OGH vom 29.03.2006, 3Ob248/05z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Pensionsversicherungsanstalt, Wien 2, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchrahm, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Maria O*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Gottfried Lichtmannegger, Innsbruck, Bürgerstraße 2, dieser vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 3 R 166/05s-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 20 C 9/05i-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Bescheid vom anerkannte die Pensionsversicherungsanstalt - die nunmehrige Oppositionsklägerin (im Folgenden nur klagenden Partei) - den Anspruch der nunmehrigen Oppositionsbeklagten (im Folgenden nur Beklagte) auf Ausgleichszulage ab dem . Für die Zeit vom bis ergab sich daraus eine Nachzahlung von 46.910,57 Euro, wovon zunächst 44.167,61 Euro zur Verrechnung mit dem Sozialamt der Stadt Innsbruck als Sozialhilfeträger (im Folgenden auch nur Sozialhilfeträger) zurückbehalten wurden. Der Sozialhilfeträger hatte während dieses Zeitraums Sozialhilfe nach dem Tiroler SozialhilfeG LGBl 105/1973 idgF gewährt. Ein Teil davon wurde ihm nach §§ 324, 327 ASVG von der klagenden Partei aus dem ebenfalls mit Bescheid anerkannten Pensionsanspruch der Beklagten ersetzt. Die danach noch offenen 30.702,20 Euro meldete der Sozialhilfeträger bei der klagenden Partei zum Rückersatz aus der Ausgleichszulage an. Die klagende Partei überwies ihm diesen Betrag und zahlte die restlichen 13.465,41 Euro an die Beklagte aus. Der Beklagten wurde dieser Umstand schriftlich mitgeteilt; ein Bescheid erging darüber nicht. Die Beklagte beantragte aufgrund des eingangs genannten Bescheids Fahrnisexekution gegen die klagende Partei zur Hereinbringung von 30.702,20 Euro s.A., die mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom bewilligt wurde. Mit ihrer Oppositionsklage begehrte die klagende Partei die Feststellung, dass der betriebene Anspruch erloschen sei. Sie habe die mit Bescheid zuerkannte Ausgleichszulage im Ausmaß der betriebenen Forderung gemäß § 324 ASVG der Stadt Innsbruck als Trägerin der Sozialhilfe zu ersetzen gehabt. Die Auszahlung der Ausgleichszulage an den Sozialhilfeträger habe daher schuldbefreiende Wirkung gehabt. Der Zweck der Ausgleichszulage bestehe darin, dem Versicherten ein zur Bestreitung der Kosten einer einfachen Lebensführung ausreichendes Mindesteinkommen zu sichern. Die Ausgleichszulage sei daher eine Annexleistung zur Pension und gemäß § 327 ASVG auch zur Befriedigung des Ersatzanspruchs eines Sozialhilfeträger heranzuziehen. Nicht-Pensionsleistungen iSd § 327 zweiter Satz ASVG seien nur solche Einkünfte, die dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwands dienten, wie etwa Kinderzuschuss oder Pflegegeld. Die Auszahlung der vollen Ausgleichszulage an die Beklagte hätte für die Zeit vom bis zu ihrer Doppelversorgung geführt.
Die Beklagte bestritt nicht, dass der Sozialhilfeträger im strittigen Zeitraum Sozialhilfe in Höhe der für denselben Zeitraum betriebenen Ausgleichszulage geleistet habe, und erhob auch keine Einwendungen in Ansehung einer allfälligen Verfristung des Ersatzanspruchs. Dennoch hätte die klagende Partei den Ersatz nicht leisten dürfen. Nach § 327 ASVG dürften nämlich nur Pensionen, nicht aber andere Leistungen der Pensionsversicherungsanstalt zur Befriedigung des Ersatzanspruchs herangezogen werden. Die Auszahlung aus der Ausgleichszulage verstoße gegen diese Bestimmung. Die Ausgleichszulage teile nicht das rechtliche Schicksal der Pension. Sie habe mit dieser, abgesehen von der gemeinsamen Auszahlung, „nichts gemein" und dürfe daher gemäß § 327 ASVG auch nicht zur Befriedigung des Ersatzanspruchs verwendet werden. Die begehrte Zahlung führe auch nicht zu einer Doppelversorgung. Wenn die klagende Partei die strittige Ausgleichszulage an die Beklagte auszahlen müsse, könne sie diesen Betrag vom Sozialhilfeträger aus bereicherungsrechtlichen Gründen zurückfordern. Die Stadt Innsbruck könne nach den „hiefür vorgesehenen Regeln" des Tiroler SozialhilfeG „allfällige Rückgriffs- bzw. Rückforderungsansprüche" gegen die Beklagte stellen. Die Beklagte wolle sich nicht bereichern wolle, es müsse aber „der vom Gesetz vorgegebene Weg der Geltendmachung von Ersatz- und Rückforderungsansprüchen eingehalten werden."
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Ausgleichszulage sei weder eine Pension noch eine Leistung der Pensionsversicherung. Gemäß § 327 letzter Satz ASVG habe die klagende Partei daher rechtsgrundlos an den Sozialhilfeträger geleistet. Ihre Zahlung habe deshalb keine schuldbefreiende Wirkung gehabt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit derselben Begründung. Die von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es fehle Rsp zur Frage, ob die Ausgleichszulage von § 367 ASVG erfasst sei - zugelassene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts aus folgenden Erwägungen nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Vorinstanzen haben sich nicht mit der Frage befasst, ob für die vorliegende Klage der Rechtsweg zulässig ist. Es liegen daher insofern keine bindenden Entscheidungen vor (RIS-Justiz RS0046234, RS0046249), sodass eine allfällige Unzulässigkeit des Rechtswegs auch in dritter Instanz von Amts wegen wahrzunehmen wäre (1 Ob 76/00h = SZ 73/128 mwN).
Der Rechtsweg ist allerdings zulässig. Nach § 35 Abs 2 letzter Satz EO sind zwar Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der in § 1 Z 10 und Z 12 bis Z 14 angeführten (im weitesten Sinn öffentlich-rechtlichen) Exekutionstitel stützt, bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist. Gleiches gilt nach § 3 Abs 2 VVG für die Exekution aufgrund von Bescheiden oder Rückstandsausweisen von Verwaltungsbehörden. Im vorliegenden Fall liegt der Exekution allerdings ein Titel iSd § 1 Z 11 EO (Bescheid eines Versicherungsträgers, mit dem Leistungen zuerkannt oder zurückgefordert werden) zugrunde.
Auch einer wegen der offenkundigen Ähnlichkeit der Fälle (Titel von Verwaltungsbehörden) denkbarer Analogie ist nicht näher zu treten. Leistungsbescheide der Versicherungsträger wurden mit der ASGG-Novelle 1994, BGBl 624/1994, in die Liste des § 1 EO aufgenommen. Zuvor waren in § 1 Z 11 EO arbeitsgerichtliche Titel genannt gewesen; diese Regelung war aber schon mit dem Inkrafttreten des ASGG und der damit bewirkten Überführung der Arbeitsrechtssachen in die ordentliche Gerichtsbarkeit obsolet geworden (Kostka, Die Exekutionsklagen nach den §§ 35, 36 und 37 EO und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz,ZAS 1989, 79). Die neue Regelung hatte den Zweck, eine zuvor bestehende Rechtsschutzlücke zu schließen (vgl. dazu Fink, Die sukzessive Zuständigkeit in Sozialrechtssachen [1995], 647 ff; Konecny, Zuständigkeit für Streitigkeiten über die Auszahlung von Sozialversicherungsleistungen, ecolex 1991, 263 ff), was durch die Aufnahme von Leistungsbescheiden der Versicherungsträger in die Liste der Exekutionstitel nach § 1 EO erfolgte.
Zugleich mit dieser Änderung wurde auch § 35 EO dahingehend novelliert, dass für Oppositionsklagen in Arbeitssachen nunmehr die Titelgerichte zuständig sein sollten. Eine gleichzeitige Änderung in Bezug auf sozialrechtliche Titel, seien sie von einem Gericht oder einem Versicherungsträger geschaffen, erfolgte nicht. Es liegt somit keine Regelungslücke, sondern offenkundig eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers vor, diesbezügliche Oppositionsklagen dem allgemeinen Regime des § 35 Abs 2 erster Satz EO unterfallen zu lassen. Das ergibt sich auch daraus, dass vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger im Gesetzgebungsverfahren vergeblich eine andere Regelung (iSd § 35 Abs 2 letzter Satz EO) gefordert worden war (Fink aaO 652 FN 38). Daraus folgt: Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO unterfallen bei Titeln nach § 1 Z 11 EO nicht dem Regime des § 35 Abs 2 letzter Satz EO, sondern dem des § 35 Abs 2 erster Satz EO.
Die Vorinstanzen haben somit wegen Zulässigkeit des Rechtswegs zu Recht in merito geprüft, ob ein tauglicher Oppositionsgrund vorliegt.
2. Unterstützt ein Träger der Sozialhilfe aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung einen Hilfsbedürftigen für eine Zeit, für die dieser einen Anspruch auf eine Versicherungsleistung nach dem ASVG hat, so hat der Versicherungsträger gemäß § 324 Abs 1 ASVG die geleisteten Unterstützungen nach den Bestimmungen der §§ 325 bis 328 ASVG zu ersetzen, und zwar bei Geldleistungen - wie hier - bis zur Höhe der Versicherungsleistung, auf die der Unterstützte während dieser Zeit Anspruch hat. Diese Bestimmung führt nicht zu einer Legalzession, sondern schafft einen eigenständigen Anspruch des Sozialhilfeträgers (Teschner/Widlar/Pöltner, ASVG MGA, § 324 ASVG Anm 1; Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht [1989] 357; Selb in Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts 564; Krejci, Das Verhältnis des österreichischen Sozialversicherungsrechts zur Fürsorge, Sozialhilfe und privaten Wohlfahrtspflege, in Krejci [Hrsg], Probleme der Fürsorge und Sozialhilfe im Wohlfahrtsstaat [1974] 33, 38). Das ergibt sich insbesondere aus § 324 Abs 3 ASVG, der eine solche Legalzession ausdrücklich vorsieht. Der unterschiedliche Wortlaut der beiden Bestimmungen macht deutlich, dass in § 324 Abs 1 ASVG ein eigenständiger Anspruch geschaffen und nicht bloß ein Forderungsübergang angeordnet wird.
3. Nach § 329 ASVG („Abzug von den Geldleistungen der Sozialversicherung") hat der Versicherungsträger die Beträge, die er zur Befriedigung der Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe (§§ 324 bis 327) aufgewendet hat, von den Geldleistungen der Sozialversicherung abzuziehen, doch darf der Abzug bei wiederkehrenden Geldleistungen jeweils den halben Betrag der einzelnen fälligen Geldleistung nicht übersteigen. Für den Abzug bedarf es nicht der Zustimmung des Unterstützten. Darin liegt, wie Teschner/Widlar/Pöltner (aaO § 324 ASVG Anm 1) zutreffend ausführen, eine Aufrechnung: Dem Anspruch des Unterstützten (in casu: der Beklagten) auf Zahlung der Ausgleichszulage steht jener des Versicherungsträgers (in casu: der klagenden Partei) auf Rückersatz des dem Sozialhilfeträger geleisteten Betrags gegenüber; der in § 329 ASVG angeordnete „Abzug" kann nur als Kompensation gesehen werden.
4. Es ist in Lehre und Rsp unbestritten, dass die Aufrechnung - als Mittel der Tilgung - einen Oppositionsgrund bildet (stRsp, 3 Ob
172/00s = SZ 74/50 = JBl 2002, 45 = IPRax 2002, 412 [Reiner 432]; 3
Ob 43/02y = JBl 2003, 383 = EvBl 2003/12 = RZ 2003/7, je mwN u.a.;
RIS-Justiz RS0000765; Jakusch aaO § 35 Rz 25; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 35 Rz 49, je mwN). Dies gilt jedenfalls, wenn die Aufrechnung nach materiellem Recht zulässig ist (3 Ob 172/00s; Jakusch aaO § 35 Rz 25). Die von den Vorinstanzen festgestellte „Mitteilung" der klagenden Partei an die Beklagte über den Abzug der Ersatzforderung könnte zwar als eine Aufrechnungserklärung angesehen werden, die nach allgemeinem Zivilrecht ausreichen würde. Allerdings statuiert § 367 Abs 2 ASVG:
Abs 1 [Verpflichtung zur Bescheiderlassung] ist entsprechend anzuwenden bei Entziehung, Versagung, Neufeststellung, Widerruf, Abfindung, Abfertigung oder Feststellung des Ruhens eines Leistungsanspruches, ferner bei Geltendmachung des Anspruches auf Rückersatz einer unrechtmäßig bezogenen Leistung, bei Aufrechnung auf eine Geldleistung oder Zurückhaltung der Ausgleichszulage. Für die Aufrechnung auf Geldleistungen besteht somit Bescheidpflicht. Im Umfang einer solchen Bescheiderlassungsverpflichtung tritt die Wirksamkeit der genannten Maßnahme - hier Aufrechnung - erst mit der Bescheiderlassung ein (RIS-Justiz RS0085523). Eine bloße Mitteilung des Versicherungsträgers kann einen zu erlassenden Bescheid nicht substituieren. Wenn ein Versicherungsträger eine Aufrechnung vornehmen will, kann er sich daher nicht auf den faktischen Abzug und/oder auf eine bloße Aufrechnungserklärung beschränken. Vielmehr muss er darüber einen Bescheid erlassen (Fink aaO 246 f; Oberndorfer/Muzak in Tomandl, System 696 f). Bei der Aufrechnung auf die von den Versicherungsträgern zu erbringenden Geldleistungen handelt es sich um die Feststellung des Bestands oder des Umfangs eines Anspruchs auf eine Versicherungsleistung betreffende Angelegenheiten und damit um Leistungssachen und Sozialrechtssachen
(10 ObS 173/89 = SZ 62/96; 10 ObS 127/91 = SSV-NF 5/70; 10 ObS 146/93
= SZ 66/134; RIS-Justiz RS0084111, RS0084114). Der über die Aufrechnung zu erlassende Bescheid kann gemäß § 2 ASGG durch Klage bei Gericht angefochten werden (10 ObS 304/97x = ARD 4954/13/98 = SSV-NF 12/2; RIS-Justiz RS0084111, RS0084114; so ausdrücklich für die hier vorliegende Problematik Teschner/Widlar/Pöltner aaO § 324 ASVG Anm 1 und § 329 Anm 3). In diesem Verfahren ist als Vorfrage zu prüfen, ob nach § 324 iVm § 327 ASVG überhaupt ein Anspruch des Sozialhilfeträgers bestand, d.h. ob die Ausgleichszulage als Pension iSd § 327 ASVG anzusehen ist (vgl. dazu § 295 Abs 1 ASVG, wonach, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf die Ausgleichszulage, auf das bei der Feststellung der Ausgleichszulage zu beobachtende Verfahren und auf das Leistungsstreitverfahren über die Ausgleichszulage die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Pensionen aus der Pensionsversicherung anzuwenden sind). Ein rechtskräftiger Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann einen Oppositionsklagegrund bilden, wenn dadurch ein Anspruch der verpflichteten Partei kraft öffentlichen Rechts entstand, der dem betriebenen privatrechtlichen Beseitigungsanspruch entgegensteht, also gerade jenes Recht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage geschaffen wurde, dessen die verpflichtete Partei aus privatrechtlichen Gründen entbehrt (vgl. 3 Ob 128/02y zur Begründung einer Zwangsdienstbarkeit für eine Gashochdruckleitung nach dem EnergiewirtschaftsG durch Bescheid [zweiter Rechtsgang]; RIS-Justiz RS0115296). Erst die rechtskräftige Entscheidung bewirkt somit die Aufrechnung und damit das im Oppositionsprozess wahrzunehmende Erlöschen des Anspruchs (vgl. zu den Konsequenzen der Bescheidpflicht RIS-Justiz RS0084114; speziell zu dem mit Bescheid auszusprechenden Ruhen eines Pflegegeldanspruchs 10 ObS 96/00s = ARD 5201/6/01). Vor dieser Rechtsgestaltung liegt kein Umstand vor, der der Exekution entgegengehalten werden könnte.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Begriff Aufrechnung im ASVG (abgesehen vom bereits genannten § 367 Abs 2 und von der Übergangsvorschrift des § 616 Abs 10) nur in § 103 verwendet wird. Nach dessen Abs 1 dürfen die Versicherungsträger auf die von ihnen zu erbringenden Geldleistungen aufrechnen: 1. vom Anspruchsberechtigten einem Versicherungsträger nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz geschuldete fällige Beiträge (§ 58 Abs 6), soweit das Recht auf Einforderung nicht verjährt ist; 2. von Versicherungsträgern zu Unrecht erbrachte, vom Anspruchsberechtigten rückzuerstattende Leistungen, soweit das Recht auf Rückforderung nicht verjährt ist; 3. von Versicherungsträgern gewährte Vorschüsse (§§ 104 Abs 1 letzter Satz, 368 Abs 2); 4. die sich aus der Anwendung des § 92 ergebenden Unterschiedsbeträge. Es wäre ein nicht nachvollziehbarer Wertungswiderspruch, wollte man die Bescheidpflicht aufgrund eines Wortlautarguments nur auf § 103 ASVG beziehen (wo ausdrücklich in Überschrift und Text von „Aufrechnung" und „aufrechnen" die Rede ist), andere Aufrechnungsfälle wie den „Abzug" nach § 329 ASVG jedoch davon ausnehmen. Das führte zum Ergebnis, dass der Rechtsschutz der Versicherten bei völlig gleichartigen Fällen unterschiedlich ausgestaltet wäre. Die Aufrechnung iSd § 103 ASVG wäre im sozialgerichtlichen Verfahren zu prüfen, der „Abzug" iSd § 329 ASVG demgegenüber im Oppositionsverfahren.
5. Eine Bescheidpflicht des Versicherungsträgers wurde in der Entscheidung 10 ObS 108/00f verneint. Der dort erkennende 10. Senat nahm aber an, es sei nur zu prüfen, ob die Ausgleichszulage an den Versicherten oder an den Sozialhilfeträger auszuzahlen sei. Die beklagte Partei hatte nach dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt keine Aufrechnung vorgenommen, sondern lediglich die Nachzahlungssumme statt an den (dortigen) Kläger an einen Sozialhilfeträger auf dessen Ersuchen überwiesen. Diese Frage, an wen auszuzahlen sei, stellt sich aber nur für die Legalzessionsfälle des § 324 Abs 3 ASVG. Dort gibt es tatsächlich keine Bescheidpflicht. Ob die Zahlung an den Dritten (den Sozialhilfeträger) schuldbefreiende Wirkung hatte, hängt (nur) von der Frage ab, ob die Forderung auf ihn übergegangen war oder nicht. Diese Vorfrage ist nach allgemeinen Grundsätzen im Oppositionsprozess zu prüfen. § 324 Abs 1 ASVG ordnet aber, wie dargestellt, keine solche Legalzession an, sondern schafft einen eigenständigen Anspruch des Sozialhilfeträgers, der wiederum zu einem Rückersatzanspruch des Versicherungsträgers gegen den Versicherten und damit zur Aufrechnungslage führen kann. Gegen diese Differenzierung könnte zwar eingewendet werden, dass sowohl die Zahlung an den Zessionar als auch die Aufrechnung mit einer Gegenforderung zum Erlöschen der Forderung führe und die beiden Fälle daher gleich behandelt werden müssten (Müller, Wichtige Verfahrensfragen der Sozialgerichtsbarkeit in Leistungsstreitverfahren, RdA 1997, 449). Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber bloße Auszahlungsstreitigkeiten bewusst in das Exekutions- und Oppositionsverfahren verlagert hat, während Aufrechnungsfragen der Bescheidpflicht unterworfen blieben. Als Ergebnis wird damit zwischen verschiedenen Formen der Tilgung unterschieden. Diese Differenzierung ist aber nicht sachfremd, weil der Bestand von Rückersatzansprüchen, insbesondere wenn sie - wie hier - auf originären Ansprüchen Dritter beruhen, regelmäßig schwieriger zu beurteilen sein wird als eine bloße Legalzession.
6. Es könnte die Auffassung vertreten werden, die Oppositionsklage sei überhaupt unzulässig, wenn der Oppositionsgrund vom Erlass eines Bescheids abhängt. Das wurde auch in zwei Entscheidungen so ausgesprochen, und zwar in der E 3 Ob 401/58 = SZ 31/119 (als obiter) zur Aufrechnung mit einer Gegenforderung, für deren Geltendmachung der Rechtsweg ausgeschlossen ist, und in der E 10 ObS 96/00s für das bescheidmäßig festzustellende Ruhen des Anspruchs auf Pflegegeldleistung. Dieser Auffassung kann hier nicht beigetreten werden. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ergibt sich allein daraus, dass der Titel nicht von der gerichtlichen Zuständigkeit ausgenommen ist (§ 35 Abs 2 EO). Auch ist die Einwendung, eine Forderung sei durch Aufrechnung erloschen, nicht als solche in ein anderes Verfahren verwiesen (wie etwa Gründe, die zum Antrag auf Aufhebung einer einstweiligen Verfügung berechtigen; vgl. RIS-Justiz RS0001517). Ob das geltend gemachte Erlöschen des Anspruchs aus dem behaupteten Sachverhalt abgeleitet werden kann, ist vielmehr eine Beurteilung in der Sache. Das Gericht hat im Oppositionsprozess nicht über eine prozessuale Aufrechnungseinrede zu entscheiden, die zurückzuweisen wäre, wenn die Gegenforderung nicht auf den Rechtsweg gehört (RIS-Justiz RS0033861). Vielmehr ist zu prüfen, ob der betriebene Anspruch aufgrund einer außergerichtlichen Aufrechnung des Verpflichteten erloschen ist. Wird diese Frage verneint, weil die Wirksamkeit der Aufrechnung - wie hier - von der Erlassung eines Bescheides abhängt, dann ist der betriebene Anspruch nicht erloschen und das Klagebegehren abzuweisen und nicht die Klage zurückzuweisen.
7. Diese Erwägungen führen im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis: Der Versicherungsträger kann gegen einen Ausgleichszulagenbezieher, der aufgrund eines rechtskräftigen Bescheids des Versicherungsträgers Exekution führt, im Oppositionsprozess (§ 35 EO) nur dann die Aufrechnung mit einer Forderung nach § 324 ASVG geltend machen, wenn auch über die Aufrechnung ein rechtskräftiger Bescheid vorliegt. Die Oppositionsklage ist daher schon deshalb abzuweisen, weil kein Bescheid des klagenden Versicherungsträgers über die Aufrechnung vorliegt.
Auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage kommt es daher hier nicht an. Demnach muss die Revision zurückgewiesen werden.
Kosten für die Revisionsbeantwortung sind nicht zuzusprechen, weil die Beklagte auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen hat.