OGH vom 24.03.1992, 5Ob25/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die Liegenschaft EZ ***** und EZ ***** je des Grundbuches *****, wegen Löschung einer gegenstandslos gewordenen Dienstbarkeit infolge Revisionsrekurses der Dienstbarkeitsberechtigten Dkfm. Edith R*****, vertreten durch Dr. Friedrich Haller, öffentlicher Notar in Schwechat, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom , GZ R 546/91-8, womit der Rekurs der Dienstbarkeitsberechtigten gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom , GZ 1 Nc 58/91-2, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Über Anregung der Eigentümerin der mit der Dienstbarkeit der Nichtverbauung bestimmter Grundstücke belasteten Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** ordnete das Erstgericht die Löschung dieser Dienstbarkeit in der Einlage dieser Liegenschaft sowie die Löschung der der korrespondierenden Eintragung in der das herrschende Grundstück betreffenden Grundbuchseinlage an, weil die Dienstbarkeit nach den beim Grundbuchsgericht erliegenden Urkunden offenkundig gegenstandslos sei.
Gegen diesen Beschluß wurde ein von dem öffentlichen Notar Dr. Friedrich Haller unterschriebener Rekurs eingebracht, der bezüglich der Rechtsmittelwerberin die Wendung "Dkfm. Edith R*****, ....., durch Dr. Friedrich Haller ....." enthielt. Eine Vollmachtsurkunde war der Rechtsmittelschrift nicht angeschlossen.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als unzulässig zurück.
Es begründete seine Entscheidung damit, daß dem Rechtsmittel nicht entnommen werden könne, daß Dkfm. Edith R***** dem Verfasser des Rechtsmittels Vollmacht erteilt habe. Bloß durch den Gebrauch des Wortes "durch" sei der Vorschrift des § 30 Abs 2 ZPO nicht Genüge getan, weil aus diesem Wort allein nicht auf das Vorliegen einer Bevollmächtigung geschlossen werden könne. Ein Verbesserungsauftrag dürfe wegen des in § 95 GBG normierten Verbotes von Zwischenerledigungen nicht erlassen werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob die oben wiedergegebene Formulierung zur Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung nach § 30 Abs 2 ZPO ausreiche, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhob die Dienstbarkeitsberechtigte Revisionsrekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu, dem Rekursgericht die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 77 Abs 1 GBG muß im Grundbuchsverfahren dargetan sein, daß derjenige, der im Namen eines anderen einschreitet, hiezu befugt ist. Dies geschieht grundsätzlich durch urkundlichen Nachweis der Einschreitervollmacht. Schreitet jedoch ein Rechtsanwalt oder - wie hier - ein Notar ein, so ersetzt gemäß § 30 Abs 2 ZPO dessen Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung diesen urkundlichen Nachweis. Diese Gesetzesbestimmung ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung (mit ausführlicher Begründung NZ 1985, 192/50 ua) auch im Grundbuchsverfahren anzuwenden (vgl nunmehr § 8 Abs 1 letzter Satz RAO idF BGBl 1990/474).
Entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin stellt die oben wiedergegebene Erklärung des einschreitenden Notars keine Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung dar. Selbst wenn man in dem Ausdruck "durch" nur die Kurzfassung für die Wendung "vertreten durch" erblickte, wäre damit dem Erfordernis des § 30 Abs 2 ZPO nicht Genüge getan. "Vertreten durch" heißt schlicht, daß der Schriftenverfasser die Partei vertritt. Darunter ist aber nicht zwingend zu verstehen, daß diese Vertretung auf Grund einer erteilten Bevollmächtigung geschieht:
Man denke beispielsweise an ein (vorsorgliches) Tätigwerden als Geschäftsführer ohne Auftrag. Der Gesetzgeber traf aber nicht eine Regelung des Inhaltes, daß generell - allenfalls bloß widerleglich - vermutet würde, daß jeder einschreitende Rechtsanwalt oder Notar als bevollmächtigt anzusehen sei. Das Gesetz verlangt vielmehr eine Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung und weist den Rechtsanwender an, daß dieser dem Rechtsanwalt oder Notar vertraut, daß die Erklärung richtig ist (SZ 57/131).
Das Rekursgericht ging daher zutreffend davon aus, daß in dem hier zu beurteilenden Fall mangels vorgelegter Vollmacht bzw mangels einer der Bestimmung des § 30 Abs 2 ZPO entsprechenden Erklärung die Vorschrift des § 77 Abs 1 GBG nicht erfüllt ist.
Gemäß § 95 Abs 1 GBG hatte das Rekursgericht über das Rechtsmittel ohne Zwischenerledigung zu entscheiden. Das Rekursgericht nahm daher im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung von der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens - hier: Auftrag zur Vorlage der Vollmachtsurkunde oder Abgabe einer Erklärung gemäß § 30 Abs 2 ZPO - Abstand und wies folgerichtig den Rekurs zurück (MGA Grundbuchsrecht4 § 122 GBG/E 117).
An der Unzulässigkeit eines Verbesserungsverfahrens in einem solchen Fall hält der Oberste Gerichtshof trotz der von Hofmeister in einer Entscheidungsbesprechung (NZ 1984, 117) vertretenen, von Petrasch (ÖJZ 1985, 260) und Rechberger (NZ 1985, 127 f) gebilligten gegenteiligen Meinung fest. Hofmeister meint zutreffend, daß die ratio legis des § 95 GBG darin bestehe, die durch die rangmäßige Gleichbehandlung fehlerhafter, wenn auch nachträglich verbesserter Grundbuchsgesuche mit fehlerfreien zu befürchtende Verzerrung der Rangwirkung der Gesuchsüberreichung zu vermeiden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber nicht eine Regelung des Inhaltes traf, daß nur im Falle zu befürchtender Rangverschiebungen Zwischenerledigungen unstatthaft seien. Er traf eben, um dem genannten Prinzip (Vermeidung von Rangverschiebungen) strikt zum Durchbruch zu verhelfen, eine ausnahmslose Regelung. Überdies kann auch in dem hier zu beurteilenden Fall eine Rangverschiebung schon deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil durch das Verbesserungsverfahren im Ergebnis jedenfalls eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist bewirkt würde und daher im Falle eines meritorischen Erfolges des Rechtsmittels der Grundbuchsstand gegenüber einem allfälligen Grundbuchsantrag, der nach Ablauf der nicht durch ein Verbesserungsverfahren verlängerten Rechtsmittelfrist eingebracht wurde, ein anderer wäre.
Damit steht nicht im Widerspruch, daß ein Rekurs wegen Fehlens einer Urkunde, mag es auch die Vollmacht sein, die in erster Instanz angeschlossen war, vom Grundbuchsgericht aber mit der Erledigung des Antrages zurückgestellt wurde, nicht zurückgewiesen werden darf, wenn sie mit dem Rekurs nicht sogleich wieder vorgelegt worden war. Die Wiederbeischaffung solcher Urkunden, die durch § 124 GBG iVm mit § 179 Abs 3 Geo geboten ist, stellt nämlich keinen (im Grundbuchsverfahren unzulässigen) Verbesserungsauftrag im Sinne der §§ 84 f ZPO und auch keine nach § 95 Abs 1 GBG gleichfalls unzulässige Zwischenerledigung dar (NZ 1984, 33/4), sondern bloß die Wiederherstellung des vollständigen Akteninhaltes, wie er zur Entscheidung für die Rechtsmittelinstanz erforderlich ist.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.