OGH vom 15.05.2012, 3Ob72/12b

OGH vom 15.05.2012, 3Ob72/12b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Helmut Berger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Mag. Georg Stickler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 43 R 692/11z 18, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 10 C 18/11s 12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In einem zwischen den Streitparteien anhängigen Verfahren wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse hat das Erstgericht den nunmehrigen Oppositionskläger verpflichtet, der nunmehrigen Oppositionsbeklagten eine Ausgleichszahlung von 6.000 EUR binnen sechs Wochen nach Rechtskraft des Beschlusses zu leisten. Dieser Zuspruch ist ebenso wie die Abweisung bestimmter Anträge der nunmehrigen Oppositionsbeklagten in Rechtskraft erwachsen; hinsichtlich weiterer Zuweisungsbegehren ist das Aufteilungsverfahren nach einer teilaufhebenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 26/11x noch anhängig.

Zur Hereinbringung des Betrags von 6.000 EUR hat das Bezirksgericht Innere Stadt Wien der Oppositionsbeklagten mit Beschluss vom die Fahrnis und Forderungsexekution bewilligt.

Mit seiner Oppositionsklage begehrt der Kläger den Ausspruch, dass der Anspruch von 6.000 EUR erloschen sei. Die Beklagte begehre im Aufteilungsverfahren nach wie vor die Zuweisung der Mietrechte an der ehelichen Wohnung, sodass das Gericht im weiteren Verfahren durchaus zum Ergebnis kommen könnte, dass die Beklagte dem Kläger eine Ausgleichszahlung zu leisten habe. Nachdem somit das Aufteilungsverfahren vollkommen offen sei, hätten sich die Verhältnisse grundlegend geändert; die Leistung einer Ausgleichszahlung von 6.000 EUR an die Beklagte könne derzeit nicht rechtens sein.

Die Beklagte wandte ein, dass ihr die Ausgleichszahlung von 6.000 EUR rechtskräftig zugesprochen worden sei.

Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab. Im Klagevorbringen liege kein tauglicher Oppositionsgrund. Die dem Kläger gegenüber der Beklagten auferlegte Ausgleichszahlung über 6.000 EUR sei in Rechtskraft erwachsen und vollstreckbar. Selbst wenn die Beklagte im weiteren Aufteilungsverfahren letztlich zu einer derzeit bloß hypothetischen Ausgleichszahlung verpflichtet werden sollte, ändere dies nichts an der rechtskräftigen Verpflichtung des Klägers zur Leistung eines Betrags von 6.000 EUR an die Beklagte. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse geändert haben sollen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Mit einer Oppositionsklage könnten nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf (den Anspruch aufhebenden oder hemmenden) Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten seien. Falls der Exekutionstitel wie hier in einer gerichtlichen Entscheidung bestehe, sei der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen habe können. Durch die mit dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 26/11x bewirkte Teilaufhebung im weiterhin zwischen den Streitteilen anhängigen Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG sei dieses Verfahren in den Stand der ersten Instanz zurückgetreten, weshalb die damit bewirkte, in der Berufung ausdrücklich als Oppositionsgrund relevierte „geänderte Sachlage“ ohnehin im fortzusetzenden Aufteilungsverfahren entsprechende Berücksichtigung zu finden habe. In diesem Zusammenhang sei auf den Umstand überzuleiten, dass dem Aufteilungsverfahren nach ständiger Rechtsprechung Vorrang zukomme und dass es sich bei den dort geltend gemachten Ansprüchen um Rechtsgestaltungsansprüche handle. Die Gestaltungswirkung im Rahmen des anhängigen Aufteilungsverfahrens werde aber erst mit Rechtskraft der dort zu ergehenden Endentscheidung abschließend eintreten; die vom Berufungswerber ausdrücklich relevierte „geänderte Sachlage“ stelle demnach keinen tauglichen Oppositionsklagegrund dar. Darüber hinaus sei die Oppositionsklage kein prozessuales Mittel zur Durchbrechung der Rechtskraft des Titels (hier des in Rechtskraft erwachsenen Zuspruchs einer Ausgleichszahlung), sondern diene der Geltendmachung von Änderungen der Sachlage nach Abschluss des Titelverfahrens; wie bereits dargelegt, sei das betreffende Aufteilungsverfahren aber noch nicht abgeschlossen. Soweit in der Rechtsrüge inhaltlich releviert werde, dass der rechtskräftig erfolgte Zuspruch der erwähnten Ausgleichszahlung unter Bedachtnahme auf die gesamte Sachlage zu Unrecht ergangen wäre, sei anzumerken, dass die Oppositionsklage kein Rechtsbehelf gegen allenfalls fehlerhafte Entscheidungen ist.

Die Revision sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den rechtlichen Konsequenzen iSd § 35 EO vorliege, wenn die zufolge der eingetretenen Teilrechtskraft des nach §§ 81 ff EheG gefassten Beschlusses zuerkannte Ausgleichszahlung in Exekution gezogen werde, jedoch im Hinblick auf die Aufhebung der übrigen Entscheidungsteile das demnach fortzusetzende Aufteilungsverfahren unter Berücksichtigung der noch vorzunehmenden Aufteilung der Vermögenswerte zu einer Neubemessung oder gar zu einem Entfall der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung führen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Berufungsurteil erhobene Revision des Klägers ist ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Der Revisionswerber weist darauf hin, einen konkreten Anspruch darauf zu haben, dass der Beschluss, mit dem er zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 6.000 EUR verpflichtet worden sei, ebenso aufgehoben werde wie die Beschlüsse der Gerichte im Aufteilungsverfahren; demnach sei noch „nichts, aber auch wirklich nichts“ rechtsgültig geklärt. Von der Beklagten werde infolge Teilrechtskraft eine Ausgleichszahlung in Exekution gezogen, obwohl auf der anderen Seite der Ausgang des Aufteilungsverfahrens unter Berücksichtigung der noch vorzunehmenden Aufteilung der Vermögenswerte vollkommen offen sei. Die Argumentation, dass die Oppositionsklage kein Rechtsbehelf gegen allenfalls fehlerhafte Entscheidungen sei, schlage nicht durch; geltend gemacht werde nicht die Unrichtigkeit der Titelentscheidung, sondern der Umstand, dass das Aufteilungsverfahren noch nicht rechtskräftig beendet sei. Der Umstand, dass der Ausgang des Verfahrens noch offen sei, sei eine Neuerung, die erst nach Schaffung des Exekutionstitels eingetreten sei.

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dargestellt.

1. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass auch eine rechtskräftige Teilentscheidung einer Exekution zugänglich ist (anstatt vieler 3 Ob 36/78 [3 Ob 41/78] = SZ 51/78 zur Aufschiebung der Exekution, die aufgrund eines gemäß § 391 Abs 3 ZPO erlassenen Teilurteils bewilligt worden war).

2. Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, kommt angesichts des Rechtsschutzziels der Oppositionsklage, die sich gegen den betriebenen Anspruch richtet, als Oppositionsgrund jeder nach Entstehung des Exekutionstitels verwirklichter Sachverhalt in Betracht, der nach der Rechtsordnung geeignet ist, den betriebenen Anspruch aufzuheben oder seine Fälligkeit hinauszuschieben ( Jakusch in Angst 2 § 35 Rz 12).

3. Der Oppositionskläger geht davon aus, dass der (rechtskräftige) Exekutionstitel durch die aufhebende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 26/11x sozusagen materiell unrichtig geworden sei. Damit lässt er aber außer Betracht, dass die angeführte höchstgerichtliche Entscheidung den rechtskräftigen Zuspruch des nunmehr betriebenen Betrags ausdrücklich von der Aufhebung ausgenommen hat.

Somit ist aber kein neuer Sachverhalt aufgekommen, der den betriebenen Anspruch tangiert. Dass möglicherweise der Kläger in Zukunft seinerseits eine Ausgleichszahlung zu erwarten hat, bildet schon allein deshalb noch keinen Oppositionsgrund, weil die Forderung noch nicht entstanden ist (§§ 85, 94 EheG), abgesehen davon, dass auch eine „neue“ Aufteilungsentscheidung den bereits rechtskräftig zustande gekommenen Titel nicht mehr beseitigen könnte.

4. Da sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung zu den Oppositionsklagegründen hält, ist die demnach unzulässige Revision zurückzuweisen.