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OGH vom 29.04.2004, 6Ob7/04d

OGH vom 29.04.2004, 6Ob7/04d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Außerstreitsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt zu FN 141354z eingetragenen Rosa S***** Privatstiftung mit dem Sitz in K*****, wegen Änderung einer Stiftungszusatzurkunde, über den ordentlichen Revisionsrekurs der antragstellenden Vorstandsmitglieder der Privatstiftung 1. Univ. Prof. Dr. Herbert K*****, 2. Dipl. Vw. Manfred L*****, und 3. Mag. Dr. Johann B*****, alle vertreten durch Dr. Gerald Herzog u.a. Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 217/03v-7, womit über den Rekurs der Stifterin Rosa S*****, vertreten durch die Sachwalterin Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg, der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 5 Fr 6277/03p-2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Stifterin wurde am eine Sachwalterin bestellt, deren Aufgabenkreis die Einkommens- und Vermögensverwaltung, die Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten, die Sicherstellung der notwendigen Personensorge und die Besorgung sämtlicher Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Privatstiftung umfasst.

Die drei Mitglieder des Stiftungsvorstandes wurden wegen einer Interessenkollision mit dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 6 Ob 278/00a, abberufen. Dieser Beschluss wurde der Sachwalterin der Stifterin am zugestellt. Der Stiftungsrat bestellte am einen neuen, aus drei Personen bestehenden Stiftungsvorstand. Dieser wurde im Firmenbuch eingetragen. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel der Stifterin blieben erfolglos. Mit Notariatsakt vom widerrief die durch ihre Sachwalterin vertretene Stifterin die Stiftung gemäß § 34 PSG und beauftragte den Stiftungsvorstand mit der Auflösung, Abwicklung und Löschung der Privatstiftung. Der Widerruf wurde den im Firmenbuch eingetragenen Vorstandsmitgliedern bekannt gegeben. Diese fassten keinen Auflösungsbeschluss.

Am beantragte die Stifterin, die Stiftung aufzulösen "und zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden". Der Stiftungsvorstand habe entgegen der Bestimmung des § 35 Abs 2 PSG keinen Auflösungsbeschluss gefasst, obwohl ihm ein zulässiger Widerruf zugegangen sei. Das Sachwaltergericht genehmigte diesen Antrag der Stifterin mit Beschluss vom .

Die Stiftung sprach sich gegen ihre Auflösung aus; der Widerruf der Stiftung durch die Sachwalterin sei unzulässig, weil der Widerruf ein höchstpersönliches Recht sei. Der Widerruf widerspreche dem Stifterwillen, das Stiftungsvermögen armen, kranken und notleidenden Kindern zukommen zu lassen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte mit seiner Entscheidung vom , AZ 6 Ob 106/03m, die Entscheidung der Vorinstanzen, womit dem Antrag der Stifterin stattgegeben und die Auflösung der Privatstiftung gemäß § 35 Abs 1 Z 5 Privatstiftungsgesetz (PSG) erklärt wurde. Schon vor der oberstgerichtlichen Entscheidung und deren Zustellung am an die Stiftung hatten die drei Vorstandsmitglieder mit dem notariell beurkundeten Beschluss vom den P. 7. der Stiftungszusatzurkunde idF vom dahin geändert, dass ergänzend der Halbsatz hinzugefügt wurde: "Dies gilt auch für jeden anderen Fall der Auflösung der Privatstiftung".

Ursprünglich hatte sich die Stifterin die Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde ohne Einschränkung vorbehalten. Nach der zuletzt gültigen Fassung der Stiftungserklärung kann die Stifterin die Stiftungsurkunde und die Stiftungszusatzurkunde nur dann ändern, wenn alle Vorstandsmitglieder aus wichtigen Gründen im Sinn des § 27 Abs 2 Z 1, 2 oder 3 PSG vom Gericht abberufen sind, wobei Änderungen innerhalb von vier Wochen ab Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses über die Abberufung des letzten Vorstandsmitgliedes vorgenommen werden müssen. Diese Einschränkung des Änderungsvorbehalts gilt jedoch nicht für Änderungen der Regelungen über die Bestimmung der Begünstigten. Nach dem Ableben des Stifters oder bei sonstigem Zutreffen der Voraussetzungen nach § 33 Abs 2 PSG kann der Stiftungsvorstand unter Wahrung des Stiftungszweckes Änderungen der Stiftungserklärung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vornehmen. Diese Änderungen bedürfen im Innenverhältnis der Zustimmung des Stiftungsrates und weiters der Genehmigung des Gerichtes (Punkt 13 der Stiftungsurkunde in der Fassung vom ).

In der Stiftungszusatzurkunde in der Fassung vom stellt die Stifterin ausdrücklich fest, dass der Stiftungsgenuss den in Punkt 1. dieser Urkunde genannten Begünstigten zukommen soll. Nach Punkt 7. dieser Stiftungszusatzurkunde in der Fassung vom ist die Stiftung in dem außergewöhnlichen Fall, dass sie ihren Zweck nicht mehr erreichen kann, aufzulösen; der Liquidationserlös fällt diesfalls einer mit Zustimmung des Stiftungsrates vom Stiftungsvorstand zu bestimmenden Institution aus dem Kreis der im Punkt 1. genannten Institiutionen zu, welche verpflichtet ist, den Erlös nach Abzug der Liquidationskosten kranken oder behinderten oder in Not geratenen Kindern im Sinn des Punktes 1. dieser Urkunde zu widmen.

Am stellte der Stiftungsvorstand den beim Erstgericht am eingelangten Antrag, die Änderung der Stiftungszusatzurkunde gemäß der beiliegenden notariellen Niederschrift zu genehmigen und die Änderung der Stiftungszusatzurkunde im Punkt 7. im Firmenbuch einzutragen.

Das Erstgericht genehmigte die Änderung der Stiftungszusatzurkunde mit der Begründung, dass ein Änderungsrecht des Vorstandes bestehe, weil die Stifterin handlungsunfähig und durch eine Sachwalterin vertreten sei. Überdies habe die Stifterin nur ein Änderungsrecht, wenn alle Mitglieder des Stiftungsvorstandes aus wichtigen Gründen vom Gericht rechtskräftig abberufen worden seien. Eine Änderung der Stiftungszusatzurkunde sei somit derzeit und aller Voraussicht nach auch in Zukunft unmöglich. Durch die beantragte Änderung der Stiftungszusatzurkunde werde der Stiftungszweck gesichert. Die Änderung werde zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vorgenommen. Die Folge einer rechtskräftigen Auflösung der Privatstiftung wäre, dass das Stiftungsvermögen entweder an die Stifterin zurückfalle oder unter Umständen der Republik anheimfalle, weil in der Stiftungserklärung kein Letztbegünstigter ausdrücklich genannt werde, es sei denn, man sähe den bisherigen Punkt 7. der Stiftungszusatzurkunde als Letztbegünstigtenregelung an. Es sei der Wille der Stifterin gewesen, das Vermögen kranken, behinderten oder in Not geratenen Kindern zukommen zu lassen, keinesfalls aber, dass sie selbst das Vermögen zurückbekomme. Die begehrte Anpassung des Punktes 7. der Stiftungsurkunde sei zur Durchsetzung des Willens der Stifterin erforderlich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Stifterin Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass der Antrag des Stiftungsvorstands auf Genehmigung und Eintragung der Änderung des Punktes 7. der Stiftungszusatzurkunde abgewiesen wurde. Der Stiftungsvorstand sei zur Vornahme von Änderungen der Stiftungserklärung nur dann berechtigt, wenn 1. ein Stifter weggefallen sei, 2. bei Uneinigkeit mehrerer Stifter oder 3. wenn sich der Stifter Änderungen nicht vorbehalten habe. Das Änderungsrecht des Stiftungsvorstandes sei bloß subsidiär. Die Stifterin sei hier nicht "weggefallen", weil sie ihre Gestaltungsrechte, wozu auch das Änderungsrecht des Stifters gehöre, durch den gerichtlich bestellten Sachwalter ausüben könne. Die Ausübung von Gestaltungsrechten sei nicht "vertretungsfeindlich", wie dies der Oberste Gerichtshof schon zum Widerrufsrecht nach § 34 PSG ausgesprochen habe. Da die Stifterin ein - wenn auch nur eingeschränktes - Änderungsrecht sich vorbehalten habe, sei sie nicht im Sinne des § 33 Abs 2 PSG "weggefallen". Es lägen im Übrigen auch keine geänderten Verhältnisse vor, die eine Änderung der Stiftungszusatzurkunde rechtfertigen könnten. Die geänderten Verhältnisse (Widerruf der Privatstiftung) seien Resultat des Stifterwillens selbst. Dann könne aber der Stiftungsvorstand diesen Willen nicht mit einem Änderungsrecht im Sinne des § 33 Abs 2 PSG unterlaufen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zum subsidiären Änderungsrecht des Stiftungsvorstandes nicht vorliege.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragen die drei Mitglieder des Stiftungsvorstandes die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 33 Abs 2 PSG kann nach dem Entstehen einer Privatstiftung die Stiftungserklärung vom Stifter nur geändert werden, wenn er sich Änderungen vorbehalten hat. Ist eine Änderung wegen Wegfalls eines Stifters, mangels Einigkeit bei mehreren Stiftern oder deswegen nicht möglich, weil Änderungen nicht vorbehalten sind, so kann der Stiftungsvorstand unter Wahrung des Stiftungszwecks Änderungen der Stiftungserklärung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vornehmen. Die Änderung bedarf der Genehmigung des Gerichts. Die Gesetzesmaterialien (RV 1132 BlgNR 18. GP 33) führen dazu aus:

"Nach dem Entstehen der Privatrechtsstiftung ist die Änderung der Stiftungserklärung erschwert. Der Stifter kann Änderungen nur vornehmen, wenn die Stiftungserklärung einen Änderungsvorbehalt enthält. Unter dieser Voraussetzung kann der Stifter jede Änderung erklären, sogar den Stiftungszweck grundlegend ändern. In bestimmen Fällen hat der Stiftungsvorstand die Befugnis (und unter Umständen die Pflicht), Änderungen der Stiftungserklärung vorzunehmen. Diese Art der Änderung ist nur für den Fall vorgesehen, dass sonst keine Möglichkeit einer Änderung besteht, und kann nur unter Wahrung des Stiftungszwecks (dieser kann also nicht grundlegend geändert werden) und zur Anpassung an geänderte Verhältnisse erfolgen. Die Änderung durch den Stiftungsvorstand ist daher nicht bloß deshalb möglich, weil sich die Verhältnisse geändert haben. Die geänderten Verhältnisse müssen für die Privatrechtsstiftung von besonderer Bedeutung sein. Die Änderung muss sich im Rahmen des Notwendigen halten".

Nach dieser erläuterten gesetzgeberischen Absicht soll die Änderung der Stiftungserklärung durch den Stiftungsvorstand als ultima ratio (wenn "sonst keine Möglichkeit einer Änderung besteht") unter Wahrung des Stiftungszwecks zulässig sein, wenn 1. der Stifter weggefallen ist, 2. im hier nicht vorliegenden Fall der Uneinigkeit mehrerer Stifter oder 3. wenn sich der Stifter Änderungen nicht vorbehalten hat. Alle drei Fälle setzen nach dem klaren Gesetzeswortlaut eine Änderung der Verhältnisse voraus, an die die Stiftungserklärung angepasst werden soll (Berger in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG Rz 13 und 29 zu § 33; Arnold, Privatstiftungsgesetz Rz 58 zu § 33; Pittl, Der Stifter einer Privatstiftung und die ihm zustehenden Rechte, NZ 1999, 197 [201]; Müller in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch zum Privatstiftungsgesetz 272; vgl 6 Ob 187/03v).

Die Revisionsrekurswerber stehen auf dem Standpunkt, dass die angeführten Voraussetzungen für ein Änderungsrecht des Stiftungsvorstandes gegeben seien. Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Zum Wegfall der Stifterin:

Die Voraussetzung für eine Änderungslegitimation des Stiftungsvorstandes liegt nicht schon wegen der eingetretenen Geschäftsunfähigkeit der Stifterin vor. Die Rekurswerber begründen ihre Ansicht im Wesentlichen mit den Argumenten, die sie schon zum Widerrufsrecht nach § 34 PSG im bereits zitierten, mit der Entscheidung 6 Ob 106/03m (= EvBl 2004/59, 264 = RdW 2004/65, 89) beendeten Vorverfahren vertreten haben. Ihnen sind die zutreffenden Erwägungen des Rekursgerichtes entgegenzuhalten. Das Änderungsrecht des Stifters gemäß § 33 PSG ist ebenso ein Gestaltungsrecht wie dasjenige auf Widerruf der Stiftung gemäß § 34 PSG, das aus den in der zitierten Entscheidung ausführlich behandelten Gründen - auf die verwiesen werden kann - für den Betroffenen vom Sachwalter ausgeübt werden kann. Zum Ergebnis und der Begründung hat sich die Lehre zustimmend geäußert (Arnold, Ausübung der Gestaltungsrechte eines Stifters durch seinen Sachwalter, Ges 2003, 479; Ch. Nowotny, Stifterwille und Auslegung von Stiftungsdokumenten, RdW 2004/45, 66). Wenn die Rekurswerber den Teil der Entscheidungsbegründung in 6 Ob 106/03m, mit dem anhand eines Extrembeispiels auf die vermögensrechtlichen Folgen des Ausschlusses des Widerrufsrechtes für einen vermögenslosen, bedürftigen Betroffenen hingewiesen wurde, mit unziemlicher Ausdrucksweise als "grotesk" empfinden, übersehen sie, dass damit nur ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis aufgezeigt werden sollte und übergehen die weitere Begründung zum Wesen höchstpersönlicher Rechte und zur Vertretungsmacht gesetzlicher Vertreter völlig. An der Begründung der Vorentscheidung ist festzuhalten. Sie trifft zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen aber auch auf das Gestaltungsrecht auf Änderung der Stiftungserklärung gemäß § 33 PSG zu, sodass von einem Wegfall der Stifterin wegen des Verlustes der Geschäftsfähigkeit keine Rede sein kann.

2. Zur Voraussetzung des Fehlens eines Änderungsvorbehaltes zugunsten der Stifterin:

Die Stifterin hat sich ein eingeschränktes Änderungsrecht für den Fall vorbehalten, dass alle Mitglieder des Stiftungsvorstandes aus wichtigen Gründen vom Gericht rechtskräftig abberufen wurden. Das Gesetz regelt im § 33 Abs 2 PSG den Fall eines bloß eingeschränkten Abänderungsrechtes des Stifters nicht ausdrücklich. Nach dem reinen Gesetzeswortlaut könnte allenfalls auch ein sehr eingeschränktes Änderungsrecht das bloß subsidiäre Änderungsrecht des Stiftungsvorstands ausschließen. Die Notwendigkeit von Änderungen einer Stiftungserklärung zur Wahrung des Stiftungszwecks könnte aber durchaus auch eine Änderungslegitimation des Stiftungsvorstands in dem sachlichen und zeitlichen Bereich begründen, in dem der Stifterin ein Änderungsrecht nicht zusteht. Damit ist aber für die Rekurswerber nichts gewonnen, weil ihr Antrag aus anderen Gründen scheitern muss.

3. Das subsidiäre Änderungsrecht des Stiftungsvorstands nach § 33 Abs 2 PSG setzt geänderte Verhältnisse im Sinne der zum Wegfall der Geschäftsgrundlage vertretenen Grundsätze voraus:

Da die Änderung der Stiftungserklärung unter Wahrung des Stiftungszwecks aufgrund des Stifterauftrags zu erfolgen hat, müssen grundlegend geänderte Verhältnisse im Sinne der Lehre von der Geschäftsgrundlage vorliegen (Müller aaO 272). Mit der Anpassung soll dem Stifterwillen entsprochen werden (vgl 6 Ob 187/03v). Wenn er selbst Vorkehrungen getroffen hat, ist ihnen vom Stiftungsvorstand zu entsprechen. Die Rekurswerber erblicken die geänderten Verhältnisse im Umstand, dass die Privatstiftung widerrufen und aufgelöst wurde, in Verbindung damit, dass die Stiftungserklärung (die Stiftungszusatzurkunde) keine klare Letztbegünstigtenregelung enthält und dass die Sachwalterin den Standpunkt vertrete, dass das Stiftungsvermögen nach Auflösung der Privatstiftung mangels einer Letztbegünstigtenregelung für den Widerrufsfall der Stifterin oder ihren Erben zufalle. Die Abänderung der Stiftungserklärung (der Stiftungszusatzurkunde) betrifft die Letztbegünstigtenregelung der Stifterin selbst, die hier wegen schon erfolgter rechtskräftiger Auflösung der Privatstiftung nur mehr im Abwicklungsverfahren von Bedeutung sein kann, nicht aber für die Realisierung des Stiftungszwecks, der in der Verwaltung und Verwendung des Stiftungsvermögens zugunsten der Begünstigten während des aufrechten Bestandes der Privatstiftung (die hier nach dem Stifterwillen eine "immerwährende" sein sollte) besteht. Mit der Auflösung der Privatstiftung kann dieser in regelmäßigen, auf Dauer angelegten Zuwendungen an die Begünstigten bestehende Zweck nicht mehr erreicht werden, wovon die Rekurswerber ja selbst ausgehen. Selbst wenn man aber ein subsidiäres Änderungsrecht des Stiftungsvorstandes auch nach der Auflösung der Privatstiftung bejahte und in den zu wahrenden Stiftungszweck auch die Letztbegünstigtenregelung im Auflösungsfall einbezöge, so müsste jedenfalls die weitere Voraussetzung einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse vorliegen, die dazu führte, dass eine vom Stifter angeordnete Letztbegünstigtenregel nicht mehr realisierbar ist (etwa weil ein vom Stifter bestimmter Letztbegünstigter gemäß § 6 PSG seine Existenz verloren hat, aber ein gleichartiger Empfänger existiert), sodass unter Wahrung des Stifterwillens eine Anpassung im Sinne des § 33 Abs 2 PSG erfolgen könnte. Eine derartige Änderung der Verhältnisse wird hier aber nicht ins Treffen geführt und liegt auch nicht vor. Das Bedürfnis an einer zweifelsfreien klaren Letztbegünstigtenregelung mit der vom Stiftungsvorstand formulierten Ergänzung, dass also der Fall der Auflösung der Privatstiftung wegen Widerrufs der Stiftung dem in der Stiftungszusatzurkunde geregelten Fall der Auflösung wegen Nichterreichbarkeit des Stiftungszwecks gleichzuhalten sei, lag schon vor dem Widerruf der Stiftung und ihrer Auflösung vor, stellt also keinen neuen Umstand dar. Die Auflösung der Privatstiftung selbst führt zur Abwicklung in der in der Stiftungserklärung (der Stiftungszusatzurkunde) vorgesehenen Weise, bedeutet aber selbst noch keine ein Abänderungsrecht des Vorstands auslösende Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 33 PSG, die den Stiftungsvorstand zu einer Änderung der Letztbegünstigtenregelung legitimieren könnte. Dazu führt das Rekursgericht auch zutreffend aus, dass es ja die Stifterin selbst war, die mit ihrem Widerruf der Privatstiftung die neuen Verhältnisse schaffte und dass der Stifterwille nicht durch die Ausübung des bloß subsidiären Änderungsrechts des Stiftungsvorstands unterlaufen werden darf.

4. Das Änderungsrecht des Stiftungsvorstands und das Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 2 PSG dient auch nicht der Klarstellung zweifelhafter, auslegungsbedürftiger Stiftererklärungen über den Letztbegünstigten (§ 6 PSG) in der Stiftungserklärung oder in einer Stiftungszusatzurkunde:

Zweifelhafte Stiftungserklärungen hat der Stiftungsvorstand selbst auszulegen und zu vollziehen. Sie begründen - wie ausgeführt - keine neuen, geänderten Verhältnisse. Das Gesetz sieht für die laufende Geschäftstätigkeit des Stiftungsvorstands bei seiner Aufgabenerfüllung zur Wahrung des Stiftungszwecks kein Feststellungsverfahren über die Rechtmäßigkeit oder Zweckmäßigkeit von Geschäftsführerhandlungen, sondern nur ein Abberufungsverfahren (§ 27 PSG) vor. Gleiches muss für die Abwicklung gelten. Gemäß § 36 PSG hat der Vorstand eine Gläubigerkonvokation zu veranlassen, die Gläubiger zu befriedigen und das verbleibende Vermögen der aufgelösten Privatstiftung dem Letztbegünstigten zu übertragen. Der Stiftungsvorstand ist auch in der Liqudidation das zur Vertretung der Stiftung berufene Organ (§ 17 PSG). Das Gesetz nennt die konkreten Aufgaben der Abwickler nicht. Es ist daher allenfalls eine Analogie zu den gesetzlichen Bestimmungen über die Liquidatoren von Gesellschaften zulässig und geboten (§ 209 Abs 1 AktG; § 149 HGB; § 90 Abs 1 GmbHG ua), wofür offenbar Riel (in Doralt/Nowotny/Kalss PSG Rz 8 zu § 36 eintritt. Nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften haben die Liquidatoren laufende Geschäfte zu beenden, die Gläubiger zu befriedigen und das nach Berichtigung der Schulden verbleibende Gesellschaftsvermögen unter die Gesellschafter zu verteilen (7 Ob 539/90 über die Aufgaben des Liquidators einer Gesellschaft mbH). Naturgemäß gehört es zu den vorgelagerten Aufgaben von Abwicklern, festzustellen, wer und in welchem Umfang Gläubiger der Gesellschaft und wer Gesellschafter ist, dem das restliche Vermögen auszufolgen ist. Für diese Abwicklungsaufgaben enthält das PSG keine Bestimmungen. § 40 PSG bestimmt nur, dass über Angelegenheiten, die in diesem Bundesgesetz dem Gericht zugewiesen sind, soferne es sich nicht um Angelegenheiten handelt, die dem Prozessgericht zugewiesen sind, der für den Sitz der Privatstiftung zuständige, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufene Gerichtshof erster Instanz im Verfahren außer Streitsachen zu verhandeln und zu entscheiden habe. Es wurde schon in der ebenfalls diese Privatstiftung betreffenden Vorentscheidung 6 Ob 120/02v (RdW 2002/601, 663) ausgeführt, dass § 40 PSG ein Auffangtatbestand zugunsten der außerstreitigen Gerichtsbarkeit ist, der nach den Gesetzesmaterialien zu § 40 PSG den Bestimmungen des § 14 AktG und des § 276 HGB nachgebildet wurde. Zu § 14 AktG nimmt der Oberste Gerichtshof an, dass damit der gegenteiligen Verweisungsregel des § 1 AußStrG (die einen Vorrang des streitigen Verfahrens normiert) derogiert wurde. Es könne aber die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein und Fälle einer echten Entscheidungskonkurrenz zwischen dem Prozessgericht und dem Außerstreitgericht geben.

Die Bestimmung des Letztbegünstigten durch das Gericht ist an keiner Stelle des PSG angeordnet. Ein Anspruch auf Feststellung durch das Gericht, wer nach der Stiftungserklärung Letztbegünstigter sein soll, fehlt. Nach den Gesetzesmaterialien und dem inneren Zusammenhang gehören ua folgende Aufgaben des Gerichtes in das außerstreitige Verfahren: Die Bestellung und Abberufung eines Stiftungskurators (§ 8 PSG), die Bestellung des Gründungsprüfers (§ 11 Abs 2) und des Stiftungsprüfers (§ 20 Abs 1), die Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Stiftungsvorstand und dem Gründungsprüfer (§§ 11 Abs 3 Satz 2 und 21 Abs 4), die Genehmigung von Rechtsgeschäften bei Insichgeschäften (§ 17 Abs 5) die Bestellung und Abberufung des Aufsichtsrats (§ 24 Abs 1 und 2), die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs der Begünstigten (§ 30 Abs 2), die Anordnung einer Sonderprüfung (§ 31), die Genehmigung einer Änderung der Stiftungserklärung durch den Stiftungsvorstand (§ 33 Abs 2), die Auflösung der Stiftung (§ 35 Abs 3) und die Entscheidung darüber, ob ein Auflösungsbeschluss des Stiftungsvorstandes zu Recht gefasst wurde (§ 35 Abs 4), die Bestellung des bisherigen Stiftungsvorstandes zum Abwickler in der Nachtragsliquidation (§ 37). Streitigkeiten zwischen dem Begünstigten oder einem Letztbegünstigten und der Stiftung über die Frage der Begünstigtenstellung und die Ansprüche auf Ausschüttungen gehören nicht zu den im Gesetz angeführten Aufgaben des Gerichtes, das im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden hat (Riel aaO Rz 10 zu § 40).

Weder aus dem Gesellschaftsrecht (im Analogieweg) noch aus den Bestimmungen des PSG (insbesondere nicht aus den §§ 36, 37 und 40) ist demnach eine Kompetenz des Außerstreitgerichtes für eine konstitutive, feststellende Entscheidung darüber, wer nach Auslegung der Stiftungserklärung Letztbegünstigter ist, abzuleiten. Die Frage, wer nach der Stiftungserklärung Letztbegünstigter ist bzw ob eine Änderung der Stiftungserklärung in einer Stiftungszusatzurkunde erfolgte, ist am ehesten einem Gesellschafterwechsel etwa in einer Gesellschaft mbH gleichzuhalten. Auch dort hat der Geschäftsführer ohne Mitwirkung des Gerichts den für den Gesellschafterwechsel maßgeblichen Übertragungsakt auf seine formelle und materielle Richtigkeit hin zu überprüfen und dann den Gesellschafterwechsel beim Firmenbuchgericht anzumelden (§§ 10 f FBG iVm § 26 GmbHG; RIS-Justiz RS0114940). Diese sogar mit Zwangsstrafen nach § 24 FBG durchsetzbaren Geschäftsführerpflichten (6 Ob 149/03k) trifft im Liquidationsstadium die Liquidatoren. Wenn ein Geschäftsführer einem Abtretungsakt von Geschäftsanteilen die Anerkennung versagt, hat der (vermeintliche) Erwerber der Geschäftsanteile keinen im außerstreitigen Verfahren durchzusetzenden Anspruch. Er muss diesen im Prozessweg gegen die Gesellschaft geltend machen. Auch im Privatstiftungsrecht fehlt für den vergleichbaren Fall von Streitigkeiten zwischen Begünstigten und Privatstiftung jeder Anhaltspunkt im Gesetz, der für eine Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens über strittige vermögensrechtliche Auseinandersetzungsansprüche nach Auflösung der juristischen Person sprechen könnte.