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OGH vom 29.06.1988, 3Ob84/88

OGH vom 29.06.1988, 3Ob84/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei "R***" B*** Gesellschaft mbH, Wien 5, Wiedner Hauptstraße 94, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Rechtsanwalt in Wien, und anderer betreibender Gläubiger, wider die verpflichteten Parteien 1. Ing. Bernhard P***, Kaufmann, und

2. Eveline P***, Geschäftsfrau, beide Wien 20, Klosterneuburgerstraße 98, der Erstverpflichtete auch Wien 21, Kerpengasse 7, wegen S 468.551,44 s.A. und anderer Forderungen infolge Revisionsrekurses des Erstehers Karl J***, Pensionist, Wien 21, Audorfgasse 12, vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom , GZ 5 R 56/88-86, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom , GZ E 6001/86-77, als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Dem Erstverpflichteten konnte unter der Anschrift Wien 20, Klosterneuburger-Straße 98 - unter der ihm noch die Verständigung von der Anberaumung der Tagsatzung zur Meistbotsverteilung zugestellt worden war - der Meistbotsverteilungsbeschluß am nicht zugestellt werden, weil er "bis auf Geschäftsreisen" sei (ON 65). Der Ersteher stellte daraufhin am durch seinen Vertreter den Antrag, den Verteilungsbeschluß unter der bereits angegebenen Abgabestelle, aber auch unter der Adresse Wien 21, Kerpengasse 7, und unter zwei weiteren Anschriften zuzustellen. Sollten diese Zustellversuche mißlingen, beantrage er die Bestellung eines Zustellkurators (ON 68). Auch die neuerlichen Zustellversuche mißlangen. Unter der Anschrift Wien 20, Klosterneuburger-Straße 98, konnten Zustellungen am (ON 69) und (ON 73) nicht vorgenommen werden, weil der Erstverpflichtete bis bzw. bis auf Geschäftsreisen, unter der Anschrift Wien 21, Kerpengasse 7, weil er - Zustellversuch am - "laut Postvermerk bis ortsabwesend" sei (ON 73). Am konnte die Zustellung unter der Anschrift Wien 20, Klosterneuburger-Straße 98, nicht durchgeführt werden, weil der Erstverpflichtete "bis auf Urlaub" sei (ON 76). Die Zustellversuche unter den beiden weiteren Anschriften mißlangen, weil der Erstverpflichtete dort nicht wohnhaft sei. Mit Beschluß vom bestellte das Erstgericht daraufhin einen Kurator, weil der Aufenthalt des Erstverpflichteten unbekannt sei.

Über Rekurs des Kurators hob die zweite Instanz diesen Beschluß als nichtig auf und verpflichtete den Ersteher zum Kostenersatz. Ändere eine Partei während des Verfahrens ihre bisherige Abgabestelle, ohne dies dem Gericht mitzuteilen, so sei die Zustellung gemäß § 8 ZustellG durch Hinterlegung ohne vorgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Erstehers ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Nach § 116 ZPO hat das Gericht für Personen, an welche die Zustellung wegen Unbekanntheit des Aufenthaltes nur durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen könnte (vgl. § 25 Abs 1 ZustG), auf Antrag oder von Amts wegen einen Kurator zu bestellen, wenn diese Personen infolge der an sie zu bewirkenden Zustellung zur Wahrung ihrer Rechte eine Prozeßhandlung vorzunehmen hätten und insbesondere, wenn das zuzustellende Schriftstück eine Ladung derselben enthält.

Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß die Voraussetzungen für eine Kuratorbestellung nicht vorlagen; denn der Aufenthalt des Erstverpflichteten war nicht unbekannt, die Zustellung des Meistbotsverteilungsbeschlusses an ihn konnte vielmehr nur deshalb nicht vollzogen werden, weil er (letztlich) bis auf Geschäftsreisen bzw. auf Urlaub war. Es war aber auch die weitere Voraussetzung nicht gegeben, daß der Empfänger eine Prozeßhandlung zur Wahrung seiner Rechte vorzunehmen, insbesondere einer Ladung Folge zu leisten habe.

Bei dieser Sachlage wäre allerdings auch eine Hinterlegung nach § 8 ZustG entgegen der Ansicht der zweiten Instanz nicht zulässig gewesen. Eine solche Hinterlegung setzt nach der angeführten Bestimmung voraus, daß eine Partei während des Verfahrens ihre Abgabestelle ändert, ohne dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Abgabestelle ist nach § 4 ZustG ua der Wohnort. Diesen hat aber der Erstverpflichtete nicht geändert, wenn er nur kurzfristig auf Geschäftsreise oder Urlaub war.

Bemerkt sei, daß aus denselben Gründen, aus denen die Bestellung eines Kurators für den Erstverpflichteten verfehlt war, auch die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung an ihn nicht hätte vorgenommen werden dürfen, weil auch § 25 Abs 1 ZustG Unbekanntheit der Abgabestelle voraussetzt.

Ob es allenfalls einen Anlaß zur Kuratorbestellung hätte bilden können, wenn Grund zur Annahme bestanden hätte, der Erstverpflichtete wolle sich Zustellungen an ihn offensichtlich entziehen, oder wenn er unverhältnismäßig lange von seiner Abgabestelle abwesend gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben. Denn für die Annahme, der Erstverpflichtete wolle sich Zustellungen entziehen, bestanden keine Anhaltspunkte, weil die Zustellungen bis zur Verständigung von der Anberaumung der Meistbotsverteilungstagsatzung stets ordnungsgemäß bewirkt werden konnten (wie auch die Zustellung des Verteilungsbeschlusses nach dem ohne weitere Schwierigkeiten, und zwar am , durchgeführt werden konnte), und auch von einer unverhältnismäßig langen Dauer der Abwesenheit nicht gesprochen werden kann.

Bemerkt sei, daß die Kuratorbestellung 5 Tage vor dem von der Post bekanntgegebenen Ende der urlaubsbedingten Abwesenheit des Erstverpflichteten erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt war die Bestellung keinesfalls erforderlich.

Bleibt aber der Revisionsrekurs in der Hauptsache erfolglos, so ist im Hinblick auf § 528 Abs 1 Z 2 ZPO die Überprüfung der untergerichtlichen Kostenentscheidung ausgeschlossen (Arb. 10.506 ua).

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO,§ 78 EO.