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OGH vom 30.09.2013, 6Ob83/13v

OGH vom 30.09.2013, 6Ob83/13v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1) Mag. H***** K*****, 2) M***** GmbH, *****, 3) Dipl. Vw. A***** S***** und 4) B*****, alle vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin T***** GmbH, FN ***** (vormals T***** AG), *****, vertreten durch MMag. DDr. Klaus H. Kindel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung im Rahmen einer rechtsformwechselnden Umwandlung gemäß §§ 244, 234b AktG, über den Revisionsrekurs der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 254/12x 33, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 74 Fr 12602/12d 11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Ein Kostenersatz findet im Revisionsrekursverfahren nicht statt.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Erstgerichts war zu FN ***** die T***** AG (Antragsgegnerin) mit einem Grundkapital von 5.100.000 EUR und 5.100.000 Stückaktien eingetragen. Zuletzt hielten der Erst- und die Viertantragstellerin je zehn Aktien, der Zweit- und der Drittantragsteller je fünf Aktien. In der Hauptversammlung vom wurde die Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß §§ 239 ff AktG beschlossen. Die Antragsgegnerin machte ausscheidungswilligen Gesellschaftern das Barabfindungsangebot von 0,99 EUR pro Aktie. Die Antragsteller erhoben in der Hauptversammlung gegen den Umwandlungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift. Die Umwandlung wurde am im Firmenbuch eingetragen; diese Eintragung wurde am in der Ediktsdatei bekannt gemacht.

Das Stammkapital der nunmehrigen GmbH beträgt unverändert 5.100.000 EUR. Die Antragsteller sind mit einer voll einbezahlten Stammeinlage von jeweils 70 EUR als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen.

Die Erstantragstellerin nahm das Barabfindungsangebot für 50 % ihres Aktienbestands an. Diese Annahmeerklärung ging der Antragsgegnerin am zu.

Der Drittantragsteller hat das Barabfindungsangebot noch nicht angenommen.

Am begehrten die Antragsteller beim Erstgericht die Überprüfung der Barabfindung im Rahmen dieser Umwandlung. Das Gericht möge eine höhere Barabfindung festlegen. Die angebotene Barabfindung nehme keinen Bezug auf den Börsenpreis. Üblicherweise werde der 90 Tagesdurchschnittskurs als minimaler Börsenkurs genommen. In der Rechtsprechung werde dabei entweder die Ankündigung oder die Hauptversammlung als Stichtag herangezogen. Mit Stichtag vom habe der 90 Tagesdurchschnittskurs 3,489 EUR pro Aktie betragen.

Der Drittantragsteller brachte weiter vor, ein Antragsteller müsse gemäß § 234b Abs 5 AktG Anteilsinhaber sein. Anteilsinhaber, die das Barabfindungsangebot aber bereits angenommen hätten, liefen Gefahr, mangels Gesellschaftereigenschaft nicht mehr antragslegitimiert zu sein. Folglich müssten sie bereits vor Annahme des Barabfindungsangebots antragslegitimiert sein. Die Frist für die Annahme ende gemäß § 234b Abs 5 vierter Satz AktG dann, wenn die gerichtliche Überprüfung der angebotenen Barabfindung begehrt worden sei, erst einen Monat nach dem Tag der letzten Bekanntmachung gemäß § 10 UGB.

Das Erstgericht wies den Antrag der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers zurück. Die genannten Antragsteller hätten die Einhaltung der zweimonatigen Frist des § 234b Abs 3 Satz 2 AktG nicht nachgewiesen. Der Antrag der Erstantragstellerin scheitere überdies daran, dass ein Aktionär nicht nur einen Teil seiner Aktien an einer bestimmten Gesellschaft zur Abnahme anbieten könne.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers nicht Folge. Es führte Folgendes aus:

1. Die gesetzlich vorgesehene Barabfindung bewirke kein automatisches Ausscheiden, sondern sei ein Gestaltungsrecht, das der Gesellschafter durch die Annahme des Angebots ausüben könne ( Helbich/Wiesner/Bruckner , Handbuch der Umgründungen [2011] Rz 257). Das Angebot könne gemäß § 234b Abs 3 Satz 2 AktG iVm § 244 Abs 4 AktG nur binnen zwei Monaten nach dem Tag erfolgen, an dem die Eintragung der Umwandlung gemäß § 10 UGB als bekanntgemacht gelte. Dabei handle es sich um eine materiell rechtliche Frist, sodass die Annahmeerklärung des Gesellschafters der verpflichteten Gesellschaft bzw dem Dritten gegenüber innerhalb der Frist zugegangen sein müsse, widrigenfalls der Anspruch untergehe ( Helbich/Wiesner/Bruckner aaO Rz 257; Szep in Jabornegg/Strasser , AktG 5 § 234b Rz 11; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG² § 234b Rz 9). Die Antragstellung auf Überprüfung der Barabfindung setze nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 234b Abs 5 Satz 2 AktG voraus, dass der Austrittsberechtigte das Barabfindungsangebot angenommen habe ( Helbich/Wiesner/Bruckner aaO Rz 263).

2. Die in § 234b Abs 5 letzter Satz AktG genannte Frist zur Annahme des Barabfindungsangebots, die einen Monat nach dem Tag der letzten Bekanntmachung gemäß § 225k Abs 1 AktG ende, eröffne dem Aktionär, der das Austrittsrecht noch nicht ausgeübt habe, eine „weitere Chance“ ( Kalss , Verschmelzung Spaltung Umwandlung² § 234b AktG Rz 52; vgl 6 Ob 221/09g). Diese Frist setze den Abschluss des Überprüfungsverfahrens voraus. Sie könne damit nicht zur Antragstellung genau für jenes Verfahren genutzt werden.

3. Dem Drittantragsteller fehle daher die in § 234b Abs 5 AktG normierte Antragsvoraussetzung der Annahme des Abfindungsangebots. Da die Frist nach § 234b Abs 3 AktG ungenutzt verstrichen sei, sei die Zurückweisung des Antrags des Drittantragstellers durch das Erstgericht zutreffend.

4.1. Die Erstantragstellerin habe die in § 234b Abs 3 Satz 2 AktG genannte zweimonatige Frist eingehalten.

4.2.1. Szep in Jabornegg/Strasser , AktG 5 § 234b Rz 11, führe aus, es sei strittig, ob das Anbot auch teilweise angenommen werden könne. Kalss , Verschmelzung Spaltung Umwandlung² [2010] § 9 SpaltG Rz 42, vertrete zum Barabfindungsangebot bei nicht verhältniswahrender Spaltung die Ansicht, ein teilweises Austreten sei nach dem Wortlaut nicht vorgesehen.

4.2.2. Aus dem Wortlaut des § 234b AktG sei zu schließen, dass es dem Aktionär nicht gestattet sei, das Barabfindungsangebot nur für einen Teil seiner Anteile anzunehmen. Die Barabfindung stehe nämlich nach § 234b Abs 3 AktG dem Anteilinhaber gegen Hingabe „seiner Anteile“ zu. Das Gesetz hätte der Möglichkeit einer teilweisen Annahme leicht durch Formulierungen wie: „soweit oder in dem Ausmaß, in dem er für seine Anteile angenommen hat“ oder „gegen Hingabe jenes Teils seiner Anteile“ Rechnung tragen können. Dass mit der Formulierung „seiner Anteile“ alle Anteile gemeint seien, gehe auch mit dem Regelungsanliegen des § 244 AktG (vgl hiezu Zollner in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG² § 244 Rz 2 mwN) konform, wonach ein Aktionär nicht gegen seinen Willen in die mit mehr Risiko behaftete Stellung eines GmbH-Gesellschafters gedrängt werden solle. Bei teilweiser Annahme spiele aber diese grundsätzliche Frage nicht mehr die entscheidungsrelevante Rolle. Ebenso wäre das oben dargelegte Fristensystem ausgehöhlt, wenn schon nur mit einer Aktie das für die Gesellschaft kostenaufwändige Überprüfungsverfahren (§ 225l AktG) ausgelöst würde und derselbe Antragsteller dann das Ergebnis des von ihm selbst ausgelösten Verfahrens für seine weiteren Anteile abwarten könnte. Das in § 234b Abs 3 Satz 2 AktG normierte Erfordernis der Annahme des Barabfindungsangebots binnen zwei Monaten ab Bekanntmachung der Umwandlung nach § 10 UGB wäre damit leicht zu umgehen. Die nur für einen Teil ihrer Aktien erklärte Annahme des Barabfindungsangebots durch die Erstantragstellerin sei daher nicht zulässig, weshalb auch ihr Antrag auf Überprüfung der Barabfindung vom Erstgericht zutreffend zurückgewiesen worden sei.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Antragslegitimation bei Überprüfung der Barabfindung ohne Annahme oder bei Annahme bloß für einen Teil der Beteiligung im Rahmen einer rechtsformwechselnden Umwandlung nach §§ 239 ff AktG fehle.

Der Revisionsrekurs der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des Rekursgerichts uneingeschränkt für zutreffend, sodass die Revisionsrekurswerber darauf verwiesen werden können (§ 71 Abs 3 Satz 2 AußStrG).

Ergänzt wird Folgendes:

1. § 244 AktG gibt austrittswilligen Aktionären, die gegen die Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, einen Anspruch auf angemessene Barabfindung gegen Hingabe ihrer Geschäftsanteile. Abs 4 dieser Bestimmung verweist auf den sinngemäß anzuwendenden § 234b AktG, der die Barabfindung bei rechtsformübergreifender Verschmelzung regelt. § 234b Abs 5 Satz 3 AktG erklärt wiederum etliche Bestimmungen über die gerichtliche Überprüfung des Umtauschverhältnisses bei der Verschmelzung (§§ 225c ff AktG) für sinngemäß anwendbar.

2. Der Drittantragsteller argumentiert, aus diesen Verweisungsketten im Gesetz ergebe sich, dass im vorliegenden Fall auch § 225e Abs 2 AktG anwendbar sei. Diese Bestimmung normiere eine an die Bekanntmachung der Verschmelzung gemäß § 10 UGB anschließende einmonatige Frist für die Antragstellung auf Überprüfung des Umtauschverhältnisses. Wenn nun aber § 234b Abs 3 Satz 2 AktG eine (gleichzeitig beginnende) zweimonatige Frist für die Annahme des Barabfindungsangebots normiere, folge daraus, dass der Aktionär schon vor Annahme des Barabfindungsangebots zur Antragstellung auf Überprüfung der Barabfindung berechtigt sein müsse.

3. Dem kann insofern zugestimmt werden, als es mit dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck vereinbar scheint, dass ein in der Einmonatsfrist des § 225e Abs 2 AktG gestellter Antrag eines Anteilsinhabers, der zunächst mangels Annahme des Barabfindungsangebots gemäß § 234b Abs 3 Satz 2 AktG an sich unzulässig ist, durch nachträgliche Annahme des Barabfindungsangebots innerhalb der Zweimonatsfrist des § 234b Abs 3 Satz 2 AktG „saniert“ wird.

So hat hier das Rekursgericht bei der Erstantragstellerin zu Recht nicht beanstandet, dass sie am den Antrag gestellt hat, ihre Annahmeerklärung zum Barabfindungsangebot der Antragsgegnerin aber erst danach , nämlich am , aber noch innerhalb der Zweimonatsfrist des § 234b Abs 3 Satz 2 AktG zuging.

Der Drittantragsteller hat aber die Zweimonatsfrist des § 234b Abs 3 Satz 2 AktG ungenützt verstreichen lassen, sodass sein Antrag auch nicht mehr „saniert“ werden kann und somit endgültig unzulässig ist.

4. Im Revisionsrekurs hält der Drittantragsteller sein Vorbringen aufrecht, wonach Anteilsinhaber, die das Barabfindungsangebot aber bereits angenommen hätten, Gefahr liefen, mangels Gesellschaftereigenschaft nicht mehr antragslegitimiert zu sein.

Diese Auslegung, die wie schon aus der rekursgerichtlichen Begründung ersichtlich in der Lehre von niemandem vertreten wird, ergibt sich aus dem Gesetz nicht: Anspruchsvoraussetzung für die Barabfindung ist die Gesellschaftereigenschaft „bis zur Geltendmachung des Rechts“ (§ 234b Abs 3 Satz 1 AktG). Die Antragslegitimation nach § 234b Abs 5 Satz 2 AktG knüpft aber nicht an die Gesellschafterstellung im Zeitpunkt der Antragstellung, sondern an die Annahme des Barabfindungsangebots durch den „Anteilsinhaber“, unter dem zwanglos der (ehemalige) Aktionär der umgewandelten Gesellschaft zu verstehen ist.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2251 Abs 2 iVm § 244 Abs 4 iVm § 234b Abs 5 AktG. Nach Satz 1 der erstgenannten Bestimmung hat jede Seite die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung zunächst selbst zu tragen. Während nach Satz 2 der erstgenannten Bestimmung unter hier nicht vorliegenden Umständen die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung ersatzpflichtig werden kann, gibt es keine Norm, die selbst im Fall einer erfolglosen Antragstellung wie hier eine Ersatzpflicht der Antragsteller gegenüber der übernehmenden Gesellschaft vorsieht.