OGH vom 04.07.2018, 7Ob20/18v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** V***** V.a.G., *****, vertreten durch Dr. Paul Bauer und Dr. Anton Triendl, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. D***** C***** und 2. Z***** C*****, beide *****, vertreten durch Mag. Hubertus Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 120.048,53 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 142/17t27, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin (Kreditversicherer der Bank) begehrt von den Beklagten (Kreditnehmern) die Zahlung des unberichtigt aushaftenden Kreditbetrags, welche Forderung ihrer Ansicht nach von der Bank (Kreditgeberin der Beklagten) auf die Klägerin gemäß § 1422 ABGB übergegangen sei. Das Berufungsgericht bestätigte das klagsabweisliche Urteil des Erstgerichts mit der wesentlichen Begründung, dass kein wirksamer Forderungsübergang von der Bank auf die Klägerin erfolgt sei, weil dieser wegen des Verstoßes gegen das Bankgeheimnis (§ 38 Abs 1 BWG) unwirksam (nichtig) gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin zeigt mit ihrer gegen diese Entscheidung erhobenen Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf:
1. Nach Ansicht der Klägerin sei die von den Vorinstanzen herangezogene Entscheidung 9 Ob 34/12h deshalb nicht einschlägig, weil dort eine rechtsgeschäftliche Zession zu beurteilen gewesen sei, hier aber eine notwendige Zession iSd § 1422 ABGB vorgelegen habe.
1.1. § 1422 ABGB gilt in jenen Fällen, in denen jemand die Schuld eines anderen bezahlt, für die er nicht haftet. Das Berufungsgericht hat schon das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1422 ABGB, nämlich die Zahlung einer materiell und formell fremden Schuld durch die Klägerin, deshalb verneint, weil diese aufgrund des zwischen ihr und der Bank bestandenen Kreditversicherungsvertrags erfolgt sei. Auf diese Rechtsansicht geht die Klägerin nicht ein und begründet auch nicht, aus welchem Grund diese unzutreffend sein soll.
1.2. Die Anwendung des § 1422 ABGB setzt ein Einlösungsbegehren des Zahlers, eine einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung, voraus (vgl 1 Ob 2011/96h). Wie die Abgabe einer solchen Erklärung im vorliegenden Fall erfolgt sein soll, hat die Klägerin nicht behauptet und eine schlüssige Abgabe (vgl dazu RISJustiz RS0033449) ist auch aus der Urkundenlage nicht nachvollziehbar, hat sich doch die Klägerin selbst für den Forderungsübergang vornehmlich und wechselnd auf andere Rechtsgründe gestützt.
1.3. Schließlich hat der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Kontext zur notwendigen Zession nach § 1422 ABGB bereits in der Entscheidung 9 Ob 62/16g Stellung genommen. Er hat dazu ausgeführt:
„... verhindern gesetzliche Zessionsverbote nach Maßgabe des Verbotszwecks von vornherein den Übergang der Forderung und damit die Wirkung einer Einlösung. Das muss auch gelten, wenn das Zessionsverbot aus § 38 BWG abgeleitet wird, wäre doch sonst mit einer Einlösung iSd § 1422 ABGB der Gesetzeszweck des § 38 BWG zu vereiteln. In diesem Sinn wurde auch die Vorentscheidung 9 Ob 34/12h in der Literatur dahin aufgefasst, dass die Einlösung der einem Kreditinstitut zustehenden Forderung durch einen nicht dem Bankgeheimnis unterliegenden Zessionar nichtig sein kann (Koziol/Spitzer, KBB ABGB5§ 1422 Rz 5).“
Warum diese Rechtsansicht unzutreffend oder für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sein soll, begründet die Klägerin ebenfalls nicht.
2. Die Klägerin hält die behauptete Zession für gemäß § 38 Abs 2 Z 7 BWG zulässig. Dem ist nicht zu folgen:
Nach § 38 Abs 2 Z 7 BWG besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht, soweit die Offenbarung zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden erforderlich ist. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Fall – schon gemessen am insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut – hier nicht vorliegt. Vielmehr haben die Klägerin und die Bank im Versicherungsvertrag die Übertragung der Rechte gegen die Kreditnehmer an die Klägerin vereinbart. Die Zession dient demnach der Erfüllung der von der Klägerin und der Bank im Versicherungsvertrag vereinbarten Pflichten und nicht der Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden.
3. Die Klägerin meint, der Erstbeklagte habe als Liegenschaftseigentümer gegen die Übertragung des verbücherten Pfandrechts auf die Klägerin im Grundbuchsverfahren kein Rechtsmittel erhoben und damit konkludent dem Forderungsübergang zugestimmt. Dem ist zu erwidern:
Der Eigentümer der zum Pfand bestellten Liegenschaft wird nach grundbuchsrechtlicher Rechtsprechung durch die Abtretung der durch das Pfandrecht besicherten Forderung an einen anderen Gläubiger in seinen bücherlichen Rechten nicht beeinträchtigt. Er kann nur dann gegen eine Übertragung einschreiten, wenn er sich auf eine grundbücherlich eingetragene Vereinbarung berufen kann, die einem vertraglichen Abtretungsverbot gleichkäme (RISJustiz RS0006671). Wenn der Erstbeklagte bei dieser Rechtslage im Grundbuchsverfahren kein Rechtsmittel gegen die Pfandrechtsabtretung an die Klägerin erhoben hat, kann daraus keine konkludente Zustimmung zum Forderungsübergang abgeleitet werden.
4. Nach Ansicht der Klägerin begründet offenbar allein der Zweck der Einbringlichmachung der Kreditforderung ein das Bankgeheimnis durchbrechendes überwiegendes Interesse. Dass diese Rechtsansicht in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft, folgt bereits aus den Entscheidungen 9 Ob 34/12h und 9 Ob 62/16g (= RISJustiz RS0128520), auf deren Argumente die Klägerin gar nicht eingeht (vgl RISJustiz RS0103384 [T9]). Im Übrigen verfolgt die Klägerin mit dem behaupteten Forderungsübergang ihre eigenen Interessen als Kreditversicherer.
5. Zuletzt beruft sich die Klägerin darauf, dass die Bank berechtigt gewesen sei, für den gewährten Kredit bestellte Sicherheiten zu verwerten und die beklagten Kreditnehmer zugestimmt hätten, dass deren Daten einem Sicherheitengeber überlassen werden dürften. Damit liege eine Zustimmung nach § 38 Abs 1 Z 5 BWG vor. Auch dieser Ansicht ist nicht beizutreten:
Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nach § 38 Abs 1 Z 5 BWG dann nicht, wenn der Kunde der Offenbarung des Geheimnisses ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat. Die beklagten Kreditnehmer haben hier aber der Datenübermittlung lediglich „an einen Sicherheitengeber (zugestimmt), soweit dies für die Beurteilung des Haftungsrisikos erforderlich ist“. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin der Kreditversicherer der Bank und nicht der Sicherheitengeber der Kreditnehmer war. Die von der Klägerin behauptete Zustimmung nach § 38 Abs 1 Z 5 BWG liegt daher nicht vor.
6. Die Klägerin beschränkt sich in ihrer Revision insgesamt im Wesentlichen darauf, die auf den Entscheidungen 9 Ob 34/12h und 9 Ob 62/16g beruhende Rechtsansicht des Berufungsgerichts als unzutreffend zu bezeichnen, ohne dieser (zumal neue) inhaltliche Argumente entgegenzusetzen. Die Klägerin macht demnach keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00020.18V.0704.000 |
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