OGH vom 01.04.2008, 5Ob21/08m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen Helmut Peter H*****, zuletzt *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs von 1.) Thomas H*****, 2.) Brigitte H*****, beide *****, beide vertreten durch Kerle & Aigner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 53 R 103/07x-53, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom , GZ 3 A 89/06t-50, abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Der Erblasser und seine Gattin waren Wohnungseigentümer der Wohnung top 3. Aufgrund eines Sachbeschlusses vom war eine PKW-Garage mit drei Stellplätzen dieser Wohnung als Zubehör zugeordnet. Dieses Zubehörwohnungseigentum wurde nicht im Grundbuch eingetragen.
Bei der Abhandlungstagsatzung am schlossen die Revisionsrekurswerber und Testamentserben (erblasserischer Sohn und dessen Gattin) mit der erblasserischen Witwe und dem zweiten erblasserischen Sohn, die im Testament auf den Pflichtteil gesetzt worden waren, einen Vergleich: Die Witwe räumte den jeweiligen Eigentümern des Wohnungseigentumsobjekts top 2 (den Revisionsrekurswerbern) die Dienstbarkeit der Alleinbenutzung der zwei westseitig gelegenen Stellplätze in der Garage, die zum Wohnungseigentumsobjekt top 3 gehört, ein. Die Berechtigten verpflichteten sich, auf ihre Kosten eine standfeste Wand zur Abtrennung des dritten (ostseitigen) Garagenplatzes zu errichten. Nach Abschluss dieses Vergleichs erklärten die Revisionsrekurswerber, das ihnen zugedachte Erbrecht auszuschlagen und keine Erbantrittserklärung abzugeben. Die erblasserische Witwe und der zweite erblasserische Sohn (Bruder des ersten Revisionsrekurswerbers) gaben unbedingte Erbantrittserklärungen ab und stimmten einer Antragstellung der Revisionsrekurswerber auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zum Zweck der Verbücherung der vereinbarten Dienstbarkeit zu.
Die beiden erbantrittserklärten Erben schlossen am eine Vereinbarung im Sinn des § 14 Abs 1 Z 2 WEG 2002 zur Übertragung des gesamten Mindestanteils (Wohnung top 3) auf den Sohn. Sie beantragten die Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG, die unter anderem die Einräumung der vereinbarten Dienstbarkeit zugunsten des Wohnungseigentumsobjekts top 2 betraf.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Bestätigung der Einverleibung der Dienstbarkeit ab, weil das WEG 2002 die Begründung von Zubehörwohnungseigentum an wohnungseigentumstauglichen KFZ-Stellplätzen ausschließe.
Das von den erbantrittserklärten Erben angerufene Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluss ab und erteilte die beantragte Genehmigung der Einverleibung der Dienstbarkeit. Ein Wohnungseigentümer sei berechtigt, seinen Anteil mit Dienstbarkeiten auch zugunsten anderer Wohnungseigentumsobjekte zu belasten. Diese Dienstbarkeit schaffe kein neues Zubehörwohnungseigentum und verstoße nicht gegen zwingende Bestimmungen des WEG 2002.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Wohnungseigentümer des Objekts top 2 die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Die beiden Erben beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt, weil die Voraussetzungen für eine Bestätigung im Sinne des § 182 Abs 3 AußStrG nicht verwirklicht sind.
1.) Die Parteistellung und damit Rechtsmittellegitimation der Revisionsrekurswerber ergibt sich aus § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG iVm § 182 Abs 3 AußStrG. Die zuletzt genannte Bestimmung regelt die sogenannte „Amtsbestätigung" (vormals § 178 AußStrG 1854): Wer nicht als Erbe, sondern als Vermächtnisnehmer oder rechtsgeschäftlich Rechte auf bücherlich zu übertragende Sachen erwirbt, kann mit Zustimmung aller Erben den Antrag an das Verlassenschaftsgericht auf Bestätigung stellen, dass gegen den angestrebten Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken bestehen (Fucik/Kloiber AußStrG § 182 Rz 6). In Verfahren, welche die Ausstellung dieser Bestätigung betreffen, kommt daher den Erwerbern grundbücherlicher Rechte Parteistellung zu.
2.) Aus der eben zitierten Bestimmung ergibt sich die Unzulässigkeit der vom Rekursgericht ausgesprochenen verlassenschaftsgerichtlichen „Genehmigung". Antragsberechtigt sind nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ausschließlich diejenigen, denen das bücherlich einzutragende Recht zusteht (hier die Revisionsrekurswerber als Berechtigte aus dem Servitutsbestellungsvertrag) und nicht die Erben, die dem Antrag lediglich zustimmen müssen (Rechberger AußStrG § 182 Rz 9).
Die Ausstellung einer Bestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG nur auf Antrag der Erben kommt daher nicht in Betracht. Schon aus diesem Grund ist die Bestätigung verfehlt.
3.) Nach der ständigen, zu § 178 AußStrG ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur hat das Abhandlungsgericht in der Amtsbestätigung nicht über den Bestand von erst zu begründenden Rechten (hier durch den Servitutsbestellungsvertrag), die bisher nicht an einer Liegenschaft bestanden haben, zu entscheiden (5 Ob 200/05f = wobl 2006, 152 [Call]; RIS-Justiz RS0008393; RS0008391; Rechberger aaO Rz 10). Zu Lebzeiten des Erblassers bestand keine Servitut, was eine Amtsbestätigung ausschließt.
4.) Ein weiterer Abweisungsgrund liegt in der Unmöglichkeit, die im Vergleich eingeräumte Dienstbarkeit grundbücherlich einzutragen:
Voraussetzung für die Schaffung von Zubehörwohnungseigentum ist neben der „Zubehörtauglichkeit" des Objekts (die hier nach dem zum Zeitpunkt der Widmung durch gerichtlichen Sachbeschluss anzuwendenden § 1 Abs 2 WEG 1975 grundsätzlich gegeben war) eine entsprechende Widmung sowie die Erfassung des Zubehörs im Rahmen der Nutzwertfestsetzung samt Intabulation im Grundbuch (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 2 WEG Rz 25). Die sachenrechtliche Zuordnung einer Fläche als Zubehör zu einem Wohnungseigentumsobjekt erfolgt durch die Einverleibung des Wohnungseigentums und des Umfangs des Zubehörs im Grundbuch (RIS-Justiz RS0111616).
Zwar können innerhalb der Eigentümergemeinschaft Grunddienstbarkeiten zu Lasten und zugunsten der jeweiligen Mindestanteile bestellt werden (RIS-Justiz RS0082754). Die Grenze einer solchen Servitutsbelastung liegt im Ausübungsbereich des ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrechts des Wohnungseigentümers (RIS-Justiz RS0011520). Nach dem Grundbuchsstand ist die Garage nicht Zubehör der Wohnung top 3 und steht nicht in der ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsbefugnis der Wohnungseigentümer dieser Wohnung. Ist die Garage weder als Zubehör zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt noch als eigenes wohnungseigentumstaugliches Objekt im Grundbuch eingetragen, handelt es sich um allgemeine Teile der Liegenschaft, an denen nach § 3 Abs 3 WEG 2002 Wohnungseigentum nicht begründet werden kann. Die Begründung von Dienstbarkeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft setzt die Zustimmung aller Miteigentümer voraus (RIS-Justiz RS0011520; vgl RS0114010; vgl RS0011685 [T1]; vgl Kiendl-Wendner in Schwimann ABGB3 II § 480 ABGB Rz 4). Der Zweck der Amtsbestätigung liegt darin, demjenigen, der nicht wie der Erbe bücherliche Rechte bereits mit der Einantwortung erwirbt, den Rechtserwerb durch Eintragung im Grundbuch zu ermöglichen (3 Ob 290/04z = RIS-Justiz RS0117089 [T1]; 3 Ob 42/07h). Dieses Ziel kann im vorliegenden Fall nicht erreicht werden, weshalb die Ausstellung einer Amtsbestätigung verfehlt ist.
5.) Die Argumente des Revisionsrekurses zu
a) der Bedingungsfeindlichkeit von Erbsentschlagungserklärungen (die hier unter der Bedingung der Einräumung von Dienstbarkeiten erfolgt sein sollen),
b) der Umgehung zwingender Bestimmungen des WEG 2002 durch die Begründung von Servituten an wohnungseigentumstauglichen KFZ-Abstellplätzen (§ 2 Abs 2 Satz 1 und 4 WEG 2002), sind bei dem dargestellten Ergebnis nicht zu behandeln.