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OGH vom 20.12.2017, 7Ob38/17i

OGH vom 20.12.2017, 7Ob38/17i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D***** K***** und 2. U***** K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, und des Nebenintervenienten Mag. R***** B*****, vertreten durch die Hasberger, Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G***** B*****, 2. J***** B*****, 3. M***** B*****, 4. R***** B*****, erst- bis viertbeklagte Parteien vertreten durch die Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, und 5. DI G***** E*****, dieser vertreten durch die Lattenmayer Luks Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 97.249,04 EUR sA, über den Rekurs der erst- bis viertbeklagten Parteien und die Revision der klagenden Parteien gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 149/16m56, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 60 Cg 84/14k51, teils aufgehoben und teils bestätigt wurde,

I. den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs der erst- bis viertbeklagten Parteien wird zurückgewiesen.

Die erst- bis viertbeklagten Parteien sind schuldig, dem Nebenintervenienten die mit 2.834,28 EUR (darin 472,38 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

II.  zu Recht erkannt:

Der Revision der klagenden Parteien wird teilweise Folge gegeben. Die (Teil-)Urteile der Vorinstanzen werden in Ansehung des gegen die fünftbeklagte Partei gerichteten Klagebegehrens teilweise abgeändert, sodass es einschließlich des bestätigten Teils wie folgt zu lauten hat:

„Die fünftbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien 490 EUR samt 4 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die fünftbeklagte Partei sei weiters schuldig, den klagenden Parteien 96.759,04 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der fünftbeklagten Partei die mit 21.031,16 EUR (darin 2.008,80 EUR Barauslagen und 3.170,39 EUR USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen und die mit 3.605,14 EUR (darin 600,86 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagenden Parteien sind schuldig, der fünftbeklagten Partei die mit 2.596,72 EUR (darin 432,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger kauften im August 2011 von den Erst- bis Viertbeklagten um 190.000 EUR ein etwa 1980 errichtetes Einfamilienhaus. Im Auftrag der Verkäufer hatte der Fünftbeklagte im Mai 2011 einen nicht den Regeln der Technik entsprechenden Energieausweis erstellt, welcher eine falsche Kennzahl von 105 kWh/m²a (Energieklasse D) auswies, während der korrekte – schlechtere – Wert tatsächlich 193 kWh/m²a (Energieklasse E) beträgt; dem Fünftbeklagten war bekannt, dass die Erst- bis Viertbeklagten den Energieausweis für den Verkauf des Hauses benötigten.

Der Erstkläger hatte sich bei Freunden nach möglichen Energiekennzahlen für „gebrauchte“ Häuser erkundigt und erfahren, dass solche im Bereich von 100 kWh/m²a in Ordnung wären. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Kläger das Haus nicht gekauft hätten, wenn dieses eine andere als im vom Fünftbeklagten erstellten Energieausweis genannte Energieklasse und/oder Energiekennzahl aufgewiesen hätte.

Im vom Nebenintervenienten – einem Notar – im Auftrag der Kläger erstellten und von den Parteien unterfertigten Kaufvertrag befindet sich in § 4 („Gewährleistung“) folgende Passage:

„5. Ein Energieausweis nach dem Energieausweis Vorlage Gesetz (EAVG) wurde von den Verkäufer(n) vorgelegt. Die Käufer nehmen ihre Haftung für die im Ausweis ausgewiesenen Werte zur Kenntnis.“

Die Kläger begehrten von den Erst- bis Viertbeklagten aus dem Titel Gewährleistung 89.807,71 EUR an Kosten für die Verbesserung durch thermische Sanierung zur Herstellung des Heizwärmebedarfs gemäß der Kennzahl im Energieausweis des Fünftbeklagten, sowie aus dem Titel Schadenersatz 6.951,33 EUR an erhöhten Heizkosten und 490 EUR an Kosten für einen korrekten Energieausweis. Der Fünftbeklagte hafte als Sachverständiger nach §§ 1299 f ABGB aus dem Titel Schadenersatz (Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter) zur ungeteilten Hand mit den anderen Beklagten für den Gesamtbetrag von 97.249,04 EUR. Der falsche Energieausweis sei Grundlage der Kaufentscheidung der Kläger gewesen; die darin ausgewiesene Kennzahl sei von den Erst- bis Viertbeklagten als bedungene Eigenschaft zugesichert worden. Deren Herstellung durch thermische Sanierung würde 74.000 EUR bis 88.000 EUR kosten. Das Haus wäre tatsächlich nur 100.000 EUR wert gewesen. Die Kläger hätten im Vertrauen auf die Richtigkeit des Energieausweises die Kaufentscheidung getroffen und das Haus um 190.000 EUR gekauft. Der Fünftbeklagte hafte für den Vertrauensschaden. Das Begehren gegen die Erst- bis Viertbeklagten werde auch auf Kaufpreisminderung gestützt. Die Formulierung, wonach die Käufer (statt richtig: die Verkäufer) ihre Haftung zur Kenntnis nähmen, sei ein offensichtlicher Schreibfehler.

Auch der Nebenintervenient brachte vor, die erwähnte Formulierung sei ein redaktioneller Irrtum.

Die Erst- bis Viertbeklagten bestritten, dass sie für den Zustand gemäß Energieausweis Gewähr zu leisten hätten. Erhöhte Energiekosten wären auf das Heizverhalten der Kläger zurückzuführen. Ein Preisminderungsanspruch sei verfristet. Der seinerzeitige Energieausweis sei richtig gewesen. Der Kaufpreis habe dem Kaufgegenstand entsprochen.

Auch der Fünftbeklagte vertrat die Auffassung, sein Energieausweis sei richtig gewesen. Seine Haftung wäre zudem gegenüber den deckungsgleichen Ansprüchen der Kläger gegen die Erst- bis Viertbeklagten als ihren Vertragspartnern subsidiär.

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung hätten die Erst- bis Viertbeklagten keine Gewähr für die im Energieausweis genannten Werte zu leisten. Der Preisminderungsanspruch sei verjährt. Ein Schadenersatzpflicht begründendes Verschulden liege nicht vor. Der Fünftbeklagte hafte nicht, weil den Klägern keine direkten Ansprüche gegen ihn zustünden; § 6 EAVG 2012 sei hier noch nicht anwendbar. Den Klägern stünden deckungsgleiche Ansprüche gegen ihre Vertragspartner zu, sodass sie nicht schutzwürdig seien.

Das Berufungsgericht hob das klagsabweisende Urteil in Ansehung der Erst- bis Viertbeklagten auf, bestätigte es jedoch in Ansehung des Fünftbeklagten als Teilurteil. Es legte § 4 Punkt 5 des Kaufvertrags dahin aus, dass die Verkäufer für den Energieausweis nach § 922 Abs 1 ABGB als bedungene Eigenschaft haften würden, und zwar konkret für die daraus ersichtliche Kennzahl von 105 kWh/m²a. Die Kosten einer kompletten thermischen Sanierung würden annähernd 50 % der Kosten des Gesamtkaufpreises betragen. Angesichts dieser Wertrelation sei eine Verbesserung als unmöglich anzusehen. Der den Klägern zustehende Preisminderungsanspruch sei nicht verfristet. Das Erstgericht habe jedoch Feststellungen zum Wert der Liegenschaft jeweils mit den Energiekennzahlen 105 kWh/m²a und 193 kWh/m²a unterlassen. Schadenersatzansprüche gegen die Erst- bis Viertbeklagten würden mangels Verschuldens nicht bestehen. Erhöhte Stromkosten seien nach den Feststellungen auf das Nutzungs- und Heizverhalten der Kläger zurückzuführen. Den Fünftbeklagten treffe zwar Verschulden am unrichtigen Energieausweis, sein Fehlverhalten sei aber nicht kausal für den behaupteten Schaden. Es stehe nicht fest, dass die Kläger die Liegenschaft bei Kenntnis der richtigen Kennzahl nicht gekauft hätten.

Den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ließ das Berufungsgericht zu. Die ordentliche Revision wurde hingegen nicht zugelassen.

Mit dem Rekurs der Erst- bis Viertbeklagten wird die gänzliche Klagsabweisung beantragt.

Die Kläger beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben; der Nebenintervenient beantragt, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Die außerordentliche Revision der Kläger beantragt in Ansehung des Fünftbeklagten die Klagsstattgebung, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Mit der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Fünftbeklagte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs zeigt keine erheblichen Rechtsfragen auf und ist daher nicht zulässig.

Die Revision ist dagegen zulässig und auch teilweise berechtigt.

I. Zum Rekurs der Erst- bis Viertbeklagten:

1. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO). Gemäß § 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO, der kraft Größenschlusses auch für die Zurückweisung eines von der zweiten Instanz wegen einer – in Wahrheit nicht vorliegenden – erheblichen Rechtsfrage zugelassenen Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Berufungsverfahren nach § 519 Abs 2 ZPO gilt (RIS-Justiz RS0043691), kann sich der Oberste Gerichtshof auch bei der Zurückweisung eines solchen Rechtsmittels auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (6 Ob 222/09d).

2. Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914 ff ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0017915). Nach § 914 ABGB ist somit vom Wortlaut ausgehend die Parteiabsicht unter Berücksichtigung der redlichen Verkehrsübung unter Heranziehung des Parteiverhaltens gemessen am Empfängerhorizont zu erforschen (RIS-Justiz RS0044358). Der Wortlaut einer Urkunde ist für die Auslegung allein maßgeblich, solange keine der Vertragsparteien behauptet und im Bestreitungsfalle beweist, aufgrund außerhalb der Urkunde liegender Umstände ergäbe sich ein übereinstimmender Wille der Parteien oder ein vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichender objektiver Sinn der Erklärung (RIS-Justiz RS0043422 [T6, T13]). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; RS0044298).

3. Das Berufungsgericht ist von diesen ständiger Rechtsprechung entsprechenden Auslegungsgrundsätzen ausgegangen und zum – vom Wortlaut abweichenden – Auslegungsergebnis gelangt, dass § 4 Punkt 5 des Kaufvertrags im Zusammenhalt so verstanden werden muss, dass nicht die Käufer, sondern die Verkäufer für die Richtigkeit des Energieausweises haften. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Verkäufer setzen dem in ihrem Rekurs nichts Substanzielles entgegen.

Auch in Ansehung der weiteren Formulierung, dass eine Haftung für die im Ausweis ausgewiesenen Werte vereinbart wird, zeigt der Rekurs keine unvertretbare Auslegung durch das Berufungsgericht auf, wonach dies hier die ausgewiesene Kennzahl betrifft. Warum sich nach „Treu und Glauben“ Anderes ergeben sollte, wird nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Behauptung im Rekurs, der Energieausweis sei gar „kein Thema“ beim Kaufabschluss gewesen, entfernt sich von den Feststellungen, wonach der Erstkläger schon bei der Besichtigung nach einem Energieausweis fragte und die Maklerin ihn ihm zeigte, sowie dass der Ausweis beim Unterfertigungstermin den Klägern auch tatsächlich vorgelegt wurde.

Gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, den Klägern stehe ein Preisminderungsanspruch zu, führt der Rekurs nichts ins Treffen. Wenn davon ausgehend das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179), weil er damit unzulässigerweise Tatfragen lösen würde (RIS-Justiz RS0042327).

4. In Ansehung der vom Berufungsgericht zu Punkt 1.6. seiner Entscheidung gemachten Ausführungen ist aber bereits jetzt ergänzend und verdeutlichend darauf hinzuweisen, dass die Berechnung eines Preisminderungsanspruchs nach der relativen Berechnungsmethode zu erfolgen hat, nach der die Herabsetzung der Leistung nach jenem Verhältnis vorzunehmen ist, in welchem zur Zeit des Vertragsabschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zum Wert der mangelhaften Sache gestanden haben würde (RIS-Justiz RS0018764). Der geminderte Preis der Sache (p) verhält sich demnach zu deren vereinbartem Preis (P) wie der Wert der Sache mit Mangel (w) zu ihrem Wert ohne Mangel (W) – p : P = w : W (P. Bydlinski in KBB5 § 932 ABGB Rz 21).

Der vereinbarte Kaufpreis der Liegenschaft (P) ist daher bei der Berechnung der Preisminderung sehr wohl heranzuziehen. Die Entscheidung 6 Ob 134/08m betraf die Berechnung des Preisminderungsanspruchs in der Sonderkonstellation eines nach dem Kauf aufgetretenen Motorschadens eines Gebrauchtwagens und dessen Weiterveräußerung in unrepariertem Zustand; sie verdeutlichte bloß, dass der tatsächliche Kaufpreis nicht mit dem mängelfreien Wert gleichzusetzen ist (ebenso wenig wie ein tatsächlich erzielter Wiederverkaufspreis mit dem Wert mit Mangel), weil nach dem Prinzip der Erhaltung der subjektiven Äquivalenz die beim Vertragsabschluss zugrunde gelegten Wertrelationen zwischen Leistung und Gegenleistung aufrechterhalten bleiben sollen (vgl RIS-Justiz RS0018764 [T4]). Dies gilt auch im vorliegenden Fall.

5. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; vielmehr findet ein Kostenersatz statt, wenn der Rechtsmittelgegner auf diese Unzulässigkeit hingewiesen hat (6 Ob 222/09d mwN; RIS-Justiz RS0123222; RS0035976 [T2]).

Die Kläger haben die Unzulässigkeit des Rekurses nicht geltend gemacht, womit ihre Rekursbeantwortung als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig nicht zu honorieren ist. Der Nebenintervenient hat hingegen gemäß §§ 50, 41 ZPO die Kosten seiner Rekursbeantwortung ersetzt zu erhalten, weil er die Unzulässigkeit des Rekurses aufgezeigt hat. Da ihm im Rekursverfahren aber nur die Erst- bis Viertbeklagten gegenüberstanden, gebührt nach § 15 RATG nur ein Streitgenossenzuschlag von 20 %.

II. Zur Revision der Kläger:

Die Revisionswerber führen ins Treffen, den Fünftbeklagten treffe die strenge Sachverständigenhaftung nach § 1299 ABGB. Technische Regeln wie etwa Ö-Normen seien Schutzgesetze. Das schuldhafte Verhalten des Fünftbeklagten sei kausal für den Abschluss des Kaufvertrags in seiner konkreten Form und mit dem konkreten Kaufpreis gewesen. Es liege ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter vor; Gewährleistungsansprüche und Schadenersatzansprüche seien nicht deckungsgleich. Den Klägern komme § 1298 ABGB zugute. Den Fünftbeklagten treffende objektiv-rechtliche Sorgfaltspflichten seien auf die Kläger zu erstrecken. Der Fünftbeklagte sei auch im Sinne eines Anscheinsbeweises für das Fehlen der Kausalität seines Fehlverhaltens beweispflichtig. Für die Verneinung der Kausalität wäre eine positive Feststellung erforderlich gewesen; die Negativfeststellung zur Frage, ob sie das Haus nicht gekauft hätten, wenn es einen anderen Kennwert bzw eine andere Energieklasse aufgewiesen hätte, falle nicht ihnen zur Last.

Dazu wurde erwogen:

1. § 6 EAVG 2012 ist auf den vorliegen Fall nicht anzuwenden, er trat erst mit in Kraft (§ 10 Abs 1 und 2 EAVG 2012). Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht stellen Ö-Normen eine Zusammenfassung üblicher Sorgfaltsanforderungen dar (RIS-Justiz RS0022153). Ö-Normen, die nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, können nicht als Gesetz im Sinne des § 1311 ABGB angesehen werden und haben nur insofern Bedeutung, als sie zum Gegenstand von Verträgen gemacht wurden (RIS-Justiz RS0038622). Ob Letzteres der Fall ist, stellt eine Tatfrage dar (RIS-Justiz RS0038622 [T6]). Feststellungen, aus denen solches hier abgeleitet werden könnte, sind nicht erkennbar und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Eine deliktische Haftung des Fünftbeklagten wegen Verletzung eines Schutzgesetzes kommt nicht in Betracht.

2. Die Ersatzpflicht des Sachverständigen nach §§ 1299 f ABGB ist grundsätzlich auf den aus dem Schuldverhältnis Berechtigten beschränkt (RIS-Justiz RS0026234;

RS0026645). Eine Haftung gegenüber einem Dritten kommt aber etwa dann in Betracht, wenn ein Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter vorliegt oder die objektiv-rechtlichen Schutzwirkungen auf den Dritten zu erstrecken sind (7 Ob 273/00y; 1 Ob 78/07p; 7 Ob 77/11s; 6 Ob 141/16b = RIS-Justiz RS0026234 [T13]).

3. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maße gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. Der Dritte erwirbt unmittelbare vertragliche Ansprüche gegen den Schuldner (RIS-Justiz RS0037785), der dann auch gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden jener Person haftet, deren er sich zur Erfüllung bediente (7 Ob 185/11y mwN). Begünstigte Personen in diesem Sinn sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluss voraussehbar war, die also der vertraglichen Leistung nahestehen und an denen der Vertragspartner ein sichtbares eigenes Interesse hat oder hinsichtlich welcher ihm selbst offensichtlich eine Fürsorgepflicht zukommt (RIS-Justiz RS0034594).

Soll aber die vom Gesetzgeber getroffene unterschiedliche Ausgestaltung von Deliktsrecht und Vertragsrecht nicht aufgehoben oder verwischt werden, hat der Kreis der geschützten Personen, denen statt deliktsrechtlicher auch vertragsrechtliche Schadenersatzansprüche zugebilligt werden, eng gezogen zu werden. Grundvoraussetzung für die Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrags ist ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers. Ein solches ist zu verneinen, wenn er kraft eigener rechtlicher Sonderverbindungen mit seinem Vertragspartner, der seinerseits den späteren Schädiger vertraglich als Erfüllungsgehilfen beizog, einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hat (RIS-Justiz RS0022814; vgl RS0017043).

Diese Rechtsprechung wurde trotz kritischer Stellungnahmen im Schrifttum aufrechterhalten (6 Ob 170/08f, 6 Ob 60/08d; vgl 7 Ob 30/07y). Neue Argumente gegen die ständige Rechtsprechung wurden nicht vorgebracht. Es ist von ihr nicht abzugehen (9 Ob 64/13x; 7 Ob 185/11y).

4. Auch die Verletzung objektiv-rechtlicher Sorgfaltspflichten als Haftungsgrundlage ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt (siehe schon 7 Ob 513/96 = SZ 69/258, unter Berufung auf Welser, Die Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten [1983] 87 mwN, und Wilhelm, ecolex 1991, 87; zust etwa Artmann, Die Haftung des Abschlussprüfers für Schäden Dritter, JBl 2000, 623 [II.5], Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 [2016] § 1300 Rz 15 und Marzi, Rechtsfolgen der [Nicht-]Vorlage und der unterlassenen Aushändigung des Energieausweises nach dem EAVG 2012, immolex 2012, 206 [207]; krit Harrer, Aus aktuellem Anlass [OGH JBl 1997, 524] – über Bewertungsmethoden, Rechtsfortbildung und Probleme der Schadensermittlung, JBl 1997, 674, sowie Harrer in Schwimann3 [2006] § 1300 ABGB Rz 10).

Eine objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht zugunsten eines Dritten trifft demnach einen Sachverständigen, wenn er damit rechnen muss, dass sein Gutachten die Grundlage für die Disposition des Dritten bilden werde (RIS-Justiz RS0106433; RS0026645 [T5]; RS0026234 [T4, T13]). Geschützt ist ein Dritter, wenn eine Aussage erkennbar drittgerichtet ist, also ein Vertrauenstatbestand vorliegt, der für den Dritten eine Entscheidungsgrundlage darstellen soll. Wesentlich ist daher vor allem, zu welchem Zweck das Gutachten erstattet wurde. Mangels ausdrücklicher Bestimmung im Vertrag kann sich die Beurteilung nach der Verkehrsübung richten (RIS-Justiz RS0106433 [T12]). In Bezug auf die Frage der schadensverursachenden Haftung ist der Gutachtensauftrag jener Maßstab, an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens zu messen ist (RIS-Justiz RS0106433 [T6, T10, T17]). Aus dem Gutachtensauftrag ergibt sich auch, welche Interessen Dritter geschützt sind (RIS-Justiz RS0106433 [T9]).

5. In der bereits zu II.4. zitierten Entscheidung 7 Ob 513/96 wurde das Bestehen einer objektiv-rechtlichen Anspruchsgrundlage damit begründet, dass in der Mehrzahl der Fälle die Haftung des Sachverständigen nach der Rechtsfigur des Vertrags zu Gunsten Dritter im Ergebnis zu verneinen ist, weil die Interessen des Vertragsbestellers und des Dritten zumeist divergieren. Die Haftung aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter wurde also durch die Haftung des Sachverständigen wegen der Verletzung ihn selbst treffender objektiv-rechtlicher Schutzpflichten ergänzt, weil auch bei Personen mit divergierenden Interessen ein vergleichbares Schutzbedürfnis wie bei von einem Vertrag geschützten Dritten bestehen kann. Es sollte – wie aus der Entstehungsgeschichte der Rechtsfigur erkennbar – damit primär der geschützte Personenkreis erweitert werden. Der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen ist minimal (so auch Schacherreiter aaO). Berücksichtigt man noch dazu den bereits in 10 Ob 32/11w dargelegten allgemein anerkannten Grundsatz, dass die Statuierung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf das Vermögen Dritter immer eine Ausnahme von der Regel darstellen soll, damit die vom Gesetzgeber getroffene unterschiedliche Ausgestaltung von Delikts- und Vertragsrecht nicht aufgehoben oder verwischt wird, kommt man auch bei der Beurteilung objektiv-rechtlicher Schutzpflichten zu dem Ergebnis, dass ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers zu verneinen ist, wenn er kraft eigener rechtlicher Sonderverbindungen mit seinem Vertragspartner einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hat. Es besteht daher bei beiden Anspruchsgrundlagen (sowohl Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter als auch objektiv-rechtliche Schutzpflichtverletzung) Subsidiarität.

6.1. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der schuldhaft und rechtswidrig handelnde Fünftbeklagte gegenüber den Klägern als Käufern grundsätzlich für die Unrichtigkeit seines Gutachtens nach beiden Anspruchsgrundlagen haftet, war ihm doch das Eigeninteresse der Verkäufer und Auftraggeber an den Fünftbeklagten an einem richtigen Gutachten und der Kontakt der Kläger als Käufer mit der Hauptleistung voraussehbar und musste er auch objektiv damit rechnen, dass sein Gutachten die Grundlage für die Disposition der Kläger bilden wird. In jedem Fall besteht aber Subsidiarität der Ansprüche im aufgezeigten Sinn.

6.2. Der Schädiger hat den geschädigten Dritten grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne schuldhaftes Verhalten gestellt wäre. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln; es ist zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen (7 Ob 77/11s, 1 Ob 78/07p, 9 Ob 56/11t; RIS-Justiz RS0030153).

6.3. Darauf, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Kläger das Haus nicht gekauft hätten, wenn dieses eine andere als im vom Fünftbeklagten erstellten Energieausweis genannte Energieklasse und/oder Energiekennzahl aufgewiesen hätte, kommt es entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht an, machen doch die Kläger den Schaden geltend, der dadurch entstanden ist, dass sie wegen des unrichtigen Gutachtens des Fünftbeklagten ein Haus um einen Kaufpreis von 190.000 EUR gekauft haben, das aufgrund der schlechteren Energiekennzahl bloß 100.000 EUR wert ist.

6.4. Die Kläger machen die Erst- bis Viertbeklagten als Verkäufer und den Fünftbeklagten solidarisch haftbar und stützen sich dabei auf denselben Sachverhalt betreffend das Haus, die Mängel und die Wertdifferenz. Dass der vom Fünftbeklagten zu vertretende Schaden im Zusammenhang mit der Wertminderung höher wäre als der Anspruch der Kläger gegen die Verkäufer auf Preisminderung wird hingegen nicht behauptet. Damit besteht hinsichtlich der Wertdifferenz Subsidiarität der Haftung des Fünftbeklagten, weil den Klägern ein deckungsgleicher vertraglicher Preisminderungsanspruch gegen die Erst- bis Viertbeklagten zusteht.

6.5. Soweit die Kläger vom Fünftbeklagten die Kosten der thermischen Sanierung zur Herstellung eines Heizwärmebedarfs gemäß der Kennzahl im Energieausweis des Fünftbeklagten sowie den Ersatz erhöhter Heizkosten begehren, ist ihnen zu entgegnen, dass sie von ihm nicht die Herstellung jenes Zustands verlangen können, von dem sie aufgrund des falschen Energieausweises ausgegangen sind, also das Erfüllungsinteresse.

6.6. Soweit die Kläger allerdings den Ersatz der Kosten eines (richtigen) Energieausweises verlangen, ist ihr Begehren berechtigt:

Die Erst- bis Viertbeklagten als Verkäufer des Hauses verpflichteten sich, einen Energieausweis vorzulegen, der dazu diente die Eigenschaften des Kaufobjekts zu präzisieren, wobei die Verkäufer für die sich daraus ergebende Energiekennzahl Gewähr zu leisten haben. Die Konsequenz des unrichtigen Ausweises ist für sie die sie treffende Gewährleistungspflicht. Sie waren aber nicht vertraglich verpflichtet, den Klägern nochmals einen (anderen) Energieausweis vorzulegen. Mangels Verschuldens scheidet ein Schadenersatzanspruch gegen die Verkäufer aus, sodass der Fünftbeklagte in Ansehung dieser Kosten von 490 EUR, die die Kläger zusätzlich aufwenden mussten, aus dem Titel des Schadenersatzes haftet.

6.7. Zusammengefasst hat der Fünftbeklagte die Kosten des neuen Energieausweises zu ersetzen, er hat jedoch nicht für das Erfüllungsinteresse sowie für Ansprüche einzustehen, bezüglich deren den Klägern deckungsgleiche Ansprüche gegen ihre Vertragspartner zustehen.

Die Teilurteile der Vorinstanzen waren daher in Ansehung eines Teilbegehrens von 490 EUR im klagsstattgebenden Sinne abzuändern; der Beginn des Zinsenlaufs wurde nicht substanziiert bestritten. Im Übrigen war die Klagsabweisung durch die Vorinstanzen zu bestätigen.

6.8. Die Kläger haben nur zu 0,5 % obsiegt und haben nach § 43 Abs 2 erster Fall iVm § 54 Abs 1a ZPO dem Fünftbeklagten alle erstinstanzlichen Kosten auf Basis des abgewehrten Betrags von 96.759,04 EUR zu ersetzen. Da sich aus diesem Ansatz nur um rund ein Promille (10-3)niedrigere Tarifansätze ergeben, war die erstinstanzlich verzeichnete (und unangefochten zugesprochene) Bruttoverdienstsumme des Fünftbeklagten (exkl Barauslagen) von 19.041,36 EUR um ein Promille oder gerundet 19 EUR auf 21.031,16 EUR zu kürzen (vgl Fucik in Rechberger4 § 43 ZPO Rz 13 mwN). Bei den verzeichneten und erkennbar zugesprochenen Barauslagen von (richtig) 2.008,80 EUR hatte es zu bleiben.

In Ansehung der Berufungskosten ergibt sich nach §§ 50, 43 Abs 2 erster Fall ZPO auf Basis 96.759,04 EUR ein Ansatz TP 3B von 1.091,70 EUR; dem Fünftbeklagten standen im Berufungsverfahren nur die beiden Kläger gegenüber, weshalb ihm nur ein 10 %-iger Streitgenossenzuschlag gebührt. Der Honorarzuschlag nach § 23a RATG beträgt 2,10 EUR.

Auch die Kosten des Revisionsverfahrens waren nach §§ 50, 43 Abs 2 erster Fall ZPO zu bemessen. Der Ansatz im Revisionsverfahren nach TP 3C beträgt auf Basis 96.759,04 EUR 1.310,20 EUR. Auch hier gebührt ein Streitgenossenzuschlag von nur 10 %. Beim gemäß § 23a RATG für im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachte Schriftsätze gebührenden Honorarzuschlag handelt es sich nicht um Barauslagenersatz (RIS-Justiz RS0126594 [T2]); in der Revisionsbeantwortung wurde er nunmehr betraglich richtig verzeichnet.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00038.17I.1220.000

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