OGH vom 09.02.2011, 5Ob6/11k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Ö*****, Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Mag. Michael Rudnigger, Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , AZ 47 R 495/10p, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der EZ 3594 und Baurechtseigentümerin der EZ 5933 jeweils GB ***** und errichtete auf diesen Liegenschaften eine Wohnhausanlage, die eine architektonische Einheit darstellt. Unter Vorlage des (mit ihr selbst abgeschlossenen) Vertrags vom beantragte sie die Einverleibung von Grunddienstbarkeiten zugunsten der in ihrem Eigentum bzw Baurechtseigentum stehenden Liegenschaften, wobei die jeweils andere Liegenschaft belastet sein sollte.
Das Erstgericht wies diesen Antrag mangels Zulässigkeit der Begründung von Eigentümerdienstbarkeiten ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Antragstellerin zeigt in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf:
Rechtliche Beurteilung
1. Dem Baurechtsberechtigten stehen nach § 6 Abs 2 BauRG am Bauwerk die Rechte des Eigentümers zu. Die Begründung von Dienstbarkeiten zugunsten und zulasten des Baurechtsberechtigten ist daher grundsätzlich zulässig (RIS Justiz RS0062285). Insoweit ist seine Rechtsstellung mit der des Grundeigentümers vergleichbar. Die Begründung einer Dienstbarkeit zulasten bzw zugunsten eines Baurechtsberechtigten, wobei herrschendes bzw dienendes Gut jeweils die diesem gehörige Nachbarliegenschaft sein soll, ist einer Eigentümerservitut gleichzuhalten. Eine solche sieht das österreichische Sachenrecht jedoch nicht vor. Sie kann daher auch nicht in das Grundbuch eingetragen werden (RIS Justiz RS0122304).
2. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 5 Ob 118/07z (SZ 2007/113 = EvBl 2007/165, 917 = NZ 2007/AGS 694 [ Hoyer ] = Zak 2007/549, 314) und ihr nachfolgend in der Entscheidung 5 Ob 157/08m (immolex 2009/61 [ Edelhauser ] = Zak 2009/179, 115 = ecolex 2009/014 = NZ 2009/AGS 734 [ Hoyer ]) die Zulässigkeit einer Eigentümerservitut verneint und (zusammenfassend) ausgeführt, dass selbst eine (auch hier von der Rechtsmittelwerberin in den Vordergrund gerückte) wirtschaftliche Sinnhaftigkeit an der dafür fehlenden gesetzlichen Grundlage nichts zu ändern vermag. Warum die in diesen Entscheidungen erörterten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sein sollen, vermag die Rechtsmittelwerberin nicht schlüssig darzulegen. Allein der Umstand, dass ein völlig gleichartiger Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden wurde, begründet noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage. Das gilt insbesondere dann, wenn die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden (RIS Justiz RS0107773 [insb T 3]; RS0102181 [T12]). Der Verweis der Antragstellerin, sie entfalte als gemeinnützige Bauvereinigung eine dem Gemeinwohl dienende Aufgabe im Bereich des Wohnungs und Siedlungswesen, ändert nichts daran, dass die Vorinstanzen die zur Eigentümerservitut entwickelten Grundsätze ohne Rechtsirrtum angewendet haben.
3. Die Bestimmung des § 480 ABGB gibt vor, was als Titel für eine Servitut in Betracht kommt. Der Titel für eine Servitut kann demnach auf einem Vertrag, auf einer letztwilligen Erklärung, auf einem bei der Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruch oder auf Verjährung beruhen.
Jedenfalls dann, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes in seinem wirklichen Verständnis keine offenbaren Wertungswidersprüche provoziert, mit dem bestehenden Wertungskonsens innerhalb der Rechtsgemeinschaft nicht unvereinbar ist und auch der „Natur der Sache“ nicht zuwiderläuft, ist es nicht Aufgabe der Gerichte, durch weitherzige Interpretation rechtspolitische oder wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, die den Gesetzgeber bisher (bewusst oder unbewusst) nicht veranlasst haben, Gesetzesänderungen vorzunehmen. Allenfalls als unbefriedigend erachtete Gesetzesbestimmungen zu ändern oder zu beseitigen, ist nicht Sache der Rechtsprechung (RIS Justiz RS0009099; 5 Ob 118/07z). Unter diesem Aspekt bleibt für die Ansicht der Antragstellerin, die von ihr als Servitutsvertrag vorgelegte Urkunde sei als eine einer letztwilligen Erklärung oder Verfügung gleichzuhaltende Willenserklärung zu deuten und daher tauglicher Titel für eine Servitut, kein Raum; eine solche Urkundenauslegung ist dem Grundbuchsgericht auch verwehrt (RIS Justiz RS0060878).
Der außerordentliche Revisionsrekurs war damit zurückzuweisen.