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OGH vom 27.04.1965, 4Ob52/65

OGH vom 27.04.1965, 4Ob52/65

Norm

ABGB § 1447;

Angestelltengesetz § 17 (1);

Angestelltengesetz § 17 (11);

Kopf

SZ 38/67

Spruch

Wesen und Voraussetzungen der Urlaubsentschädigung

Entscheidung vom , 4 Ob 52/65

I. Instanz: Arbeitsgericht Graz; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz

Text

Die Klägerin war vom bis bei der Beklagten als Sekretärin beschäftigt. Ihr Endbezug betrug monatlich 4139 S. Vom bis war sie arbeitsunfähig und im Krankenstand. Nach Vollendung des 60. Lebensjahres trat sie mit in den dauernden Ruhestand. Im Urlaubsjahr 1963 machte sie rechtzeitig ihren gesamten Urlaub geltend und trug sich in die Urlaubsliste ein. Sie konnte jedoch sechs Werktage des Urlaubes für 1963 nicht mehr verbrauchen, weil sie sich vom bis im Krankenstand befand. Aus dem gleichen Gründe konnte sie auch den ihr für das Urlaubsjahr 1964 zustehenden Gebührenurlaub im Ausmaße von 28 Werktagen nicht mehr verbrauchen. Sie erhielt aus Anlaß der Versetzung in den dauernden Ruhestand gemäß § 23 AngG. eine Abfertigung im Ausmaß von sechs Monatsbezügen. Auf Grund der Pensionsbestimmungen der Dienstordnung für die Verwaltungsangestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DOAng.) hat die Klägerin Anspruch auf eine Pension von 57.6% des letzten Aktivbezuges, abzüglich der auf den Zeitraum des Dienstverhältnisses zur beklagten Partei errechneten Sozialversicherungspension. Außer dieser in der Höhe von 3171.10 S hat die Klägerin somit Anspruch auf eine Pension seitens der beklagten Partei von derzeit 465.90 S. Die letztgenannte Pension wird auf die Abfertigung der Klägerin in der Weise angerechnet, daß für jeden vollen Monatsbezug der Abfertigung (mindestens 4139 S) ein Monatsruhebezug (465.90 S) wegfällt.

Die Klägerin begehrt nun von der beklagten Partei eine Entschädigung für den in den Jahren 1963/1964 nicht verbrauchten Urlaub in der Höhe von 5412.40 S. Jene ist der Höhe nach nicht bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe zwar, so führte das Erstgericht aus, ihren Urlaubsanspruch trotz der Bestimmung des § 28 (4) der DOAng. in der Fassung vom , wonach Urlaubsreste bis 31. März des folgenden Jahres bei sonstigem Verfall zu verbrauchen seien, nicht verloren. Die Verfallsbestimmung stehe nämlich im Widerspruch zu § 7 der DOAng., wonach auf das Dienstverhältnis die Bestimmungen des Angestelltengesetzes Anwendung fänden, soweit in der DOAng. nicht Günstigeres bestimmt sei. Das Angestelltengesetz kenne aber einen Verfall des Urlaubsanspruches nicht. Die Auflösung des Dienstverhältnisses durch die im § 26 DOAng. vorgesehene Versetzung in den dauernden Ruhestand vernichte nicht den Anspruch auf den vorher nicht konsumierten Urlaub, er verwandle sich nur in einen Anspruch auf Urlaubsentgelt. So wie zu einer Kündigungsentschädigung ein Urlaubsentgelt nur dann zustehe, wenn mit der durch die Kündigungsentschädigung bezahlten Freizeit der Urlaubszweck nicht erreicht werden könne, könne der Dienstnehmer, der eine Abfindung oder Pension beziehe, die den Erholungszweck gewährleiste, zusätzlich nicht Urlaubsentgelt fordern. Da der Erholungszweck bei der Klägerin durch die ihr gewährte Abfertigung und Pension erreicht werden könne, habe sie keinen Anspruch auf Urlaubsentschädigung.

Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil hatte Erfolg. Das Berufungsgericht, das dieselben Feststellungen wie das Erstgericht traf, entschied gemäß dem Klagebegehren. Es war gleich dem Erstgerichte der Auffassung, daß ein Urlaubsanspruch der Klägerin am bestand, der durch die Auflösung des Dienstverhältnisses vor Konsumation des Urlaubes nicht erloschen sei. Durch die der Klägerin zustehende Abfertigung und Pension gehe aber ihr Anspruch auf Urlaubsentschädigung nicht verloren. Im Gegensatz zur Kündigungsentschädigung, die ein Lohn ohne Arbeit sei, sei die Abfertigung von anderen, im § 23 AngG. aufgezählten, Momenten abhängig. Sie stelle überdies eine Prämie für eine längere Dienstdauer und für die im Gefolge der Lösung des Dienstverhältnisses drohende Arbeitslosigkeit dar. Die Abfertigung sei, da sie aus dem Dienstverhältnis und auf Grund geleisteter Dienste geschuldet werde, Entgelt, obwohl sie nicht während des Dienstverhältnisses und nur unter gewissen Bedingungen zu entrichten sei. Der Pensionsbezug beginne gemäß § 84 DOAng. erst mit dem der Einstellung des Aktivitätsbezuges des Angestellten folgenden Monatsersten, wobei auf eine nach dem Angestelltengesetz gebührende Abfertigung die Pensionen in der Weise anzurechnen sei, daß für jeden vollen Monatsbezug der Abfertigung ein Monatsbezug der Pension und ein Zwölftel des 13. Pensionsbezuges wegfalle. Auch aus der Bestimmung des § 29 (2) letzter Satz AngG. ergebe sich, daß eine Gleichstellung zwischen Kündigungsentschädigung und Abfertigung nicht berechtigt sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach § 17 (1) AngG. gebührt dem Angestellten in jedem Dienstjahr ein ununterbrochener Urlaub. Daraus, daß der Urlaub dem Angestellten nach dem Gesetz gebührt, ist zu entnehmen, daß es sich beim Urlaub so wie bei anderen arbeitsrechtlichen Ansprüchen um eine Forderung handelt, die kraft Gesetzes - wenn auch erst nach Zurücklegung einer gewissen Anfangsdienstzeit (§ 17 (3) AngG.) besteht und es zu ihrer Begründung nicht noch weiterer rechtsbegrundender Tatsachen, wie etwa der ausdrücklichen Geltendmachung, bedarf. Der durch das Gesetz vom , BGBl. Nr. 174, neu eingefügte § 17b AngG. spricht besonders aus, daß der Angestellte den Anspruch auf Urlaub verliert, wenn er ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder wenn ihn ein Verschulden an der vorzeitigen Entlassung trifft. Dieser Gesetzesbestimmung kann auf dem Wege des Umkehrschlusses entnommen werden, daß in anderen als den beiden angeführten Fällen der Auflösung des Dienstvertrages der Anspruch auf Urlaub ungeschmälert aufrechtbleibt und durch die Lösung des Dienstverhältnisses an sich nicht berührt wird. Daß nach § 17 (11) AngG. der Zeitpunkt des Urlaubsantrittes im Einvernehmen zwischen dem Dienstgeber und dem Angestellten unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeit des Angestellten zu bestimmen ist, bedeutet nur, daß die Urlaubsgewährung bei seiner Durchführung entsprechend der Natur des Urlaubsanspruches des Einvernehmens der Vertragspartner bedarf, nicht aber, daß das Unterbleiben des Einvernehmens den Urlaubsanspruch nach Ablauf einer bestimmten Frist zum Erlöschen brächte.

Es können nun Fälle eintreten, in denen trotz aufrechten Urlaubsanspruches dieser bis zum Ende des Dienstvertrages nicht mehr erfüllt werden kann, weil keine Dienstzeit zur Verfügung steht, innerhalb der der Urlaub, das heißt die Gewährung von arbeitsfreier Zeit gegen Bezahlung des Entgeltes, gegeben werden könnte. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Rechtsstreit - der Dienstnehmer wegen Erreichung der Altersgrenze berechtigterweise seine Versetzung in den Ruhestand beantragt, sein ihm restlich zustehender Urlaub ihm aber bis zum Tag des Ablaufes des aktiven Dienstverhältnisses nicht gewährt werden kann, weil er vorher monatelang im Krankenstand war. Die Möglichkeit, die Zeit des Krankseins des Angestellten ihm zum Teil in den Urlaub anzurechnen, scheidet mit Rücksicht auf § 17 (9) AngG. aus. Ebenso ist der Einwand der beklagten Partei, der Kläger könne seine urlaubsmäßige Freizeit auch noch nach der Ruhestandsversetzung im Pensionsverhältnis genießen, unberechtigt. Der Urlaub ist nämlich ein nur auf das aktive Dienstverhältnis zugeschnittener Anspruch, dessen Sinn es ist, daß der Angestellte Zeiträume, in denen er an sich arbeiten müßte, feiern kann und dennoch das für die Arbeit bestimmte Entgelt bekommt. Da der Angestellte nach seiner Pensionierung dauernde Freizeit hat, kann er den Vorteil, den er zur Zeit seiner Arbeitsverpflichtung durch bezahlte Freizeit hatte, der Natur der Sache nach nicht mehr durch Pensionsfreizeit hereinbringen. Wohl aber können Urlaube noch während einer Kündigungsfrist vollstreckt werden, weil der Dienstnehmer auch während dieser Frist zur Arbeit verpflichtet ist und seine urlaubsmäßige Freistellung dieselben Wirkungen wie zur Zeit des ungekundigten Bestandes des Dienstverhältnisses hat.

Im vorliegenden Fall liegen die Umstände so, daß ein nachträgliches Hereinbringen des der klagenden Partei zustehenden Urlaubes nicht mehr möglich ist. Es handelt sich um eine Leistung des Dienstgebers, die nachträglich auf Dauer unmöglich geworden ist. Die ältere Judikatur (z. B. SZ. IX 66, Arb. 6066) hat den Standpunkt vertreten, daß der unmöglich gewordene Anspruch des Dienstnehmers auf Urlaub nicht mehr zu erfüllen sei, weil die Unmöglichkeit der Leistung diesen Anspruch zum Erlöschen gebracht habe. Nur dann, wenn die Unmöglichkeit auf einem Verschulden des Dienstgebers beruhe, habe dieser dem Dienstnehmer eine Urlaubsentschädigung in der Höhe des Urlaubsentgeltes zu gewähren, dies auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen über den Schadenersatz. Die neuerer Rechtsprechung (z. B. Arb. 6242, 6597, 6911, 6983, 7459, JBl. 1965, S. 430, EvBl. 1965, Nr. 304, S. 465) hat das Aufrechtbleiben des Anspruches des Dienstnehmers auf Bezahlung des Urlaubsentgeltes als Urlaubsentschädigung erweitert und das Bestehen dieses Anspruches auch in anderen Fällen bejaht, soweit nur den Dienstnehmer kein Verschulden an der Unmöglichkeit, den Urlaub normal zu verbrauchen, traf. Eine klare Linie lassen diese Entscheidungen freilich vermissen, wie ihrer Begründung auch die genauere gesetzliche Fundierung nicht entnommen werden kann. Darauf haben schon Martinek, Urlaubsentschädigung bei Kündigung und Entlassung eines Angestellten, RdA. 1957 S. 151 ff., Strasser, Das Erlöschen des Urlaubsanspruches des Privatangestellten, ÖJZ. 1956 S. 201 ff., Schwarz, Antinomien der Rechtsprechung im Urlaubsrecht, RdA. 1956 S. 27 ff., Tutschka, Bereicherungsansprüche im Urlaubsrecht der Angestellten?, Ind. 1955 Sonderbeilage "Sozialpolitik und Arbeitsrecht" S. 27 ff., und Oezelt, Urlaubsentschädigung bei Angestellten, Ind. 1963 Sonderbeilage "Sozialpolitik und Arbeitsrecht" Folge 2/3 S. 1 ff., mit Recht hingewiesen.

In diesem Zusammenhang ist auf das Argument einzugehen, für den nicht genossenen Urlaub könne eine Entschädigung nicht gewährt werden, weil der Urlaub seinem Wesen nach nur in Natur gegeben werden könne. Davon ist so viel richtig, daß der Zweck und die Rechtfertigung des Urlaubes darin liegt, daß der Dienstnehmer nach einem anstrengenden Arbeitsjahr zur Wiederherstellung seiner Kräfte der Erholung bedarf, daß also die Erholungsmöglichkeit, von der § 17

(11) AngG. (aber auch etwa § 15 (11) GAngG. und § 27 (1) VBG., letztere Bestimmung durch die Bezeichnung Erholungsurlaub statt Urlaub schlechtweg) spricht, im Vordergrunde steht. Darauf ist auch das Verbot übermäßiger Teilung des Urlaubs (§ 17 (10) AngG.) zurückzuführen. Deshalb hat der Angestellte keinen Anspruch, anstelle des Urlaubes von vornherein Entschädigung zu begehren. Es handelt sich vielmehr um einen Naturalanspruch auf Gewährung bezahlter Freizeit. Es kann aber keineswegs als begrifflich ausgeschlossen bezeichnet werden, daß der anstelle eines untunlich gewordenen Urlaubs bezahlte Geldbetrag, der ja zu dem für die betreffende Zeit bezahlten Arbeitsentgelt hinzutritt, nicht auch - wenn auch in beschränktem Maße - die Erholung des Angestellten - etwa durch Ermöglichung erweiterter Wochenenderholung - fördert. Deshalb sieht § 28 VBG. eine als Abfindung für den Erholungsurlaub bezeichnete derartige Entschädigung für den Urlaub in bestimmten Fällen ausdrücklich vor.

Wenn nun geprüft werden soll, inwieweit bei Unmöglichwerden der Verpflichtung des Dienstgebers, Urlaub zu gewähren, der Anspruch des Dienstnehmers untergeht oder abgefunden werden muß, ist auf die grundlegende Vorschrift des § 1447 ABGB. zurückzugehen. Nach dieser hebt das Unmöglichwerden der Erfüllung einer Verbindlichkeit alle Verpflichtung, selbst die, den Wert derselben zu vergüten, auf. Im dritten Satz dieser gesetzlichen Bestimmung muß aber der Schuldner in jedem Falle das, was er, um die Verbindlichkeit in Erfüllung zu bringen, erhalten hat, zwar gleich einem redlichen Besitzer, jedoch auf solche Art zurückstellen oder vergüten, daß er aus dem Schaden des anderen keinen Gewinn zieht. Der Grundgedanke des Gesetzes ist, daß die Verpflichtung zu einer dauernd unmöglich gewordenen Leistung mangels jeglicher Aussicht auf Erfüllung zwar untergeht, daß aber eine Vorteilsausgleichung stattzufinden hat, worauf schon Zeiller, Kommentar über das ABGB. IV S. 181, hingewiesen hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Vorteilsausgleichung unmittelbar auf den dritten Satz des § 1447 ABGB. gestützt werden kann, wie etwa Ehrenzweig, Obligationenrecht S. 350 f., und wohl auch Bloch in Stubenrauch, Kommentar zum ABGB.[8] II S. 894, annehmen, oder ob auf die im § 1447 ABGB. nicht ausgeschlossene Rechtsfigur des stellvertretenden Commodum zurückgegriffen werden muß, was Pisko - Gschnitzer in Klang[2] VI S. 550 f. für nötig halten. Denn nach beiden Meinungen soll beim zufälligen Erlöschen einer Verbindlichkeit der Schuldner keinen Vorteil haben. Dieser Rechtsgrundsatz ergibt sich aus dem Gesetz auch sonst (z. B. § 877 ABGB. - Aufhebung eines Vertrages wegen Nichtigkeit, § 921 zweiter Satz ABGB. - Rücktritt vom Vertrag, § 1414 ABGB. - Hingabe einer Ersatzleistung an Zahlungs Statt, § 1435 ABGB. - Kondiktion).

Wenn nun diese Grundsätze auf den Urlaub des Angestellten und den vorliegenden Fall angewendet werden, muß davon ausgegangen werden, daß die Gewährung des Urlaubs an die Klägerin endgültig unmöglich geworden ist, da wegen Ablaufes ihres aktiven Dienstverhältnisses keine Zeit zur Verfügung steht, innerhalb welcher der Naturalurlaub gewährt werden könnte. Der Urlaubsanspruch der Klägerin ist daher untergegangen. Ungeachtet dessen steht der Klägerin jedoch ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung in der Höhe des Urlaubsentgeltes zu.

Dieser Anspruch der Klägerin stunde ihr, wenn der Dienstgeber an der Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung schuld wäre, schon auf Grund der allgemeinen Bestimmung des § 920 erster Satz ABGB. als Schadenersatzanspruch zu. Dem könnte nicht entgegengehalten werden, daß das ungebührliche Schmälern oder Vorenthalten des dem Angestellten zukommenden Entgeltes (im weiten Sinn des § 6 (1) AngG.) nach § 26 Z. 2 AngG. nur zur sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses führen könne. Denn die allgemeinere Bestimmung des § 920 erster Satz ABGB., die das Wahlrecht zwischen Schadenersatz und Rücktritt vom Vertrag einräumt, wird durch die im § 26 AngG. enthaltene Aufzählung von gesetzlichen Austrittsgrunden nicht beseitigt.

Ebensowenig wie dem Dienstgeber kann indessen der Klägerin ein Verschulden am Unmöglichwerden der Urlaubsgewährung angelastet werden. Sie hatte nach dem Erreichen des Pensionsalters gemäß § 37

(1) lit. c DOAng. Anspruch auf Versetzung in den Ruhestand. Wenn sie dieses Recht ausübte, kann ihr daraus kein Vorwurf gemacht werden. Anders könnte die Rechtslage allenfalls dann beurteilt werden, wenn der Angestellte, wie dies in der Rechtssache EvBl. 1965 Nr. 304 S. 465 der Fall war, sein Dienstverhältnis in dem Bestreben, eine Urlaubsentschädigung zu erzwingen, aufgekundigt hätte. Der Klägerin kann auch ihre Erkrankung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Nach den Feststellungen der Untergerichte kann überhaupt ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten der Klägerin in der Absicht, eine sonst nicht zustehende Urlaubsentschädigung zu erlangen, nicht angenommen werden.

Es liegt vielmehr der Fall des zufälligen Unmöglichwerdens der Urlaubsverbindlichkeit der beklagten Partei vor. Nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung (§ 1447 dritter Satz ABGB.) muß der Dienstgeber dasjenige, was er durch den rechtlichen Untergang seiner Naturalverpflichtung zur Urlaubsgewährung erspart hat, nämlich die Bezahlung des Entgeltes für Freizeit der Klägerin während des Bestandes ihres aktiven Dienstverhältnisses, der Klägerin herausgeben. Diese Verpflichtung kommt auf Seite des Dienstgebers seiner ursprünglichen Naturalverpflichtung ganz nahe. In beiden Fällen bezahlt er dem Dienstnehmer das Entgelt für eine Zeit, während der der Dienstnehmer für ihn nichts gearbeitet hat. Nur durch die Bezahlung des Urlaubsentgeltes (als Urlaubsentschädigung) an die Klägerin wird der vom Gesetzgeber verlangte Ausgleich der beiderseitigen Interessen herbeigeführt. Die beklagte Partei kann auch nicht verlangen, daß die von ihr bezahlte Abfertigung in diese Urlaubsentschädigung der Klägerin eingerechnet werde. Abfertigung wird nämlich als Treueprämie für die längere Dauer geleisteter Dienste und als Unterstützung für die Zeit nach dem Ende des Dienstverhältnisses, keinesfalls aber als Entgelt für nichtverbrauchten Urlaub geleistet.

Es könnte schließlich auch nicht eingewendet werden, daß die Bestimmungen der §§ 1154b und 1155 ABGB. (Anspruch des Dienstnehmers auf Entgelt bei Verhinderung an der Dienstleistung aus Gründen, die die Person des Dienstnehmers bzw. die des Dienstgebers betreffen) die Anwendbarkeit des § 1447 ABGB. ausschlössen oder einschränkten. Die Unmöglichkeit der Leistung bezieht sich nach den angeführten beiden Gesetzesstellen nur auf die Verhinderung an der Dienstleistung, nicht aber auf sonstige Verpflichtungen aus dem Dienstvertrag, so daß kein Anstand besteht, die allgemeine Bestimmung des § 1447 ABGB. daneben anzuwenden.

Zusammenfassend ergibt sich, daß der Urlaubsanspruch ein von der Geltendmachung nicht abhängiger Anspruch, und zwar ein Naturalanspruch, ist, der sich bei Unmöglichwerden der Erfüllung dann, wenn den Dienstnehmer daran kein Verschulden trifft, in einen Geldanspruch auf Urlaubsentschädigung umwandelt.

Da die Klägerin einen solchen Anspruch mit Recht geltend gemacht hat, war ihrer Klage stattzugeben.