OGH vom 20.02.2019, 5Ob240/18g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Grohmann und Mag. Malesich sowie die Hofräte Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei T*****, vertreten durch Mag. Ernst Michael Lang, Rechtsanwalt in Hohenems, wegen 5.040 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 22 R 273/18b-38, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 17 C 378/18b-32, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag auf mündliche Revisionsrekursverhandlung wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Zurückweisung der Klage wird bestätigt, soweit die klagende Partei ihr Begehren auf vertragliche Ansprüche stützt.
Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit verworfen wird.
Die Kosten des Zwischenstreits über die internationale Zuständigkeit werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Begründung:
Die G***** AG war eine Gesellschaft nach Schweizer Recht und seit 2012 Alleingesellschafterin der 2011 errichteten G***** GmbH mit Sitz in Salzburg. Diese war Ansprechpartner für Anleger in Österreich, sie bot ab 2010 ein Anlagemodell für den Ankauf von Edelmetallen an. Von Kunden wurde während einer Laufzeit von maximal sechs Jahren ein Monatsbetrag von mindestens 30 EUR und maximal 100 EUR eingezogen. Die G***** AG sollte Gold oder Silber über verschiedene Prägeanstalten kaufen und für die Kunden aufbewahren, der Vertrag war daher vom Kunden mit ihr abzuschließen. Die Kunden sollten über ihr persönliches OnlineDepot eine Kaufbestätigung über den Erwerb der Edelmetalle und regelmäßig eine grammgenaue Kaufabrechnung erhalten. Nach dem Anlagemodell hatte die G***** AG dem Kunden das Eigentum an den gekauften Edelmetallen durch Einräumung des Miteigentums nach Bruchteilen an einem in ihrem Besitz befindlichen Sammelbestand einzuräumen. Die Lagerung der Edelmetalle sollte in Depots in Deutschland, der Schweiz und Dubai erfolgen. Am Ende der Laufzeit hatte der Kunde die Möglichkeit, die physische Auslieferung der erworbenen Edelmetalle zu verlangen oder den Depotinhalt zum tagesaktuellen Marktpreis an die G***** AG zu veräußern.
Der Beklagte ist niedergelassener Rechtsanwalt und Notar in der Schweiz und erstellte jährlich Prüfberichte über den Edelmetallbestand der G***** AG, in denen er bestätigte, dass der IstBestand an Edelmetallen im Besitz der genannten AG mit dem SollBestand übereinstimme.
Die eidgenössische Finanzmarktaufsicht eröffnete über die G***** AG am das Konkursverfahren, das mittlerweile mangels Masse eingestellt wurde. Über das Vermögen der G***** GmbH eröffnete das Landesgericht Salzburg am das Konkursverfahren, der Masseverwalter hat bereits Masseunzulänglichkeit angezeigt.
Der Kläger schloss am mit der G***** AG zwei Ansparpläne mit monatlichen Raten von 100 EUR bzw 50 EUR und zahlte insgesamt 5.040 EUR ein. Diese Beträge wurden von seinem Gehaltsgirokonto bei der O***** (im Sprengel des Bezirksgerichts Bad Ischl) auf ein Konto der G***** GmbH bei der V***** Salzburg eingezahlt.
Der begehrte zunächst bei seinem Wohnsitzgericht die Rückzahlung der von ihm aufgewendeten Beträge aus dem Titel des Schadenersatzes und stützte sich auf vertragliche und deliktische Ansprüche. Der Beklagte habe als Notar vorsätzlich unrichtig bestätigt, dass der IstBestand an Edelmetallen im Besitz der G***** AG mit dem SollBestand übereinstimme. Der zwischen ihm und der G***** AG bestehende Vertrag entfalte Schutzwirkung zugunsten dritter Anleger wie dem Kläger. Darüber hinaus hafte der Beklagte aus Delikt. Er habe aufgrund Verletzung seiner Aufsichts und Prüfpflichten rechtswidrig gehandelt und wissentlich einen wesentlichen Irrtum über Tatsachen verschuldet. Zur örtlichen und internationalen Zuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichts Bad Ischl stützte sich der Kläger auf Art 5 Z 3 sowie Art 13 iVm Art 14 LGVÜ. Das Verhalten des Beklagten, wissentlich unrichtige Prüfberichte auszustellen, hätte zum Abschluss bzw der Aufrechterhaltung des Vertrags des Klägers mit der G***** AG und zum Geldabfluss von seiner Vermögenszentrale an seinem Wohnsitz auf das Konto der G***** GmbH bei der Bank in Salzburg geführt.
Der Beklagte wendete die örtliche und internationale Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Bad Ischl ein.
Anlässlich der Tagsatzung vom ergänzte der Kläger sein Vorbringen dahin, dass Veruntreuungshandlungen in Bezug auf die Edelmetallbestände von dem für die G***** GmbH bei der V***** Salzburg geführten Konto aus gesetzt worden seien, sodass der Erstschaden jedenfalls in Österreich eingetreten sei. Für den Fall, dass das Bezirksgericht Bad Ischl die Zuständigkeit nicht infolge der Vermögenszentrale des Klägers in E***** annehme, beantragte er hilfsweise die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Salzburg.
Mit Beschluss vom , GZ 3 C 584/17f20, erklärte sich das für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Salzburg, behielt allerdings die Entscheidung über die Einrede der internationalen Unzuständigkeit ausdrücklich dem überwiesenen Gericht vor. Der Kläger habe mit dem Beklagten keinen Vertrag geschlossen, der Vertrag zwischen diesem und der G***** AG entfalte keine Schutzwirkung zugunsten des Klägers. Ein Schaden durch die Überweisung der Ansparraten von E***** auf ein Konto der V***** Salzburg sei nicht ersichtlich und die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Bad Ischl nicht gegeben.
Der ergänzte vor dem überwiesenen Gericht sein Vorbringen zur Zuständigkeit dahin, dass die Prüfberichte des Beklagten als Marketinginstrument auf dem österreichischen Markt durch Onlinestellung auf der Homepage der G***** AG angepriesen worden seien, um österreichische Anleger für den Ansparplan zu gewinnen. Der Beklagte habe durch die Ausstellung seiner Bestätigung den unrichtigen Eindruck erweckt, eine physische Überprüfung der Edelmetallbestände vorgenommen zu haben. Die Prüfberichte seien im Sinn der Judikatur zur Prospekthaftung als Verkaufsprospekte zu qualifizieren, auf deren Grundlage der Kläger die letztlich schadensauslösende Vermögensdisposition getätigt habe. Da die örtliche Zuständigkeit automatisch die internationale Zuständigkeit begründe und der Beschluss des Bezirksgerichts Bad Ischl in Rechtskraft erwachsen sei, sei das Bezirksgericht Salzburg als örtlich und international zuständig anzusehen.
Der Beklagte hielt den Einwand der internationalen Unzuständigkeit aufrecht.
Das erklärte sich als zur Entscheidung dieser Rechtssache international unzuständig und wies die Klage zurück.
Die Verneinung der örtlichen Zuständigkeit durch das Bezirksgericht Bad Ischl beinhalte keine Entscheidung über die internationale Zuständigkeit. Anzuwenden sei das LGVÜ II. Eine vertragliche Haftung im Sinn des Art 13 f LGVÜ II sei rechtlich nicht begründbar, ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter reiche hiefür nicht aus. Für den Deliktsgerichtsstand nach Art 5 Nr 3 LGVÜ II habe der Kläger die Wahl zwischen dem Gericht des Handlungs- oder des Erfolgsorts, an dem die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eingetreten seien. Bei Vermögensschäden sei dies der Ort, wo sich das Anlagekonto befinde, somit jener Ort, an dem sich das angelegte Geld befinde, nicht der Ort, an dem das Konto des Anlegers geführt werde, von dem aus die Anlage erfolgt sei. An den Ort der Vermögenszentrale des Klägers könne die internationale Zuständigkeit nur dann geknüpft werden, wenn ein deliktisches Verhalten des Schädigers zum Geldabfluss von der Vermögenszentrale geführt habe. Hier sei aber allein auf das die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg begründende Tatsachenvorbringen abzustellen, wonach nach Überweisung der klägerischen Gelder auf ein Konto der G***** GmbH in Salzburg eine Veruntreuung stattgefunden habe. Daraus ergebe sich nicht ausreichend deutlich, dass es sich bei diesem Konto um das Anlagekonto gehandelt habe, die Vermögenszentrale des Klägers liege nicht im Sprengel des Bezirksgerichts Salzburg. In Bezug auf die allgemeine Prospekthaftung oder bewusste Irreführung durch die erstellten Prüfberichte müsse zwar für die Zuständigkeitsprüfung davon ausgegangen werden, dass der Beklagte die behauptete Kenntnis von der Entfaltung der Tätigkeit der G***** AG unter Verwendung der Prüfberichte in Österreich gehabt habe. Der Ort, an dem der Kläger aufgrund des Prüfberichts die rechtlich bindende Verpflichtung eingegangen sei, könne allerdings nicht die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg begründen.
Das gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers nicht Folge.
Die Anwendung der Art 13 f LGVÜ (bzw Art 15 f LGVÜ II) setze voraus, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Verbraucher und dem Beklagten als anderen Vertragspartner bestehe, was hier nicht der Fall sei. Auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter könne die Zuständigkeit nicht gestützt werden.
Zu Art 5 Z 3 LGVÜ II umfasse der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, nach Wahl des Klägers sowohl den Handlungsort (als Ort des dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Geschehens) als auch den Erfolgsort (Ort, an dem der Schaden eingetreten ist). Im Fall eines Distanzdelikts könne der Kläger zwischen Handlungs-
und Erfolgsort wählen. Nach dem relevanten Klagevorbringen liege der Handlungsort nicht in Österreich. Zum Erfolgsort am Wohnsitz bzw der Vermögenszentrale des Klägers vertrat das Rekursgericht die Auffassung, der Kläger habe sich durch seine Antragstellung vor dem Bezirksgericht Bad Ischl im Sinn des § 261 Abs 6 ZPO der Möglichkeit begeben, eine allfällige Unzuständigkeitsentscheidung des erstangerufenen Gerichts überprüfen zu lassen. Das Adressatgericht
– Bezirksgericht Salzburg – sei an die Überweisung nur insoweit gebunden, als es sich nicht mit der Begründung für unzuständig erklären könne, dass doch das Überweisungsgericht zuständig sei. Allerdings werde über die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, an das die Klage überwiesen werde, im Zuge eines Zuständigkeitsstreits nach § 261 Abs 6 ZPO nicht endgültig entschieden, dies auch dann nicht, wenn möglicherweise von der Zuständigkeit des anderen Gerichts die inländische Gerichtsbarkeit abhänge. Aus dem Umstand, dass der Überweisungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen sei, könne die örtliche und damit gemäß § 27a JN auch die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg nicht abgeleitet werden, zumal das Bezirksgericht Bad Ischl in seinem Überweisungsbeschluss die Entscheidung über die Einrede der internationalen Unzuständigkeit ausdrücklich dem überwiesenen Gericht vorbehalten habe. Das Bezirksgericht Salzburg habe daher seine internationale (und örtliche) Zuständigkeit (nur mehr) aufgrund des zur Beurteilung verbleibenden übrigen Vorbringens des Klägers zu prüfen gehabt. Der Kläger habe keinen konkreten Ort für die deliktische Schadensfügung durch die G***** AG in Form der Veruntreuung der Gelder behauptet, ebenso wenig einen Beitrag des Beklagten zu dieser Veruntreuung. Dass das Konto der G***** GmbH bei der V***** Salzburg das Anlagekonto im Sinn der Entscheidung 3 Ob 14/12y sei, habe der Kläger nicht vorgebracht. Ein Erfolgsort „Konto der G***** GmbH bei der V***** Salzburg“ im Sinn des Art 5 Z 3 LGVÜ sei daher zu verneinen.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil bereits mehrere gleichgelagerte Parallelverfahren anhängig seien, wegen der großen Anzahl geschädigter Anleger weitere gleichartige Verfahren zu erwarten und einhellige höchstgerichtliche Judikatur zum Erfolgsort von Anlegerschäden im Sinn des Art 5 Z 3 LGVÜ bzw Art 7 Nr 2 EuGVVO nicht vorliege.
In seinem – vom Beklagten beantworteten – Revisionsrekurs strebt der Kläger die Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen dahin an, dass die internationale und örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg bejaht werde, in eventu stellt er einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch teilweise berechtigt.
1. Revisionsrekursverhandlung
Der Kläger beantragte die Anberaumung einer mündlichen Revisionsrekursverhandlung. Gemäß § 526 Abs 1 ZPO ist jedoch über Rekurse ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden (RISJustiz RS0044000). Den Parteien steht diesbezüglich kein Antragsrecht zu (RISJustiz RS0044000 [T4]). Der Antrag des Klägers war daher zurückzuweisen.
2. Rechtsgrundlage für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit
2.1. Im Hinblick auf den Sitz des Beklagten in der Schweiz und nach dem Datum der Einbringung der Klage () richtet sich die internationale Zuständigkeit nach dem am in Lugano abgeschlossenen Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (Art 64 Abs 2 lit a LGVÜ 2007). Im Verhältnis zur Schweiz ist das LGVÜ 2007 gemäß seinem Art 63 seit anzuwenden. Es ersetzt in seinem Anwendungsbereich die Zuständigkeitsbestimmungen der JN (RISJustiz RS0106679; RS0109738). Inhaltlich stimmt das LGVÜ 2007 mit den Art 1 bis 61 der Brüssel IVO nahezu wortgleich überein. Um eine einheitliche Auslegung und insbesondere die Parallelität zu EuGVÜ bzw EuGVVO zu gewährleisten, ist im Art 1 des Protokolls Nr 2 über die einheitliche Auslegung des LGVÜ 2007 das ausdrückliche Gebot der Rücksichtnahme auf die EuGHRechtsprechung enthalten (8 Ob 75/18i; vgl auch RISJustiz RS0113569). Weitestgehend kann die zur EuGVVO ergangene Literatur und Judikatur herangezogen werden (Mayr in Rechberger4 Nach § 27a JN Rz 23; RISJustiz RS0115357 [T5] zu Art 5 Nr 3 LGVÜ).
2.2. Maßgeblich für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit sind die Klageangaben (RISJustiz RS0115860, RS0050455). Sind die die Zuständigkeit begründenden Tatsachenbehauptungen zugleich Anspruchsvoraussetzungen („doppelrelevante Tatsachen“), so ist ihre Richtigkeit zu unterstellen (RIS-Justiz RS0115860 [T4]; sie sind auch dann der Zuständigkeitsentscheidung zugrunde zu legen, wenn sie vom Beklagten bestritten wurden, RISJustiz RS0050455 [T1]). Die Schlüssigkeit des Klagevorbringens reicht im Fall doppelrelevanter Tatsachen aus (RISJustiz RS0116404). Auch der EuGH sprach bereits aus, dass das angerufene nationale Gericht im Fall des Bestreitens der Behauptungen des Klägers durch den Beklagten nicht verpflichtet ist, im Stadium der Ermittlung der Zuständigkeit ein Beweisverfahren durchzuführen, aber alle vorliegenden Informationen zu würdigen, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Beklagten gehören ( Universal Music,C-12/15, Rn 44 f; so auch 6 Ob 128/18v). Dass die Behauptungen des Klägers zur Begründung der internationalen Zuständigkeit hier als „doppelrelevante Tatsachen“ anzusehen und der Zuständigkeitsprüfung zugrunde zu legen sind, haben die Vorinstanzen richtig erkannt. Dies wird im Revisionsrekursverfahren auch nicht in Zweifel gezogen.
3. Umfang der Prüfung der internationalen Zuständigkeit durch das Adressatgericht bei Überweisung nach § 261 Abs 6 ZPO
3.1. Die Vorinstanzen gingen übereinstimmend davon aus, bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts seien sie auf das ergänzende Vorbringen des Klägers zur örtlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg beschränkt. Dem hält der Kläger entgegen, aufgrund der Überweisung könne sich das Bezirksgericht Salzburg nicht darauf berufen, das ursprünglich angerufene Bezirksgericht Bad Ischl sei örtlich zuständig. Das zu einer internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte aufgrund örtlicher Zuständigkeit des Bezirksgerichts Bad Ischl führende Prozessvorbringen dürfe daher nicht unberücksichtigt bleiben. Dem ist im Wesentlichen zu folgen.
3.2.1. Gemäß § 261 Abs 6 Satz 1 ZPO kann der Kläger, wenn der Beklagte das Fehlen der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit einwendet oder das Gericht seine Zuständigkeit von Amts wegen prüft, den Antrag stellen, dass das Gericht für den Fall, dass es seine Unzuständigkeit ausspricht, die Klage an das vom Kläger namhaft gemachte Gericht überweist. Der Zweck der Bestimmung liegt darin Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden. Die Überweisung wahrt die Kontinuität des eingeleiteten Rechtsstreits, das Verfahren bildet eine Einheit (RISJustiz RS0040003 [T1, T 2]; Rechberger/Klicka in Rechberger4 §§ 260–261 ZPO Rz 9, 12 mwN). Gemäß § 261 Abs 6 Satz 4 ZPO ist gegen den Überweisungsbeschluss mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreits ein Rechtsmittel nicht zulässig, nur bei gravierenden Verstößen gewährt die Rechtsprechung ausnahmsweise ein Rechtsmittel gegen den Überweisungsbeschluss (RISJustiz RS0039091). Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts, an das überwiesen wird, bildet keine Voraussetzung für den Rechtsmittelausschluss des § 261 Abs 6 ZPO (RISJustiz RS0040225). Das Adressatgericht ist an die Überweisung und den Unzuständigkeitsausspruch des Überweisungsgerichts insoweit gebunden, als es sich nicht mit der Begründung für unzuständig erklären kann, dass doch das Überweisungsgericht zuständig sei (Rechberger/Klicka aaO Rz 13; Kodek in Fasching/Konecny III/13§ 261 ZPO Rz 175). Die Bindung greift auch dann, wenn die Zuständigkeitsfrage unrichtig gelöst wurde (RISJustiz RS0119034). Über die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, dem die Klage überwiesen wird, wird im Zuge eines Zuständigkeitsstreits nach § 261 Abs 6 ZPO hingegen nicht endgültig entschieden, selbst dann nicht, wenn möglicherweise von der Zuständigkeit des anderen Gerichts die inländische Gerichtsbarkeit abhängt (RISJustiz RS0039934). Hat das angerufene Gericht die Rechtssache nach § 261 Abs 6 ZPO an ein anderes nicht offenbar unzuständiges Gericht überwiesen, ohne über den von der Beklagten erhobenen Einwand der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit zu entscheiden, ist diese Einrede vom Gericht, an das überwiesen wurde, zu behandeln (1 Ob 2054/96g; 8 Ob 17/17h). Die Prozessüberweisung nach § 261 Abs 6 ZPO schließt weder eine neuerliche Unzuständigkeitseinrede des Beklagten noch eine neuerliche amtswegige Zuständigkeitsprüfung durch das Gericht aus, beschränkt sie aber darauf, dass ein abermaliger Ausspruch der Unzuständigkeit nicht auf Tatsachen gestützt werden darf, aus denen sich die Zuständigkeit des überweisenden Gerichts ergeben würde (RISJustiz RS0040263). Von Amts wegen hat das Adressatgericht seine Unzuständigkeit dann wahrzunehmen, wenn weder es selbst noch das überweisende Gericht, sondern ein drittes Gericht ausschließlich zuständig ist (RISJustiz RS0119034 [T2]).
3.2.2. Allerdings nimmt § 261 Abs 6 ZPO nur auf die örtliche und sachliche Zuständigkeit Bezug und ist auf die internationale Zuständigkeit grundsätzlich nicht anwendbar, sodass eine Überweisung an das zuständige ausländische Gericht nicht in Betracht kommt (Mayr in Rechberger ZPO4, § 41 JN Rz 6; Kodek in Fasching/Konecny III/13§ 261 Rz 198 mwN). § 27a Abs 1 JN ordnet an, dass – sind für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts gegeben – die inländische Gerichtsbarkeit besteht, ohne dass eine sonstige Voraussetzung erfüllt sein muss. Die Bestimmung stellt lediglich auf das Bestehen eines gesetzlichen Gerichtsstands im Inland ab (Matscher in Fasching/Konecny I3§ 27a JN Rz 6 mwN). Daher kann in Abkehr von der zuvor vertretenen Indikationentheorie bei Vorliegen der örtlichen Zuständigkeit (irgend)eines österreichischen Gerichts die internationale Zuständigkeit nicht mehr verneint werden (es sei denn es würde das Völkerrecht entgegenstehen – Mayr in Rechberger4§ 27a JN Rz 3 mwN). Trotz der noch engeren Verknüpfung der örtlichen Zuständigkeit mit der internationalen Zuständigkeit als nach der früheren Indikationentheorie ist die internationale Zuständigkeit weiterhin selbständige Prozessvoraussetzung, die mit der örtlichen Zuständigkeit nahe verwandt, aber doch klar von ihr zu trennen ist – sie legt lediglich fest, ob inländische Gerichte in ihrer Gesamtheit für die Entscheidung des Rechtsstreits (mit Auslandsbezug) zuständig sind, während sich die örtliche Zuständigkeit stets nur auf das konkrete vom Kläger angerufene Gericht bezieht (Mayr aaO Rz 5 mwN). Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die vom Kläger herangezogenen Zuständigkeitstatbestände des LGVÜ sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit regeln (vgl 3 Ob 14/12y), diese Prozessvoraussetzungen sind getrennt voneinander zu beurteilen. Hier gilt dies umso mehr als das überweisende Bezirksgericht Bad Ischl sowohl nach dem Spruch als auch der Begründung seiner Entscheidung nur über seine örtliche, nicht aber die internationale (Un)Zuständigkeit entschieden hat. Selbst wenn man mit dem Rekursgericht dem Kläger im Sinn der Rechtsprechung (RISJustiz RS0039923, RS0039925) vorhalten wollte, er habe sich durch die Stellung des Überweisungsantrags diesem Beschluss von vornherein unterworfen, könnte sich dies nur auf die örtliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Bad Ischl, nicht aber die internationale Unzuständigkeit österreichischer Gerichte an sich beziehen.
3.3. Daraus folgt, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanzen die Prüfung der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte an sich nicht unter Ausklammerung des vom Kläger zur Zuständigkeit des Bezirksgerichts Bad Ischl erstatteten Prozessvorbringens zu erfolgen hat. Die internationale Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg als Adressatgericht könnte dieses nur dann aussprechen, wenn weder es selbst noch das überweisende Gericht international zuständig wären. Daher ist auch das Klagevorbringen, das die (internationale) Zuständigkeit des überweisenden Gerichts begründen könnte und von diesem allenfalls unrichtig beurteilt wurde, zu berücksichtigen und der Entscheidung über die internationale Zuständigkeit zugrunde zu legen. Eine Bindungswirkung kommt nur in Bezug auf die vom Bezirksgericht Bad Ischl verneinte örtliche Zuständigkeit überhaupt in Betracht. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte an sich wegen des Bestehens eines inländischen Gerichtsstands im Sinn des § 27a JN vermag die Überweisungsentscheidung hingegen keine Bindungswirkung zu entfalten. Damit ist anhand sämtlicher Klageangaben zu beurteilen, ob sich daraus ein inländischer Gerichtsstand für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ergibt.
4. Verbrauchergerichtsstand
4.1. Die Vorinstanzen haben ein Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen selbst verneint und die Auffassung vertreten, auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei der Verbrauchergerichtsstand nicht anzuwenden. Der Kläger hält dem entgegen, die vom Rekursgericht als Beleg für seine Auffassung zitierte Entscheidung 6 Ob 18/17s habe sich auf verletzte Publizitätspflichten einer Emittentin bezogen und sei daher nicht einschlägig. Hier sei der Prüfbericht des Beklagten von Anfang an zur Anwerbung von Kunden bestimmt gewesen.
4.2. Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich gemäß Art 15 Abs 1 LGVÜ 2007 die Zuständigkeit unbeschadet des Art 4 und des Art 5 Nr 5 unter den dort näher genannten Voraussetzungen nach Art 16 Abs 1 LGVÜ 2007. Die Klage des Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann diesfalls entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Orts, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Die Begriffe „Vertrag“ und „Ansprüche aus einem Vertrag“ sind nach der auch für das LGVÜ maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH gemeinschaftsrechtlich autonom auszulegen, um die einheitliche Anwendung der EuGVVO 2012 in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Danach ist unter „Vertrag“ jede von einer Person gegenüber einer anderen eingegangene Verpflichtung zu verstehen (, Kolassa, Rn 37, 39; RISJustiz RS0108473 [T7, T 8, T 17]; 1 Ob 31/16i). Zu Verpflichtungen aus dem Vertrag gehören zwar nicht nur die unmittelbaren vertraglichen Pflichten wie Leistungs, Zahlungs, Duldungs und Unterlassungspflichten, sondern auch Verpflichtungen, die an die Stelle einer nicht erfüllten vertraglichen Verbindlichkeit treten (Sekundärverpflichtungen) wie etwa Schadenersatzund Rückerstattungsansprüche, dies auch dann, wenn sie (erst) aus dem Gesetz folgen (RISJustiz RS0108473 [T11]; RS0114003 [T1]). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (RIS-Justiz RS0117398; 7 Ob 291/02y mwN), dass der autonom auszulegende Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nicht so verstanden werden kann, dass er für eine Situation gilt, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung vorliege, sodass Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht unter diese Zuständigkeitsbestimmung fallen. Ein Vertrag, der nur Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten entfaltet, kann zur Annahme einer vertraglichen Beziehung im Sinn des Art 15 EuGVÜ in Ansehung des Dritten schon deshalb nicht genügen, weil – wie der EuGH bereits mehrfach betont hat – Spezialgerichtsstände als Ausnahme zur Allzuständigkeit des Wohnsitzstaats des Beklagten eng auszulegen sind.
4.3. Dass der Beklagte hier gegenüber dem Kläger freiwillig eine Verpflichtung eingegangen wäre, ist den Klageangaben nicht zu entnehmen. Auch wenn man mit der Judikatur dem Vertrag zwischen dem Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft Schutzwirkungen zugunsten Dritter zubilligt, nämlich zugunsten jener potenziellen Gläubiger der geprüften Gesellschaft, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden sollen und dann bei den wirtschaftlichen Dispositionen davon ausgehen können, dass Buchführung, Jahresabschluss und Lageberichte ihres potenziellen Schuldners nach fachmännischer Ansicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen (vgl RIS-Justiz RS0116076) und mit dem Kläger davon ausgehen wollte, auch die vom Beklagten ausgestellte Bestätigung hätte Schutzwirkung zugunsten potenzieller Gläubiger, wäre daraus noch nicht abzuleiten, es handle sich um einen Vertrag oder Anspruch aus einem Vertrag im Sinn des Art 15 LGVÜ, der den Verbrauchergerichtsstand am Wohnsitz des Klägers begründen könnte.
4.4. Soweit die Klage auf vertragliche Schadenersatzansprüche gestützt wurde, haben die Vorinstanzen sie daher zu Recht mangels internationaler Zuständigkeit österreichischer Gerichte an sich zurückgewiesen. In diesem Umfang war der angefochtene Beschluss zu bestätigen.
5. Deliktsgerichtsstand (Art 5 Z 3 LGVÜ
5.1. Nach Art 5 Z 3 LGVÜ 2007 kann eine Person, die ihren Wohnsitz in einem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Dies entspricht dem Gerichtsstand für Deliktsklagen nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 (früher Art 5 Nr 3 EuGVVO 2000). Unter den Gerichtsstand für Deliktsklagen fallen alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird, wenn diese nicht an einen – zwischen den Streitteilen bestehenden – Vertrag anknüpfen (RISJustiz RS0109739; 8 Ob 75/18i). Demnach ist Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 anwendbar, wenn der Klageanspruch auf eine nach dem Strafrecht strafbare Handlung – wie etwa Untreue – gestützt wird (RISJustiz RS0124294), die Zuständigkeitsbestimmung erfasst auch Ansprüche auf Ersatz reiner Vermögensschäden aufgrund von culpa in contrahendo oder aufgrund deliktischen Verhaltens des Organs eines insolventen Vertragspartners (RISJustiz RS0109739 [T11]), ebenso Ansprüche aus Prospekthaftung oder Verletzung gesetzlicher Informationspflichten (RISJustiz RS0109739 [T26]).
5.2. Grundsätzlich kann der Geschädigte seine Ansprüche alternativ am Handlungs oder am Erfolgsort geltend machen (RISJustiz RS0115357; grundlegend , Bier/Mines de Potasse Ubiquitätsprinzip). Bei Auseinanderfallen der beiden Orte kann der Kläger zwischen Handlungs und Erfolgsort wählen (RISJustiz RS0109078 [T27]).
5.3.1. Handlungsort ist der Ort des schadensbegründenden Geschehens, somit der Ort, an dem dieses seinen Ausgang nahm, reine Vorbereitungshandlungen genügen nicht (RISJustiz RS0119142 [T5]). Handlungsort ist der Ort, an dem der Schädiger tatsächlich gehandelt hat oder hätte handeln müssen (8 Ob 75/18i). Im Fall von in Briefen oder Telefonaten begangenen Delikten läge der Handlungsort dort, wo der Brief aufgegeben oder das Telefongespräch geführt wurde (3 Ob 14/12y). Ein inländischer Handlungsort des Beklagten lässt sich entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs aus den Klageangaben nicht ableiten:
5.3.2. Der Beklagte hat die angeblich unrichtige Bestätigung betreffend das Übereinstimmen des Soll und IstBestands an Edelmetall in der Schweiz ausgestellt und an die in der Schweiz ansässige G***** AG übersendet. Da selbst nach den Klageangaben die Edelmetallbestände in Deutschland, der Schweiz und Dubai gelagert waren bzw gelagert hätten werden sollen, konnte sich auch die angeblich unterlassene Überprüfung des Bestands nur auf die jedenfalls außerhalb Österreichs befindlichen Sammellager beziehen. Weshalb der in der Schweiz ansässige Beklagte die ihm persönlich nicht bekannten Anleger in Österreich aufklären hätte sollen oder aus welchem Anlass eine derartige Aufklärung überhaupt hätte passieren können, wird aus den Revisionsrekursausführungen nicht klar. Einen Handlungsort im Inland haben die Vorinstanzen daher zutreffend verneint.
5.4. Der Kläger kann seine Ansprüche aber alternativ auch am Erfolgsort geltend machen, somit dem Ort, an dem die schädigenden Auswirkungen eintreten. Bei bloßen Anlegerschäden fehlt es jedoch an einer physischen Manifestation des Schadens, wobei nach österreichischem Verständnis der Schaden bereits im Vertragsabschluss liegt (Abschlussschaden; 6 Ob 18/17s). Abzustellen ist beim Erfolgsort auf jenen Ort, an dem sich die Schädigung zuerst auswirkt, Folgewirkungen auf Person oder Vermögen des Geschädigten lassen dessen (Wohn)Sitz auch dann nicht zum Erfolgsort werden, wenn sie gleichzeitig verwirklicht werden (RISJustiz RS0119142; RS0109737 [T1, T 3]; 4 Ob 185/18m). Als Erfolgsort ist daher jener Ort anzunehmen, an dem es zu einem direkten Eingriff in das Rechtsgut des Geschädigten kommt (RISJustiz RS0109739 [T8]).
5.5. Zur Definition des Erfolgsorts besteht bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH:
5.6.1. In der Rechtssache C364/93, Marinari, betonte der EuGH, dass die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ nicht den Ort bezeichnet, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden in der Folge eines in einem anderen Vertragsstaat entstandenen und dort von ihm erlittenen Erstschadens erlitten zu haben behauptet. Sie kann nicht so weit ausgelegt werden, dass sie jeden Ort erfasst, an dem die schädlichen Folgen eines Umstands spürbar werden können, der bereits einen Schaden verursacht hat, der tatsächlich an einem anderen Ort entstanden ist. Andernfalls könnte dies zur Begründung der Zuständigkeit eines Gerichts führen, das keinerlei Beziehung zu dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt habe (Rn 21).
5.6.2. Nach der zu Art 5 Nr 3 EuGVÜ ergangenen Entscheidung C168/02, Kronhofer, ist der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, nicht schon deshalb auf den Ort des KlägerWohnsitzes – als Ort des Mittelpunkts seines Vermögens – zu beziehen, weil dem Kläger nach seinem Vorbringen durch Verlust von Vermögensbestandteilen in einem anderen Vertragsstaat ein finanzieller Schaden entstanden ist. Die gerichtliche Zuständigkeit von ungewissen Umständen wie dem Ort des Mittelpunkts des Vermögens des Geschädigten abhängig zu machen, liefe dem Ziel zuwider, den Rechtsschutz der in der Gemeinschaft ansässigen Personen dadurch zu stärken, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und dass einem verständigen Beklagten erkennbar wird, vor welchem Gericht er verklagt werden kann; zudem würde eine solche Auslegung zumeist die Zuständigkeit der Gerichte des Kläger(Wohn)Sitzes begründen können, was der grundsätzlichen Regel nach dem Beklagten(Wohn)Sitz zuwiderläuft (Rn 20).
5.6.3. Nach der Rechtssache C375/13, Kolassa, betreffend ein Verfahren eines Anlegers gegen eine Bank rechtfertigt allein die Tatsache, dass den Kläger finanzielle Konsequenzen treffen, nicht die Zuweisung der Zuständigkeit an die Gerichte seines (Wohn)Sitzes, wenn sowohl das ursächliche Geschehen als auch die Verwirklichung des Schadenserfolgs im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats anzusiedeln sind. Eine solche Zuständigkeitszuweisung ist hingegen gerechtfertigt, soweit der (Wohn)Sitz des Klägers tatsächlich der Ort des ursächlichen Geschehens oder der Verwirklichung des Schadenserfolgs ist (Rn 49 f). Dort wurde eine Zuständigkeit der Gerichte am (Wohn)Sitz des Klägers in Anknüpfung der Verwirklichung des Schadenserfolgs angenommen, wenn sich dieser Schaden unmittelbar auf einem Bankkonto dieses Klägers bei einer Bank im Zuständigkeitsbereich dieser Gerichte verwirklicht (Rn 55).
5.6.4. In C352/13, CDC Hydrogen Peroxide, führte der EuGH aus, dass bei einer Klage, mit der von in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Beklagten Schadenersatz wegen eines einheitlichen und fortgesetzten Kartellverstoßes verlangt wird, das schädigende Ereignis in Bezug auf jeden einzelnen angeblichen Geschädigten eingetreten ist, und jeder von ihnen entweder bei dem Gericht des Ortes klagen kann, an dem das betreffende Kartell definitiv gegründet oder gegebenenfalls eine spezifische Absprache getroffen wurde, die für sich allein als das ursächliche Geschehen für den behaupteten Schaden bestimmt werden kann, oder bei dem Gericht des Orts, an dem er seinen (Wohn)Sitz hat.
5.6.5. In C12/15, Universal Music, betonte der EuGH, dass im Fall C375/13, Kolassa, die besonderen Umstände des Einzelfalls für die Annahme des Erfolgsorts am (Wohn)Sitz des Klägers bzw dem Ort der Kontoführung maßgeblich waren (Rn 37). Allgemein könne als Ort des Schadenseintritts in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte nicht der Ort in einem Mitgliedstaat angesehen werden, an dem ein Schaden eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem finanziellen Verlust besteht, der sich unmittelbar auf dem Bankkonto des Klägers verwirklicht und der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat (Rn 40 ff). Nur dann, wenn auch die anderen spezifischen Gegebenheiten des Falls zur Zuweisung der Zuständigkeit an die Gerichte des Orts, an dem sich ein reiner Vermögensschaden verwirklicht hat, beitragen, könnte ein solcher Schaden dem Kläger in vertretbarer Weise die Erhebung einer Klage vor diesem Gericht ermöglichen (Rn 39).
5.6.6. Zuletzt hat der EuGH in seinem Urteil vom , C304/17, Löber, aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 28/17i Art 5 Nr 3 der EuGVVO 2000 dahin ausgelegt, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der ein Anleger eine Klage auf Haftung aus unerlaubter Handlung gegen eine Bank, die ein Zertifikat ausgegeben hat, in das er investiert hat, wegen des Prospekts zu diesem Zertifikat erhoben hat, die Gerichte des Wohnsitzes dieses Anlegers als Gerichte des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, im Sinn dieser Bestimmung für die Entscheidung über diese Klage zuständig sind, wenn sich der behauptete Schaden, der in einem finanziellen Verlust besteht, unmittelbar auf einem Bankkonto dieses Anlegers bei einer Bank im Zuständigkeitsbereich dieser Gerichte verwirklicht hat und die anderen spezifischen Gegebenheiten dieser Situation ebenfalls zur Zuweisung der Zuständigkeit an diese Gerichte beitragen. Im Vorabentscheidungsersuchen selbst hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich zwischen dem Verrechnungskonto – als dem speziellen für die konkrete Anlage spezifizierten Konto – und dem „normalen“ Bankkonto (von dem aus der Anleger den Kaufpreis für die Wertpapiere auf das Verrechnungskonto überwiesen hat) differenziert. Der EuGH griff diese Differenzierung allerdings nicht auf, sondern stellte allgemein darauf ab, dass die Gerichte des Wohnsitzes des Anlegers als Gerichte des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, dann für die Entscheidung zuständig sind, wenn bestimmte zusätzliche Voraussetzungen vorliegen (vgl Rn 24, 25, 28). Diese lassen sich dahin zusammenfassen, dass sich die in besonderer anlage und schadenstypischer Weise mit dem Geschäftsvorgang oder Schadensfall verknüpften schädigenden Vermögensdispositionen im Zuständigkeitsbereich inländischer Gerichte ereigneten und sonstige spezifische Gegebenheiten der Situation vorliegen, die nicht zum (Wohn)Sitz des Beklagten, sondern in den Zuständigkeitsbereich inländischer Gerichte weisen. Dort wurde auf den Wohnsitz der Anlegerin in Österreich, den Umstand, dass alle Zahlungen für den Investitionsvorgang von österreichischen Bankkonten aus erfolgten, sowie darauf verwiesen, dass die Anlegerin die Zertifikate auf dem österreichischen Sekundärmarkt erworben habe, die übermittelten Angaben zu diesen Zertifikaten den von der österreichischen Kontrollbank notifizierten Prospektangaben entsprochen hätten und sie die ihr Vermögen endgültig belastende Verpflichtung die Anlage zu tätigen auf Grundlage dieser Angaben in Österreich eingegangen sei.
5.7. Die Lehre ist zur Frage des Erfolgsorts bei reinen Vermögensschäden nicht einheitlich. Während sie teilweise einen Erfolgsort bei bloßen Vermögensschäden– allerdings insoweit im Widerspruch zur zitierten Judikatur des EuGH – überhaupt ablehnt (vgl die Nachweise bei Oberhammer, Deliktsgerichtsstand am Erfolgsort reiner Vermögensschäden, JBl 2018, 750 [753] mwN), ist nach einem anderen Teil der Lehre am Ort der Vermögenszentrale jedenfalls dann anzuknüpfen, wenn ein deliktisches Verhalten des Schädigers zum Geldabfluss von der Vermögenszentrale geführt habe (wie etwa im Fall des Kapitalanlagebetrugs oder der kartellverdächtigen Preisabsprachen), in diesen Fällen decke sich der Ort des Erstschadens mit jenem der Vermögenszentrale (Schmaranzer in Burgstaller/Neumayr/, IZVR Art 5 EuGVVO Rz 54; Leible in Rauscher, EuZPR4 Art 7 EuGVVO Rz 126). Ein Teil der Literatur vertritt zur Lokalisierung des Schadenseintritts eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall (Zaprianos, GPR 2016, 251). Dabei sei zwischen „Betrugs-“ und „Untreuefällen“ zu differenzieren; während im Untreuefall die Schädigung am im Ausland gelegenen Ort der Belegenheit der Wertpapiere erfolge, erfolge diese im Betrugsfall bereits mit der Überweisung (Fichtinger,Internationale Zuständigkeit bei Kapitalanlagedelikten, Zak 2012, 347 mwN; Engerth/Groh, IPRax 2011, 458 [463]). Oberhammer verwies jüngst (Deliktsgerichtsstand am Erfolgsort reiner Vermögensschäden [764 mwN]) darauf, dass in der Judikatur des EuGH zu Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 der Frage besondere Relevanz zukomme, ob eine besonders enge Beziehung des Gerichtsstands zum Schaden besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses die Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt. Gerade die jüngere Judikatur des EuGH stelle darauf ab, dass das Gericht objektiv am besten für die Beweiserhebung und Prozessdurchführung im konkreten Fall geeignet sein müsse.
5.8.1. Der Oberste Gerichtshof bejahte zu 3 Ob 14/12y unter Hinweis auch auf deutsche Judikatur (BGH XI ZR 57/08, XI ZR 28/09 und XI ZR 394/08) die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte am Ort des Geldabflusses, soweit eine Klage auf Anlagebetrug gestützt werde.
5.8.2. In der auf einen Verstoß gegen AdhocPublizitätspflicht gestützten Entscheidung 6 Ob 18/17s verneinte der 6. Senat die österreichische internationale Zuständigkeit in Anbetracht des Umstands, dass es sich bei der Beklagten um ein deutsches börsenotiertes Unternehmen handle, die Aktien der Beklagten an deutschen Börsen – und nicht an österreichischen – gehandelt werden und die die Aktien verkörpernde Globalurkunde in Deutschland hinterlegt ist, sodass ein Erstschaden mangels greifbarer Anknüpfungspunkte nicht in Österreich eingetreten sein könne. Bloße Folgeschäden seien von Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 nicht umfasst. Der Kläger habe seine Aktien an einer deutschen Börse erworben, sowohl der Markt, als auch der Börseort, die Globalurkunde und das emittierende Unternehmen befänden sich in Deutschland, sodass überhaupt kein ausreichender Bezug zu Österreich bestehe.
5.8.3. In der Entscheidung 8 Ob 75/18i ging es um die arglistige Täuschung des Klägers über die Sicherheit seiner Investitionen in südamerikanische Teak- und Balsaholzbäume. Der Kläger stieß über eine von der Erstbeklagten bezahlte GoogleWerbung auf deren Website, gab seine Kontaktdaten ein und forderte Informationsmaterial an. Im Zug von (durch Mitarbeiter der Erstbeklagten) nach Österreich geführten Werbetelefonaten wurde er vom Investment überzeugt und schloss vier Kaufverträge über den Erwerb von Teak- und Balsaholzbäumen in Brasilien, er unterzeichnete die von der Erstbeklagten auf dem Postweg samt Rechnung zugesandten Vertragsunterlagen und retournierte sie postalisch an die Erstbeklagte. Den Kaufpreis überwies er von seinem österreichischen Girokonto auf das Verrechnungskonto der Erstbeklagten in Deutschland. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof betraf nur mehr die internationale Zuständigkeit der gegen den Zweitbeklagten– Geschäftsführer und Verwaltungsratsmitglied der Erstbeklagten, einer Schweizer AG – gerichteten Klage. Der 8. Senat verwarf die Einrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit und Unzuständigkeit des Erstgerichts und kam aufgrund einer Reihe von Sachverhaltselementen zur Zuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Klägers. Es gehe hier nicht nur der Zahlungsfluss vom österreichischen Konto des Klägers aus, sondern auch die Vertragsunterlagen samt Rechnung seien dem Kläger per Post an seinen österreichischen Wohnsitz zugesandt und von ihm unterfertigt postalisch in die Schweiz retourniert worden. Die sein Vermögen endgültig belastende Verpflichtung, die Teak- und Basalholzbäume zu erwerben, sei der Kläger in Österreich eingegangen, ein am Wohnsitz des Klägers liegender Erfolgsort sei für den Zweitbeklagten vorhersehbar gewesen.
5.8.4. In den Entscheidungen 3 Ob 185/18d, 4 Ob 185/18m und 2 Ob 183/18b knüpfte der Oberste Gerichtshof an die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Löber an und erachtete die Gerichte am Wohnsitz der Anlegerin für die auf deliktische Ansprüche gestützte Klage dann für zuständig, wenn die Anlegerin ihre anlage- und schadenstypisch beteiligten Konten bei Banken in Österreich hatte und auch die sonst vorliegenden Umstände (Erwerb in Österreich; Prospektangaben bei der österreichischen Kontrollbank notifiziert; Eingehen dieser Verpflichtung aufgrund dieser Angaben in Österreich) zur Zuweisung an österreichische Gerichte anstelle der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten beitragen.
5.9.1. Zum Erfolgsort gibt es hier unterschiedliches Vorbringen des Klägers: Zunächst behauptete er, die wissentlich unrichtige Bestätigung des Beklagten über den IstStand an Edelmetall habe ihn dazu verleitet, das selbstschädigende Investment einzugehen und die Überweisung von seinem Konto auf das Konto der G***** GmbH habe bereits einen Erstschaden am Ort seiner Vermögenszentrale herbeigeführt. Ergänzend behauptete der Kläger dann, das von ihm auf dieses Konto der G***** GmbH eingezahlte Kapital sei von der G***** AG veruntreut (im Sinn von treuwidrig verwendet) worden. Der Beklagte habe davon gewusst oder jedenfalls wissen müssen. Der in der Lehre kontrovers diskutierten Differenzierung zwischen Untreue und Betrugsfällen bedarf es hier aber letztlich nicht:
5.9.2. Wie schon zu 8 Ob 75/18i, 3 Ob 185/18d, 4 Ob 185/18m und 2 Ob 183/18b spricht nämlich – unter Berücksichtigung der Ausführungen des EuGH in der Rechtsache Löber – auch hier eine ganze Reihe von Sachverhaltselementen für die Zuweisung der Zuständigkeit an österreichische Gerichte. Der Zahlungsfluss ging vom österreichischen Konto des Klägers aus, auch die Vertragsunterlagen, durch die der Kläger seine ihn letztlich schädigende Verpflichtung einging, unterfertigte er an seinem österreichischen Wohnsitz. Das Konto, auf das der Kläger seine Ansparbeträge überwies, wurde in Österreich geführt. Auch wenn man die Klageangaben dahin auslegen wollte, dass eine ursprüngliche Täuschung oder Veruntreuungshandlung zum Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung oder der Überweisung durch den Kläger noch nicht erfolgt war, sondern es sich um eine nachträgliche Veruntreuungshandlung durch die G***** AG mit Wissen des Beklagten gehandelt haben sollte, wäre der Erstschaden, zu dem der Beklagte beigetragen haben soll, in Österreich eingetreten. Die vom EuGH geforderte Vorhersehbarkeit eines Erfolgsorts in Österreich für den Beklagten ergibt sich aus den Klageangaben, wonach der Beklagte wusste, dass die von ihm ausgestellte Bestätigung dazu dienen sollte, österreichische Anleger anzuwerben. Damit besteht an der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach den vom EuGH in der Rechtssache C314/17, Löber, postulierten Voraussetzungen kein Zweifel. Dass nach dem primären Vorbringen des Klägers örtlich nicht das Bezirksgericht Salzburg, sondern das zunächst angerufene Bezirksgericht Bad Ischl zuständig gewesen wäre, vermag an der– selbständig zu prüfenden und vom Überweisungsgericht ausdrücklich der Entscheidung des Adressatgerichts vorbehaltenen – grundsätzlichen internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte nichts zu ändern. Damit ist die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts zu bejahen. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren somit in Bezug auf die deliktischen Ansprüche des Klägers im Sinn einer Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede abzuändern.
6. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit liegt ein Zwischenstreit vor (RISJustiz RS0109078 [T15]). Beide Parteien sind jeweils in Ansehung eines der beiden tragenden Rechtsgründe als unterlegen anzusehen, sodass es zur Kostenaufhebung nach § 43 Abs 1 erster Fall ZPO für das erstinstanzliche Verfahren ab Einschränkung auf die Unzuständigkeitsfrage in der Tagsatzung vom und das gesamte Rechtsmittelverfahren zu kommen hat (vgl 3 Ob 185/18d).
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00240.18G.0220.000 |
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