OGH vom 18.09.2009, 6Ob49/09p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** AG, *****, Schweiz, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei W***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses (Streitwert 2,5 Mio EUR) und Feststellung (Streitwert 2,5 Mio EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Jänner 2009, GZ 1 R 168/08v-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Gegenstand des Verfahrens ist der in der außerordentlichen Generalversammlung der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom gefasste Beschluss, mit dem die Bestellung eines Sachverständigenrevisors (Sonderprüfers) mit der Stimme der Mehrheitsgesellschafterin abgelehnt wurde; die Sonderprüfung soll sich (vereinfacht ausgedrückt) mit den Folgen der Beendigung eines Generallizenz- und Beratungsvertrags mit der deutschen Lizenzgeberin und mit der Preisgestaltung der beklagten Gesellschaft gegenüber deren Abnehmern von Lizenzwaren befassen. Dieser Beschluss soll nach Auffassung der klagenden Minderheitsgesellschafterin gemäß § 41 GmbHG für nichtig erklärt werden, weil die beiden Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft auch Geschäftsführer deren Mehrheitsgesellschafterin sind; einer der beiden Geschäftsführer ist außerdem Mitgesellschafter der Mehrheitsgesellschafterin und Vorstand deren Mehrheitsgesellschafterin. Die beiden Geschäftsführer seien von der Beschlussfassung betroffen; dass sie sich bei der Stimmabgabe vertreten haben lassen, sei unbeachtlich.
Die Vorinstanzen erklärten den Gesellschafterbeschluss für nichtig und stellten fest, dass von der Generalversammlung am ein bestimmter Sonderprüfer zur Prüfung konkreter Fragen bestellt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Beklagte meint zunächst in ihrer außerordentlichen Revision, es sei zweifelhaft, ob ein von einer Sonderprüfung betroffener Geschäftsführer gemäß § 39 Abs 4 GmbHG überhaupt vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.
1.1. Eine Sonderprüfung ist eine Kontrollmaßnahme mit dem Zweck, bestimmte Vorgänge bei der Gründung oder Geschäftsführung durch eigenverantwortliche Prüfer, deren Objektivität besonders abgesichert ist, dahin zu untersuchen, ob die Verbandsinteressen gewahrt oder vernachlässigt worden sind und ob die Mitglieder der Verwaltungsorgane ihre Pflichten erfüllt oder verletzt haben (6 Ob 28/08yGesRZ 2008, 304 [Schmidt]; 6 Ob 98/08t).
1.2. § 39 Abs 4 GmbHG verweigert demjenigen, der durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit oder dem ein Vorteil zugewendet werden soll, sowohl im eigenen als auch im fremden Namen ein Stimmrecht. Das Gleiche gilt für eine Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Gesellschafter oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft. Diese Bestimmung umschreibt demnach Fälle der Interessenkollision zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Sie zu neutralisieren, ist Zweck der Vorschrift. Dieser lässt sich in zwei Unterzwecke aufspalten: Zum einen geht es um eine Variation der Regeln über das In-Sich-Geschäft, zum anderen um die Durchsetzung des Gedankens, dass niemand Richter in eigener Sache sein soll (6 Ob 139/06v RWZ 2007/5 [Wenger]; vgl jüngst auch Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 39 Rz 31 mwN; Enzinger in Straube, GmbH-Gesetz [2008] § 39 Rz 72, 92 mwN).
§ 39 Abs 4 GmbHG erfasst im Wesentlichen Beschlüsse betreffend die Befreiung eines Gesellschafters von einer Verpflichtung, den Entlastungsbeschluss, Beschlüsse, mit denen einem Gesellschafter ein Vorteil zugewendet werden soll, und Beschlüsse über die Vornahme von Rechtsgeschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, über die Einleitung oder Erledigung von Rechtsstreiten zwischen ihnen sowie über die Kaduzierung oder Ausschließung eines Gesellschafters (6 Ob 139/06v).
1.3. Nach § 118 AktG sind von einer Sonderprüfung betroffene Aktionäre, die zugleich Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats sind, vom Stimmrecht ausgeschlossen; diese Regelung ist auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung analog anzuwenden (1 Ob 536/52 SZ 25/200; 6 Ob 28/08y; 6 Ob 98/08t; vgl auch die Literaturnachweise bei Koppensteiner/Rüffler aaO Rz 43, die diese Frage ohne nähere Begründung als „nicht ganz zweifelsfrei" bezeichnen). Zuletzt nahm auch Enzinger (aaO Rz 105) eine nach § 39 Abs 4 GmbHG maßgebliche Interessenkollision für den Fall der Einleitung einer Sonderprüfung an (ebenso bereits OLG Wien wbl 1988, 200).
2. Auf die Ausführungen der außerordentlichen Revision, wonach die beiden Geschäftsführer durch zahlreiche Punkte der Sonderprüfung nicht betroffen seien, weil daraus keine Schadenersatzansprüche gegen sie abgeleitet werden könnten, braucht aufgrund folgender Überlegungen nicht näher eingegangen zu werden:
Mit § 118 Abs 1 Satz 2 AktG, der auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung analog anzuwenden ist (1.3. ), wird ein erweitertes und verschärftes Stimmverbot angeordnet. Die Erweiterung und Verschärfung besteht darin, dass das Stimmverbot bereits an die abstrakte Organstellung anknüpft und gerade von einer konkreten Befangenheit des betreffenden Aktionärs losgelöst ist. Nach der Entscheidung 1 Ob 536/52 liegt § 118 Abs 1 Satz 2 AktG der Gedanke zugrunde, dass niemand in eigener Sache richten soll; dieser Grundgedanke gilt für die Aktiengesellschaft wie für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gleichermaßen. Die Willensbildung über die Sonderprüfung soll von gesellschaftsfremden Eigeninteressen freigehalten werden. Diese ratio gebietet jedenfalls eine extensive Auslegung des Stimmverbots. Ein solches ist daher immer bereits dann anzunehmen, wenn sich die Sonderprüfung auf Vorgänge erstrecken soll, welche für die Verantwortlichkeit der Verwaltungsträger oder deren Inanspruchnahme von Bedeutung sein könnten. Das Stimmverbot besteht absolut und unabhängig davon, ob die Sonderprüfung voraussichtlich besondere Ergebnisse zeitigen wird oder nicht. Im Interesse der Rechtssicherheit gilt das Stimmverbot schon wegen der formalen Interessenkollision (6 Ob 28/08y; 6 Ob 98/08t; Reich-Rohrwig, Bucheinsicht und Sonderprüfung bei der GmbH, JBl 1987, 419).
3. Die Beklagte weist weiters darauf hin, dass die beiden Geschäftsführer nicht Gesellschafter der beklagten Gesellschaft, sondern (lediglich auch) Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin seien.
3.1. § 39 Abs 4 GmbHG ist auch dann anzuwenden, wenn etwa eine juristische Person Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist und einer oder mehrere ihrer Gesellschafter oder Vertreter befangen sind (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 39 Rz 38; Enzinger in Straube, GmbH-Gesetz [2008] § 39 Rz 83). Es kommt dabei nach einem Teil der Rechtsprechung (2 Ob 789/52 HS 2114/25), der sich der erkennende Senat erst jüngst angeschlossen hat (6 Ob 28/08y; 6 Ob 98/08t), maßgeblich auf die Frage an, ob die juristische Person durch den Gesellschafter oder Vertreter vollständig beherrscht wird; Voraussetzung ist, dass die Ausübung des Stimmrechts seiner alleinigen Willensentschließung unterliegt (6 Ob 28/08y; 6 Ob 98/08t). In einem solchen Fall muss nämlich damit gerechnet werden, dass die Stimmabgabe der juristischen Person von der Befangenheit eines ihrer Mitglieder (Organmitglieder) geprägt ist (Koppensteiner/Rüffler aaO).
3.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist einer der beiden Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft und deren Mehrheitsgesellschafterin (das ist die juristische Person im Sinne der Ausführungen zu 3.1. ) außerdem Mitgesellschafter der Mehrheitsgesellschafterin und Vorstand deren Mehrheitsgesellschafterin. Der beherrschende Einfluss dieser Person auf die Mehrheitsgesellschafterin der beklagten Gesellschaft liegt somit auf der Hand, was im Übrigen ja auch deren Stimmverhalten zeigt. Die Beklagte wendet sich in ihrer außerordentlichen Revision gegen diese auch vom Berufungsgericht vertretene Auffassung lediglich unsubstanziiert.
Ob im Sinne der Auffassung von Koppensteiner/Rüffler (aaO), der sich dazu auf einzelne Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 523/91 JBl 1992, 597; 3 Ob 549/86 SZ 61/99) beruft, für ein Stimmverbot bereits ein geringerer Grad an beherrschendem Einfluss des Gesellschafters oder Vertreters auf die juristische Person ausreicht, kann hier dahin gestellt bleiben. Der hier zu beurteilende Sachverhalt geht hinsichtlich des Ausmaßes der Einflussnahmemöglichkeiten in Anbetracht der erwähnten Beteiligungsverhältnisse an der Mehrheitsgesellschafterin der beklagten Gesellschaft deutlich über jenen hinaus, der den Entscheidungen 6 Ob 28/08y und 6 Ob 98/08t zugrunde lag; dort waren die Vorstandsmitglieder der beklagten Gesellschaft zum Teil (lediglich) Vorstandsmitglieder und zum Teil (lediglich) Aufsichtsratsmitglieder der Mehrheitsgesellschafterin, einer Privatstiftung.
3.3. Dass offensichtlich (lediglich) einer der beiden Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft einen derartigen beherrschenden Einfluss (3.1. ) auf deren Mehrheitsgesellschafterin ausübt, ändert an der Anwendbarkeit des § 39 Abs 4 GmbHG nichts. Zwar könnte der andere Geschäftsführer die Mehrheitsgesellschafterin aufgrund seiner aus dem Firmenbuch ersichtlichen Gesamtvertretungsbefugnis mit einem der beiden Gesamtprokuristen im Zusammenhang mit der Stimmabgabe vertreten (haben); wer dem für die Mehrheitsgesellschafterin anlässlich der Generalversammlung vom auftretenden Rechtsanwalt, der im Übrigen wieder Aufsichtsratsvorsitzender der Mehrheitsgesellschafterin der Mehrheitsgesellschafterin der beklagten Gesellschaft ist, „Stimmrechtsvollmacht" erteilt hat, lässt sich dem Akteninhalt und den Feststellungen nicht entnehmen. Im Übrigen wurde in den Entscheidungen 6 Ob 28/08y und 6 Ob 98/08t in vergleichbarem Zusammenhang auf den möglichen Interessenwiderstreit bei mehreren Mitgliedern des Vorstands (dort: einer Aktiengesellschaft) hingewiesen, wenn ein anderes Mitglied befangen ist.
4.1. Aus dem Umstand, dass die beiden Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft anlässlich der Generalversammlung vom nicht selbst für die Mehrheitsgesellschafterin aufgetreten sind, sondern einem Rechtsanwalt „Stimmrechtsvollmacht" erteilt haben (3.3. ), kann für die Beklagte nichts gewonnen werden. Nach herrschender Rechtsprechung (3 Ob 194/25 SZ 7/122; 8 Ob 595/90 EvBl 1992/103; 6 Ob 28/08y; 6 Ob 98/08t) und Lehre (statt vieler Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 39 Rz 34 mwN; Enzinger in Straube, GmbH-Gesetz [2008] § 39 Rz 81 mwN) gilt der Stimmrechtsausschluss nicht nur für die unmittelbar betroffene Person, sondern auch für jeden, der von ihr etwa als Vertreter oder Treuhänder seine Stimmberechtigung ableitet.
Ob die beiden Geschäftsführer dem Rechtsanwalt Weisungen oder Aufträge hinsichtlich seines Stimmverhaltens erteilt haben, ist somit entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Auffassung unbeachtlich.
4.2. Ebenso fehl gehen in diesem Zusammenhang die von der Beklagten aus der Entscheidung 5 Ob 523/91 gezogenen Schlussfolgerungen. Der Oberste Gerichtshof hat dort klargestellt, es sei im Falle eines Stimmverbots aufgrund einer beherrschenden Stellung der befangenen Person auf den Gesellschafter der betroffenen Gesellschaft ein Stimmrechtsausschluss nicht zu rechtfertigen, wenn dieser Einfluss dadurch ausgeschalten werden könne, dass das Verwaltungsorgan durch ein Ersatzorgan ersetzt wird, das nicht dem beherrschenden Einfluss ausgesetzt ist; in einem solchen Fall könne das Firmenbuchgericht einen Notgeschäftsführer nach § 15a GmbHG bestellen.
Dieser Entscheidung, die im Übrigen von der Literatur überwiegend abgelehnt wird (vgl die Nachweise bei Koppensteiner/Rüffler aaO Rz 38), ist jedoch nicht zu entnehmen, dass jedenfalls vor der Beschlussfassung in der Generalversammlung die Bestellung eines Notgeschäftsführers abgewartet werden müsste; dafür hätte vielmehr die betroffene Gesellschaft, hier also die Mehrheitsgesellschafterin der beklagten Gesellschaft, rechtzeitig Sorge zu tragen gehabt. Die beklagte Gesellschaft selbst wäre ja auch nicht Beteiligte im Sinne des § 15a Abs 1 GmbHG und daher auch nicht antragslegitimiert gewesen (vgl die Beispiele bei Koppensteiner/Rüffler aaO § 15a Rz 7 mwN).
5. Die Vorinstanzen haben somit im Einklang mit herrschender Lehre und Rechtsprechung den Gesellschafterbeschluss vom gemäß § 41 GmbHG für nichtig erklärt.
6. Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei bloßen Mängeln des Beschlusses infolge unzutreffender Ergebnisfeststellung die Anfechtungsklage mit dem Begehren auf Feststellung des tatsächlich zustandegekommenen Beschlusses verbunden werden kann („positive Beschlussfeststellungsklage"); eine derartige Feststellungsklage kann erfolgreich sein, wenn strittig ist, ob die von den anwesenden Gesellschaftern oder ihren Vertretern abgegebenen Stimmen gültig oder wegen eines Verstoßes gegen gesetzliche oder gesellschaftsrechtliche Stimmverbote ungültig gewesen sind (6 Ob 203/97i wbl 1998, 269; 6 Ob 130/05v GeS 2006/219; 6 Ob 139/06v; 6 Ob 28/08y).
6.1. Dem Protokoll der Generalversammlung vom ist zu entnehmen, dass alle Gesellschafter anwesend beziehungsweise vertreten waren und die Generalversammlung beschlussfähig war. Zum verfahrensgegenständlichen Antrag der Klägerin wurde festgehalten, dass die Klägerin dafür und die Mehrheitsgesellschafterin der beklagten Gesellschaft dagegen gestimmt haben. Da die Stimme der Mehrheitsgesellschafterin infolge Stimmverbots nicht zu zählen war, wäre der Antrag der Klägerin somit als angenommen anzusehen.
6.2. Der erkennende Senat hat allerdings ebenfalls bereits klargestellt, dass der Einwand, (angefochtene) Beschlüsse der Generalversammlung verstießen gegen materielles Recht oder gegen den Gesellschaftsvertrag oder seien treu- und sittenwidrig, beachtlich sein kann. Die Prüfung inhaltlicher Mängel (§ 41 Abs 1 Z 2 GmbHG) habe sich nicht nur auf die äußere Übereinstimmung des Beschlussinhalts mit der angeblich verletzten Norm zu beschränken. Neben Verstößen gegen § 1295 Abs 2 ABGB sei auch die treuwidrige Stimmabgabe anfechtbar. Diese Einwände können aber auch einer „positiven Beschlussfeststellungsklage" entgegen gehalten werden (6 Ob 130/05v; 6 Ob 139/06v; vgl auch 6 Ob 37/08xGesRZ 2008, 238 [Thöni, GesRZ 2008, 346]).
Im vorliegenden Verfahren hält die Beklagte eine Beschlussfassung dahin, dass ein Sonderprüfer zur Klärung der Folgen der Beendigung des Generallizenz- und Beratungsvertrags mit der deutschen Lizenzgeberin und der Preisgestaltung der beklagten Gesellschaft gegenüber deren Abnehmern von Lizenzwaren bestellt wird, für treuwidrig; die Sonderprüfung diene als Vorwand, um an Geschäftsgeheimnisse der beklagten Gesellschaft heranzukommen, die die an der Klägerin maßgeblich beteiligten Eltern des Geschäftsführers der deutschen Lizenzgeberin an diesen weitergeben würden, wodurch der Verlust von Marktanteilen der beklagten Gesellschaft, die auf dem Markt außerhalb Deutschlands in einem Konkurrenzverhältnis stehen, zu befürchten sei. Treuwidrigkeit wäre nur ausgeschlossen, wenn sichergestellt ist, dass keinerlei Ergebnisse der Sonderprüfung von der Klägerin an die deutsche Lizenzgeberin gelangen.
6.3. Das Erstgericht hat dazu festgestellt, dass zwischen der deutschen Lizenzgeberin und der Klägerin weder gesellschaftsrechtliche Verflechtungen noch Geschäftskontakte bestünden; die Klägerin sei auch operativ gar nicht tätig, sondern verwalte Wertpapiere und Immobilien, sie habe erhebliches Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der beklagten Gesellschaft, weil sie als deren Gesellschafterin davon profitiert. Die deutsche Lizenzgeberin wiederum habe das Vertragsverhältnis mit der beklagten Gesellschaft aufgelöst, weil bei ihr ein massives Misstrauen gegenüber deren beiden Geschäftsführern im Zusammenhang mit der Gewährung von Sonderkonditionen bei Lizenzgebühren gegenüber Konkurrenten entstanden sei; das Erstgericht hielt dieses Misstrauen ausdrücklich für nachvollziehbar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 26/97k SZ 70/43; 6 Ob 37/08x) lässt sich der Inhalt der Treuepflicht eines Gesellschafters bei der Stimmabgabe nicht allgemein umschreiben; sie besteht jedenfalls ausschließlich gegenüber der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern, nicht jedoch etwa gegenüber einem Treuhänder (6 Ob 37/08x) oder sonstigen Dritten.
Ob ein bestimmtes Verhalten eines Gesellschafters gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft oder Mitgesellschaftern verstößt, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, sodass es sich dabei regelmäßig um keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO handelt (6 Ob 37/08x).
Das Berufungsgericht hat Treuwidrigkeit der Klägerin bei Stimmabgabe anlässlich der Generalversammlung vom im Hinblick auf die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen verneint. Dies ist schon allein deshalb vertretbar, weil sich die beklagte Gesellschaft in ihrer Berufung in diesem Zusammenhang praktisch ausschließlich auf Vermutungen und Befürchtungen im Zusammenhang mit der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen gestützt hat. Diese Befürchtungen finden jedoch weder in den getroffenen Feststellungen noch in den Beweisergebnissen eine konkrete Stütze, sieht man von den verwandtschaftlichen Verhältnissen der Mehrheitseigentümer der Klägerin einerseits und des Geschäftsführers der deutschen Lizenzgeberin andererseits ab. So hat etwa auch der von der beklagten Gesellschaft als Zeuge geführte Rechtsanwalt, der bei der Generalversammlung vom die Mehrheitsgesellschafterin vertreten hat, ausdrücklich ausgeführt, er habe „keinen konkreten Verdacht, dass Informationen von der [Klägerin] an die [deutsche Lizenzgeberin] weitergegeben würden, aufgrund des Naheverhältnisses würde [er] eine derartige Weitergabe jedoch nicht ausschließen" (AS 161). Den weiteren Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft, der einen derartigen Informationsfluss vehement darzulegen versuchte, hielt das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung für nicht besonders glaubwürdig.
Soweit die beklagte Gesellschaft in ihrer außerordentlichen Revision darzulegen versucht, das Berufungsgericht habe von ihr in der Berufung begehrte ergänzende Feststellungen nicht getroffen, ist ihr mit dem Berufungsgericht entgegen zu halten, dass diese im Kern mit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts in Widerspruch gestanden wären und somit vom Berufungsgericht nicht getroffen werden konnten; jedenfalls ist dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang keine auffallende Fehlbeurteilung vorzuwerfen, die einer Berichtigung durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.
7. Da somit die Mehrheitsgesellschafterin der beklagten Gesellschaft von der Stimmabgabe ausgeschlossen war, die Stimmabgabe der Klägerin jedoch nicht als treuwidrig erkannt werden konnte, haben die Vorinstanzen zutreffend den Beschluss über die Einleitung einer Sonderprüfung als zustandegekommen festgestellt.