OGH vom 17.05.2017, 7Ob65/17k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Ö*****, vertreten durch Bollmann Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 222.582,76 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 146/16x30, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen des Erwerbs von Primeo Executive und Primeo Select Shares als Prospektkontrollorin in Anspruch. Grundlage der Erwerbsvorgänge waren die Emissionsprospekte Juli 2006 (Primeo Executive) und April 2007 (Primeo Select). Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung verneint:
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach unter Berufung darauf, dass die organisatorische Trennung zwischen Verwahrung und Verwaltung des Fondsvermögens der Sicherung der Anleger vor missbräuchlicher Verwendung des Fondsvermögens dient, in den den Primeo Fonds betreffenden Entscheidungen betont, dass die Tatsache, dass de facto der Manager als Subdepotverwahrer und nicht die Depotbank selbst die Gelder unmittelbar über einen „Managed Account“ verwahrte, eine wesentliche Risikoerhöhung für den potentiellen Anleger darstellt und es sich daher um einen Umstand handelt, über den der Prospektkontrollor iSd § 26 Abs 2 InvFG 1993 aufzuklären hatte (3 Ob 108/13y [Primeo Select Stand Mai 2001]; 7 Ob 235/12b [Primeo Select Stand September 2002]).
2. In den die Emissionsprospekte des Primeo Fonds betreffenden Entscheidungen wurde zur auch hier entscheidenden Frage, ob eine ausreichende Offenlegung darüber erfolgte, dass ein Manager das gesamte Fondsvermögen unter „de facto“-Ausschaltung der Depotbank verwahrte, diese (noch) ausreichende Offenlegung insbesondere damit begründet, dass in den betreffenden Prospekten der Hinweis enthalten war, die Veranlagungen des Fonds würden zur Zeit von einem Manager in Form eines Managed Account getätigt bzw dass der Fonds seit seiner Gründung durch einen Manager in Form eines Direktkontos (Managed Account) und alle Gelder einer Anteilsklasse in einem Direktkonto geführt werden (3 Ob 108/13y [Primeo Select Stand Mai 2001]; 7 Ob 235/12b [Primeo Select Stand September 2002]; vgl ferner zur Verneinung der Haftung auch 5 Ob 233/11t; 6 Ob 190/12b [Primeo Select insbesondere auch Stand April 2007]; 7 Ob 235/12b [Primeo Select Stand September 2002]; 3 Ob 108/13y [Primeo Select Stand Mai 2001]; 1 Ob 71/14v [Primeo Executive Stand Juli 2006]).
3. Gerade der zuvor angesprochene Aspekt wurde als ein wesentliches Abgrenzungskriterium zu jenen Entscheidungen erkannt, die die Veranlagung in den Herald Fonds betrafen (vgl etwa 5 Ob 26/14f [Herald Fonds]; 9 Ob 63/14a [Herald Fonds]). Die beschriebene Judikaturlinie zu den Primeo Fonds (Information über bereits bestehende Verbindung von Verwaltung und Verwahrung) wurde auch nach der den Herald Fonds betreffenden Entscheidung 5 Ob 26/14f (Herald Fonds) fortgeschrieben (9 Ob 89/14z [Primeo Select Stand 2007]; 7 Ob 138/15t [Primeo Select Stand Mai 2001]). Soweit in der eine außerordentliche Revision bloß zurückweisenden Entscheidung 3 Ob 148/16k (Primeo Exekutive Stand Juli 2006 und Primeo Select Stand April 2007) ein Abweichen von diesen Judikaturgrundsätzen erkannt werden könnte, wäre sie vereinzelt.
4. In den hier maßgeblichen Emissionsprospekten Juli 2006 und April 2007 kommt wie in den bereits früher entschiedenen einschlägigen Fällen ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass keine Mindestanzahl an Managern zugesagt wird, die organisatorische Trennung zwischen Verwahrung und Verwaltung des Fondsvermögens durch Einsatz von Managed Accounts aufgehoben werden könnte, in einem solchen Fall die Anleger sämtliche Verluste zu tragen haben und nur beschränkte Transaktionsinformationen (Transaction Slips) im Fall der Verwaltung in Form von Managed Accounts erhalten, und das Vermögen der betreffenden Subfonds seit ihrer Gründung von nur einem Manager (Primeo Select) bzw zur Zeit von drei Managern (Primeo Executive) in Form von Managed Accounts verwaltet wird. Die Verneinung der Haftung der Beklagten in diesen Fällen entspricht daher den eingangs wiedergegebenen Judikaturgrundsätzen.
5. Dass die Beklagte für allfällige Fehler ihrer „Konzernunternehmen“ nicht haftet, wurde bereits in früheren Entscheidungen ausgesprochen (vgl etwa 3 Ob 108/13y [Primeo Select Stand Mai 2001]; 1 Ob 71/14v [Primeo Executive Stand Juli 2006]). Soweit sich die Drittklägerin auf einen Treuhandvertrag mit der B***** beruft, wird damit inhaltlich in Wahrheit erneut die Konzernhaftung der Beklagten geltend gemacht.
6. Die unter der Bezeichnung „Vertragssystem M*****“ enthaltenen Ausführungen unterstellen der Beklagten gewisse Kenntnisse von den Malversationen des Genannten, wofür eine Tatsachengrundlage fehlt (dazu schon 1 Ob 71/14v [Primeo Executive Stand Juli 2006]), und sie verlangen der Beklagten überdies inhaltlich Beratungsaufgaben ab, die von der Prospektkontrollorin nicht zu leisten sind (dazu schon 7 Ob 138/15t [Primeo Select Stand Mai 2001]).
7. Für ein seitens der Beklagten zu vertretendes vorsätzliches und strafrechtlich relevantes Verhalten fehlen substanziell nachvollziehbare Behauptungen und ein zureichendes Sachverhaltssubstrat.
8. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00065.17K.0517.000 |
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