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OGH vom 19.03.1998, 6Ob63/98b

OGH vom 19.03.1998, 6Ob63/98b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna J*****, vertreten durch Dr.Michael Mohn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johanna F*****, vertreten durch Dr.Brigitte Birnbaum und Dr.Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 80.000,-- S), infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 36 R 953/96f-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom , GZ 9 C 3186/95z-12, aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Rekursen beider Parteien wird nur hinsichtlich der vom Berufungsgericht überbundenen Rechtsansichten teilweise Folge gegeben, im übrigen wird der angefochtene Aufhebungsbeschluß jedoch bestätigt.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin war Alleineigentümerin einer Liegenschaft mit einem Haus. Mit Kaufvertrag vom erwarb die Beklagte einen Miteigentumsanteil von 6/100. Es wurde ihr vorläufig (bis zur Schaffung von Wohnungseigentum) das nur obligatorische ausschließliche Verfügungs- und Nutzungsrecht an einer Wohnung eingeräumt und die Begründung von Wohnungseigentum auf Kosten der Klägerin vereinbart.

P. V. des Kaufvertrages (Beil I) lautet:

"Die vertragsschließenden Parteien halten ausdrücklich fest, daß es Zweck dieses Vertrages ist, der Klägerin diejenigen Liegenschaftsanteile ins bücherliche Eigentum zu übertragen, welche dem künftigen Nutzwert der Wohnung Top Nr. 6 im Hause ***** entsprechen, und in der Folge hieran Wohnungseigentum zugunsten der Klägerin zu begründen.

Es verpflichten sich daher die vertragsschließenden Parteien wechselseitig, umgehend nach Vorliegen einer Nutzwertfeststellung durch die Schlichtungsstelle der Magistratsabteilung 50 in Ansehung der Wohnung Top Nr. 6 im Hause ***** alle zur Begründung von Wohnungseigentum zugunsten der Käuferin hieran erforderlichen Erklärungen abzugeben, Urkunden zu errichten und Unterschriften in grundbuchsfähiger Form zu leisten, wobei es ausschließlich der Verkäuferin obliegt, alle hiezu erforderlichen Voraussetzungen wie amtliche Nutzwertfeststellung sowie einen Vertrag zur Begründung von Wohnungseigentum, etc, auf eigene Kosten zu schaffen."

Die Verkäuferin übernahm keine Haftung für das Ausmaß, das Erträgnis, den Bauzustand oder eine sonstige Beschaffenheit sowohl der Liegenschaftsanteile als auch der Wohnung (P IX. des Kaufvertrages). Der Kaufvertrag enthielt eine Verbücherungsklausel zugunsten der Käuferin. Ihr Miteigentumsrecht wurde einverleibt. Eine Parifizierung des Hauses bzw Nutzwertfestsetzung ist bis heute nicht erfolgt. In der Zwischenzeit hat eine Dritte einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft im Ausmaß von 7/100 erworben.

Die Klägerin beabsichtigt, bei der Baubehörde um eine nachträgliche Baubewilligung bereits durchgeführter baulicher Änderungen der Raumaufteilungen und Einbauten von Bädern in einzelnen Wohnungen des Hauses anzusuchen. Die Beklagte weigert sich, einem dazu verfaßten Einreichplan der Klägerin die Zustimmung zu erteilen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am beim Erstgericht eingelangten Klage, die Beklagte dazu zu verhalten, daß sie dem Einreichplan von die Zustimmung erteilt. Die Parteien seien aufgrund des Kaufvertrages wechselseitig verpflichtet, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, damit Wohnungseigentum für die Beklagte begründet werden könne. Im Einreichplan seien die seit dem letzten Baukonsens eingetretenen Änderungen berücksichtigt. Der Plan sei für die Nutzwertfestsetzung zur Begründung von Wohnungseigentum erforderlich. Er sei von der Klägerin und der weiteren Miteigentümerin unterfertigt worden, die Beklagte weigere sich jedoch beharrlich trotz Belehrung seitens der Baubehörde, den Einreichplan zu unterschreiben.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges und bestritt das Klagevorbringen. Von der Klägerin oder von Dritten seien eigenmächtig Veränderungen der Bausubstanz des Hauses vorgenommen worden, die der Zustimmung der beklagten Miteigentümerin bedurft hätten, weil sie zur außerordentlichen Verwaltung gehörten. Die Zustimmung der Minderheitseigentümerin sei im außerstreitigen Verfahren zu erwirken. Die Klägerin beabsichtige, konsenslose Bauführungen nachträglich durch die Baubehörde genehmigen zu lassen. Dies habe mit der Durchführung eines Nutzwertverfahrens nur am Rande zu tun. Der Beklagten sei die Unterfertigung des Bauplanes nicht möglich, weil sie damit erklären würde, daß die durchgeführten Arbeiten sach- und fachgerecht durchgeführt worden seien, was eine Haftung der Beklagten mit sich bringe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den im wesentlichen schon wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß sich die Klägerin nicht auf die Bestimmungen der §§ 834 f ABGB, sondern ausschließlich auf die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung berufe, weshalb der streitige Rechtsweg zulässig sei. Die Beklagte sei aber nach dem Inhalt des Kaufvertrages nur verpflichtet, nach Vorliegen einer Nutzwertfeststellung alle zur Begründung von Wohnungseigentum zugunsten der Käuferin erforderlichen Schritte zu setzen. Da eine Nutzwertfeststellung bislang noch nicht erfolgt sei, sei die Beklagte zur Unterfertigung des Einreichplanes nicht verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und hob das angefochtene Urteil zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es vertrat bei der Auslegung des Kaufvertrages nach den §§ 914 f ABGB die Auffassung, daß die Beklagte über den buchstäblichen Wortsinn des Vertrages hinaus dazu verpflichtet sei, auch die für die Herbeiführung der Nutzwertfeststellung erforderlichen Erklärungen abzugeben. Der Vertragszweck bestehe in der Verschaffung von Wohnungseigentum für die Beklagte. Für die Einverleibung von Wohnungseigentum sei gemäß § 12 Abs 2 Z 3 WEG die rechtskräftige Entscheidung des Gerichtes über die Festsetzung der Nutzwerte und gemäß Z 2 leg cit die Bescheinigung der Baubehörde über den Bestand an selbständigen Wohnungen vorzulegen. Gemäß § 26 Abs 2 Z 8 lit a WEG seien überdies die maßgebenden Bescheide der Baubehörde einschließlich der für die Baulichkeit gültigen Bau- und Änderungspläne vorzulegen. Ohne die Mitwirkung der Beklagten könne eine Nutzwertfeststellung und damit auch die Schaffung von Wohnungseigentum nicht erreicht werden. Da sich die Klägerin auf Punkt V. des Kaufvertrages stütze, sei der Rechtsweg zulässig. Gemäß § 833 ABGB entscheide über Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung die Mehrheit der Miteigentümer, bei wichtigen Veränderungen bedürfe es gemäß § 834 ABGB der Zustimmung aller Miteigentümer. Wenn diese nicht zu erlangen sei, müsse gemäß § 835 ABGB die Entscheidung des Richters im außerstreitigen Verfahren eingeholt werden. Nach dem Wortlaut des § 834 ABGB könne die Entscheidung nur vor Durchführung einer beabsichtigten Veränderung erfolgen, eine nachträgliche Genehmigung außerordentlicher Veränderungen sei unzulässig. Dies habe zur Folge, daß die Klägerin den Außerstreitrichter nicht anrufen könne, wenn es sich bei den von der Baubehörde zu bewilligenden Veränderungen um wichtige Veränderungen im Sinne des § 834 ABGB handeln sollte. Dann könne die Beklagte aber auch nicht über den Umweg nach Punkt V. des Kaufvertrages zur nachträglichen Genehmigung gezwungen werden. Wenn die baulichen Veränderungen aber zur ordentlichen Verwaltung gehörten, habe die Beklagte kein Recht auf Verweigerung ihrer Unterschrift. Ob die baulichen Veränderungen nun ordentliche oder außerordentliche gewesen seien, könne derzeit noch nicht beurteilt werden. Hiefür sei eine Ergänzung des Vorbringens der beweispflichtigen Beklagten erforderlich. Der nachträgliche Einbau von Naßräumen zähle grundsätzlich zu den außerordentlichen Veränderungen, wofür Einstimmigkeit erforderlich sei. Zu prüfen sei aber, ob nicht infolge des derzeitigen bloßen Miteigentums der Beklagten der Klägerin die Nutzung der übrigen Wohnungen allein überlassen worden sei. Der Oberste Gerichtshof habe in SZ 43/91 die Ansicht vertreten, daß unabhängig davon, ob eine Maßnahme der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung vorliege, stets der Außerstreitrichter anzurufen sei. Für die zur ordentlichen Verwaltung zählenden Baumaßnahmen könne sich das Berufungsgericht der Meinung des Obersten Gerichtshofes nicht anschließen. Wenn die Baumaßnahmen nach dem Miteigentumserwerb der Beklagten durchgeführt worden wären, handle es sich um wichtige Veränderungen im Sinne der §§ 834, 835 ABGB. Für derartige Veränderungen könne die Zustimmung der Beklagten nicht im streitigen Verfahren durchgesetzt werden. Wenn die wichtigen baulichen Veränderungen vor dem Miteigentumserwerb der Beklagten durchgeführt worden seien, so lägen ihr gegenüber keine eigenmächtigen Veränderungen vor. In diesem Fall könnte sie ihre Zustimmung nicht verweigern. Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung hingegen müßte die Minderheit hinnehmen. § 835 ABGB räume den Antragslegitimierten einen gesetzlichen Anspruch auf Mitwirkung des Gerichtes ein. Im streitigen Verfahren könnte nicht über die Willensbildung der Gemeinschaft, sondern nur über die Durchsetzung des Anteilsrechtes gegenüber den Teilhabern bzw über die Abwehr rechtswidriger Eingriffe entschieden werden. Daraus folge, daß die Unterfertigung einer nachträglichen Baugenehmigung bei den zur ordentlichen Verwaltung zählenden Baumaßnahmen von der klagenden Mehrheit im streitigen Verfahren zu erwirken sei. Dabei gehe es um die Durchführung eines bereits erfolgten Mehrheitsbeschlusses. Die nach § 65 der Wiener Bauordnung erforderliche Zustimmung sämtlicher Miteigentümer sei eine Formalvorschrift, die auf die Willensbildung der Mehrheit der Miteigentümer ohne Einfluß sei. Hier sei die Tätigkeit des Richters keine rechtsgestaltende, sondern eine rechtsverfolgende. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob die baulichen Veränderungen, welche nachträglich genehmigt werden sollen, vor dem Erwerb eines Miteigentumsanteiles der Beklagten stattgefunden hätten, in welchem Fall die Beklagte ihre Zustimmung nicht verweigern könne, weil jede Haftung für den Zustand des Hauses vertragsgemäß ausgeschlossen worden sei. Weiters werde zu klären sein, ob es sich bei den durchgeführten baulichen Veränderungen um Maßnahmen der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung gehandelt habe. Im ersteren Fall sei der Klage stattzugeben, im zweiten Fall läge das Prozeßhindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs vor, weil die vertragliche Zustimmungspflicht der Beklagten nicht so weit gehen könne, daß sie ihrer Minderheitsrechte nach den §§ 834 f ABGB verlustig gehe. Sollte die Klägerin eigenmächtig nach dem Eigentumserwerb der Beklagten wichtige bauliche Veränderungen durchgeführt haben, sei der Rechtsweg unzulässig. Die Beklagte werde im fortgesetzten Verfahren hinreichend zu konkretisieren haben, welche baulichen Veränderungen außerordentliche Maßnahmen darstellten. Hiefür treffe sie die Behauptungs- und Beweislast. Das Argument der Beklagten, durch die Unterfertigung des Einreichplanes werde eine Haftung gegenüber Dritten begründet, sei verfehlt. Nach Auskunft der Baubehörde sei eine Unterfertigung des Plans durch die Beklagte mit dem Vorbehalt der Richtigkeit und Ordnungsgemäßheit der durchgeführten Arbeiten für eine Bewilligung ausreichend.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß das Verfahren erst nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen sei (gemeint: daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 ZPO zulässig sei).

Die Klägerin begehrt mit ihrem Rekurs die Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde.

Die Beklagte beantragt mit ihrem "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs), den Aufhebungsbeschluß zu beheben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Beide Parteien beantragen in ihren Rekursbeantwortungen, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind zulässig und - soweit sie sich gegen die Überbindung von Rechtsansichten wenden - teilweise auch berechtigt.

Das Berufungsgericht gelangte unter Ablehnung der in SZ 43/91 vertretenen Auffassung zur Ansicht, daß für die allenfalls erst nach Abschluß des Kaufvertrages und nach Einverleibung eines Miteigentumsanteils der Beklagten an der Liegenschaft vorgenommenen baulichen Veränderungen die Unzulässigkeit des Rechtsweges dann vorläge, wenn die Veränderungen als wichtige Verwaltungsmaßnahmen im Sinne des § 834 ABGB zu qualifizieren wären. Der Oberste Gerichtshof erachtete demgegenüber in der zitierten Entscheidung die Entscheidungsbefugnis des Gerichtes im außerstreitigen Verfahren nach § 835 ABGB auch im Fall der ordentlichen Verwaltung für gegeben. Der Entscheidung lag der vergleichbare Fall der Weigerung eines Minderheitseigentümers zugrunde, sich dem Ansuchen des Mehrheitseigentümers um nachträgliche Baubewilligung anzuschließen. Die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges hängt hier jedoch nicht von der Qualifikation der bereits durchgeführten baulichen Veränderungen im (oder am) Haus ab, weil sich die Klägerin nicht auf die unter Miteigentümern bestehende gesetzliche Rechtsbeziehung (§§ 833 ff ABGB) beruft, sondern ausschließlich eine im Kaufvertrag vereinbarte Zustimmungspflicht der Beklagten geltend macht. Für Streitigkeiten von Miteigentümern aus einer bindenden Vereinbarung ist stets der Rechtsweg zulässig (hinsichtlich einer Benützungsvereinbarung SZ 37/45; allgemein SZ 51/5 uva; Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 12 zu § 835). Das außerstreitige Verfahren steht bei vertraglicher Bindung nicht zur Verfügung (MietSlg 30.094 ua; Gamerith aaO Rz 5 zu § 835). Ob die Beklagte einem nur auf die Miteigentümergemeinschaft gestützten Begehren der Mehrheitseigentümerin zustimmen müßte und ob ihre Zustimmung durch rechtsgestaltenden Richterbeschluß in einem außerstreitigen Verfahren zu ersetzen wäre (§ 835 ABGB), kann hier genauso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob im Fall eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens über schon durchgeführte Veränderungen das außerstreitige Verfahren noch zur Verfügung steht, wogegen von einem Teil der Rechtsprechung das Argument eingewandt wird, daß § 834 ABGB auf die gerichtliche Genehmigung künftiger Verwaltungsmaßnahmen abstelle, eine nachträgliche Genehmigung also nicht möglich sei (MietSlg 33.575 uva; vgl im Ergebnis aber gegenteilig SZ 69/228).

Die vom Berufungsgericht verfügte Verfahrensergänzung zur Nachholung von Parteibehauptungen und von Feststellungen über die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der baulichen Veränderungen, für die eine nachträgliche Baubewilligung eingeholt werden soll, ist jedoch aus anderen Gründen erforderlich.

Vorauszuschicken ist, daß für die Einholung einer nachträglichen Baugenehmigung nach den Wiener Bauvorschriften die Zustimmung der Miteigentümer erforderlich ist. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes handelt es sich dabei nicht um eine Formalzustimmung im Sinne einer bloß verfahrensrechtlichen Erklärung gegenüber der Baubehörde. Die Zustimmung setzt vielmehr eine Willenseinigung der Miteigentümer voraus. Der nicht berechtigte Widerspruch eines Miteigentümers kann durch Gerichtsbeschluß nach § 835 ABGB ersetzt werden (SZ 69/282). Hier ist allerdings - wie ausgeführt - ein vertraglicher Anspruch der Mehrheitseigentümerin auf Zustimmung der Minderheitseigentümerin zu prüfen.

Die im Rekurs der Beklagten aufrecht erhaltenen Rechtsmeinung, die sich nur auf den reinen Wortlaut des Kaufvertrages stützen kann (wonach also die Beklagte nur zur Mitwirkung "nach Vorliegen einer Nutzwertfeststellung" verpflichtet ist), kann nicht geteilt werden. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Parteienabsicht nach dem Vertragszweck erforscht (§ 914 ABGB) und ist dabei zu dem durchaus richtigen Ergebnis gelangt, daß die Beklagte auch schon vor der Nutzwertfestsetzung die dazu erforderliche Mitwirkung nicht verweigern darf, weil sonst die weitere Erfüllung des Vertrages nicht erreicht werden kann. Dazu kann auf die Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Die Beklagte hat ihren Miteigentumsanteil unter Ausschluß der Haftung der Klägerin für den Bauzustand oder eine sonstige Beschaffenheit des Kaufobjektes erworben (P IX. des Kaufvertrages), sodaß sie schon deswegen die Erwirkung der nachträglichen Baugenehmigung hinsichtlich der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits durchgeführten Baumaßnahmen nicht vereiteln darf. Die Klägerin steht nun im Rekursverfahren auf dem Standpunkt, daß die Vertragsauslegung sogar eine weitergehende Zustimmungspflicht der Beklagten ergäbe, daß jene nämlich auch für nach dem Vertragsabschluß vorgenommene bauliche Veränderungen anzunehmen sei. Dieser Ansicht kann teilweise zugestimmt werden:

Vertragszweck ist die Verschaffung von Wohnungseigentum. Bis dahin wurde der Beklagten schon ein Miteigentumsanteil übertragen, der allerdings ganz offenkundig nur den Umfang des für die Schaffung des Wohnungseigentums erforderlichen Mindestanteils (§ 3 WEG) hat. Daß der Beklagten ein über den Mindestanteil hinausgehender freier Anteil verkauft worden wäre, wurde nicht einmal behauptet. Aus dem Text des Kaufvertrages ergibt sich das Gegenteil. 1982 bestand die mit dem IRÄG (BGBl 1982/654) ab dem eingeführte Möglichkeit einer bücherlichen Sicherstellung von Wohnungseigentumsbewerbern noch nicht. Die Parteien wollten also mit der Einräumung des Miteigentumsanteils eine Sicherstellung der Beklagten erreichen. Fraglich ist nun, ob der Parteienwille auch darauf gerichtet war, der Beklagten bis zum Zeitpunkt der Schaffung von Wohnungseigentum die Vollrechte eines Miteigentümers einzuräumen, also auch das Zustimmungsrecht bei außerordentlichen Verwaltungsmaßnahmen (§§ 834 f ABGB), wozu nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich alle substanzändernden, über den Erhaltungszweck hinausgehenden Baumaßnahmen gehören (Gamerith aaO Rz 6 zu § 834 mwN; MietSlg 42.037 ua). Dagegen spricht hier die vereinbarte Benützungsregelung, womit das ausschließliche Nutzungsrecht an der Wohnung mit dem Miteigentumsanteil "rein obligatorisch" verbunden wurde (P IV. des Kaufvertrages). Der Beklagten sollte also schon vor der Schaffung von Wohnungseigentum möglichst weitgehend die Stellung einer Wohnungseigentümerin eingeräumt werden. Daraus ergibt sich aber schon ein Anhaltspunkt dafür, daß der Parteienwille anderseits auch darauf gerichtet war, daß die Nutzungsrechte an den anderen Bestandteilen der Liegenschaft allein der Verkäuferin vorbehalten bleiben sollten. Das Berufungsgericht hat in diesem Punkt das Verfahren für ergänzungsbedürftig erachtet. Dem kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ein Sachverhalt im angeführten Sinn einer ausschließlichen Nutzungsberechtigung der Klägerin mit Ausnahme der Wohnung der Beklagten ergeben, wird daraus für die Zeit zwischen der bücherlichen Eintragung des Miteigentums der Beklagten und der Eintragung von Wohnungseigentum zu folgern sein, daß der Beklagten hinsichtlich anderer Wohnungen des Hauses auch für diese "Gründungszeit" kein Mitspracherecht eingeräumt wurde. Die Beklagte sollte soweit als möglich schon vor Schaffung des Wohnungseigentums die Rechtsstellung einer Wohnungseigentümerin erhalten, nicht aber eine darüber hinausgehende Rechtsposition. Die Parteien haben ihr Rechtsverhältnis im Gründungsstadium der Schaffung von Wohnungseigentum vertraglich mit einer Benützungsvereinbarung - wie sie den künftigen Nutzungsrechten nach Wohnungseigentumsrecht entspricht - mit einem Miteigentumsanteil in der Höhe des voraussichtlichen künftigen Mindestanteils geregelt und so schon für das Zwischenstadium die künftige Rechtslage - soweit rechtlich möglich - vorweggenommen. Auf das Verhältnis zwischen Wohnungseigentumsorganisator (als solcher kann hier die Klägerin angesehen werden) und Wohnungseigentumsbewerbern finden zwar im Gründungsstadium die Verwaltungsbestimmungen des WEG grundsätzlich noch nicht Anwendung (MietSlg 42.455/37; WoBl 1998/50), was auch für den Fall eines schon begründeten Miteigentums des Wohnungseigentumsbewerbers gilt (MietSlg 32.500). Der Oberste Gerichtshof erachtete jedoch die mittelbare Anwendung der Bestimmungen des WEG dann für möglich, wenn sich dies nach den Umständen im Wege ergänzender Vertragsauslegung nach der Übung des redlichen Verkehrs ergibt (MietSlg XLII/37). In der zitierten Entscheidung wurde eine Duldungspflicht des künftigen Wohnungseigentümers zu baulichen Veränderungen bejaht. Die ergänzende Vertragsauslegung (eine Benützungsvereinbarung über das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin unter Ausschluß nur der Wohnung der Beklagten vorausgesetzt) ergibt auch hier die analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen des WEG für die Beurteilung der Rechtsposition der Parteien im Gründungsstadium. Nach geltendem Wohnungseigentumsrecht hat der Wohnungseigentümer als Miteigentümer der Liegenschaft eine Duldungspflicht zu baulichen Änderungen in anderen Eigentumswohnungen der Anlage, wenn seine schutzwürdigen Interessen nicht beeinträchtigt werden (§ 13 Abs 2 Z 1 WEG). Er muß einem Ansuchen auf behördliche Bewilligung der Änderung zustimmen (Z 4 leg cit). Die Mitwirkungsrechte der Miteigentümer an der Verwaltung sind in den §§ 13a bis 20 WEG geregelt. § 14 Abs 3 WEG regelt die (bauliche) Veränderung an gemeinsamen Anlagen durch Mehrheitsbeschluß und die Minderheitsrechte auf Einholung eines Gerichtsbeschlusses. Auch hier sind die Interessen des Miteigentümers zu wahren. Im außerstreitigen Verfahren (§ 26 WEG) hindert aber nur die übermäßige Beeinträchtigung der Interessen der Minderheit die von der Mehrheit beschlossene Baumaßnahme. Im Hinblick auf den Vertragsabschluß im Jahr 1982 ist hier allerdings auf das damals geltende Wohnungseigentumsrecht abzustellen. Die Rechtslage hat sich aber in den hier entscheidenden Punkten der Duldungspflicht des Miteigentümers und der Berücksichtigung seiner durch eine Bauführung beeinträchtigten Interessen nicht geändert (§§ 13 f WEG idF des WEG 1975 BGBl 1975/417).

Daß die Klägerin zu baulichen Veränderungen in anderen Wohneinheiten ohne Zustimmung der Beklagten berechtigt war, ergibt sich nicht nur aus den anzuwendenden Grundsätzen nach Wohnungseigentumsrecht, sondern auch bei einer nach dem ABGB zu beurteilenden Benützungsvereinbarung unter Miteigentümern. Der Miteigentümer, dem der physische Besitz eines Teils der Liegenschaft zur alleinigen Nutzung überlassen wurde, hat die alleinige rechtliche Verfügungsgewalt über diesen Teil, er kann beispielsweise eine vermietete Wohnung alleine ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer kündigen (6 Ob 52/97h, 6 Ob 231/97g). Damit wird nicht in die Rechte der anderen Miteigentümer eingegriffen. Das alleinige Nutzungsrecht umfaßt unter gewissen Voraussetzungen auch das Recht zur physischen Veränderung. Dem steht § 828 ABGB, wonach kein Teilhaber einer gemeinsamen Sache bei Uneinigkeit der Miteigentümer Veränderungen vornehmen darf, nur dann entgegen, wenn durch die bauliche Veränderung in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber eingegriffen und deren wichtige Interessen berührt werden (Gamerith aaO Rz 4 zu § 828; Egglmeier in Schwimann, ABGB2 Rz 29 zu § 828; MietSlg 27.070, 23.081 ua). Eine derartige Interessenbeeinträchtigung wurde in der Judikatur angenommen, wenn die baulichen Veränderungen Auswirkungen auf eine Parifizierung nach § 2 WEG alt hatten und daher einen empfindlichen Eingriff in die Rechte der Miteigentümer darstellten (MietSlg 22.004/31). Von einem solchen Eingriff könnte hier durch bauliche Veränderungen in anderen Wohneinheiten grundsätzlich noch nicht gesprochen werden, weil dadurch die Rechtsposition der Beklagten sowohl als künftige Wohnungseigentümerin als auch in ihrer nach dem Parteienwillen im Gründungsstadium zukommenden vergleichbaren Rechtsposition nicht beeinträchtigt erscheint. Die angeführten baulichen Veränderungen in anderen vermietbaren Objekten (Verbesserung durch den Einbau von Sanitäranlagen) dienen dazu, die Ertragsmöglichkeiten zu steigern. Sie sind also unter der Voraussetzung der Nichtbeeinträchtigung von Interessen anderer Ausfluß der alleinigen Nutzungsrechte aufgrund der Nutzungsvereinbarung. Diese Grundsätze gelten nach dem anzuwendenden Wohnungseigentumsrecht aber auch für bauliche Veränderungen an den allgemeinen Teilen des Hauses. Auch hier ist nur zu prüfen, ob den Baumaßnahmen Interessen der Miteigentümer entgegenstehen.

Das Verfahren ist noch nicht spruchreif. Es steht nicht fest, welche baulichen Veränderungen dem Ansuchen an die Baubehörde, dem die Beklagte zustimmen soll, zugrundeliegen und wann die Baumaßnahmen durchgeführt wurden. Wenn das Berufungsgericht zu diesem Thema eine Ergänzung sowohl der Parteibehauptungen als auch der Feststellungen für erforderlich hielt, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Die Rechtsmeinung über die Ergänzungsbedürftigkeit des Verfahrens ist frei von Rechtsirrtum. Dies gilt auch für die Ergänzung der Feststellungen zum Thema der der Klägerin vorbehaltenen Nutzungsrechte.

Insoweit sich der Rekurs der Klägerin gegen die Überbindung der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes über die Unzulässigkeit des Rechtsweges sowie die Rekurse beider Parteien gegen die überbundene Rechtsansicht über die Notwendigkeit von Feststellungen zur Ermöglichung der Beurteilung wenden, ob die Baumaßnahmen zur ordentlichen oder zur außerordentlichen Verwaltung gehören, sind sie berechtigt. Auch außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen durfte die Klägerin (nach Vertragsabschluß) jedenfalls dann ohne Zustimmung der Beklagten durchführen, wenn sie in den alleinigen Nutzungsbereich der Klägerin oder in den allgemeinen Teil der Liegenschaft fielen und gleichzeitig Interessen der Beklagten nicht beeinträchtigt wurden. Das Verfahren wird ohne Überbindung der beiden angeführten Rechtsansichten des Berufungsgerichtes fortzusetzen sein. Das Beweisthema und die rechtliche Grundlage der Entscheidung sind bei Feststellung einer Nutzungsvereinbarung im dargelegten Sinn hier nicht anders, als wenn über einen im außerstreitigen Verfahren gestellten Antrag nach § 26 WEG über die Duldungspflicht von baulichen Veränderungen oder die Rechtswirksamkeit von Mehrheitsbeschlüssen entschieden würde.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.