OGH vom 15.04.2020, 2Ob2/20p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Harald Vill und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei G***** H*****, vertreten durch Mag. Michael Tinzl und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 21.987,51 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 135/19p-30, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 69 Cg 9/18z-26, teilweise abgeändert wurde (Revisionsinteresse 13.726,67 EUR sA), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird gegeben.
1. Das angefochtene Urteil wird teilweise dahin , dass es einschließlich der bestätigten und der als unangefochten unberührt bleibenden Teile lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 9.591,49 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen.
Das Mehrbegehren auf Zahlung von weiteren 12.396,02 EUR samt 4 % Zinsen seit wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 90 EUR bestimmten Anteil an den allein von ihr getragenen Zeugengebühren zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen einen mit 1.457 EUR bestimmten Anteil an den allein von ihr getragenen Pauschal-, Sachverständigen- und Zeugengebühren zu ersetzen.
Im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens erster Instanz gegeneinander aufgehoben.“
2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 571,50 EUR bestimmten Anteil an der Pauschalgebühr für die Berufung zu ersetzen. Im Übrigen werden die Kosten des Berufungsverfahrens gegeneinander aufgehoben.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 939,24 EUR bestimmten Anteil an den Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 156,54 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Bei einem Sportunfall wurde eine Person verletzt. In einem Vorprozess klagte der Geschädigte eine Versicherungsnehmerin der hier klagenden Versicherungsgesellschaft auf Schadenersatz. Ihm wurde dort Schadenersatz in Höhe von 16.521,68 EUR zugesprochen, ein Mehrbegehren von 3.000 EUR wurde abgewiesen. Das ursprünglich ebenfalls erhobene Feststellungsbegehren hatte der Geschädigte zurückgezogen. Weiters wurde die Versicherungsnehmerin zum Ersatz der Kosten des Geschädigten von 12.018,40 EUR verpflichtet.
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin hatte im Vorprozess dem hier Beklagten den Streit verkündet, weil dieser ebenfalls für den Unfall verantwortlich sei, sodass allenfalls Regressansprüche bestünden. Der hier Beklagte hatte demgegenüber das alleinige Verschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin behauptet und war daher dem Vorprozess auf Seiten des Geschädigten beigetreten. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin wurde dort zum Ersatz der Kosten des Nebenintervenienten von 5.895,04 EUR verpflichtet.
Die Klägerin leistete aufgrund der bestehenden Haftpflichtversicherung folgende Beträge:
Schadenersatz an den
Geschädigten16.521,68 EUR
Verzugszinsen983,57 EUR
Schadenersatz an einen Sozial-
versicherungsträger (§ 332 ASVG)2.661,29 EUR
Kosten des Geschädigten12.018,40 EUR
Kosten des Nebenintervenienten5.895,04 EUR
Im vorliegenden Revisionsverfahren ist unstrittig, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagte im Innenverhältnis je zur Hälfte für die Folgen des Unfalls haften.
Die begehrte vom Beklagten 21.987,51 EUR sA. Sie habe für ihre Versicherungsnehmerin Ansprüche Dritter befriedigt, sodass deren Regressansprüche auf sie übergegangen seien. Der Beklagte sei zu 50 % für den Unfall verantwortlich. Er habe daher einerseits die Hälfte des von der Klägerin geleisteten Schadenersatzes samt Verzugszinsen sowie die Hälfte der dem Geschädigten ersetzten Prozesskosten zu ersetzen, andererseits habe er den gesamten ihm zugesprochenen Kostenbetrag zurückzuzahlen. Der Anspruch gründe sich (insbesondere) auf Schadenersatz, Gesamtschuldnerregress (§ 896 ABGB), Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 1037 ABGB) und Bereicherung (§ 1041 ABGB).
Der bestritt eine Mitverantwortung für den Unfall. Kosten habe er wegen Aussichtslosigkeit des Vorprozesses nicht zu ersetzen.
Das gab dem Klagebegehren statt. Den Beklagten treffe ein gleichteiliges Verschulden. Er habe daher die Hälfte des Schadens und die Hälfte der Kosten des Geschädigten zu ersetzen. Die eigenen Kosten des Vorprozesses hätten die Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagte jeweils selbst zu tragen. Daher habe der Beklagte den aufgrund der Kostenentscheidung des Vorprozesses an ihn geleisteten Kostenersatz zur Gänze zurückzuzahlen.
Das verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 8.260,84 EUR sA und wies das Mehrbegehren ab. Die Revision ließ es zunächst nicht zu.
Es teilte die Auffassung des Erstgerichts, dass der Beklagte im Innenverhältnis zur Hälfte hafte, und bestätigte auf dieser Grundlage den Zuspruch der Hälfte des dem Geschädigten geleisteten Schadenersatzes. Das Mehrbegehren sei jedoch abzuweisen, weil eine Rechtsgrundlage für den Ersatz der Kosten des Vorprozesses und der Verzugszinsen fehle. Weshalb das Berufungsgericht im Ergebnis auch das Begehren in Bezug auf den dem Sozialversicherungsträger geleisteten Ersatz abwies, begründete es nicht.
Der erwuchs in . In ihrer mit einem Zulassungsantrag verbundenen macht die geltend, dass auch nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts der halbe dem Sozialversicherungsträger geleistete Betrag zuzusprechen gewesen wäre. Gleiches gelte nach näher dargestellten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs auch für die Kosten und die Verzugszinsen.
Das ließ die Revision nachträglich zu, weil es das Begehren auf anteiligen Ersatz der Zahlung an den Sozialversicherungsträger zu Unrecht abgewiesen habe.
In der beantragt der , die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts zu den Kosten und den Verzugszinsen treffe aus näher dargestellten Gründen zu. In Bezug auf die Zahlung an den Sozialversicherungsträger habe sich die Klägerin keine „Mithaftung“ anrechnen lassen; daher stehe ihr jedenfalls nur die Hälfte des insofern eingeklagten Betrags zu.
Rechtliche Beurteilung
Die ist schon aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund , sie ist .
1. Nach § 67 Abs 1 VersVG geht ein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. In der Haftpflichtversicherung erfolgt diese Leistung an den Versicherungsnehmer durch Deckung des Drittschadens (RS0081235 [T1]). Der Begriff „Schadenersatzanspruch“ erfasst hier alle Ersatzansprüche gegen Mithaftende, ohne dass es auf deren Rechtsgrundlage ankäme (RS0080594, RS0080533 [T3, T 9]). Durch den Forderungsübergang ändert sich die Rechtsnatur des Anspruchs nicht (2 Ob 7/10h mwN).
2. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin jedenfalls Anspruch auf die Hälfte des von ihr dem Sozialversicherungsträger geleisteten Ersatzes.
2.1. Im Revisionsverfahren ist unstrittig, dass der Beklagte im Innenverhältnis mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin zur Hälfte für den Schaden des Geschädigten haftet. Mit der Leistung vollen Ersatzes durch die Klägerin entstand daher ein anteiliger Regressanspruch der Versicherungsnehmerin (§ 896 ABGB), der zugleich aufgrund dieser Leistung auf die Klägerin überging (§ 67 Abs 1 VersVG).
2.2. Auf dieser Grundlage hat das Erstgericht der Klägerin zutreffend die Hälfte des von ihr geleisteten, der Höhe nach unstrittigen Schadenersatzes zugesprochen, ohne dabei zwischen der Zahlung an den Geschädigten und an den Sozialversicherungsträger zu unterscheiden. Denn auch die zweitgenannte Zahlung diente der Deckung eines – hier nach § 332 ASVG auf den Sozialversicherungsträger übergegangen – Anspruchs des Geschädigten gegen die Versicherungsnehmerin. Am Bestehen des Regressanspruchs besteht daher auch für diesen Teil der Ersatzleistung kein Zweifel. Die offenbar auf einem Übersehen dieses Anspruchsteils beruhende Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher insofern zu korrigieren.
2.3. Der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe nicht ihre „Mithaftung“ anerkannt, weswegen der eingeklagte „Teilschaden“ um die Hälfte zu kürzen sei, trägt insofern nicht: Die diesbezügliche Rechtsprechung (RS0027184) bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber ein Regressanspruch zwischen Solidarschuldnern zu beurteilen. Die Klägerin macht nicht etwa einen Teil eines von ihr erlittenen „Schadens“ geltend, sondern behauptet das Bestehen eines Regressanspruchs in Höhe der halben von ihr aufgrund des Haftpflichtversicherungsverhältnisses geleisteten Deckung. Ein Grund, diesen Anspruch noch einmal um die Hälfte zu kürzen, ist nicht erkennbar.
3. Den Anspruch auf anteiligen Ersatz der dem Geschädigten ersetzten Kosten des Vorprozesses hat das Berufungsgericht hingegen zurecht abgewiesen.
3.1. § 896 ABGB trägt den Regressanspruch für sich allein nicht, weil der Beklagte gegenüber dem Geschädigten nicht für die Kostenforderung haftet (G. Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03§ 896 Rz 17; Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas4§ 896 Rz 23, beide mwN). Anderes gilt nur dann, wenn der auf Regress in Anspruch genommene Mitschuldner – anders als hier – auch selbst in Verzug war und daher auch für die Kosten von Eintreibungsversuchen gegen andere Mitschuldner haftete (Perner in Klang3§ 896 Rz 48; Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas4§ 891 Rz 8). Die Entscheidung 8 Ob 55/02z steht dem nicht entgegen: Dort wurde zwar die Haftung eines Mitschuldners für die Kosten von Eintreibungsmaßnahmen gegen den anderen Schuldner bejaht. Dies beruhte jedoch (entgegen dem möglicherweise missverständlichen Rechtssatz RS0116723) darauf, dass auch der in Anspruch genommene Mitschuldner in Verzug gewesen war, woraus sich (wie ausgeführt) seine Ersatzpflicht ergab.
3.2. Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 1037 ABGB) ist ebenfalls keine taugliche Anspruchsgrundlage.
(a) Richtig ist, dass Teile der Rechtsprechung bei Solidarhaftung zweier Schädiger einen Kostenregress aufgrund nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 1037 ABGB) bejahten, wenn eine Streitverkündung erfolgt war (8 Ob 92/08z mwN zur älteren Rsp; 2 Ob 215/11y ZVR 2014/51 [krit Huber] = EvBl 2012/160 [krit Schneider] mwN zum Meinungsstand in der Lehre; 2 Ob 4/13x; 1 Ob 134/13g). Begründet wurde dies jeweils mit der Bindungswirkung der Streitverkündung (1 Ob 2123/96d SZ 70/60; RS0107338). Dabei wurde der Anspruch teilweise des Unterbleibens einer Nebenintervention gewährt, weil der Regressgläubiger daraus habe schließen können, dass der Regressschuldner mit der Prozessführung einverstanden sei (8 Ob 92/08z; 1 Ob 134/13g), teilweise aber auch dann, wenn der Regressschuldner dem Vorprozess auf Seiten des Regressgläubigers beigetreten war (2 Ob 215/11y).
(b) Andere Entscheidungen lehnten einen mit § 1037 ABGB begründeten Kostenregress ab, weil der (angeblich) für die Verfolgung fremder Interessen gemachte Aufwand von der eigenen Sphäre des Geschäftsführers nicht abtrennbar sei (3 Ob 53/02v; 4 Ob 146/10i ZVR 2011/226 [Huber]; RS0109200 [T7, T 8]; RS0112478 [T3, T 4]). Zudem fehle der nach § 1037 ABGB erforderliche Vorteil, soweit der Regresskläger den Vorprozess verloren habe. Denn in diesem Fall schlage die mit der Streitverkündung verbundene Bindungswirkung nicht zum Vorteil, sondern zum Nachteil des Regressschuldners aus (3 Ob 53/02h; dazu ausführlich Fötschl, Zur Ausgleichsfähigkeit von Kosten eines Vorprozesses, ÖJZ 2004, 781 ff).
(c) Auf diese Judikaturdivergenz kommt es aber hier nicht an. Denn der Beklagte des vorliegenden Verfahrens ist dem Vorprozess auf Seiten des Geschädigten beigetreten. Das war zulässig, weil er je nach dem Prozessergebnis eine Inanspruchnahme durch beide Hauptparteien befürchten musste (RS0117330; zu den Folgen für die Bindungswirkung 6 Ob 62/13f = JAP 2013/2014/22 [zust Schneider]). Die Rechtsverteidigung, deren Kosten die Klägerin nun anteilig verlangt, erfolgte daher eindeutig gegen den Willen des Beklagten. Damit steht § 1040 ABGB einem Aufwandersatzanspruch entgegen. Zwar kann sich der in dieser Bestimmung genannte Zurücknahmeanspruch zur Vermeidung einer Bereicherung des Geschäftsherrn auch auf geleistete Geldbeträge beziehen (6 Ob 190/00k; vgl allerdings RS0019806, wonach § 1040 ABGB auch die Verwendungsklage ausschließe). Es ist aber nicht erkennbar, dass hier eine solche Situation vorläge. Denn die dem Regressanspruch zugrunde liegende Kostenforderung des Klägers des Vorprozesses beruht auf dem (teilweisen) der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Eine dadurch eingetretene Bereicherung des Beklagten ist nicht erkennbar.
3.3. Auch die im Schrifttum erwogene Anwendung von § 837 ABGB hilft der Klägerin nicht weiter.
(a) Perner schlägt vor, den Anspruch des Regressgläubigers bei einer Solidarschuld auf § 837 ABGB zu gründen (Perner, Ersatz der Kosten eines Vorprozesses beim Solidarschuldnerregress, RdW 2008, 49 ff; ders in Klang3 § 896 Rz 53 f): Die Mitschuldner stünden in einer Rechtsgemeinschaft, was bei Rechtsverteidigung durch einen von ihnen zur Anwendung dieser Bestimmung führe. Die Nützlichkeit des Aufwands sei in diesem Fall nicht wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag ex post (also nach dem tatsächlich eingetretenen Nutzen), sondern – wie nach § 1014 ABGB – ex ante zu beurteilen.
(b) Diese Auffassung ist zwar im Ansatz erwägenswert. Im konkreten Fall scheitert ein auf § 837 ABGB gegründeter Anspruch aber wieder daran, dass der Beklagte durch den Beitritt auf der Gegenseite klargestellt hat, dass die Rechtsverteidigung durch den Versicherungsnehmer der Klägerin gegen seinen Willen erfolgte. Das schließt den Aufwandersatzanspruch auch hier aus (4 Ob 98/16i = RS0130960). Die im Schrifttum erwogenen Ausnahmen von diesem Grundsatz – nachträglich hervorgekommene Notwendigkeit der Maßnahme, Rechts- oder Sittenwidrigkeit des Widerspruchs (Sprohar-Heimlich in Schwimann/Kodek5§ 837 Rz 15 mwN) – liegen hier nicht vor.
3.4. Soweit sich die Klägerin auf § 1041 oder § 1043 ABGB stützt, scheitert ihr Anspruch (schon) am Fehlen einer mit der Kostenersatzpflicht im Vorprozess im Zusammenhang stehenden Bereicherung des Beklagten.
(a) Die Kostenersatzpflicht gegenüber dem Geschädigten beruhte ausschließlich auf dem (teilweisen) Prozessverlust der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Weshalb der Beklagte durch diesen Prozessverlust bereichert sein sollte, ist nicht erkennbar. Gleiches gilt für einen Anspruch des Beklagten iSv § 1043 ABGB.
(b) Zwar hat die Versicherungsnehmerin der Klägerin im Vorprozess auch einen Teil der Ansprüche des Geschädigten abgewehrt. Ihren insofern gemachten (eigenen) Prozessaufwand begehrt die Klägerin aber nicht ersetzt. Damit kann die weitere Frage offen bleiben, ob die Abwehr eines Anspruchs durch einen Solidarschuldner tatsächlich zu einer Bereicherung des oder der Mithaftenden führt. Denn insofern besteht auch im Fall der Streitverkündung keine Bindungswirkung, da weder eine Regresssituation (RS0107338 [insb T 15, T 16]) noch ein Alternativschuldverhältnis (5 Ob 68/11b) vorliegt. Der Geschädigte wäre daher nicht gehindert, gegen den oder die Mithaftenden auch jenen Anspruch geltend zu machen, dessen Abwehr dem Regressgläubiger gelungen war (Perner, RdW 2008, 51). Das mag zwar einem Regressanspruch nach § 837 ABGB nicht entgegenstehen (Perner aaO; vgl auch Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas4§ 896 Rz 26); ob aber tatsächlich eine Bereicherung ieS vorliegt, ist hingegen fraglich.
(c) Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 2/00b in einem vergleichbaren Fall – bei ausdrücklicher Verneinung eines Anspruchs nach § 1037 ABGB – § 1041 ABGB als taugliche Anspruchsgrundlage angesehen hat. Der Entscheidung ist jedoch nicht zu entnehmen, worin in der konkreten Situation die Bereicherung des Mithaftenden liegen soll. Der Senat kann dieser Auffassung daher nicht folgen.
3.5. Auch sonst fehlt ein besonderes Verhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und dem Beklagten, das Letzteren aufgrund § 896 ABGB zum teilweisen Ersatz der Kosten verpflichtete. Insbesondere bestand zwischen ihnen kein Vertrag, aus dem der Beklagte in Bezug auf den Kostenaufwand schadenersatzpflichtig werden könnten (vgl zum Kostenregress auf vertraglicher Grundlage RS0045850).
4. Ebensowenig besteht ein Anspruch auf (Rück)Ersatz jener Kosten, die die Klägerin dem Beklagten aufgrund der Kostenentscheidung des Vorprozesses ersetzt hatte.
Zwar folgt aus der Rechtskraft des Kostentitels kein Prozesshindernis, weil die Klägerin einen materiell-rechtlichen Anspruch behauptet, der in der Kostenentscheidung des Vorprozesses nicht berücksichtigt werden konnte (RS0106965). Ein Grund für diesen Anspruch ist aber nicht erkennbar: Die Zahlung erfolgte wegen des Kostentitels nicht rechtsgrundlos, sodass eine Leistungskondiktion oder ein sonstiger Bereicherungsanspruch ausscheidet. Ein Schadenersatzanspruch liegt mangels Rechtswidrigkeit nicht vor, weil es dem Beklagten in der konkreten Situation frei stand, auf welcher Seite er beitrat (RS0117330). Bloße Billigkeitserwägungen, wie sie in der Revision angeführt werden, können den Anspruch nicht begründen.
5. Auch in Bezug auf die Verzugszinsen fehlt eine Rechtsgrundlage für den begehrten Ersatz.
Durch die Klage im Vorprozess oder eine allenfalls vorangegangene Mahnung war nur die Versicherungsnehmerin der Klägerin in Verzug. In Bezug auf die dadurch angefallenen Verzugszinsen bestand daher keine Solidarverpflichtung, was einen Regress nach § 896 ABGB ausschließt (RS0017419). Eine Bereicherung des Beklagten ist durch die Zahlung der von ihm nicht geschuldeten Verzugszinsen nicht eingetreten. Soweit sich aus einem nicht weiter begründeten Satz in der Entscheidung 8 Ob 2/00b Gegenteiliges ergeben könnte, kann der Senat dem nicht folgen.
6. Aus diesen Gründen hat die Revision nur insofern Erfolg, als das Berufungsgericht die Regressforderung in Bezug auf die Zahlung an den Sozialversicherungsträger abgewiesen hat. Der Klägerin ist daher ein weiterer Betrag von 1.330,65 EUR sA zuzusprechen. Im Übrigen hat es bei der angefochtenen Entscheidung zu bleiben.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 43 Abs 1 und 2 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO.
In erster und zweiter Instanz hat die Klägerin etwa zur Hälfte obsiegt. Das führt nach § 43 Abs 1 ZPO, im Berufungsverfahren iVm § 50 ZPO, zur Kostenaufhebung. Die jeweils allein getragenen Sachverständigen-, Zeugen- und Pauschalgebühren sind je zur Hälfte zu ersetzen.
Im Revisionsverfahren ist die Beklagte nur zu einem Zehntel unterlegen, wobei insofern keine besonderen Rechtsfragen zu lösen waren. Sie hat daher nach § 43 Abs 2 iVm § 50 ZPO Anspruch auf Ersatz ihrer gesamten Kosten, dies auf der Grundlage des von ihr abgewehrten Revisionsinteresses.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00002.20P.0415.000 |
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