbH, *, vertreten durch STINGL und DIETER Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei H* GmbH, *, vertreten durch Mag. Günther Kiegerl, Rechtsanwalt
in Deutschlandsberg, wegen 65.000 EUR sA und
Feststellung (Gesamtstreitwert 70.000 EUR), über den Rekurs
der beklagten Partei gegen den Beschluss des
Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 223/21b24, womit das Zwischen- und Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 20 Cg 27/19h20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Das Klagebegehren,

1. die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 65.000 EUR samt 9,2 % Verzugszinsen über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit zu zahlen,

2. es werde festgestellt, die beklagte Partei hafte der klagenden Partei für sämtliche künftige Schäden, die durch das Eindringen von Feuchtigkeit infolge Undichtheit in der Bausubstanz aufgrund von von der beklagten Partei zu verantwortenden Bau und Ausführungsmängeln bei und nach der umfassenden Sanierung des Mehrparteienhauses mit der Liegenschaftsadresse *, entstanden sind,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.779,22 EUR (darin 2.629,87 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz, die mit 5.465,42 EUR (darin 2.288 EUR Barauslagen und 529,57 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten zweiter Instanz und die mit 5.339,70 EUR (darin 3.051 EUR Barauslagen und 381,45 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die Wohnungseigentümer einer Liegenschaft (im Folgenden: Besteller) schlossen mit der Klägerin als Werkunternehmerin und Bauträgerin einen Werkvertrag über die Sanierung des Wohngebäudes. Die Klägerin gab die Bauausführung an ein anderes Bauunternehmen weiter (im Folgenden: Subunternehmer), das sich ihrerseits weiterer Bauunternehmer, unter anderem der Beklagten (als „Sub-Subunternehmerin“) für die Herstellung einzelner Gewerke bediente. Die Beklagte führte ihre Werkleistungen und Verbesserungsarbeiten mangelhaft aus, wodurch zwei Besteller Schäden durch Feuchtigkeitseintritte erlitten. Zum Teil wurden auch von anderen Unternehmen Schäden verursacht.

[2] In einem Vorprozess machten zwei der Besteller diesen Schaden gegen die Klägerin mit Leistungs- und Feststellungsklage geltend. Die Beklagte trat dem Rechtsstreit im Vorprozess auf der Seite der (dort beklagten) Klägerin bei. Wegen der mangelhaften Werkleistungen wurde die Klägerin rechtskräftig zum Ersatz der Sanierungskosten verurteilt. Zwischen den beiden Bestellern und der Klägerin wurde urteilsmäßig festgestellt, dass diese den Bestellern für künftige Schäden wegen der Bau- und Ausführungsmängel hafte. Die Klägerin zahlte in Erfüllung dieses Urteils (einschließlich Zinsen und Prozesskosten) 71.960,08 EUR an die Besteller.

[3] Während des gegenständlichen Prozesses trat der Subunternehmer die ihm gegen die Beklagte zustehenden, auch künftigen Ansprüche resultierend aus dem klagsgegenständlichen Bauvorhaben an die Klägerin zur gerichtlichen Geltendmachung gegen die Beklagte ab.

[4] Es ist unstrittig, dass die Klägerin mit der Weitergabe von Werkleistungen an die Beklagte durch den Subunternehmer einverstanden war.

[5] Die begehrte 65.000 EUR und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden wegen von der Beklagten verursachten Bau und Ausführungsmängel. Die Klägerin ging zu Beginn des Verfahrens (irrtümlich) davon aus, dass sie selbst (und nicht der Subunternehmer) die Beklagte beauftragt habe. Sie brachte vor, dass ihr die Beklagte den Schaden (= Zahlungen an die Besteller) rechtswidrig und schuldhaft verursacht habe. Sie mache gegenüber der Beklagten damit zu Recht Regressansprüche geltend.

[6] Die wandte fehlende Aktivlegitimation ein. Zwischen den Streitteilen habe keine vertragliche Beziehung bestanden, die die Klägerin zur Geltendmachung der gegenständlichen Ansprüche gegen die Beklagte berechtigen würde. Der Subunternehmer sei weder mit der Klägerin ident noch ihr Gesamtrechtsvorgänger. Dem Subunternehmer sei kein Schaden entstanden, sodass dieser auch keine Regressansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abtreten habe können.

[7] Die vertrat daraufhin zunächst den Standpunkt, dass zwischen ihr und dem Subunternehmer Identität bestehe bzw sie die Gesamtrechtsnachfolgerin des Subunternehmers sei. Es ist in dritter Instanz unstrittig, dass beides unzutreffend ist.

[8] Letztendlich hielt die Klägerin diesen Standpunkt nicht mehr aufrecht. Sie erachtete es vielmehr als irrelevant, dass die Streitteile beim Bauvorhaben nicht in einem direkten Vertragsverhältnis gestanden seien, weil ein Regress im Wege der Erfüllungsgehilfenkette erfolgen könne. Jedenfalls sei sie durch die Abtretung aktiv legitimiert.

[9] Das gab dem Feststellungsbegehren mit Teilurteil statt und sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Der Umstand, dass zwischen den Streitteilen kein direktes Vertragsverhältnis vorliege, schließe eine Haftung der Beklagten nicht aus. Es liege zwar keine solidarische Haftung der Streitteile gegenüber den Bestellern vor. Dessen ungeachtet müsse „ein Regress gegen die Beklagte möglich sein, weil diese der Klägerin als Erfüllungsgehilfin zurechenbar ist“. Über die detaillierte Schadensteilung und Schadenshöhe werde mit Endurteil zu entscheiden sein.

[10] Das gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung auf. Die Klägerin könne sich bei ihrem Regressbegehren nicht auf §§ 896, 1302 ABGB berufen, weil die Streitteile gegenüber den Bestellern nicht solidarisch hafteten. Auch die Zessionsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Subunternehmer könne den Regressanspruch nicht tragen.

[11] In Betracht komme allerdings ein auf § 1313 zweiter Satz ABGB gestützter Regress. Die Klägerin hafte gegenüber den Bestellern für Fehlleistungen ihrer „Sub-Subunternehmer“, sodass umgekehrt auch der unmittelbare Rückersatz argumentierbar sei. Der Beklagten habe klar sein müssen, dass ihre Werkleistungen letztlich einem Dritten (den Bestellern) zugute kommen sollten. Auch der Wortlaut („Rückersatz gegen den Schuldtragenden“) spreche nicht von vornherein gegen einen Regress.

[12] Allerdings sei eine Verletzung des Innenverhältnisses tragende Grundlage des § 1313 zweiter Satz ABGB. Ein solches Innenverhältnis existiere hier aber mangels Vertrags zwischen den Streitteilen nicht. Die Verträge zwischen Besteller, Unternehmer und Subunternehmer seien grundsätzlich getrennt zu sehen. Der Grundsatz der Trennung der Rechtsverhältnisse könne ausnahmsweise durchbrochen werden, wenn die Trennung zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde. Das könnte etwa der Fall sein, wenn im Werkvertrag zwischen dem Subunternehmer und der Beklagten auf den Werkvertrag zwischen der Klägerin und dem Subunternehmer Bezug genommen wurde. Dazu fehlten aber noch die erforderlichen Feststellungen, sodass die Entscheidung aufzuheben sei.

[13] Das ließ den Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 ZPO zur Frage zu, ob sich der (General)Unternehmer nach § 1313 zweiter Satz ABGB auch gegen einen „Sub-Subunternehmer“, mit dem kein direkter Vertrag bestehe, regressieren könne.

[14] Der dagegen erhobene ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Das von der Gegenseite beantwortete Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[15] 1. Vorweg ist festzuhalten, dass das Rechtsmittel nicht deshalb jedenfalls unzulässig ist, weil mit der Entscheidung ein Teil und Zwischenurteil aufgehoben wurde.

[16] 1.1. Ausgehend von einer älteren Entscheidung (1 Ob 571/81 = RZ 1982/26) vertritt ein Teil der Rechtsprechung den Standpunkt, dass auch ein vom Berufungsgericht zugelassener Rekurs gegen ein aufgehobenes Teil- oder Zwischenurteil unzulässig ist (RS0036970). In der Entscheidung 1 Ob 571/81 wurde damit argumentiert, dass die Verweigerung eines Teil- oder Zwischenurteils kraft Ermessensausübung, wegen vermeintlicher Unzulässigkeit oder auch mangels der Voraussetzungen des § 393 Abs 1 ZPO, eine prozessleitende Verfügung sei, sodass § 192 Abs 2 ZPO Anwendung finde. Nach anderen Entscheidungen wird die Anfechtbarkeit hingegen ausdrücklich (2 Ob 153/08a; 10 Ob 13/13d; 10 Ob 80/19s; RS0125396) bzw implizit bejaht (zB 2 Ob 202/18x; 9 Ob 30/21h; 8 Ob 110/19p).

[17] 1.2. Ungeachtet der Frage, ob im Sinne der ersten Judikaturlinie bei der (Ermessens)Frage der prozessualen Zweckmäßigkeit oder der Prüfung der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit eines Teil- oder Zwischenurteils § 192 Abs 2 ZPO (analog) anwendbar ist, kann die Anfechtbarkeit im Anlassfall jedenfalls nicht verweigert werden. Es geht hier darum, ob das Teil- oder Zwischenurteil aus verweigert wurde. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Entscheidung aus aufgehoben. Damit hat es dem Erstgericht inhaltlich seine Ansicht überbunden, dass der Generalunternehmer beim „Sub-Subunternehmer“ nur (aber immerhin) bei bestimmten Gründen Regress nehmen kann. Jedenfalls in einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die Unanfechtbarkeit des § 192 Abs 2 ZPO für prozessleitende Verfügungen auch auf die in einem Aufhebungsbeschluss enthaltenen und das Erstgericht bindenden Vorgaben zu erstrecken (zutreffend Musger in Fasching/Konecny3 § 519 ZPO Rz 78). Es wäre auch aus verfahrensökonomischen Gründen schwer verständlich, das § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugrunde liegende Ziel der Vermeidung einer unnötigen Verfahrensverzögerung mit der Unanfechtbarkeit zu konterkarieren. Das zeigt sich im Anlassfall besonders deutlich, weil es hier – wie auszuführen sein wird – auf die vom Berufungsgericht vermissten Feststellungen gar nicht ankommt, sodass nicht einzusehen ist, weshalb der Oberste Gerichtshof nicht in der Lage sein sollte, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zu korrigieren und eine allfällige Spruchreife (iSd Abweisung des Begehrens) wahrzunehmen (Musger in Fasching/Konecny3 § 519 ZPO Rz 78).

[18] 2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein auf § 896 ABGB gestützter Regress der Klägerin schon deshalb ausscheide, weil die Streitteile gegenüber den Bestellern nicht solidarisch haften. Ein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und den Bestellern lag nicht vor. Eine allfällige deliktische Haftung der Beklagten gegenüber den Bestellern, auf die – zusammen mit der vertraglichen Haftung der Klägerin – eine (unechte) Solidarhaftung gegründet werden könnte (vgl RS0017495), ergibt sich weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen.

[19] 3. Zutreffend hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, einen Regress der Klägerin auf die Zessionsvereinbarung mit dem Subunternehmer zu stützen.

[20] 3.1. Es ist unstrittig, dass der Subunternehmer wegen der mangelhaften Bauführung durch die Beklagten keinen Ersatz leisten musste. Der Rückersatzanspruch gemäß § 1313 ABGB zweiter Satz entsteht (wie in den Fällen der §§ 896, 1302 ABGB) aber noch nicht mit dem Schaden des Dritten selbst oder mit der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs durch den geschädigten Dritten, sondern – arg „Rückersatz“ – erst dann, wenn und soweit der in Anspruch genommene Teil dem Dritten tatsächlich Ersatz geleistet hat (RS0028394).

[21] 3.2. Über den behaupteten Regressanspruch hinausgehende Ansprüche macht die Klägerin nicht geltend, sodass nicht zu prüfen war, ob noch weitere Ansprüche von der Zession umfasst waren.

[22] 4. Damit ist ein auf § 1313 zweiter Satz ABGB gestützter Rückgriff zu prüfen. Ein solcher Anspruch muss hier scheitern.

[23] 4.1. Vorliegend liegen (soweit relevant) drei Vertragsbeziehungen vor (1. Besteller–Klägerin, 2. Klägerin–Subunternehmer, 3. Subunternehmer–Beklagte). Diese Rechtsbeziehungen sind strikt voneinander zu trennen (RS0021876 [T5, T8]). Weder zwischen den (ursprünglichen) Bestellern und der Beklagten noch zwischen den Streitteilen bestand nämlich ein Vertragsverhältnis.

[24] 4.2. § 1313 zweiter Satz ABGB regelt den Regressanspruch des § 1313 ABGB wegen eines Verstoßes im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem (mit diesem durch ein Vertragsverhältnis verbundenen) Gehilfen (Huber in Schwimann/Neumayr, Taschenkommentar5 § 1313 ABGB Rz 3, Wagner in Kodek/Neumayr4 § 1313 ABGB Rz 3).

[25] 4.3. Der Umstand, dass ein Vertragspartner
(zB Generalunternehmer) bei einer sogenannten Erfüllungsgehilfenkette auch für das Verschulden des von seinem Erfüllungsgehilfen verwendeten weiteren Erfüllungsgehilfen („Sub-Subunternehmer“) haftet (RS0021803, RS0121745 [T3, T7]), kann hier einen Regressanspruch der klagenden Generalunternehmerin gegen die beklagten „SubSubunternehmerin“ nicht stützen. Der Haftung (zB) eines Generalunternehmers bei einer Erfüllungsgehilfenkette liegt zugrunde, dass sich dieser auch des „SubSubunternehmers“ zur Interessenverfolgung gegenüber dem Besteller bedient. Ein Gehilfe (und damit auch ein „Sub-Subunternehmer“) selbst haftet (vom hier nicht vorliegenden Fall eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter) gegenüber dem Besteller aber nicht vertraglich, was durch die (vertragliche) Haftung des Generalunternehmers für das Verhalten des Gehilfen ausgeglichen wird. In Anbetracht des Umstands, dass sich der Besteller bei vertraglichen Ansprüchen an seinen Vertragspartner (hier: Klägerin) richten muss, wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn dieser bei einer Erfüllungsgehilfenkette es sich aussuchen könnte, ob er sich bei seinem Vertragspartner (hier: Subunternehmer) oder einem weiteren Gehilfen (hier: Beklagte) regressiert.

[26] 4.4. Der hier geltend gemachte „Sprungregress“ lässt sich auch nicht aus der vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsprechung (betreffend die Durchbrechung der einzelnen Vertragsverhältnisse) ableiten:

[27] 4.4.1. Nach dieser Judikatur kann der Grundsatz der Trennung der Verträge durchbrochen werden und ihre partielle Verknüpfung notwendig oder jedenfalls billig und geboten sein (RS0021876 [T10]), wenn die strikte Trennung der beiden Rechtsverhältnisse führen würde (1 Ob 704/89; 8 Ob 651/93; 6 Ob 550/91; 3 Ob 48/04m = RS0021876 [T9] ua).

[28] 4.4.2. So wurde im mehrfach (9 Ob 146/04d; 3 Ob 279/06k; 3 Ob 35/07d; 5 Ob 48/15d) als „Leitentscheidung“ bezeichneten Erkenntnis 1 Ob 704/89 (= JBl 1990, 587) eine solche Verknüpfung schon deswegen als geboten gesehen, als im Subunternehmervertrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass die Vertragsbestimmungen sowie die technischen Vorbemerkungen gleichlautend wie die des Generalunternehmers sind und das Angebot des Generalunternehmers an den Bauträger Gegenstand des Subunternehmervertrags wurde. Bestand der Bauherr dem Generalunternehmer gegenüber nicht auf Verbesserung, sei der bestehende Bauvertrag einvernehmlich abgeändert worden. Diese Abänderung des Vertragsinhalts schlage auf den Subunternehmervertrag insoweit durch, als der Generalunternehmer nun nicht mehr ein Werk fordern könne, das er selbst dem Bauherrn nicht (mehr) zu erbringen hatte. Dies gelte umso mehr in einem Fall, in dem der Subunternehmer selbst den Verzicht auf Verbesserung herbeigeführt hatte.

[29] Im Urteil 9 Ob 146/04t wurde es als unbillig angesehen, wenn der Auftraggeber des Subunternehmers seinerseits trotz einer Leistungsstörung (– sei diese auch vom klagenden Subunternehmer verursacht –) Zahlung erhält, aber dennoch seinem Auftragnehmer den Werklohn, gestützt auf eine Vertragsverletzung bzw Leistungsstörung oder auch wegen einer Leistungsrisikoverschiebung infolge Zufalls vorenthält.

[30] Diese Judikatur wurde in der Entscheidung 5 Ob 48/15t fortgesetzt und die Ansicht des damaligen Berufungsgerichts, die zwischen der Bauherrin und der Beklagten (als Generalunternehmerin) getroffene Vereinbarung sei als Verzicht der Bauherrin auf den Anspruch auf Behebung der in diesem Verfahren relevanten Mängel aus welchem Rechtsgrund auch immer zu werten und diese Abänderung schlage so weit auf den Subunternehmer durch, als der Generalunternehmer vom Subunternehmer nun nicht mehr ein Werk fordern könne, das er selbst dem Bauherrn nicht zu erbringen habe, ausdrücklich gebilligt. Der fünfte Senat hielt eine ausdrückliche Verzahnung der jeweiligen Verträge etwa – wie in dem der Entscheidung 1 Ob 704/89 zugrunde liegenden Fall – durch Bezugnahme des Subunternehmervertrags auf den Generalunternehmervertrag für die (partielle) Verknüpfung der Verträge für nicht notwendig.

[31] 1 Ob 41/19i schrieb diese Judikatur neuerlich fort. Dort waren nach dem (Subunternehmer-)Vertrag zwischen den Streitteilen die Pläne, Details und Beschreibung nicht nur der beklagten Auftraggeberin, sondern auch die des Architekten und des Bauherrn als Auftragsgrundlagen und auch sämtliche technische und rechtliche Bedingungen des Bauherrn, soweit sie auf die Leistungen des Auftragnehmers zutreffen, genannt. Es stand fest, dass die behaupteten Mängel entweder vom Bauherrn selbst bereits behoben wurden, von diesem nicht als Mangel angesehen wurden oder gar nicht festgestellt werden konnten. Der Bauherr bezahlte seinerseits der beklagten Generalunternehmerin – abgesehen von einem Abzug für eine Lieferverzögerung, die aber die Beklagte selbst zu verantworten hatte – den gesamten Werklohn und forderte sie nie zur Mängelbehebung auf. Für ihn bestehen keine Mängel am Objekt, der Vertrag zwischen ihm und der Generalunternehmerin ist für ihn „abgerechnet und erledigt“.

[32] In dieser Entscheidung erachtete der Oberste Gerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach der vom Subunternehmer beklagten Generalunternehmerin der Einwand der mangelhaften Erbringung der Werkleistungen verwehrt wurde, als nicht korrekturbedürftig.

[33] 4.4.3. Die hier vorliegende Konstellation ist mit den Fällen der referierten Rechtsprechung nicht zu vergleichen. Diese waren davon geprägt, dass die wirtschaftliche Position des Generalunternehmers gegenüber dem Besteller als seinem Vertragspartner nicht beeinträchtigt war, er aber dennoch Ansprüche gegen seinen Gehilfen durchsetzen wollte. Im hier zu beurteilenden Fall ist nicht ansatzweise erkennbar, dass die bloße Verweigerung des Sprungregresses (zwischen den Streitteilen) zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde.

[34] Nach der Rekursbeantwortung der Klägerin soll die grobe Unbilligkeit darin liegen, sie „endgültig mit dem Nachteil aus dem bereits geleisteten Ersatz … zu belasten, obwohl sie sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen unter anderem der schuldtragenden [Beklagten] bedient und selbst kein Fehlverhalten gesetzt hat“. Dabei blendet sie den Regressanspruch gegenüber ihrem Vertragspartner (Subunternehmer) aus. Mit dem Verweis auf diese Regressansprüche ist kein grob unbilliges Ergebnis verbunden.

[35] Zudem lag der Klage ursprünglich keine bewusste Geltendmachung eines Sprungregresses gegen einen weiteren Gehilfen zugrunde. Die Klägerin ging irrtümlich davon aus, dass die Beklagte ihre eigene Gehilfin war. Die Tatsache, dass wegen dieses Irrtums der Prozessverlust der Klägerin verbunden ist, kann ebenfalls nicht die Annahme eines grob unbilligen Ergebnisses rechtfertigen.

[36] 5. Dem Rekurs der Beklagten war daher Folge zu geben, dass in der Sache zu Recht im klagsabweisenden Sinn erkannt wird.

[37] 6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00099.22W.0630.000

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