zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 09.05.2007, 7Ob269/06v

OGH vom 09.05.2007, 7Ob269/06v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen von Andreas M*****, vertreten durch KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, 1080 Wien, Rathaus, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 1,064.703,95 sA, über die „außerordentliche Revision" der klagenden Partei „gegen das Teilurteil" des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 66/06p-29, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 58 Cg 150/04m-24, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Soweit in der außerordentlichen Revision auch ein Rekurs gegen den in die Entscheidung aufgenommenen Aufhebungsbeschluss enthalten ist, wird er zurückgewiesen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
Der Revision wird im Übrigen nicht Folge gegeben.
3.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die MA 56 ist bevollmächtigt, Verträge mit Fahrtendienstunternehmen zur Organisation von Schulfahrtendiensten für behinderte Kinder abzuschließen. Aufgrund einer Ausschreibung im Jahr 1997 legte der Gemeinschuldner ein Anbot, dem seine Tarife zugrunde lagen. Er erhielt den Zuschlag. Die Beklagte schloss mit dem Gemeinschuldner aufgrund dessen Anbotes einen befristeten Vertrag bis August 2003 hinsichtlich der Erbringung von Schulfahrtendiensten für den 22. Bezirk. Eine Tariferhöhung infolge Indexanpassungen wurde vereinbart. Die MA 12 ist bevollmächtigt, die Regelfahrtendienste nach den Bestimmungen des Wiener Behindertengesetzes 1986 abzuwickeln. Von Jänner bis September 1999 waren für die MA 12 14 Fahrtendienste tätig, jedoch nicht der Gemeinschuldner.

Der Hauptanteil der Fahrten insgesamt wurde vom Fahrtendienstunternehmen H***** abgewickelt. Im September 1999 zeichnete sich die Insolvenz des Unternehmens ab, der Konkurs wurde am eröffnet. Die Beklagte war dadurch gezwungen, schnell Ersatz zu schaffen. Die Bediensteten der MA 12 und der MA 56 hatten den Auftrag, mit den anderen schon für die Beklagte tätigen Fahrtendienstunternehmen Kontakt aufzunehmen und über eine Erweiterung ihrer Kapazitäten zu verhandeln.

Schon im September 1999 erklärte sich der Gemeinschuldner einer Mitarbeiterin der MA 12 gegenüber bereit, Regelfahrtendienste zu übernehmen. Der Mitarbeiterin der MA 56 gegenüber lehnte er es aber ab, weitere Schulfahrten durchzuführen, weil er seine Kapazitäten in diesem Bereich nicht erweitern wollte. Von der Beklagten wurden jedoch Unternehmen gesucht, die nicht - wie der Gemeinschuldner - bloß bereit waren, einzelne Fahrten zu übernehmen, sondern Unternehmen, durch deren Beauftragung Kapazitäten geschaffen würden, die die Beförderung von 1400 bis 1500 Personen sicherstellen könnten. Sie sollten jeweils sowohl für die MA 12 als auch für die MA 56 Fahrten durchführen.

Am fand eine Besprechung zwischen Mitarbeitern der MA 12 und sieben Unternehmern (E*****, K*****, W*****, K*****, H*****, J*****, Ö*****) sowie der Taxiinnung statt. Der einhellige Tenor dieser Besprechung war, dass für die Regelfahrtendienste eine Ausweitung der Kapazitäten nicht möglich sei, da die Anschaffung von weiteren Spezialfahrzeugen finanziell und organisatorisch zu aufwendig wäre, um mit den derzeitigen Entgelten das Auslangen zu finden.

Am erhielt der Gemeinschuldner von Bediensteten der MA 12 die Zusage, im Rahmen des Regelfahrtendienstes Beförderungen durchzuführen. Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde dies bestätigt und vermerkt, dass die dafür anfallenden Kosten der MA 12 in Rechnung zu stellen seien, wobei auf eine ausgehändigte Tarifliste hingewiesen wurde.

Der Gemeinschuldner erhielt die erste Fahrt schon im Oktober 1999 zugeteilt. Im Dezember 1999 stellte der Fahrtendienst H***** seine Tätigkeit für die Beklagte ein.

In der Folge führten Mitarbeiter der MA 12 und 56 mit interessierten Fahrtendiensten Gespräche. Die Unternehmen sollten sowohl für die MA 12 als auch für die MA 56 Fahrten durchführen. Der Gemeinschuldner wurde zu diesen Gesprächen nicht mehr eingeladen, da er gegenüber einer Mitarbeiterin der MA 56 erklärte, dass er seine Kapazitäten nicht erweitern werde. Es zeichnete sich ab, dass letztlich nur die Fahrtendienste E*****, H*****, J***** und J***** bereit waren, ihre Kapazitäten zu erweitern. Dazu kamen zwei neu gegründete Unternehmen W***** und G*****. Die Preisvorstellungen der Fahrtendienste waren so unterschiedlich, dass die Mitarbeiter der Beklagten vorschlugen, dass alle Unternehmen vorerst zum Tarif des Fahrtendienstes H***** fahren sollten und man in der Folge sehen werde, wie sich die Sache entwickle.

Am stellte die MA 12 an den Wiener Gemeinderat einen Antrag auf Genehmigung eines abzuschließenden Übereinkommens über den Regelfahrtendienst gemäß § 92 der Wiener Stadtverfassung. Die MA 12 wurde vom Gemeinderat ermächtigt, mit den in Frage kommenden Unternehmen ein Übereinkommen über die Regelfahrtendienste ab dem zu schließen.

Am schloss die Beklagte sowohl für die MA 12 als auch für die MA 56 mit E*****, G*****, H*****, J***** und W***** AG Verträge. In diesen war vorgesehen, dass nach Ablauf von sechs Monaten Vertragsgeltung das Beförderungsunternehmen eine Nachkalkulation zu erstellen habe und dass danach einvernehmlich festzustellen sei, ob ein höheres oder geringeres Entgelt als vertragsgemäß festgelegt, für die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart werde.

Die fünf Fahrtendienste legten vereinbarungsgemäß ihre Geschäftsunterlagen der Beklagten vor. Die Nachkalkulationen der einzelnen Unternehmen bewegten sich in einer Größenordnung zwischen 90 und 120 % über den damals bezahlten Beförderungstarifen. Letztendlich erhöhte die Beklagte den fünf Unternehmen gegenüber den Tarif um 86 %. Dies betraf sowohl Fahrten für die MA 12 als auch Fahrten für die MA 56.

Die durch den Konkurs des Fahrtendienstes H***** freigewordenen Fahrten sowohl für die MA 12 als auch für die MA 56 wurden in unterschiedlicher Anzahl auf die fünf Unternehmen aufgeteilt und durchgeführt. Jedes Unternehmen führte dadurch zusätzlich sowohl Schulfahrtendienste als auch Regelfahrtendienste durch. Der Gemeinschuldner war ab Februar 2000 für die MA 12 auch im Freizeitfahrtendienst tätig. Die MA 12 hatte an seinem Gesamtumsatz 11,67 %. Die Anzahl der von ihm beförderten Schüler für den 22. Bezirk stieg im Schuljahr 2000/2001 um 20. Schon allein deshalb war es notwendig, mindestens drei zusätzliche Fahrzeuge anzuschaffen. Der Gemeinschuldner führte in seinem Betrieb auch Boten- und Taxifahrten durch. Der Anstieg des Umsatzes von rund 16,5 Mio S auf rund 24,2 Mio S ist auf Botendienste zurückzuführen. Auch dafür mussten Fahrzeuge angeschafft und Lenker angestellt werden. Der Gemeinschuldner beschäftigte im August 1999 45, im Dezember 1999 64 Mitarbeiter. Er kaufte von November 1999 bis September 2000 4 Rollstuhlbusse (wovon einer allgemein dem Fahrtendienst zur Verfügung stand) und 4 PKW. Im August 2000 leaste er einen Bus. Ende des Jahrs 2000 wurde bekannt, dass fünf Unternehmen einen „günstigeren" Vertrag, nämlich mit einer Nachverrechnungsklausel, abgeschlossen hatten. Der Gemeinschuldner fühlte sich dadurch ungleich behandelt und versuchte mit verschiedenen Vertretern der Beklagten eine Einigung zu erzielen. Sie schlugen ihm vor, dass auch die anderen Fahrtendienste ihre Kalkulationsunterlagen zur Überprüfung vorlegen sollten. Vier Fahrtendienste, darunter auch der Gemeinschuldner, erhielten nach Überprüfung der Unterlagen eine Tariferhöhung von 42 % rückwirkend ab . Der Gemeinschuldner gab sich mit dieser Erhöhung nicht zufrieden. Im September 2001 wurde zunächst das Ausgleichsverfahren über sein Vermögen eröffnet. Mit Schreiben vom informierte die MA 12 den Gemeinschuldner, dass die Leistungen des Regelfahrtendienstes mit geänderten Standards neu ausgeschrieben würden und aus diesem Grund der Vertrag mit aufgekündigt werde. Es werde ersucht, bis zum Inkrafttreten der Zuschlagserteilung die Leistung im bisherigen Umfang weiter zu erbringen. Dem Ersuchen kam der Gemeinschuldner nach.

Im Jahr 2003 erfolgte eine neuerliche Ausschreibung für die Leistungen der MA 56, der Gemeinschuldner erhielt jedoch keinen Zuschlag. Mit wurde der Konkurs über sein Vermögen eröffnet.

Der Kläger begehrt nun die Bezahlung jener Beträge, die der Gemeinschuldner erhalten hätte, wenn auch mit ihm die Entgeltsvereinbarung mit Nachverrechnungsklausel getroffen worden wäre. Der Gemeinschuldner habe sich sofort bereit erklärt, in der Notsituation zu helfen und die Durchführung der Fahrtendienste sicherzustellen. Fünf weitere Unternehmen hätten sich erst im Dezember 1999 dazu bereit erklärt, zusätzliche Fahrten zu übernehmen. Die Magistratsabteilungen 12 und 56 hätten mit allen nunmehr für sie tätigen Fahrtendiensten neue Verträge abschließen müssen, weil die zu diesem Zeitpunkt bezahlten Entgelte nach den Tarifen des Fahrtendienstes H***** nicht mehr angemessen gewesen seien. Aus unternehmerischer Vorsicht und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Möglichkeiten sei es dem Gemeinschuldner nicht möglich gewesen, einen gesamten weiteren Schulbezirk im Auftrag der MA 56 zusätzlich zu übernehmen. Es müsse nämlich berücksichtigt werden, dass bereits hinsichtlich des übernommenen Gemeindebezirkes die Anzahl der zu befördernden Schüler zugenommen habe. So seien im Schuljahr 2000/2001 20 Schüler mehr zu transportieren gewesen als im Schuljahr 1999/2000. Bis zum Schuljahr 2002/2003 habe sich die Anzahl der zu befördernden Schüler um insgesamt 31 Personen gesteigert. Der Gemeinschuldner habe daher nur Fahrten für die MA 12 vom Fahrtendienst H***** übernehmen können. Über die weiteren Verhandlungen sei der Gemeinschuldner nicht informiert worden. Er habe erst viel später von Kollegen anderer Fahrtendienste Kenntnis erlangt, dass er gegenüber fünf anderen Fahrtendiensten benachteiligt worden sei, weil er zu den Vertragsgesprächen nicht geladen worden sei. Nicht alle der fünf Unternehmen hätten ihre Kapazitäten erweitert. Auch der Gemeinschuldner habe seine Kapazitäten für die zusätzlichen Fahrten für die MA 12 erweitern müssen. Er habe insgesamt neun Fahrzeuge neu angeschafft und auch Fahrer aufgenommen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum mit ihm kein neuer Vertrag geschlossen worden sei. Die Beklagte habe dadurch den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil sie den Gemeinschuldner massiv benachteiligt habe und diesem viel weniger für die Erbringung der Regelfahrten bezahlt habe als anderen Fahrtendiensten. Eine Schlechterstellung des Gemeinschuldners durch ein niedrigeres Entgelt lasse sich nicht rechtfertigen, weil dieser gegenüber der Beklagten die gleichen Dienstleistungen zu den gleichen Anforderungen ordnungsgemäß erbracht habe. Es sei zwar eine Nachverrechnung durch die Magistratsabteilungen 12 und 56 erfolgt, jedoch sei seine Erhöhung nur um 42 %, und nicht wie gegenüber den fünf anderen Fahrtendiensten um 86 %, erfolgt. Dieses Entgelt sei aber nicht kostendeckend. Durch die Benachteiligung des Gemeinschuldners sei ein Verdienstentgang und ein Zinsenverlust in der Höhe des Klagsbetrages entstanden, wobei die einmalige Nachverrechnung bereits berücksichtigt worden sei.

Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Gemeinschuldner von 1998 bis Juni 2003 aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung nach dem Wiener Landesvergabegesetz Schulfahrten für die MA 56 für den Schulstandort 22. Wiener Gemeindebezirk durchgeführt habe. Ab Oktober 1999 habe der Gemeinschuldner vereinzelt Regelfahrten für die MA 12 übernommen. Aufgrund des Konkurses über das Unternehmen H***** sei die Beklagte vor dem Problem gestanden, im Interesse der zu befördernden behinderten Personen möglichst rasch Ersatz zu finden. Dies sei insofern schwierig gewesen, als das Unternehmen H***** ca 50 % des Regelfahrtendienstes für die MA 12 und ca 90 % des Schulfahrtendienstes für die MA 56 abgewickelt habe. Für die MA 12 seien insgesamt 14 Unternehmen tätig gewesen, für die MA 56 nur das Unternehmen H***** und der Gemeinschuldner. Aufgrund der Notsituation hätten mehrere Unternehmen, so auch der Gemeinschuldner, ihre Kapazitäten freiwillig ausgeschöpft, um zusätzliche Regelfahrten vorzunehmen. Darüber hinaus seien letztlich nur insgesamt fünf Unternehmen bereit gewesen, ihre Kapazitäten zu erweitern und diesbezüglich Investitionen durchzuführen, um ab Dezember 1999 alle Regelfahrten für die MA 12 und die Schulfahrten für die MA 56 bewältigen zu können. Die MA 12 sei vom Wiener Gemeinderat ermächtigt worden, das Übereinkommen vom mit den Unternehmen zu schließen. Der Gemeinschuldner sei entsprechend den mit ihm geschlossenen Vereinbarungen entlohnt worden. Am Ausmaß der Schulfahrten habe sich beim Gemeinschuldner nichts geändert. Die Regelfahrten der MA 12 seien insgesamt auf zehn Unternehmen aufgeteilt worden, wobei nur fünf Unternehmen auch ihre Kapazitäten erweitert hätten. Der Gemeinschuldner habe seine Kapazitäten nicht erweitert. Die Nachverrechnungsklausel sei deshalb vereinbart worden, weil durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Unternehmens H***** sehr rasch Firmen hätten gefunden werden müssen, die nicht nur bereit gewesen seien, vorhandene Kapazitäten auszuschöpfen, sondern diese auch zu erweitern, damit alle Schulfahrten und Regelfahrten bewerkstelligt werden könnten. Da kein Unternehmen zunächst bereit gewesen sei, das Risiko der Investitionen zu tragen, sei die Nachverrechnung vereinbart worden. Die Beklagte habe auch hinsichtlich der Gemeinschuldnerin aufgrund deren Unterlagen eine Nachkalkulation vorgenommen und daraus eine Erhöhung von 42 % errechnet und ausgezahlt. Es sei der Personal- und Sachaufwand verglichen worden. Die Beklagte habe mit Wirkung alle Fahrtendienstverträge aufgekündigt, um die Regelfahrtendienste einem Vergabeverfahren zuzuführen. Bislang sei es zu keinem rechtswirksamen Zuschlag gekommen. Allfällige geringfügige Kapazitätserweiterungen im Unternehmen des Gemeinschuldners im Jahr 2000 seien in anderen Tätigkeitsbereichen erfolgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Ungleichbehandlung sei sachlich gerechtfertigt, weil die Beklagte Fahrtendienste habe finden müssen, die bereit gewesen seien, ihre Kapazitäten zu erweitern und die Fahrten des insolventen Unternehmens H***** zu übernehmen. Alle begünstigten Fahrtendienste hätten sowohl Fahrten der MA 12 als auch der MA 56 übernommen. Der Gemeinschuldner habe es aber abgelehnt, seine Kapazitäten hinsichtlich der Leistungen der MA 56 auszuweiten. Die sachliche Rechtfertigung für die Ausnahmeregelung des höheren Tarifes liege darin, dass diese Fahrtendienste uneingeschränkt bereit gewesen seien, ihre Kapazitäten zu erweitern. Die Beklagte habe daher den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung von EUR 768.733,16 s.A. mit Teilurteil und hob das Ersturteil hinsichtlich des Begehrens auf Zahlung von weiteren EUR 295.970,80 s.A. auf. Es bejahte die Fiskalgeltung der Grundrechte für Gebietskörperschaften, auch wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechtes handelten. Die Grundrechtsbindung bestehe, wenn die Gebietskörperschaft in Ausübung einer faktischen oder rechtlichen Monopolstellung tätig werde. Der Vertragsabschluss dürfe jedenfalls nicht aus unsachlichen Gründen verweigert werden. Möge die Beklagte auch eine große Auftraggeberin für Fahrtendienste sein, so sei sie doch keine Monopolistin, weshalb kein Kontrahierungszwang bestehe. Die Verträge seien nicht nach öffentlicher Vergabe geschlossen worden, die Selbstbindungsgesetze kämen nicht zur Anwendung. Die Beklagte habe vielmehr am freien Markt teilgenommen, der durch Angebot und Nachfrage geprägt sei. Ziel auch einer Gebietskörperschaft sei es, im öffentlichen Interesse einen bestmöglichen Preis auszuhandeln. Ein Anspruch darauf, dass eine Gebietskörperschaft für gleichartige Leistungen Verträge mit identen Konditionen abschließe, bestehe nicht. Der Gemeinschuldner habe seine Leistungen auf Grundlage des Vertrages von 1997 erbracht und die Übernahme der Regelfahrten zu den bisherigen Tarifen akzeptiert, ohne sich in Preisverhandlungen mit der Beklagten einzulassen. Die anderen Fahrtendienstunternehmen hätten die Lage der Beklagten genutzt und größere Zugeständnisse gefordert. Es sei aber nicht Zweck der Fiskalgeltung der Grundrechte, bestehende Vertragskonditionen, wie hier jene des Gemeinschuldners, an solche anzupassen, die andere Unternehmen in ihren Verträgen ausgehandelt hätten. Für einen solchen Fall sei die Fiskalgeltung der Grundrechte abzulehnen, weshalb der Frage einer allfälligen ungerechtfertigten Ungleichbehandlung des Gemeinschuldners keine Relevanz zukomme. Die Ansprüche des Klägers aus dem Zeitraum bis zum bestünden nicht zu Recht, da bis dahin die festgestellten Verträge aufrecht gewesen seien. Die Entscheidung über Ansprüche, die einen späteren Zeitraum beträfen, sei noch nicht spruchreif.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei, da keine erhebliche Rechtsfrage vorliege.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Soweit in der Revision ein Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss enthalten ist, ist er als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen, da das Berufungsgericht den Rekurs im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nicht zugelassen hat (RIS-Justiz RS0043898).

Im Übrigen ist die Revision entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. Die „Fiskalgeltung der Grundrechte" für Gebietskörperschaften ist allgemein anerkannt (7 Ob 299/00x, 4 Ob 31/02s, 1 Ob 272/02k ua). Darunter versteht man, dass der Staat und die anderen Gebietskörperschaften auch dann an die Grundrechte gebunden sind, wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechtes handeln, handeln sie doch nur im öffentlichen Interesse. Soweit Gebietskörperschaften im Rahmen des Privatrechts tätig werden, gelten für sie zwar dessen Regeln und damit grundsätzlich die Privatautonomie. Da aber über § 16 ABGB die allgemeinen Wertvorstellungen der verfassungsmäßig garantierten Grundrechte in die Privatrechtsordnung einfließen, sind der Privatautonomie neben ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen auch aus dem verfassungsgesetzlich garantierten Gleichheitsgrundsatz dort Grenzen gesetzt, wo besondere Umstände hinzukommen (vgl RIS-Justiz RS0113652). Die von der Verfassung eingeräumte weitgehende Handlungsermächtigung für die - soweit zur Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben erforderlich - privatrechtlich tätigen Gebietskörperschaften ist also insoweit begrenzt, als sie nur im öffentlichen Interesse handeln dürfen, weil die Grundrechte für die öffentliche Hand auch dann verpflichtend wirken, wenn diese in Form des Privatrechts tätig wird (7 Ob 299/00x mwN; RIS-Justiz RS0038110). Der Gleichheitsgrundsatz verlangt damit für die privatrechtlich agierende Körperschaft öffentlichen Rechts eine sachliche Rechtfertigung für eine konkrete Gestaltung einer Ausnahmeregelung (7 Ob 299/00x mwN).

Die Grundrechtsbindung besteht jedenfalls dort, wo der Staat in Ausübung seiner faktischen oder rechtlichen Monopolstellung handelt. So besteht für Gebietskörperschaften mit Monopolstellung Kontrahierungszwang zu angemessenen Bedingungen (RIS-Justiz RS0030805, RS0016745). Die Unternehmen der öffentlichen Hand sind aber auch dann, wenn sie einer Monopolstellung entbehren, zum Vertragsabschluss verhalten, sofern dessen Verweigerung der Pflicht zur Gleichbehandlung widerspräche (9 Ob 71/03m). So wurden dem Kontrahierungszwang auch von der öffentlichen Hand betriebene Unternehmen unterworfen, die als Monopolisten im Bereich der Daseinsvorsorge agieren (9 Ob 71/03m). Weiters kommt dem Gleichheitsgrundsatz nach der Rechtsprechung besondere Bedeutung bei der Subventionsvergabe (9 Ob 95/01p; RIS-Justiz RS0038110), bei der gesetzlich angeordneten Mitwirkung der Ärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechtes bei der Auswahl der Kandidaten für den Abschluss eines Einzelvertrages mit dem zuständigen Träger der Krankenversicherung (7 Ob 299/00x, 4 Ob 31/02s; RIS-Justiz RS0115621) und im Vergaberecht aufgrund von Selbstbildungsnormen zu (RIS-Justiz RS0030349).

Die vorliegenden Transportleistungen wurden nach dem damals geltenden Wiener Landesvergabegesetz, WLVergG 1995, LGBl für Wien Nr. 27/1995, ausgeschrieben. Der Gemeinschuldner war Bestbieter hinsichtlich der Schulfahrtendienste (MA 56) für den 22. Bezirk. Er erhielt den Zuschlag und die Beklagte schloss mit ihm einen fünfjährigen Vertrag ab. Durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Hauptvertragspartners der Beklagten für Schulfahrtendienste (MA 56) und Regelfahrtendienste (MA 12) war es dringend notwendig, kurzfristig Ersatz zu schaffen. Die Frage, ob die Beklagte im vorliegenden Fall berechtigt war, ohne sofortige (vorgezogene) Ausschreibung die entstandene Lücke durch Verträge zu schließen, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der Beklagten Monopolstellung oder eine vergleichbare Stellung zukommt. Es ist nämlich von Folgendem auszugehen:

Wenngleich sich die Vergabevorschriften zunächst an den Auftraggeber richten, bezwecken sie doch gerade den Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise (RIS-Justiz RS0112490). Die Vergabevorschriften geben den Organen der öffentlichen Hand Verhaltensvorschriften auf, auf deren Beachtung der Bieter vertrauen darf (3 Ob 211/04g, RIS-Justiz RS0110159). Die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Bieter hat den Zweck, bei der öffentlichen Auftragsvergabe den Bestbieter in transparenter und objektiver Weise zu ermitteln (3 Ob 122/05w). Bei Verletzung des aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitenden Gleichbehandlungsgebotes ist dem übergangenen Bestbieter - ein Verschulden des Organs ist gemäß § 1298 ABGB zu vermuten, sodass der Rechtsträger insofern den Entlastungsbeweis antreten müsste - das Erfüllungsinteresse zu ersetzen (6 Ob 8/06d; RIS-Justiz RS0030354). So verbietet es das Gleichheitsgebot, dass Bewerber unterschiedlich behandelt werden und nur einem ohne sachliche Notwendigkeit die Möglichkeit zum Verbessern seines Anbots eingeräumt wird (10 Ob 37/06y).

Durch die Vergabevorschriften ist also der Zugang aller am Geschäftsverkehr gewährleistet und es soll sichergestellt werden, dass der Bestbieter den Vertrag auch abschließen kann. Das Bestbieterprinzip ist in den Vergabevorschriften ausdrücklich genannt (§ 27 Abs 2 WLVergG; Haunold/Hechtner, WLVergG, § 27, Rz 9; vgl § 53 BVergG). Dies entspricht auch dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung (Art 126b B-VG; Mayer, B-VG3 Abschn IV zu Art 126b).

Im vorliegenden Fall war der Gemeinschuldner für die MA 56 als Bestbieter im Rahmen einer Ausschreibung aufgrund eines befristeten Vertrages tätig. Die Entlohnung dieser Leistungen hat grundsätzlich nach diesem Vertrag zu erfolgen. Notwendige Erweiterungen der Fahrten wegen höherer Schüleranzahl in dem übernommenen Bezirk sind vom Vertrag umfasst.

Weiters erklärte sich der Gemeinschuldner aufgrund des Konkurses des Unternehmens H***** bereit, auch Regelfahrtendienste für die MA 12 zu übernehmen und schloss hinsichtlich dieser Leistungen eine Vereinbarung mit der Beklagten, der bestimmte damals übliche Entgelte (nach dem Vorbringen der Parteien jene des Fahrtendienstes H*****) zugrunde lagen. Unabhängig davon, ob hier nun die Vertragsvergabe erst nach einer Ausschreibung hätte erfolgen dürfen oder nicht, war der Kläger jedenfalls Bestbieter nach dem WLVergG, weil er sich - im Gegensatz zu den fünf anderen Unternehmen - von sich aus dazu bereit erklärte, zu den damals üblichen Entgelten weitere Fahrten zu übernehmen. Dem Gemeinschuldner wurde also die freie Teilnahme am Geschäftsverkehr ermöglicht und er wurde als Bestbieter mit der Erbringung von Leistungen beauftragt. Er ist im Sinne des dargelegten Zweckes des Gleichheitsgrundsatzes und der Vergabevorschriften nicht benachteiligt. Nur der zu Unrecht übergangene Bestbieter kann sich beschwert erachten und ist geschützt.

Konnte aber der Bestbieter - wie hier - nicht alle benötigten Leistungen erbringen, so war die Beklagte genötigt, auch noch andere Interessenten zu finden und unter den gegebenen Umständen den nächst günstigsten Vertrag einzugehen. Nach den Feststellungen lehnte der Gemeinschuldner, im Gegensatz zu den fünf anderen Unternehmen, die Ausweitung seines Vertrages im Bereich der MA 56 rundweg ab, weshalb er nicht mehr den weiteren Gesprächen zugezogen wurde, war doch die Beklagte gezwungen, in kurzer Zeit Fahrtendienste zu suchen, die sowohl für die MA 12 als auch MA 56 ihre Kapazitäten ausweiten wollten. Der Kläger bekräftigt auch im Verfahren, dass der Gemeinschuldner nicht bereit war, mehr Schulfahrtendienste für die MA 56 zu erbringen. Es lag also auch ein sachlicher Grund vor, den Gemeinschuldner nicht zu den Gesprächen im Oktober 1999 beizuziehen und auch mit ihm keinen Vertrag mit Nachverrechnungsklausel zu schließen, bietet doch die übergreifende Tätigkeit, zu der der Gemeinschuldner nicht bereit war, natürlich größere Flexibilität. Nach den Feststellungen bot der Gemeinschuldner nicht die „gleichen" Leistungen wie die fünf anderen Fahrtendienste an. Schon aus dem Grund besteht der Klagsanspruch nicht zu Recht, auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte eine Monopolstellung einnimmt.

Abgesehen davon ist aber auch noch zu erwägen: Der Kläger behauptet, er habe seine Kapazitäten auf Basis der für ihn bestehenden Vertragslage (freiwillig) genau so wie die fünf anderen Fahrtendienste ausgeweitet. Das Vorbringen wird nicht durch die Feststellungen gestützt. Sie lassen die Erweislichkeit des Vorbringens zweifelhaft erscheinen, doch sind sie zu kursorisch, um dies abschließend beurteilen zu können. Eine weitere Abklärung ist aber aus rechtlichen Gründen entbehrlich.

Geht man nämlich vom Vorbringen des Klägers aus, so hat der Gemeinschuldner seine Leistungen in Erfüllung der bestehenden Vertragslage erbracht und fühlt sich nun nur deshalb beschwert, weil andere Fahrtendienste ein höheres Entgelt ohne sein Wissen ausverhandelt haben. War aber der Kläger im Sinne seines Vorbringens


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
im Gegensatz zu anderen Fahrtendiensten - bereit, die gleichen Leistungen zu einem geringeren Entgelt zu erbringen, so war er neuerlich Bestbieter im Sinne der Vergabevorschriften. Die Vergabevorschriften und der Gleichheitsgrundsatz bezwecken nicht unter allen Umständen die gleiche Entlohnung gleicher Leistungen, sondern die Ermöglichung der freien Teilnahme aller Interessenten am Geschäftsverkehr und die Berücksichtigung aller Angebote, sodass der Bestbieter letztlich den Vertrag abschließen kann. Im vorliegenden Fall war der Gemeinschuldner Bestbieter und es wurde mit ihm auch ein entsprechender Vertrag geschlossen. Wäre der Kläger zu den weiteren Besprechungen geladen worden und wäre ihm die Möglichkeit gegeben worden, für die gleichen Leistungen wie bisher durch „Vetragsanpassung" ein höheres Entgelt zu fordern, so käme dies einer grundsätzlich unzulässigen Anbotsverbesserung gleich. Dies würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Benachteiligung der Beklagten führen. Die Gebietskörperschaft müsste nämlich in Fällen wie hier, in denen sie wegen der Größe des Gesamtauftrages mehreren Anbietern gegenüber steht, die alle die gleichen Leistungen erbringen, das jeweils höchste Entgelt, das sie nach Ausschöpfung der günstigsten Angebote zahlen muss, um ihren Bedarf zu decken, allen Anbietern leisten, auch wenn sich einige Anbieter für ihren Teil der gleichen Leistungen mit einem geringeren Entgelt zufrieden gegeben hatten. Das wird von den den Gleichheitsgrundsatz berücksichtigenden Vergabevorschriften nicht gefordert. Es würde damit im Gegenteil das Bestbieterprinzip unterlaufen und auch dem oben dargelegten Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung widersprochen. Der Gleichheitsgrundsatz hat nicht den Zweck, wirtschaftliche Fehleinschätzungen des Bestbieters bei der Kalkulation des Bestpreises im Nachhinein zu sanieren, wenn er merkt, dass er den Vertrag auch zu einem für ihn günstigeren höheren Preis hätte abschließen können. Der Gleichheitsgrundsatz sichert die Teilnahme am Geschäftsverkehr und hat nicht den Sinn, das unternehmerische Risiko des Einzelnen bei den Vertragsverhandlungen über den Preis abzuwenden. Die Gebietskörperschaft braucht daher dem Bestbieter nicht mehr als das mit ihm vereinbarte Entgelt zahlen, auch wenn sie im Notfall - in der Übergangszeit bis zur Ausschreibung
-
noch weitere gleichartige Leistungen des Gesamtvergabevolumens an andere Unternehmen vergeben muss, die nicht bereit sind, zu den Konditionen des Bestbieters zu leisten. Der Bestbieter hat also kein Recht auf eine nachträgliche Vertragsanpassung, wenn sich später herausstellt, dass die Gebietskörperschaft wegen des dringenden Bedarfs bereit war, für gleiche Leistungen auch ein höheres Entgelt zu zahlen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt hier auch aus diesem Grund nicht vor.
Es musste daher der Revision der Erfolg versagt bleiben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.