OGH vom 15.12.2014, 6Ob6/14x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1. L***** AG, *****, 2. H***** A***** F*****, 3. F***** F*****, 4. T***** W*****, 5. M***** M*****, 6. A***** L*****, 7. G***** E***** S 8. E***** T*****, alle vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Parteien 1. P*****, 2. E***** P*****, beide vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, 3. G***** K*****, 4. H***** B*****, beide vertreten durch Dr. Herbert Fink, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, Veröffentlichung und Feststellung (Streitwert im Provisorialverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 R 107/13d, 3 R 108/13a 20, mit dem die Beschlüsse des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 59 Cg 30/13g 2, und vom , GZ 59 Cg 30/13g 14, teilweise bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstklägerin und des Zweitklägers wird Folge gegeben .
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert , dass den Beklagten zur Sicherung des von den Erst- und Zweitklägern mit Klage vom zu 59 Cg 30/13g des Landesgerichts Innsbruck geltend gemachten Unterlassungsanspruchs bis zur Rechtskraft der darüber ergehenden Entscheidung verboten wird, auf der Internetseite mit der Adresse www.*****.at oder in vergleichbaren Medien den Akt ***** der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien oder Aktenstücke beziehungsweise Aktenbestandteile daraus zu veröffentlichen, zum Download zur Verfügung zu stellen oder in sonstiger Weise zu verbreiten.
Die Erst- und Zweitkläger haben die Kosten ihres Provisorialantrags zu 2/3 vorläufig und zu 1/3 endgültig und die Kosten des Widerspruchsverfahrens sowie des Rechtsmittelverfahrens zur Gänze vorläufig selbst zu tragen.
II. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Dritt- bis Achtkläger wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Die Anträge der Beklagten auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen werden gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 508a Abs 2 Satz 2, § 528 Abs 3 Satz 2 und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Kläger begehren von den Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung einzelner Aktenstücke und/oder Aktenbestandteile des Akts ***** der WKStA Wien in einem Medienwerk, des Berichtens aus diesem Akt in einem Medienwerk und des öffentlichen Zurverfügungstellens sowie Verbreitens dieses Akts via Internet als Download oder in vergleichbarer Weise.
Das Erstgericht erließ die zur Sicherung dieses Antrags beantragte einstweilige Verfügung wie aus dem Spruch ersichtlich zugunsten sämtlicher Kläger und lehnte ein Verbot, aus dem genannten Akt zu berichten, rechtskräftig ab (ON 2). Einen von den Beklagten erhobenen Widerspruch wies das Erstgericht in weiterer Folge zurück (ON 14).
Das Rekursgericht verbot den Beklagten mittels einstweiliger Verfügung, auf der Internetseite mit der Adresse www.*****.at oder in vergleichbaren Medien die Angaben der Zweit- bis Achtkläger über ihre persönlichen Verhältnisse in näher bezeichneten Einvernahmeprotokollen des erwähnten Akts zu veröffentlichen, zum Download zur Verfügung zu stellen oder in sonstiger Weise zu verbreiten; dieses Verbot stützte das Rekursgericht auf § 16 ABGB,§ 32 Abs 2 DSG 2000.
Das weitergehende Begehren wies das Rekursgericht ab und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
I. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Dritt- bis Achtkläger ist unzulässig.
1. Dritt- bis Achtkläger sind (ehemalige) Mitarbeiter der Erstklägerin beziehungsweise des L*****-Konzerns; sie wurden im gegen die Erstklägerin und den Zweitkläger geführten Strafverfahren als Zeugen einvernommen. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, weshalb sie ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung der über ihre persönlichen Verhältnisse hinausgehenden Akten( bestandteile) eines Strafverfahrens haben sollen, das gegen ihren (ehemaligen) Arbeitgeber und dessen organschaftlichen Vertreter geführt wird. Folgerichtig bringen auch die Kläger in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs primär vor, Erst- und Zweitkläger hätten „ein großes Interesse daran, dass die Einvernahmeprotokolle ihrer Mitarbeiter in einem Strafverfahren, das gegen sie als Beschuldige geführt wird, nicht an die Öffentlichkeit gelangen“.
2. Ebensowenig ist erkennbar, weshalb die Kläger materielle Streitgenossen sein sollen, woraus sie nämlich ableiten, dass sich ihre Unterlassungsansprüche nicht nur auf die eigenen Vernehmungsprotokolle, sondern auch auf die anderen Kläger betreffende Aktenbestandteile beziehen. Eine Rechtsgemeinschaft nach § 11 Z 1 1. Fall ZPO liegt entgegen der im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretenen Meinung nicht bereits dann vor, weil „gemeinsame rechtliche Interessen“ an der Geheimhaltung bestehen; in Rechtsgemeinschaft stehen vielmehr Miteigentümer, Gesamthandeigentümer, Gesellschafter etwa einer offenen Gesellschaft oder einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht und Miterben ( Schubert in Fasching/Konecny , ZPO² [2002] § 11 Rz 8).
Aber auch ein gleicher tatsächlicher Grund, auf den sich die Kläger stützen wollen, liegt (nur) dort vor, wo für alle Streitgenossen ein einheitlicher rechtserzeugender Sachverhalt gegeben ist; dort, wo für einen Streitgenossen noch weitere rechtserzeugende Tatsachen für die Ableitung des Anspruchs hinzutreten oder bereits von vornherein unterschiedliche rechtserzeugende Tatsachen vorliegen, ist keine materielle Streitgenossenschaft mehr gegeben. So sind nach ständiger Rechtsprechung etwa der vorliegenden Problematik durchaus vergleichbar mehrere aus einem Unfall Geschädigte nur formelle Streitgenossen im Sinn des § 11 Z 2 ZPO (RIS-Justiz RS0110982).
3. Die Abweisung des weitergehenden Provisorialbegehrens der Dritt- bis Achtkläger (soweit es also über ihre persönlichen Verhältnisse hinausgeht) durch das Rekursgericht ist schon allein deshalb durchaus vertretbar, weil es diesen Klägern insoweit bereits an der Aktivlegitimation mangelt.
Rechtliche Beurteilung
II. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Erst- und Zweitkläger ist hingegen zulässig; der Oberste Gerichtshof stellte deshalb am den Beklagten insoweit die Beantwortung des Revisionsrekurses frei. Dieser ist auch berechtigt.
1. Erst- und Zweitkläger leiten das von ihnen geltend gemachte Verbot der Veröffentlichung des gesamten Ermittlungsakts aus dem Umstand ab, dass es sich beim Ermittlungsverfahren als Ganzes um einen nicht öffentlichen Verfahrensabschnitt handle. Demnach würden sämtliche Personen, die auf welche Art auch immer in den Besitz von Teilen des Ermittlungsakts gekommen sind, einem grundsätzlich allumfassenden Veröffentlichungsverbot unterliegen. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.
1.1. Aus der Nicht-Öffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens kann nach der in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl bereits Berka , Medienfreiheit im Spannungsfeld zu Veröffentlichungsverboten, in Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz , Strafverfahren Menschenrecht Effektivität [2001] 349 [361, 369]; Schmoller in Fuchs/Ratz , WK zur StPO [2012] § 12 Rz 37 ff) nicht der Schluss gezogen werden, dass schon allein deshalb jedes im Ermittlungsakt enthaltene Protokoll geheim wäre und daher der Öffentlichkeit strikt vorenthalten werden müsste. Soweit allerdings durch die Veröffentlichung von Ermittlungsakten ein konkreter Nachteil für schutzwürdige Interessen Dritter, die gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit auf Information überwiegen, drohe, müsse den Persönlichkeitsrechten dieser Personen der Vorrang gegenüber dem Recht der Medien auf ungehinderte Berichterstattung eingeräumt werden ( Berka aaO).
1.2. Zweifellos sind die im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gesammelten Akten auch im Interesse der Strafrechtspflege als vertraulich anzusehen. Da der Geheimnisschutz hierbei jedoch im Wesentlichen auf dem Amtsgeheimnis aufbaut das allerdings nicht die am Verfahren beteiligten Personen binden kann und schon gar nicht unbeteiligte Dritte, die auf irgendeine Weise in den Besitz von Aktenbestandteilen des Ermittlungsverfahrens gekommen sind , fällt es in erster Linie in den Verantwortungsbereich der ermittelnden Behörden, für den Schutz vertraulicher Akten zu sorgen ( Berka aaO [370]).
1.3. Ein allgemeines Veröffentlichungsverbot lässt sich auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, die in der Strafprozessordnung geregelten Veröffentlichungsverbote würden nicht zwischen Akten, die der Akteneinsicht unterliegen, und solchen, die davon ausgenommen sind, unterscheiden. Wurden nämlich Aktenstücke gemäß § 51 StPO von der Akteneinsicht ausgenommen, weil andernfalls der Ermittlungszweck gefährdet werde, entfällt auch der Grund, der ein Veröffentlichungsverbot rechtfertigt. Wurde dem Beschuldigten, seinem Verteidiger (§ 54 StPO), dem Privatankläger, dem Privatbeteiligten, dem Opfer (§ 68 StPO) oder sonstigen Personen mit einem rechtlichen Interesse (§ 77 StPO) gar keine Einsicht in die betreffenden Akten gewährt, bedarf es ebenfalls keines diese Aktenteile betreffenden Veröffentlichungsverbots.
Selbst wenn was nicht auszuschließen ist vertrauliche Teile eines Ermittlungsakts auf andere Weise an die Öffentlichkeit gelangen, wird man dies regelmäßig nicht den genannten Personen anlasten können (so auch Berka aaO [372]); gerade dies konnten die Vorinstanzen im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der Beklagten nicht feststellen. Selbst wenn aber die zur Akteneinsicht berechtigten Personen auf eine andere als im Gesetz genannte Weise Kenntnis von personenbezogenen Daten anderer Verfahrensbeteiligter oder Dritter erlangen, unterliegen diese keinem generellen Veröffentlichungsverbot (zum Vorschlag, das nicht-öffentliche Ermittlungsverfahren mit einem Veröffentlichungsverbot zu versehen und dieses auch durch Strafvorschriften abzusichern, siehe Schmoller aaO § 12 Rz 43; Pilnacek , Öffentlichkeit und Geheimhaltung im Strafverfahren, in Österreichische Juristenkommission , Recht und Öffentlichkeit [2004] 128 [132 f]).
2. Das Rekursgericht gelangte bei Beurteilung des als bescheinigt angenommenen Sachverhalts zum Ergebnis, einzig taugliche Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch sowie die darauf gestützte einstweilige Verfügung sei der allgemeine Persönlichkeitsschutz nach § 16 ABGB iVm § 32 Abs 2 DSG 2000; die Frage der Zulässigkeit einer Veröffentlichung von Aktenbestandteilen müsse anhand § 8 Abs 1 DSG 2000 geprüft werden, weshalb überwiegende berechtigte Interessen eines Dritten eine Verwendung von nicht-sensiblen Daten und damit einen Eingriff in das Recht auf Datenschutz rechtfertigen können. Das Begehren der Kläger sei jedoch nur dann materiell berechtigt, wenn der gesamte Ermittlungsakt ausschließlich personenbezogene Daten enthalte. Da es an einem substantiierten Vorbringen der Kläger mangle, inwieweit durch die Veröffentlichung personenbezogener Daten schutzwürdige Interessen verletzt wurden, sei ein den gesamten Ermittlungsakt erfassendes Veröffentlichungsverbot nicht gerechtfertigt.
2.1. Erst- und Zweitkläger stützen sich auch in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs auf die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000. Tatsächlich handelt es sich bei den veröffentlichten Ermittlungsakten( bestandteilen) um strafrechtsbezogene Daten im Sinn des § 8 Abs 4 DSG 2000, die zwar vom Gesetzgeber nicht als sensible Daten eingestuft werden, dennoch aber einen besonderen Schutz genießen. Daten (auch nur) über den Verdacht ( Fritz , Strafrechtlich relevante Daten vs. Zustimmung der Betroffenen, Jahrbuch Datenschutzrecht und E-Government 2013 [2014] 45) der Begehung von Straftaten konkret wird wegen des Verdachts nach §§ 146, 168a StGB ermittelt stellen nach dieser Bestimmung eine eigene Datenkategorie dar, deren Verwendung grundsätzlich schutzwürdige Interessen des Betroffenen verletzt. Die Regelungstechnik des § 8 Abs 4 DSG 2000 entspricht jener bei Verwendung von sensiblen Daten gemäß § 9 DSG 2000, sodass eine Verwendung strafrechtsbezogener Daten nur dann zulässig ist, wenn einer der taxativ aufgezählten Verwendungsfälle vorliegt ( Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim , DSG² [2014] § 8 Anm 18).
Nach § 8 Abs 4 DSG 2000 verstößt eine Verwendung strafrechtsbezogener Daten nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht (Z 1), die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist (Z 2), sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet (Z 3) oder die Datenweitergabe zum Zweck der Erstattung einer Anzeige an eine zur Verfolgung der angezeigten strafbaren Handlungen (Unterlassungen) zuständige Behörde erfolgt (Z 4). Darüber hinaus ist eine Verwendung strafrechtsbezogener Daten gemäß § 8 Abs 4 iVm Abs 2 DSG 2000 zulässig, wenn sie zulässigerweise veröffentlicht wurden oder indirekt personenbezogen sind.
2.2. Im vorliegenden Fall werden von der WKStA Wien zu ***** nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt Ermittlungen wegen des Verdachts mehrerer strafbarer Handlungen geführt. Da es sich dabei bereits um konkrete Ermittlungen gegen eine bestimmte Person handelt und daher der vom Datenschutzgesetz 2000 geforderte Personenbezug vorliegt, sind die Ermittlungsakten in ihrer Gesamtheit strafrechtsbezogene Daten im Sinn des § 8 Abs 4 DSG 2000 (vgl DSK , K121.390/0001-DSK/2009).
Ein überwiegendes Interesse des Auftraggebers wurde weder behauptet noch liegt sonst eine der Ausnahmen im Sinn des § 8 Abs 4 DSG 2000 vor, weshalb sämtliche Ermittlungsergebnisse einem Verwendungsverbot durch die Beklagten unterliegen. Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit wiederum vermag anders als bei nicht sensiblen Daten im Sinn des § 8 Abs 1 DSG 2000 eine Verwendung strafrechtsbezogener Daten nicht zu rechtfertigen.
2.3. Einer Auseinandersetzung mit der in Rechtsprechung und Literatur zum Teil unterschiedlich beantworteten Frage, ob ein Papierakt (hier konkret der Ermittlungsakt der WKStA Wien) den gesetzlichen Anforderungen einer Datei im Sinn des Datenschutzgesetzes 2000 entspricht (vgl dazu etwa Rosenmayr-Klemenz , Zum Schutz manuell verarbeiteter Daten durch das DSG 2000, ecolex 2001, 639; Jahnel , Handbuch Datenschutzrecht [2010] Rz 3/101 ff; 6 Ob 148/00h; DSK , K121.390/0001-DSK/2009 und die jeweils angeführten weiteren Literatur- und Rechtsprechungsnachweise), bedarf es hier angesichts des als bescheinigt angenommenen Sachverhalts nicht; die Erstbeklagte kam auf eine nicht näher bekannte Weise in den Besitz einer DVD mit Aktenbestandteilen aus dem Verfahren ***** der WKStA Wien.
2.4. Die Beklagten meinen in ihren Revisionsrekursbeantwortungen, bei der Erstbeklagten handle es sich um ein „Medienunternehmen“ im Sinn des § 1 Abs 1 Z 6 MedienG; in diesem Fall wären gemäß § 48 DSG 2000 nur dessen §§ 4-6, §§ 10 f, 14 f anwendbar und würde § 32 Abs 2 iVm § 8 Abs 4 DSG 2000 als Anspruchsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch ausscheiden.
Richtig ist zwar, dass eine von einem Internet Nutzer eingerichtete Website, die für eine individuell nicht begrenzte Zahl an Personen zugänglich ist, ein Medium im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 MedienG darstellt und der Betreiber einer solchen Website als Medieninhaber nach § 1 Abs 1 Z 8 lit a MedienG zu qualifizieren ist. Zum Medienunternehmer im Sinn des § 1 Abs 1 Z 6 MedienG wird ein Medieninhaber aber erst, wenn er über den Zweck der bloß privaten Verbreitung von Inhalten hinaus ein Unternehmen mit einem Mindestmaß an unternehmerischen Strukturen betreibt, dessen Unternehmenszweck die inhaltliche Gestaltung der Website ist, die von einer Redaktion und einer Vielzahl angestellter beziehungsweise freier Medienmitarbeiter vorgenommen wird ( Noll in Berka/Höhne/Noll , Mediengesetz³ [2012] § 1 Rz 25, 48). Dies trifft auf die Erstbeklagte nicht zu.
2.5. Damit kann den Beklagten mittels auf § 32 Abs 2, § 7 Abs 2, § 8 Abs 4 DSG 2000 gestützter einstweiliger Verfügung verboten werden, auf der besagten Internetplattform oder in vergleichbaren Medien den Ermittlungsakt, Aktenstücke oder Aktenbestandteile zu veröffentlichen.
§ 8 Abs 4 Datenschutzgesetz 2000 schützt nach seinem Wortlaut den von der Verwendung von strafrechtsbezogenen Daten in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen Betroffenen, also im hier interessierenden Zusammenhang den Verdächtigen oder Beschuldigten, gegen den das Ermittlungsverfahren geführt wird. Dies ist nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zunächst einmal der Zweitkläger, der auch bereits als Beschuldigter einvernommen wurde.
Allerdings haben die Kläger bereits in ihrer Klage behauptet, dass das Ermittlungsverfahren auch gegen die Erstklägerin (als Verdächtige) geführt wird, was die Beklagten in ihrer Klagebeantwortung nicht nur nicht bestritten, sondern inhaltlich sogar außer Streit gestellt haben. Damit richtet sich das Ermittlungsverfahren auch gegen die Erstklägerin, die somit Betroffene im Sinn des § 8 Abs 4 DSG 2000 ist.
3. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs von Erst- und Zweitklägern war somit Folge zu geben und insoweit die einstweilige Verfügung des Erstgerichts vom wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Widerspruchs- und des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 393 EO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00006.14X.1215.000