OGH vom 24.05.2006, 6Ob88/06v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. P***** AG, *****, 2. Dr. Robert B*****, die Erstklägerin vertreten durch den Zweitkläger, gegen die beklagte Partei ÖBB-Immobilienmanagement GmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen 40.197,12 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 38 R 215/05g-8, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 58 C 45/05f-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger sind schuldig, der Beklagten die mit 1.941,78 EUR (darin 323,63 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) waren gemäß § 1 Abs 1 BundesbahnG BGBl 825/1992 seit eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, auf die - soweit das Bundesbahngesetz keine abweichenden Regelungen enthielt - die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung sinngemäß anzuwenden waren. Im Jahr 2005 wurden die ÖBB gemäß § 29 BundesbahnG idFd BundesbahnstrukturG BGBl I Nr. 138/2003 in die ÖBB-Infrastruktur Bau AG umgewandelt.
Alleingesellschafterin der ÖBB war bis die Republik Österreich. Mit diesem Zeitpunkt brachte die Republik Österreich ihre Anteile an den ÖBB in die ÖBB-Holding AG ein. Diese ist seit im Firmenbuch eingetragen. Nach § 2 Abs 1 BundesbahnG idFd BundesbahnstrukturG BGBl I Nr. 138/2003 sind ihre Anteile zu 100 % der Republik Österreich vorbehalten. Nach § 30 leg cit sind (unter anderem) die Aktien der ÖBB-Infrastruktur Bau AG der ÖBB-Holding AG zu 100 % vorbehalten.
Die beklagte ÖBB-Immobilienmanagement GmbH ist seit im Firmenbuch eingetragen; Alleingesellschafterin sind die ÖBB (nunmehr ÖBB-Infrastruktur Bau AG). Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom wurde zum Spaltungsstichtag , 24 Uhr, der Teilbetrieb Immobilienmanagement von den ÖBB als übertragende Gesellschaft auf die Beklagte als übernehmende Gesellschaft durch Abspaltung zur Aufnahme abgespalten. Nach Punkt 12.7.1 (b) dieses Vertrags umfasste das übertragene Vermögen insbesondere sämtliche dem Teilbereich Immobilienmanagement zurechenbaren Verträge. Die Erstklägerin ist zu 1/6, der Zweitkläger zu 5/6 Miteigentümer des Hauses *****. Die ÖBB waren Mieter der in diesem Haus befindlichen Objekte Top 402 und 403 im Gesamtausmaß von 788,55 m². Dieses Mietverhältnis war ebenfalls Teil des mit dem erwähnten Spaltungs- und Übernahmevertrag übertragenen Vermögens. Mieterin ist somit nunmehr die Beklagte. Diese gab mit Schreiben vom dem Zweitkläger bekannt, dass sich auf Grund einer internen Umorganisation der Firmenname und die Anschrift geändert hätten. Die Kläger begehren gegenüber der Beklagten die Zahlung von 40.197,12 EUR sA. Auf Grund der erfolgten Änderungen in den wirtschaftlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeiten der Bestandnehmerin seien sie gemäß § 12a Abs 3 MRG berechtigt, anstelle des bisherigen monatlichen Hauptmietzinses von 1.445,93 EUR einen angemessenen Hauptmietzins von 12.616,80 EUR monatlich zu verlangen. Geltend gemacht werde die Differenz für den Zeitraum November 2004 bis einschließlich Jänner 2005. Beim erwähnten Spaltungs- und Übernahmevertrag habe es sich weder um einen hoheitsrechtlichen Akt noch um eine Übertragung auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gehandelt, sondern vielmehr um eine im Rahmen des Handelsrechts vorgenommene Übertragung von Gesellschaftsanteilen.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Die Voraussetzungen für eine Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG lägen nicht vor, weil ein Machtwechsel nicht stattgefunden habe; es habe bloß Umgründungsmaßnahmen im Konzern gegeben. Die Republik Österreich sei über ihre 100 %ige Tochtergesellschaft ÖBB-Holding AG zu 100 % an den ÖBB beteiligt. Sie sei auch Alleingesellschafterin der Beklagten. Damit habe weder durch die Umgründung im Oktober 2004 noch durch die Spaltung zur Aufnahme im März 2005 eine wirtschaftliche Änderung der Verhältnisse stattgefunden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Voraussetzung für eine Anhebung des Hauptmietzinses nach § 12a Abs 3 MRG sei ein Machtwechsel in der Mietergesellschaft, der wiederum eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten voraussetze. Die Einflussmöglichkeit des Machtträgers müsse sich aus seiner gesellschaftsrechtlichen Position ergeben. Ermögliche ihm diese Stellung, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran wirksam zu hindern, verfüge er über jene rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, an deren entscheidende Änderung § 12a Abs 3 MRG das Recht des Vermieters zur Mietzinsanhebung knüpfe. Durch den Wechsel der Alleingesellschafterin der ÖBB mit sei keine Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten erfolgt; diese seien weiterhin bei der Republik Österreich verblieben, die Alleingesellschafterin der ÖBB-Holding AG sei. Auch die Abspaltung zur Aufnahme im März 2005 habe zu keiner Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten der Republik Österreich geführt, weil Alleingesellschafterin der Beklagten die ÖBB seien.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei; Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Neustrukturierung der ÖBB in der Form der Zwischenschaltung der ÖBB-Holding AG sowie der Abspaltung des Teilbetriebs Immobilienmanagement zu einer entscheidenden Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten geführt habe, bestehe nicht. Dem Argument der Kläger, eine Aktiengesellschaft zeichne sich gegenüber anderen gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen dadurch aus, dass dem Vorstand eine ganz besondere Position zukomme, hielt das Berufungsgericht entgegen, auch der Vorstand einer Aktiengesellschaft sei vom Aufsichtsrat und der Hauptversammlung zumindest indirekt abhängig. Er könne von diesen abberufen werden; der Aufsichtsrat sei auch zum Abschluss und zur Abänderung des Anstellungsvertrags des Vorstands berufen. Bei konzernierten Gesellschaften, bei von der öffentlichen Hand betriebenen Einmanngesellschaften und bei solchen Aktiengesellschaften, deren Aktien mehrheitlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, sei der „praktisch alles bestimmende Eigentümer (die Eigentümermehrheit) kennzeichnend, wohingegen die Organformen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung und ihre organisatorische und aufgabenmäßige Trennung so gut wie keine Bedeutung haben"; diese Unternehmen würden häufig, in Grundsatzfragen jedoch immer vom Vorstand der Muttergesellschaft durch faktische Weisungen geleitet. Die faktische wirtschaftliche Einflussmöglichkeit sei daher auch nach den hier verfahrensgegenständlichen Umstrukturierungen bei der Republik Österreich verblieben. Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 12a Abs 3 MRG darf der Vermieter einer Geschäftsräumlichkeit im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 [2004] § 12a MRG Rz 3) den bisherigen Hauptmietzins auf den angemessenen Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG anheben, wenn Hauptmieter eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist und sich in ihr die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten entscheidend ändern, wie etwa durch Veräußerung der Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft, auch wenn die entscheidende Änderung nicht auf einmal geschieht. Mit der Schaffung dieser Bestimmung wurde der in § 12a Abs 1 MRG normierte Grundtatbestand erweitert, um rechtlichen Umgehungskonstruktionen, die sich aus gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, zu begegnen.
Gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, die eine Unternehmensveräußerung im engeren Sinn ersetzen und vorher keine Mietzinserhöhung durch den Vermieter ermöglichten, sollten nunmehr durch eine generelle Regelung der Veräußerung eines Unternehmens durch eine natürliche Person gleichgestellt werden (9 Ob 103/04v mwN; RIS-Justiz RS0106127; Würth/Zingher/Kovanyi, aaO Rz 16 mwN).
2. Die Kläger stützen ihre Berechtigung zur Mietzinsanhebung auf zwei Sachverhalte, die einer getrennten Prüfung zu unterziehen sind. Vorweg klarzustellen ist allerdings, dass für das Vorliegen der Voraussetzungen in beiden Fällen die Kläger beweispflichtig sind. Sie haben nämlich gar nicht behauptet - und wäre dies wohl auch nicht anzunehmen -, dass die Rechtsgeschäfte auf Mieterseite vordergründig (5 Ob 11/02g = wobl 2003/40 [Vonkilch]) zur Umgehung des den Klägern als Vermieter zustehenden Rechts auf Anhebung des Hauptmietzinses geschlossen worden wären (vgl 5 Ob 239/99d = SZ 73/91). Voraussetzung für die Beweislastumkehr des § 12a Abs 3 Satz 3 MRG wäre aber, dass eine solche Umgehungsabsicht zweifelsfrei feststeht (5 Ob 239/99d).
3. Die Republik Österreich als Alleingesellschafterin der ÖBB brachte zunächst zum ihre Anteile an den ÖBB in die ÖBB-Holding AG ein. Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, dass ab diesem Zeitpunkt die Mieterin nicht mehr unmittelbar von der bis dahin beteiligten Alleingesellschafterin, sondern von einer Aktiengesellschaft beherrscht worden sei. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft sei aber nicht den Weisungen der Aktionäre unterworfen, er handle vielmehr eigenverantwortlich und verfüge über das Entscheidungsmonopol betreffend das unternehmerische Handeln. Damit hätten sich die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf die Mieterin geändert, es habe aber auch eine 100 %ige Änderung der Beteiligungsverhältnisse stattgefunden.
3. 1. Der Oberste Gerichtshof hatte sich bereits mit der Frage zu befassen, ob durch Maßnahmen der Republik Österreich als Eigentümerin der ÖBB die Voraussetzungen für eine Mietzinsanhebung nach § 12a MRG geschaffen worden waren. Nach der Entscheidung 5 Ob 378/97t (= immolex 1998/95) fand infolge Ausgliederung der ÖBB aus der Bundesverwaltung (durch das Bundesbahngesetz) durch Schaffung einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und gesetzlich angeordneter Gesamtrechtsnachfolge ein Mieterwechsel und nicht eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten „innerhalb" der Mieterin statt; dies sei kein Anwendungsfall des § 12a Abs 3 MRG. Im Übrigen sei auch keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12a Abs 1 MRG vorgelegen, weil sich die Rechtsnachfolge nach der Republik Österreich nicht auf ein Rechtsgeschäft, sondern auf einen Akt der Gesetzgebung gegründet habe. Letzteres hat der Oberste Gerichtshof auch im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Post- und Telegrafendirektion (7 Ob 324/97s = wobl 1999/29; 5 Ob 6/99i = wobl 1999/94 [Post- und Telekom Austria]) sowie der Arbeitsmarktverwaltung (4 Ob 2357/96p = wobl 1999/28 [Arbeitsmarktservice]) erkannt.
Daraus kann aber für den vorliegenden Fall nichts gewonnen werden. Trotz Einbringung der Anteile der Republik Österreich an den ÖBB in die ÖBB-Holding AG blieben die ÖBB Mieter. Dies ist ein Anwendungsfall des § 12a Abs 3 MRG. Im Gegensatz zu § 10 Abs 7 PTSG und § 62 Abs 5 AMSG enthält das BundesbahnstrukturG BGBl I Nr. 138/2003 auch keinen Ausschluss der Anwendbarkeit des § 12a MRG im Zusammenhang mit den Umstrukturierungsmaßnahmen der ÖBB.
3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist für eine Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG entscheidend, ob auf Mieterseite ein Machtwechsel in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht eingetreten ist. Dies ist etwa bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Fall, wenn es zum Kippen der Mehrheitsverhältnisse kommt (1 Ob 226/98m = SZ 71/157 = wobl 1999/43 [Schauer]; 5 Ob 76/02s = ecolex 2003/24; RIS-Justiz RS0111167, RS0108983), das heißt wenn es dem Machtträger auf Grund seiner gesellschaftsrechtlichen Position möglich ist, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran zu hindern. Dabei ist vor allem an die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführungsorgane zu denken (5 Ob 288/98h = NZ 2000, 310; 5 Ob 307/00h = SZ 74/109). Das Kippen der Mehrheitsverhältnisse indiziert allerdings lediglich eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten (vgl 5 Ob 35/02m = RdW 2002/494; 5 Ob 21/04f = wobl 2005/47), seine konkreten Auswirkungen sind im Einzelfall zu prüfen. Die entscheidenden Änderungen müssen sowohl die rechtlichen als auch die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten betreffen (5 Ob 7/98k = wobl 1998/112 mwN).
Dieser „Machtwechseltheorie" schließt sich auch der erkennende Senat an. Sollte die Entscheidung 5 Ob 262/02v (= ecolex 2004/289 [Wallner]) davon tatsächlich abweichen (vgl dazu Schauer, Neues zu § 12a Abs 3 MRG - oder: Landunter in der Judikatur des 5. Senats, ecolex 2005, 26, insbesondere auch die dort zu FN 7 zitierten Literaturmeinungen), wird sie deshalb nicht geteilt. Dort wurde eine Mietzinsanhebung mit der Begründung zugelassen, da die Mehrheit der Anteile an der Mieter(Aktien)gesellschaft nunmehr anderen Personen als den bisherigen Gesellschaftern wirtschaftlich zuzurechnen sei, bedürfe es keines eigentlichen Machtwechsels mehr; in der Regel ergebe sich eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten nämlich schon bei einer Anteilsverschiebung um mehr als 50 %. In dieser Allgemeinheit nimmt die Entscheidung aber zu wenig Bedacht auf den konkreten Einzelfall; es wurde konkret nicht ausreichend berücksichtigt, dass letztlich jeder der neuen Aktionäre wiederum nur eine Minderheitsbeteiligung hielt (vgl dazu ausführlich Schauer, § 12a MRG revisited: Alles zurück zum Start? wobl 2004, 229). Im Übrigen hat sich der 5. Senat zwischenzeitig ausdrücklich wieder zur „Machtwechseltheorie" bekannt (5 Ob 21/04f; 5 Ob 267/05h).
3.3. Grundsätzlich kommt es bei der „Machtwechseltheorie" nicht darauf an, ob der (geänderte) entscheidende Einfluss auf die Mietergesellschaft von innen oder von außen kommt. Die weite Formulierung des § 12a Abs 3 MRG will nämlich den Machtwechsel in der Gesellschaft erfassen. Die Einflussmöglichkeit muss zwar gesellschaftsrechtlich begründet sein, sie ist aber auch dann tatbestandsmäßig im Sinne des § 12a Abs 3 Satz 1 MRG, wenn sie bloß mittelbar - etwa über dazwischengeschaltete weitere Gesellschaften - besteht (RIS-Justiz RS0111296; vgl auch Schauer, ecolex 2005, 26). Auch wenn das Erfordernis der Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Regel in beiderlei Hinsicht erfüllt sein wird, können die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten insbesondere bei Umschichtungen im Konzern voneinander abweichen (1 Ob 226/98m; ebenso die - soweit ersichtlich einhellige - Lehre, etwa Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht [2002] § 12a MRG Rz 45; Schauer, ecolex 2005, 26 mwN), also etwa bei Änderungen in einer übergeordneten Ebene bei Holding-Konstruktionen (Tades/Stabentheiner, Das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz, ÖJZ 1994, 14) oder bei Strukturänderungen innerhalb der Gesellschaft oder eines Konzerns (Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraummiete, ecolex-spezial 1994, 90). So liegt keine Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten vor, wenn es zu Anteilsübertragungen oder Umgründungen zwischen konzernverbundenen Gesellschaften kommt, aber sich bei jenen Personen nichts ändert, die auf der obersten Ebene den Einfluss ausüben; derartige Handlungen innerhalb eines Konzernverbunds verwirklichen nicht den Tatbestand des § 12 Abs 3 MRG (Schauer, aaO).
3.4. Nach § 1 Abs 1 BundesbahnG BGBl 825/1992 waren die ÖBB zum Zeitpunkt ihrer Einbringung eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, auf die - soweit das Bundesbahngesetz keine abweichenden Regelungen enthielt - die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung sinngemäß anzuwenden waren. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (ÖBB-Infrastruktur Bau AG) gemäß § 29 BundesbahnG idFd BundesbahnstrukturG BGBl I Nr. 138/2003 erfolgte erst im Jahr 2005 und ist somit hier noch nicht zu berücksichtigen.
Dass durch die Einbringung der Anteile der Republik Österreich an den ÖBB in die ÖBB-Holding AG eine „formalrechtliche Änderung der Eigentümerverhältnisse an den ÖBB eingetreten" ist, gesteht die Beklagte in ihrer Revisionsbeanwortung selbst zu. Sie beruft sich aber darauf, dass es sich lediglich um „Umschichtungen im Konzern" gehandelt habe und daher im Sinne der „Machtwechseltheorie" keine Änderungen der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten stattgefunden hätten. Dem ist zu folgen:
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass es sich bei den „Österreichischen Bundesbahnen" um einen Konzern handelt. Dieser steht im Eigentum der Republik Österreich, die - gesetzlich vorgeschrieben - 100 % der Anteile an der ÖBB-Holding AG hält. Die ÖBB-Holding AG wiederum ist 100 %iger Gesellschafter der ÖBB bzw nunmehr der ÖBB-Infrastruktur Bau AG. Sowohl nach § 1 Abs 1 BundesbahnG BGBl 825/1992 als auch nach § 3 BundesbahnG idFd BundesbahnstrukturG BGBl I Nr. 138/2003 oblag bzw obliegt die Verwaltung der Anteilsrechte an den ÖBB bzw der ÖBB-Holding AG dem Bundesminister für Verkehr. Nach § 39 leg cit trifft die ÖBB-Holding AG eine Berichtspflicht gegenüber diesem Bundesminister. Eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten ist damit durch die Einbringung der Anteile der Republik Österreich an den ÖBB in die ÖBB-Holding AG nicht erfolgt. Letztlich hat sich ja bei jenen Personen (konkret der Republik Österreich bzw dem Verwalter der Anteilsrechte) nichts geändert, die auf der obersten Ebene den Einfluss ausüben.
3.5. Die Kläger halten dem entgegen, die Republik Österreich habe nach dem gar keinen Einfluss ausüben können, weil der Vorstand einer Aktiengesellschaft, hier also jener der ÖBB-Holding AG, gemäß § 70 AktG nicht den Weisungen der Aktionäre, hier also jenen der Republik Österreich, unterworfen sei. Darauf kommt es aber nicht an:
Es wurde bereits zu 3.2. dargelegt, dass bei Beurteilung der Frage, ob es dem Machtträger auf Grund seiner gesellschaftsrechtlichen Position möglich ist, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran zu hindern, vor allem an die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführungsorgane zu denken ist. Nach § 75 Abs 4 AktG kann der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Entziehung des Vertrauens durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, solange nicht über seine Unwirksamkeit rechtskräftig entschieden ist. Nach der Rechtsprechung ist dieser Katalog der Abberufungsgründe lediglich demonstrativ (RIS-Justiz RS0110181).
Der Vertrauensentzug bewirkt zwar nicht schon eo ipso die Abberufung des Vorstandsmitglieds durch den Aufsichtsrat, sondern steht es in dessen verantwortlichem Ermessen, darauf die Abberufung auszusprechen. In der Regel wird der Aufsichtsrat jedoch dem Willen der Hauptversammlung zu entsprechen haben, sofern sich diese nicht erkennbar von völlig sachfremden Erwägungen bestimmen ließ (1 Ob 294/97k = wbl 1998/304). Dies wäre aber lediglich der Fall, wenn der Vertrauensentzug nur ein Vorwand für die willkürliche Zurücksetzung des Vorstandsmitglieds ist (RIS-Justiz RS0110180). Eines schuldhaften Verhaltens des Vorstandsmitglieds bedarf es hingegen nicht; die Abberufung ist auch bei Meinungsverschiedenheiten über wesentliche Unternehmensentscheidungen, bei denen das Vorstandsmitglied sogar im Recht sein mag, zulässig (1 Ob 294/97k mwN).
Verfügt die Aktiengesellschaft über einen Alleinaktionär, kann dieser den Vertrauensentzug demgemäß auch allein aussprechen. Er ist dabei noch freier als eine Hauptversammlung, die aus mehreren Aktionären besteht, weil er nicht auf Mehrheitsbildungen angewiesen ist. Dass die Republik Österreich als Alleinaktionär der ÖBB-Holding AG auf deren Vorstand keinen maßgeblichen Einfluss ausüben könnte, wie die Kläger meinen, kann somit nicht gesagt werden; eine derartige Annahme erschiene auch trotz der Anordnung des § 70 Abs 1 AktG lebensfremd (vgl in diesem Sinn auch Vonkilch, wobl 2005/37 [Entscheidungsanmerkung]). Daran vermag auch die Entscheidung 5 Ob 161/04v (= wobl 2005/37 [Vonkilch]) nichts zu ändern. Die dort enthaltene Aussage, ein bestimmender Einfluss des Mehrheitsaktionärs auf die Aktiengesellschaft und damit in weiterer Folge auf die Mietergesellschaft sei nicht gegeben, weil „der Vorstand einer Aktiengesellschaft nach dem zwingenden § 70 Abs 1 AktG nicht den Weisungen der Aktionäre unterworfen" sei, stellt lediglich eine Wiedergabe von Parteivorbringen dar.
3.6. Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in der soeben erwähnten Entscheidung 5 Ob 161/04v die Auffassung vertreten hat, (erstens) handle es sich bei einer Aktiengesellschaft um eine eigenständige, von ihren Gesellschaftern streng zu unterscheidende Rechtsperson. Sie werde vom Vorstand vertreten, sodass die entscheidende rechtliche und wirtschaftliche Einflussmöglichkeit auf die Geschicke der Gesellschaft nicht ohne Weiteres deren Gesellschaftern zugeordnet werden könne. Die typische Anonymität der Gesellschafter sei (zweitens) ein zusätzliches Argument, für eine den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG erfüllende Änderung der Einflussmöglichkeiten in der unternehmenstragenden Mietergesellschaft die Tatsache genügen zu lassen, dass ihr Mehrheitsgesellschafter durch eine Aktiengesellschaft ersetzt wurde, selbst wenn sich die Aktien mehrheitlich im Besitz jener Person befänden, die schon früher maßgebenden Einfluss auf die Mietergesellschaft ausgeübt habe. Die Interessen des Vermieters, dem Anteilsveränderungen in der Aktiengesellschaft in der Regel verborgen blieben, rechtfertigten diese formale Betrachtungsweise. Allerdings kann auch aus dieser Entscheidung nichts für die Kläger gewonnen werden:
Mit dem erstgenannten Argument verlässt die Entscheidung die „Machtwechseltheorie". Dazu wurde schon unter 3.2. ausführlich Stellung genommen. Mit Schauer (ecolex 2005, 25) ist hier noch zu ergänzen, dass § 12a Abs 3 MRG nicht auf das Dazwischentreten eines neuen Gesellschafters abstellt, sondern auf die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft. Gerade bei Umschichtungen im Konzern, etwa in Form von Anteilsübertragungen oder Umgründungen, ist aber zu beachten, dass die rechtlichen und die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auseinander fallen können (vgl 3.3.). Der Frage der typischen Anonymität von Aktionären einer Aktiengesellschaft kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu, weil die Beteiligungsverhältnisse an der ÖBB-Holding AG nicht lediglich im Verfahren feststellbar (worauf offensichtlich Schauer [aaO] abstellen will) oder aus dem Firmenbuch ersichtlich (wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung meint), sondern sogar im Bundesbahngesetz ausdrücklich geregelt sind. Anteilsveränderungen in der Aktiengesellschaft können den Klägern als Vermieter somit hier nicht verborgen bleiben.
Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst (5 Ob 267/05h) ausgeführt, dass trotz Kippens der Mehrheitsverhältnisse (konkret: infolge einer Kapitalerhöhung) letztlich ein mietzinsrelevanter Machtwechsel nicht vorliegt, wenn die Änderung der Mehrheitsverhältnisse nicht operativ genutzt werden soll, sondern einem (konkret: Verschmelzungs-) Vorgang dienen soll, an dessen Ende unveränderte Machtverhältnisse in der aufnehmenden Mietergesellschaft stehen. Dem entspricht aber durchaus auch die Umstrukturierung im vorliegenden Verfahren.
3.7. Schließlich verweisen die Kläger in der Revision noch auf die Materialien zum Bahnstrukturgesetz. Diese zeigten, dass der Gesetzgeber mit den Umstrukturierungen eine Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Unternehmensorgane der einzelnen Teilbereiche der ÖBB bezweckt habe. Im Sinne der auch politisch verkündeten Maxime „Mehr Privat - weniger Staat" sollte der Einfluss des Eigentümers (Republik Österreich) zu Gunsten der Eigenverantwortlichkeit der Unternehmensorgane, vornehmlich des Vorstands der ÖBB-Holding AG, in den Hintergrund treten. Mit dieser Argumentation gestehen die Kläger aber selbst zu, dass es sich bei diesen Ausführungen letztlich um politische Ankündigungen gehandelt hat. Sie mögen zwar das Motiv für die Umstrukturierung der ÖBB gewesen sein. In konkrete gesetzliche Regelungen sind sie aber nicht eingeflossen. Es wurde vielmehr bereits dargelegt (3.5.), dass der Republik Österreich als letztlich Alleineigentümer sämtlicher beteiligter Gesellschaften jedenfalls über § 75 Abs 4 AktG ein maßgeblicher Einfluss auf die Entscheidungsträger in der ÖBB-Holding AG zukommt. Dass das Bundesbahnstrukturgesetz im Gegensatz zu § 10 Abs 7 PTSG und § 62 Abs 5 AMSG keinen Ausschluss der Anwendbarkeit des § 12a MRG im Zusammenhang mit den Umstrukturierungsmaßnahmen vorsieht, ließe sich im Übrigen dahin interpretieren, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen ist, ein Anwendungsfall des § 12a MRG könnte überhaupt nicht gegeben sein.
3.8. Die Einbringung der Anteile der Republik Österreich an den ÖBB in die ÖBB-Holding AG zum erfüllte somit nicht den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG.
4. Mit wurde der Teilbetrieb Immobilienmanagement von den ÖBB als übertragende Gesellschaft auf die beklagte ÖBB-Immobilienmanagement GmbH als übernehmende Gesellschaft durch Abspaltung zur Aufnahme abgespalten. Von dieser Abspaltung war auch das gegenständliche Mietverhältnis betroffen. Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang auf eine Gesamtrechtsnachfolge, wobei Alleingesellschafterin der Beklagte wiederum die ÖBB-Holding AG sei. Dieser sei der maßgebliche rechtliche und wirtschaftliche Einfluss auf die Mieterin zugestanden, nicht mehr jedoch der Republik Österreich.
4.1. Nach ständiger Rechtsprechung werden mit den mit einer Gesamtrechtsnachfolge verbundenen gesellschaftsrechtlichen Vorgängen, wie etwa Verschmelzung oder Spaltung, die rechtlichen Einflussmöglichkeiten geändert; ob damit auch eine entscheidende Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten im Sinne des § 12a Abs 3 MRG verbunden ist, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Die Gesamtrechtsnachfolge führt weder generell zu einer Mietzinsanhebung noch schließt sie diese generell aus. Der Gesetzgeber stellt darauf ab, ob sich die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf den Mieter (juristische Person oder Personengesellschaft) entscheidend geändert haben, sodass der bisherige unangemessen niedrige Mietzins wenigstens mehrheitlich zugunsten anderer Personen, Dritter, verwertet werden würde (RIS-Justiz RS0107077). Gesamtrechtsnachfolge auf Grund einer Spaltung liegt dabei nicht nur bei einer „entflechtenden" Spaltung vor, sondern auch bei einer Spaltung zur Aufnahme (9 Ob 103/04v).
4.2. Auch wenn daher der Spaltungs- und Übernahmevertrag vom theoretisch den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG erfüllen könnte, ist daraus für die Kläger nichts gewonnen. Sie verweisen in der Revision nämlich lediglich auf den beherrschenden Einfluss der ÖBB-Holding AG anstelle der Republik Österreich. Dazu wurde aber bereits unter 3.4. bis 3.7. ausführlich Stellung genommen. Auch die Abspaltung zur Aufnahme gehört zu den Umschichtungen im „ÖBB-Konzern". Die Machtverhältnisse insgesamt blieben jedoch unverändert.
Der Revision war mangels Vorliegens eines Tatbestands des § 12a Abs 3 MRG nicht Folge zu geben.